plaetzchenwolf - Schattenseite 35
Landfotografie

Schattenseite 106








Stadtchronikel Speyer


Stadtchronikel Speyer

Funde aus der Jungsteinzeit, Bronzezeit, Hallstattzeit und Latenezeit sind entdeckt worden.
Im zweiten vorchristlichen Jahrtausend war die Gegend von Speyer Siedlungsgebiet der Kelten.
Nach dem Überfall der Römer 50 v. Chr. auf Gallien wurde der Rhein
die Grenze des Römischen Reiches.
10 v. Chr. Das römisches Militär-Lager wurde zum Impuls für die Stadtbildung.
Um 150 entstand die Stadt unter dem keltischen Namen Noviomagus oder Neufeld oder Neumarkt.
Ab dem Jahr 260 konnten die Angriffe der Alamannen mit der Völkerwanderung durch den Limes nicht mehr abgewehrt werden
und die römische Reichsgrenze mußte an den Rhein zurückgezogen werden,
so wurde Speyer zur Grenzstadt.
Für das 4. Jahrhundert ist ein erster Speyerer Bischof belegt -
das Bistum ging vermutlich während der Völkerwanderungszeit - unter.
Um 406 kamen Sueben und Vandalen und Alanen unter dem Druck nachrückender Hunnen
über den Rhein und überrannten auf ihrem Weg ins innere Gallien auch Speyer.
496/497 und im Jahr 505 besiegten die Franken unter Chlodwig
die Alamannen und Speyer wurde Teil des fränkischen Reiches.
Damit erhielt Speyer wieder Anschluß an die gallisch-römische Kultur.
Im Rahmen der Reorganisation der Verwaltung kamen romanisierte Beamte und
dann fielen Bischöfe aus Südgallien ein und der Speyer-Gau
wird zu dem von den Alemannen eingeführtem Spira.
Seit dem 7.Jhd ist Speyer wieder Bischofssitz.
Im 11. Jhd. kamen die ersten jüdischen Gemeinden aus Osteuropa dazu.
(Vermutlich hat man diese Leute angeworben, um die Pest-Verluste auszugleichen,
wie die angeblichen "demographischen Verluste" heute durch Türkvölker mengenmäßg aufgefüllt werden -ein toller Gewinn!)
Kaiser Otto der Große verlieh 969 der Bischofskirche das Immunitätsprivileg,
eine eigene Gerichtsbarkeit und die Kontrolle über Münze und Zoll.
Ab 1030 gab Kaiser Konrad II. die Bauarbeiten am Dom zu Speyer den Startschuß.
Im 14. Jahrhundert kam die Auseinandersetzung zwischen Bürgerschaft und Klerus,
ein Machtkampf um die Ratsbesetzung zwischen den Münzer-Hausgenossen und den 14 Zünften.

Doch hören wir, was das Büchlein "Speyer,
ein Führer durch 2000 Jahre Stadtgeschichte" aus dem Jahr 1997 dazu sagt..

