Vivarium Seite 43
Es ist niemand gern alt,
und doch will jedermann gern alt werden.
Unbekannt.
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Der Bernd ist nur fiktiv und Satire- ich weiß nicht, irgendwie trifft man diese Bernds überall..
Bernd hat das Abi gemacht und danach keine Lust gehabt zu studieren, vielleicht waren seinen Noten doch nicht ganz so toll, wie er hätte
haben müssen, ginge es nach seinen Eltern, die als kleine Bauunternehmer ihr Auskommen hatten.
Der elterlich Betrieb war ihm immer zu klein gewesen, nicht attraktiv genug - er ernährte gerade mal die Eltern und 2 Beschäftigte,
die auch noch saisonal beschäftigt waren.
Seine Mutter hat "etwas" geerbt, was sie als Ladengeschäft gut vermietet hat -
etwas Geld war schon vorhanden.
Deshalb hat Bernd lieber bei der Krankenkasse angefangen und ist durch einige Schulungen im Büro angestellt geworden.
Sein Vater hatte "einen guten Draht" zu dem Büroleiter, dem er schon mal etwas günstiger die Terrasse oder Garage gemacht hat.
Die Stellen bei dieser Krankenkasse sind sehr rar und kaum zu ergattern, ohne Beziehungen geht da gar nichts.
Nun war er "drin" und "gehörte dazu", wie man das so landläufig sagt.
Aller Anfang ist schwer, der Start zur Ausbildung holprig:
Auch mit Abi ist mal nur "Lehrling", auch wenn das hier vornehmer klingt:
"Auszubildener"
Bis zum "Anwärter" war noch eine gute Strecke hin,
er merkte bald, daß die Schulbildung für den "Job" nicht unbedingt die beste Voraussetzung ist.
Von der "Arge" waren Seitenquereinsteiger mit einigen Jahren Berufserfahrung seine späteren Konkurrenten,
sollte die Prüfung gut bestanden worden sein..
Manchesmal dachte er:
Ohne Vaters Beziehungen wäre ich hier niemals angelangt.
Bernd tat sich nicht leicht und robbte ganz langsam und sehr vorsichtig durch die Ausbildung:
Nur kein falsches Wort, keine unbedachte Äußerung - wie schnell ist man ins "Fettnäpfchen" getreten,
das hat er seit dem 5. Schuljahr üben dürfen, als er auf das Gymnasium gewechselt war.
Bernd hat nie irgendeinem, auch nur irgendwie auf dieses besagte "Füßchen" getreten,
er war stets, wie man so schön sagt, "scheißfreundlich", auch wenn es in ihm nicht immer so danach war..
(Er blieb immer "unter der Schußlinie")
Da man den Menschen nicht "hinter die Stirn" blicken kann, galt er bald als
"ruhig, ausgeglichen, zuverlässig, belastbar und bereitwillig"
Da war er aber stolz, diese Beurteilung des Vorgesetzten hat er gerne den Eltern gezeigt!
Die anschließende Einstellung wurde von einer Menge Zusagen abhängig gemacht:
Weiterbildungsverpflichtung, Einwilligung in eine evtl. Versetzung zu div. Dienststellen, auch in anderen Orten,
Bereitschaft zur ggf. Überarbeit und Dienst zu anderen Zeiten, wenn es erforderlich ist.
Bernd hat gelernt alle Kröten bereitwillig zu schlucken.
Er war inzwischen der Meinung, daß man das tun muß, sonst ist ein anderer Bewerber vor ihm..
Er war extrem pünktlich, hockte gerne noch länger am Schreibtisch, half dem Vorgesetzten und allen Kollegen, wenn
diese ein Anliegen hatten.
Er war geschickt genug, diese Hilfen später nicht als "Pfrund" vorzubringen - er schwieg sicherheitshalber.
Er schluckte alle Ungerechtigkeiten und Belastungen, Gemeinheiten und Hinterhältigkeiten,
die eben in den Betrieben auftauchen, nebst "Zickenalarm" klaglos.
Bald war Bernd auf "sicherem Posten", sofern man das heute überhaupt noch sagen kann.
