plaetzchenwolf - Der Krämer 15. Teil



Vivarium, Seite 14


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Suche in deinem Herzen den Frieden zu wahren! Kein Vorfall dieser Welt soll es beunruhigen.
Denke, daß alles ein Ende nehmen muß.

Johannes vom Kreuz

***

Der 15. Teil - der Krämer -

Rudolf und Dorthe und Pfip und Grode stiegen wieder in den Wagen, das Pferd war angespannt-
ein Winken von allen Freihöflern, ein paar Abschieds-Gaben und so fuhren sie ab nach Rennerod
Richtung des neuen Zuhauses.
Dieses alte Geschäftshaus stand direkt an der Straße und hatte nur eine schmale Einfahrt nach hinten,
Wo eine Waschküche im Schuppen eingebaut war- ein kleiner Garten und Hinterhof.
Über dem Geschäft waren genug Wohnräume, Enge war da nicht.
Der Laden selbst hatte ein fast ebene Anbindung zum Bürgersteig,
alles war blank gefegt.
Eine Backstube wollten die beiden Eheleute nicht haben,
man sann auf eine andere Verwendung.
Der Rudolf fand bald eine Arbeit bei einem der dortigen Bäcker-
seine Fertigkeiten aus Holland kamen ihm sehr gut an -
und konnte so die Familie ernähren, was immer vorrangig war.

Karl und die Dora vertrugen sich offenbar prächtig,
aber heiraten wollten sie nicht -
um "das Gesicht zu wahren" verlobte man sich geschwind.

Die beiden alten Köhlers waren ebenso keine der Tradition oder dem Gesellschaftlichen
verhafteten Eheleute, sie wußten wohl,
warum die Kinder diese einengenden Dinge ablehnten, sagten aber nichts dazu.
Wie sich später herausstellte, hatten auch diese Beiden keine "richtige" Trauung in schriftlicher Form..
Das soll uns nicht tangieren, wir sind weder Pfarrer noch Richter,
und wo kein Kläger, da gibt es auch keine Anklage.
Die Freihöfer sind sowieso als Querulanten bekannt und lassen sich sonstwo taufen oder konfirmieren-
vermutlich haben die sich sonstwo in einem fremden Ort trauen lassen, nahm man im Dorf an.
Noch einmal wollten sie sich keine offizielle Abfuhr oder Zurechtweisung einhandeln.
Deshalb war man lieber ruhig und ließ "diese seltsamen Leute" gewähren.
Das Kind kam bald, eine kleine Thea- allerliebst anzusehen, sie sah der Dora sehr ähnlich:
Ebenso klein wie sie und wie eine hellblonde Puppe.

Ursel lernte Geige und Flöte, sie war auf dem Weg zur Musiklehrerin
was wohl immer ihr Wunsch war.
Sie zog nach Limburg und gab in einer der Schulen Unterricht.

Rudolf und Dorthe richteten einen bunten Laden mit holländischen Waren aller Art ein.
An der Fassade war eine Banderole in den holländischen Farben..
..mit einem gemalten Leuchtturm, Muscheln und unten am Sockel des Hauses
Wellen und Meer..
Ein wenig kitschig, aber das muß wohl so sein.
Allerlei Leckereien, Krimskrams und Schmuck, Gewürze, Käse, Tee und Genever- was man so in Holland hat.
Der Laden lief schnell gut genug, daß der Rudolf seine Arbeit als Bäcker aufgab oder nur noch ab und an -tageweise- tat
und nunmehr beide Eheleute im Geschäft beschäftig waren.

Jeremia, der alte Freud des Johann kam vorbei..
die Kontakte zu dem Holland-Laden sollten vermittelt werden,
als der Jeremia sagte:
"Da komme ich gerade her, der Rudolf hat meine Kollektion bereits im Laden,
von dir, wie ich hörte.."
Ja ja, meinte Johann, bei mir im Hinterhaus kommt kaum einer vorbei
und vorne heraus habe ich nun keinen Laden mehr, der ganze Platz wurde für die neue Gaststube-
er war noch nicht fertig, als Jeremia anhob:
Danke, ich habe dort bereits gegessen und wurde danach zu dir nach "hinten" geschickt-
wo ich nun endlich angekommen bin.
Die Irme kam gerade aus dem Hühnerstall, als sie die angeregte Diskussion
auf der Bank vor dem alten Bauernhaus vernahm, geschwind war sie dabei-
wie immer, wenn es etwas zu erzählen gab.
Der Geldwechsler erzählte von den Kriegszeiten, die immer und immer wieder neu aufflammten-
mal war jener Fürst, mal ein anderer Graf, mal die Franzosen,
dann die Bayern- oder Österreicher oder Schweden oder Spanier - dabei alles in Schutt und Asche zu legen,
den Überblick hatten die meisten längst verloren, genau wie ihr Hab und Gut und viele ihrer Söhne.
Inzwischen sind die Frauen daheim geschändet worden oder im Kindbett gestorben,
weil die Zustände nicht gerade die Reinsten waren.
Die beiden, der Erwin und die Irme und die beiden Jungen waren sehr erschrocken:
Was ist, wenn das bei uns hier ebenso kommt?
Wir kleinen Leute haben nicht den geringsten Einfluß auf die Geschehnisse,
wir müssen uns immer ducken und still sein.
"Und müssen hoffen, daß keines unserer Kinder.." meinte Irme dazwischen.
Ja, so ist es wohl, meinte Jeremia- deshalb bin ich eine Weile hier bei euch in der Gegend-
hier ist es noch recht ruhig und es schaut auch so aus, als blieben die Fronten weiter draußen im Land.
Ich bin doch nicht lebensmüde und habe nur dieses eine-
selbst als Jude bin ich nicht mehr geschützt als eine Katze,
die aber bekanntlich sieben Leben hat und ich nur eines..
"manchmal denke ich, dem Gott des alten Bundes ist das Schicksal seiner Gläubigen recht gleich geworden"
Weiter sagte er:
"So viel Elend, so viel Leid war unterwegs zu sehen, nur mit viel Glück bin ich aus dem Rheintal gelangt"