Im Jahre 10 vor Christus legen die Römer mitten im keltischen Bauernland ein Militärlager an,
nebst einer Garnison, Wohnort für Soldatenfamilien.
"Noviomagus", das später von den Alamannen zerstört werden wird.
Dann wird der Ort in Nemetum umbenannt und zur Bischofsstadt.
Im 6.Jhd. übernehmen die Franken die Macht und legen neue Dörfer an.
Spira oder Speyer taucht auf.
Ein karolingischer Dom wird gebaut, 50 mal findet der Reichstag dort statt bis zum Jahr 1570.
Otto der Große gibt dem Bischof die Macht, im Jahr 1090 kommen die Juden als nächste Religion auf.
Es geht aufwärts mit Speyer, erst 1294 regieren die Bürger der Stadt, dann folgen wie überall im Land
Zwiste, Hunger, Pest, Typhus und Cholera, Judenverfolgung, Kirchenspaltung bis ins 16.Jhd.
Dann kamen die Spanier, die Kaiserlichen, die Franzosen
und die Schweden und verheerten jeweils auf ihre Art.
Und wieder die Pest - dann kam der "Pfälzer Erbfolgekrieg" , die Franzosen schlugen alles kurz und klein.
9 Jahre später kehrten die nach Frankfurt geflohenen Bewohner der Stadt wieder zurück -
die Franzosen haben die Stadtbefestigung und den Dom zum Steinbruch erklärt um billiges Baumaterial zu haben.
Die Bewohner der kleinen Stadt, die erst später bis zu 10.000 Einwohner hatte, lebten überwiegend
von der Landwirtschaft und von der Produktveredelung daraus, Wein, Hopfen und Hanf waren die wichtigsten Güter.
In den 1850iger Jahren sind -aus wirtschaftlichen Gründen- viele in die USA ausgewandert.
Im 19./20. Jahrhundert kam die Industriealisierung und die Arbeitslosigkeit, deshalb der Nationalsozialismus,
der wie ein Pilz auf morschem Holz wuchs:
Die wirtschaftliche Situation ließ viele Leute arbeitslos werden,
die Präparationsleistungen an Frankreich waren unverschämt hoch, so liest man.
Dann brannten die Synagogen, der Katholizismus treibt weiter seine seltsamen Blüten,
mal geistig, mal in Stein geformt - bis heute.
Ende des 15.Jhds wurde die riesige Schale aus Stein vor dem Dom mit 1550 Litern Wein gefüllt,
daraus durfte das Volk auf das Wohl des Bischofs einen Becher trinken.
Die "Dom-Immunität" ist ein Geisteskonstrukt zur Loslösung
der Kirchenbezirke von der Zivilgesellschaft oder von der weltlichen Herrschaft - abgabenfrei!

***

Ich finde die Zeit dafür reif, daß sich die Glaubensgemeinschaften ausschließlich
von ihren Mitgliedern ernähren - keinen Tropfen allgemeines oder staatliches Geld und daß diese Einnahmen besteuert werden, wie jedes Unternehmen !







Das blaue Thema "Tagebuch eines Pfarrers, modern erzählt"

***

Hartmann Herr ward er genannt, sein Glück stehet in Gottes Hand im Thüringer Land.

Anno 1785 hat mir, Friderich Ludwig Herr,
Pastor von Cating das Buch nach meinen älteren Brüdern gab,
in welchem durch des Vaters Hand so mancher Eintrag stand.

Nach einer anhaltenden Durchfallerkrankung im Neujahr 1772
war Vater sehr entkräftet, mit Mühe hielt er seine letzte Predigt
nach 31 Jahren im Amte, nach einer innerlichen Verhärtung
erlag er um Trinitatis dem Tode mit etwas über 64 Jahren.
Ein friedsamer und treuer Israelit ist er gewesen.
Seine Frau starb im April an den Folgen des Kindbettes.
Mein Bruder lernte bei der ältesten Schwester meines Vaters
2. Ehemanns, den Kaufmannsberuf.
Meine Schwester wurde schon mit 3 Jahren zu den Großeltern gebracht,
sie lernte fleißig, bekam mit 16 Jahren ein Geschwür an den Hals,
nach dem Tode des Großvaters 1765 kehrt sie geschwächt
durch Auszehrung und Wassersucht
und starb vor dem 25. Lebensjahr an Schwäche.
Mein zweiter Bruder verlebte 15 Jahre mit mir,
lernte Bäcker, heiratete und bekam 3 Kinder,
wovon eines im Alter von nur 3 Monaten starb.

Meine eigene Geschichte war so, daß der Anfang meines Studium
durch die Sterbefälle belastet war.
Latein, Philosophie, Theologie, einen weiten Weg
bis zum Pastor habe ich getan, nachdem auf Michaelis 1779
das Candidaten Examen im Oberconsistorio zu Gottorf überstanden
und die vacante Stelle in Cating angetreten werden konnte -
nach einiger Zeit von 11 Wochen zur Ordination.
1783 versprach ich mich der Tochter
des Closterpredigers Lützen zu Husum, Demoiselle Anna Christina zum Manne.
Meine Frau hatte gerade das ihrige in unser Haus gebracht,
als ich zu Gast bei Verwandten war-
die Kunde kam, daß mein Haus durch Blitzeinschlag brannte -
gerade durch das Fenster in das Zimmer, in dem ich sonst arbeitete.
Die Brandversicherung hat den Schaden zum Glück beglichen.
Dieser Versicherung trat ich gerne bei, zumal der Nachbar gerne raucht und trinkt.