Er hat sich nie und bei keinem Thema, auch nur irgendwie - jemals öffentlich festgelegt,
sein Lieblingswort war "eventuell" und "selbstverständlich".
Sein Vater hat nochmal etwas am Haus des Stellenvorstehers gemacht.
Bald galt der fleißige, junge, zuverlässige Mann als "unentbehrlich",
bis seine Versetzung in die nächstgrößere Stadt kam:
Wir dürfen ihnen mit Freude ankündigen, daß wir für sie eine gute Stelle als stellvertretenden Filialleiter
vorgesehen haben, die in Butzenbach frei geworden ist.
Er war begeistert und froh, endlich war er anerkannt und konnte sich fast als "erfolgreich" ansehen.
Was er nicht wissen konnte war:
Der ehemalige Posteninhaber hat wegen des dort üblichen "Zickenalarms" mit seinen Intrigen "das Handtuch geworfen"..
Der seifige Bernd, wie man ihn hinter seinem Rücken im Ort nannte, hatte davor keine Angst,
das glatte Parkett war ihm nicht fremd, darauf verstand er zu tanzen.
"Einfache Leute" aus dem Dorf übersah er ganz einfach,
die mußten gefälligst "zuerst grüßen", weil er sich als "was besseres" dünkte,
dafür wurde er von "seiner Partei"
für verschiedene Pöstchen vorgeschlagen.
Er galt als "Bildungsbürger, den man gerne in der Gemeinschaft halten will".
Er ist von Anfang an in allen Vereinen gewesen, wo er sich im Schleimen geübt hat.
Tanzen war sein Hobby, so fand er seine Braut, die auch seinen Eltern genehm war.
Die Tochter eines Amtmanns war eine vorzeigbare Partie, wie man sagte.
Bald heiraten sie und ließen ein neues Haus am Rande eines Ortes bauen, wo die Preise noch einigermaßen zivil waren-
nicht so weit von der Schnellstrasse, die zur Arbeitsstatt führte.
Bernd war froh und gab Gas, der "A udi" mit dem starken Dieselturbo gab ihm buchstäblich Auftrieb.
Ein "Kombi" war schon wegen des Kinderwagens und Familieneinkaufs praktisch..
Der Wagen war seine "Eintrittskarte" zu dem Neubau - in der neuen Nachbarschaft:
Ingenieure, Amtsleute, kleine Unternehmer, Lehrer und ein Pensionär ehemalig höheren Grades.
"Mit einem einfachen, womöglich kleineren Auto hätten wir uns blamiert"
pflegte er seiner Frau zu sagen, die gerade dabei war ihre Nachschulung von der Erzieherin zur Grundschullehrerin zu machen.
Seine Eltern waren von der Entwicklung begeistert und fühlten sich bestätigt, dem Bernd in oben beschriebener Weise geholfen zu haben.
(Aus meiner Volksschulzeit (ab 1958) sind mir Fälle bekannt, wo Bauern dem Lehrer noch Hausmacher Wurst, geräuchert und in Dosen
geschickt haben - selbstverständlich ohne irgendwelche Absichten!)
Die Situation in der neuen Filiale war glatt, sehr glatt, es forderte einen aalglatten "Zweiten",
damit zwischen dem seltsamen Personal und dem Chef vermitteln konnte:
"eventuell" und "vielleicht" und "wir werden sehen" und "ich bin für sie da".
Festlegen ist nie gut, sagt er sich immer - lieber mal 5 Minuten still sein und höher kommen,
als später dafür büßen, wenn andere an mir vorbei ziehen..
Dafür rächte er sich auf der Fahrt nach Hause an seinen "Konkurrenten", den anderen Autos auf der Straße..
der Bernd fuhr auf den Straßen so rücksichtslos, wie er umsichtig im Betrieb sein mußte.
Hau ab du Flasche, hast du keine Eier in der Hose um hier zu überholen..
Eines Tages sah er im Rückspiegel nach dem Überholen nur noch, wie sich die Lichter des Wagens seltsam aufwärts bogen
und ein böses Geräusch zu hören war..
Er fuhr weiter - "was geht es mich an, was der da hinten treibt?" er verdrängte die Situation.