So nächtigte er in einem der Gastzimmer im Freihof noch ein paar Wochen -
zum Vorzugspreis.. umsonst wollte er nicht dort wohnen.

Es dauerte nur zwei, drei Tage:
Ein herrschaftlicher Reiter kam ganz gehetzt angepretscht und wechselte das Pferd-
"Hier ist die Depesche des Hauses Nassau-Dillenburg für die Fürstliche Poststation"
sprachs und weg war er- nicht mal gegessen oder etwas getrunken hat er..
er mußte noch viele Station in ebensolcher Weise unterrichten,
desgleichen herrschaftliche Händler und Lieferanten oder Schmieden und Ämter im ganzen Land,
die mit dem alten Herren zu tun hatten.

Kaum daß Fürst Johann verstorben war, ging die Geschichte einen neuen Gang,
die Landesherrschaft wurde neu aufgeteilt,
die ehemaligen Fürstlichen Anstalten wurden aufgelöst.

So stand es auch in der Depesche:
"Alle fürstlichen Anstalten werden mit sofortiger Wirkung aufgelöst, alle Rechte sind enthoben, alle Vergünstigungen gestrichen, die Insignien sind zu entfernen."

Ein derber Schlag, das muß man sagen!
Die Marga und der Erwin und der Schmied waren ratlos und entfernten inzwischen das große Schild,
das Wappen und den Freibrief über der Tür des Gasthauses.
Eine eventuelle Strafe wollten sie nicht riskieren.

Die Fasane hat man lieber auf dem Limburger Markt verkauft,
solange die neuen Herrschaften davon nichts wußten-
gefackelt hat man damals nicht, man war nicht zimperlich im konfiszieren.
Die Fuhre machten diesmal Irme und Johann, mit dem Gespann des Sägewerks-
wie immer war auch diesmal ihr Freund, der Schultheiß dabei zu helfen.
Die Fahrt verlief gut- bereits in Rennerod haben sie einen Teil der Ladung verkaufen können,
die Metzger haben gut davon abgenommen.
Die Gasthäuser auf der Strecke ebenfalls und als sie in Limburg ankamen, waren nur noch wenige Tiere in den Käfigen,
die lebend bei einem Bauern ihr neues Zuhause fanden.

Ganz spät kamen sie wieder nach Hause, es war schon ziemlich dunkel-
sie fielen sofort totmüde ins Bett und haben erst am nächsten Tag von ihrer Tour berichtet.
Das Pferd hat der Erwin versorgt und auch am nächsten Tag das Gespann zum Sägewerk gebracht.

Allen war vollkommen klar:
Fasane wären ein zu großer Anreiz für die neuen Herren gewesen, sich einfach zu nehmen, was sie wollten-
das wollte niemand riskieren.

Lieber kleiner und einfacher, dachte man sich, da wird der Freihof nochmal mit heiler Haut davon kommen..
Sie hatten gutes Geld erzielt mit diesen edlen Fasanen, das war schon eine feine und lohnende Sache.

Der Umtausch von weniger sicherer Währung in Goldgulden kam gleich beim Jeremia zustande,
der seinerseits dieses Geld geschwind wieder gegen andere Dinge eingetauscht hat,
als er wieder auf Reisen ging- lange hat es ihn nirgendwo gehalten.

Der Pavillion wurde verkauft, die Fackeln entfernt,
das Äußere der Gastlichkeit wurde wieder recht unauffällig und bescheiden,
so daß keine besonderen Begehrlichkeiten zu befürchten waren.
Nur der Eingeweihte, der Kutscher mit Ortskenntnissen wußte um die Qualität der Lokalität.
Die allgemeine Bewirtungserlaubnis für eine Gaststätte wurde vom neuen Amt erteilt-
gegen saftige Gebühr versteht sich..