Nach der Zeit in einem Mietverhältnis meldete sich unser Sohn an,
er kam und ging nach einem Tage wieder..
1789 bekamen wir eine Tochter geschenkt.
Mein Bruder bekam einen Sohn, dann erlitten sie eine spätere Totgeburt.
1791 bekamen sie ein Töchterchen.
Oktober 1792 bekamen wir einen Sohn, dann bekam mein Bruder eine Tochter.
Fieber und eine Wurmkrankheit raffte unsere Tochter Margaretha Dorothea
dahin im Jahre 1794. Sie wurde nur 5 Jahre alt.
"Oh meine süße Doris, der Himmel vereinige uns wieder auf ewig!"

Pfingsten 1794 starb meine Frau an trockenem Husten und am Gram
und den Tod der Tochter, sie wurde nur 44 Jahre alt.
"O meine beste Freundin, ewig belohne dir Gott deine gegen mich bewiesene Liebe!"
1795 starb unser einziger Sohn mit zweieinhalb Jahren,
er wurde bei der Beerdigung seiner Schwester krank am Schleimfieber.
"Gott! Wie hart sind diese Schläge!
Auch das letzte nimmst du mir.
Noch vor einigen Monaten umarmte mich die beste Gattin,
liebkosten mir zwei zärtliche Kinder und jetzt bin ich allein -
doch Gott ist bei mir"

1795 nahm ich die Schwester meiner Frau, Anna Lützen zur Gattin,
die schon während unserer Ehe bei uns wohnte.
11 Jahre hatten wir Zeit, uns schätzen und lieben zu lernen.
Im Hause des Schwiegervaters haben wir geehelicht.
1796 starb die Frau meines Bruders Peter Hinrich Herr,
nach einer vergnügten und gesegneten Ehezeit von 17 Jahren
mit 4 Kindern im Alter von 40 Jahren.
Sie konnte ihr Ende spüren und gerade noch ihre Kinder segnen,
wo sie bald sanft entschlummerte.
Wegen der 4 Kinder heirate mein Bruder im gleichen Jahr seine 2. Frau
und sie bekamen bald eine Tochter dazu.

Nun hatte ich innerhalb 14 Wochens meine Frau und beide Kinder verloren,
lebte in einem feuchten zugigen Haus.
Ich hatte Grund zu glauben, daß dieses Haus Ursache daran gehabt haben könnte.
Nach einigem beruflichen Suchen wurde mir die Stelle des Pastors
in Uelsby und Fahrenstedt zuerkannt.
Nach 20 Jahren in Cating nahm ich dort den Abschied von meiner Gemeinde.
1802 bekam mein Bruder eine Tochter, der Mensch denkt und Gott lenkt.

Meine Schwiegereltern waren zu uns gezogen und wurden immer älter,
als sie uns baten nach Husum zurück zu ziehen.
So ging ich mit 200 Reichtaler im Jahr in Pension
und mit der Familie zurück - und rufe aus:
"Herr ich bin viel zu gering aller der Barmherzigkeit und Treue,
die du an mir getan, Dir befehle ich meine Wege,
auf dich hoffe ich, du wirst es auch fernerhin wohlmachen".

Nacheinander wurden meinem Bruder 4 Söhne geboren und 4 Söhne wieder genommen.
"Der Herr hat sie gegeben, der Herr hat sie genommen".
Mein ältester Bruder starb bald darauf kinderlos,
seine Gattin folgte kurz darauf.
"Möge die Gnade und das Wohlgefallen Gottes in ewig begleiten!"
1810 wurde meinem jüngeren Bruder wieder eine Tochter geboren,
zwei Jahre später ging auch der Bruder dahin.
Im Alter von 60 Jahren, an einer ähnlichen Krankheit
wie der Begründer des Tagebuches gestorben.
"Möge der Segen des Vaters auf ihm ruhen.
Dir aber, mein geliebter Bruder, ist gewiß jetzt recht wohl,
wer weiß, wie bald ich dir nachfolge und dann sehen wir uns wieder!"