"Falls etwas passiert sein sollte, ich sage ausdrücklich- sollte- dann kommen noch viele andere Wagen vorbei"
Nach dem Abendessen sah er sich die Regionalnachrichten an,
zu ungewohnter Stunde, in der er sich sonst der standesgemäßen Gartenanlage widmete.
(Die war freilich von einem Gartenarchitekten angelegt, weil man sich vor den Nachbarn keinen vergeben wollte,
lieber ein wenig länger an die Bank zahlen, als hier einen Fehler machen..)
Nun kam die Meldung:
"Schwerer Unfall auf der B133, überholender Wagen schnitt Fahrerin eines Kleinwagens, der Unfallverursacher entfernte sich unerlaubt von
der Unfallstelle, die Frau und ihr Kind, das sie von der Nachhilfe abholte, mußten ambulant in der Klinik behandelt werden, der Wagen hat
nur noch Schrottwert.."
Das Bild des kaputten Wagens wurde eingeblendet-
Er meinte nur zu sich selbst:
So schlimm schaut die billige alte Schüssel gar nicht aus, hoffentlich ist den Insassen nicht so viel passiert.
Zeugen waren ja keine da und mein Nummernschild halte ich absichtlich nicht sauber-
über Automarken kann man eine Frau bekanntlich nicht befragen, da versagen sie alle.
Bestimmt kommt niemand auf mich, an meinem Auto ist auch kein Kratzer zu sehen,
da sieht man schon, daß sie überreagiert und das Steuer verrissen hat-
eigentlich ist sie selbst an ihrem Unglück schuld.
Im Abwägen, Abwiegen, Abwiegeln und Vertuschen war er groß, inzwischen längst schon vor sich selbst !
Durch Zufall sah er auf der Fahrt nach Hause eine Frau mit verbundenem Arm, die ein etwas zehnjähriges, offenbar gesundes Mädchen
bei sich hatte -
sie stieg aus einem gelben Kleinwagen aus, hatte die nicht mal ein blaues, das den Unfall hatte?
Diese Frau stand in Kontakt mit seiner Ehefrau, sie kamen schulisch zusammen und verstanden sich gut.
So konnte er -durch die Blume, wie immer- erfahren, was genau vorgefallen war:
"So ein Idiot hat mich fast gerammt, ich konnte gerade noch ausweichen, habe aber dabei das Steuer überzogen,
als er vor mir wegen des Gegenverkehrs zu dicht eingeschert ist.. ich habe mir dabei Prellungen am ganzen Körper zugezogen, die
Kleine hat nur einen Schock erlitten, der Kindersitz hielt sie gut fest, bis der Rettungswagen kam."
Sie hat einen Wertverlust, der durch den Kauf des Ersatzfahrzeugs entstand, über einen zusätzlichen Kredit lösen müssen,
weil sie keine Vollkasko-Versicherung hatte:
"Das Auto war schon älter, da lohnt sich sowas nicht, das Neue kostet aber so viel mehr.. leider konnte ich den
Raser nicht weiter beschreiben, es ging alles so schnell!"
Von seinem Automodell sind im Ort ja einige zu finden, dacht er bei sich, wie sollte ausgerechnet ich in Verdacht kommen,
wo ich doch immer zu allen nett und zuvorkommend bin?
Die erste Zeit fuhr Bernd langsamer, was sich aber bald wieder änderte..
..nach außen war er ganz gelassen und zu allen Leuten freundlich, wie zuvor.
Als er dann eines Tages selbst zum Filialleiter wurde, kam als erste Tat gleich das neuere, etwas dickere Modell dieses Herstellers in die Garage..
er hat nie über seine schändliche Tat gesprochen, mit niemandem.
Wie ging es weiter mit dem Bernd?
Nun, er ist über den Gemeinderat in den Kreistag gerutscht,
geradezu unaufhaltsam nach oben geschlichen,
das war eben seine freundliche und zuverlässige Art.
Seine Kinder wollten lieber nicht daheim bleiben und sind später weggezogen,
nachdem sie in ähnlicher Weise wie er in entsprechende
Positionen gehoben wurden.
Seine Frau fährt schon einige Jahre alleine in Urlaub..
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