Die Kutschen kamen nach wie vor, die Gäste waren auch die gleichen-
wer sich an die Schilder vor dem Haus nicht erinnerte oder davon nichts wußte,
hat diese niemals vermißt.

Die Hühner wurden nach wie vor gehalten, das andere Geflügel ebenso-
die jungen Leute haben bald wieder zwei Kühe angeschafft und auch ein paar Schweine gehalten.
Der Bauernhof hat es ihnen angetan, zumal die Gaststätte ein guter Abnehmer war.
Die Lieferanten sind fast die selben geblieben, von manchen kam etwas weniger in Nachfrage,
bei den anderen blieb alles wie es war.

Die Zeit lief weiter, wie sie es immer tat und dagegen hatte auch niemand etwas, solange alles friedlich blieb.
Das Dorf war still, niemand kam mit den Freihof-Leuten in Kontakt,
außer dem Schulzen, der mit seinem Sägewerk doch schon weiter außerhalb
und nicht direkt mit dem Getratsche in Verbindung war.
Eine der Wirtschaften hat wieder eröffnet, die andere wurde zum Krämerladen,
der Bäcker und der Metzger hatten aufgegeben und die Läden in Wohnungen umgewandelt, die vermietet wurden.
Die Armut war schon spürbarer geworden, hier im kargen Westerwald-
wer keinen Garten hatte, spürte den Hunger schneller.

Einen Garten haben die jungen Leute, der Karl und die Dora auch ganz neu angelegt-
nur für den Eigenbedarf, wie sie sagten.
Marga hat die Kräutersucherei und den Verkauf dieser Dinge aufgegeben,
das Bücken ging schon nicht mehr so gut,
zusammen mit dem Erwin war in der Gastwirtschaft genug zu tun.
Mit einer jungen weiblichen Bedienung und Zimmermädchen und einer ausgebildeten Köchin,
die ehemals in einem feinen Haus in Anstellung war, lief die Wirtschaft wie geschmiert.
Als die Kutschen immer mehr wurden, wurden noch zwei weitere Gesellen eingestellt-
nun war der Schmied und zwei Helfer dabei, die kaputten Achsen und Räder und Chassis zu reparieren,
das heißt fachgerecht instand zu setzen.

Der Familienrat hat immer regelmäßig "getagt", dabei wurde viel gegessen noch noch mehr gelacht..
Die Gaststube war ja groß genug dafür und die Gäste störte das nicht -
Hauptsache es war etwas los - ein Musiker war immer da, nach wie vor,
tapfer bis in die Nacht hinein musizierend lösten sich inzwischen immer zwei dieser Spielleute ab.

Der Erdkeller hinter dem Gänse-Zaun war eine gute Zwischenstation für die Lebensmittel
und wer weiß, wo die "Bank" des Freihofes war-
sie war nicht öffentlich zugänglich und wurde auch nie von einem Außenstehenden gesehen.

Von den hohen Herren ist keiner niemals wieder gesehen worden,
weder ein Vertreter der Kirche noch ein Gesandter des Herrscherhauses.
Ab und an wurde vom Schultheiß der Zehnt erhoben -
mehr hatte man mit den Mächtigen nicht zu tun.

Die Dörfler sahen dem Treiben nun auch nicht mehr so interessiert zu,
sie hatten mit sich selbst genug zu tun in diesen Zeiten.
Und wo Gier und Herrschsucht war, da entstanden Kriege - die Herren selbst kämpften schon lange nicht mehr gegeneinander, das taten an deren Stelle gedungene Vasallen, militärische Halunken und Freibeuter. Nein, feine Leute machten sich die Hände nicht schmutzig und hatten auch kein Blut daran kleben.


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*** Nachgetragen ***



"Die letzten Zeugen der alten Zeit"


































"Uboot-Kartusche"

Mobile Schlachtanlagen sind im August 2020 in der Erprobung.

Diese Anlagen sind als Anhänger ausgeführt und werden von einem Team von 5 Mitarbeitern betrieben - Huhn vorne herein, hinten fertig eingetütet heraus..

Das will man bald auch mit Schweinen so machen, damit lange Transportwege und Quälereien vermieden werden.
Desgleichen wird auch die Tötungsmethode deutlich verbessert und sicherer gemacht - mit Strom, aber ohne Tötungsbad, wo es immer zu Pannen kam.

Es ist der erste Schritt in die Moderne und zur artgerechteren Vermarktung. Nun müßte nur noch die Haltung der Tiere optimiert werden - unser Heidehof macht das schon lange und züchtet mit alten Nutztier-Rassen. Auf dem Hof sehr viel artgerechter aufgewachsen, auf dem Hof vermarktet.

Nun müssen nur noch die Kunden mitziehen und etwas höhere Preise akzeptieren.
Nachtrag: Leider mangelte es an der Qualität der Waren!

Nachtrag 2020: Die Suchmaschine findet inzwischen viele Einträge zum Thema "Mobiles Schlachten". Es geht um die tierschonende Schlachterei, ohne Transporte und Stress.

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