Durch die hohen Kriegssteuern konnte ich unser Haus nicht länger halten
und bezog ein Haus auf dem Land als Ruhesitz,
gerade noch rechtzeitig um etwas an Erbe für die Nachkommen zu retten.
1816 starb die Tochter meines Bruders Peter.
Meinem Brudersohn wurde ein Knabe geboren,
die Verehelichung der beiden ältesten Töchter meines Bruders kam.
Wir zogen von Rödemis nach Husum, weil mir der Wind gesundheitlich nicht gut tat.
Das hin und her ziehen zwischen beiden Wohnsitzen wurde zu unbehaglich,
weshalb wir in Husum blieben.
Die 3. Tochter des verstorbenen jüngeren Sohnes heiratet
und bekam bald einen gesunden Knaben, bald eine Tochter.

Nach und nach kamen Kindeskinder zur Welt,
es starb die älteste Tochter meines Bruders mit 69 Jahren.
Es starben Kinder aus der Verwandtschaft in jungen Jahren,
die jüngste Tochter meines Bruders heiratete.

Der Verfasser starb im Juni 1837,
seine 2. Frau überlebte ihn um 11 Jahre.
Als Candidat der Theologie führe ich, Peter Hinrich Herr
als geliebtes Erbe weiter, solange es Gott gefällt.
(Pastor Friedrich Ludwig Herr verlebte seine letzten Tage in Ruhe)

***







***



Der Nachbar Otto Steiner

Zu guter Letzt noch eine fiktive Story..

In der kleinen Stadt am Rande des Odenwaldes war die Welt noch so, wie sie immer war.
Ruhig, beschaulich und doch waren die Bewohner umtriebig und allem Neuen zugetan.
Die heutige Zeit läßt alte Leute ins Heim verschwinden, die Erben verkaufen das alte Haus und neue Leute besichtigen es, raufen sich die Haare oder interessieren sich dafür.
Die Zeit tut, was sie immer schon tat, sie verändert sich und so zogen in des Schusters Haus, das schon lange etliche nachfolgende Generationen beherbergte und sich trotzdem noch "Schusters Haus" genannt wurde, neue Leute ein.
So ein Ort hat ein langes Gedächnis und selbst die Enkel wissen mit dem Namen "Schusters Haus" etwas anzufangen.
Wieso sagt ihr immer noch so, fragen die Kleinen- nun, kommt zur Antwort, weil das schon immer so war.
So hat meine Mutter und deren Mutter und auch die Urgroßmutter zu eben diesem Haus gesagt:
Geh doch mal zu Schusters und hole dies oder das.
Diese Leute hatten noch nie einen Laden und schon gar keine Schusterwerkstatt- wer weiß, woher dieser Name kam.
Es ist ja auch nicht wichtig, Hauptsache du weißt, wo du abgehen mußt, um den kleinen Weg zu den Gärten zu finden.
Das Haus neben dem Herrn Steiner sollte also verkauft werden und es war nicht das "Schusters Haus", sondern das des ehemaligen Schullehrers, der schon vor zwei Jahren gestorben ist.
Die Rechtsstreitigkeiten ziehen sich immer so lange hin, bis das "Objekt" zum Verkauf steht.
Mit der Grundstücksgröße, Baujahr oder geschätztem Alter, Zimmer-Zahl und Quadratmetern Wohnfläche, Angaben über Nebengebäude und so weiter und so fort.
Freilich spielt auch der Preis eine wichtige Rolle..
Viele Leute lesen diese Anzeigen sehr interessiert, man will ja auch wissen was so ein Haus "noch gebracht hat", damit ist das Geld gemeint, was die Kaufinteressenten dafür zahlen sollen.
Eigentlich wird so ein Haus in seinem Dasein mehrmals bezahlt, durch Steuern und Abgaben, Versicherungen, Hypotheken, Erbanteile etc.
Man unterhält sich unterwegs über solche Dinge, wenn man einen zufälligen Plausch hatte oder las eben am Frühstückstisch oder beim Nachmittagskaffee in der Zeitungsrubrik "Gelegenheiten" und "Immobilien".
So hielt eines Tages ein "Van", eines dieser großen Familien-Kutschen aus Blech und Plastik, die Türen schlugen geräuschvoll und drei Erwachsene und 5 Kinder kamen daraus hervor, standen unschlüssig bei dem Fahrzeug herum und schienen auf etwas zu warten.
Die Gardinen an so manchem Fenster wackelten verdächtig.
Man beobachtet eben gerne, wenn man den ganzen Tag daheim ist und Zeit hat.
Der Ort droht zu überaltern, das ist in der modernen Zeit überall so.
Diese Familie war wohl von weit her, so dachten die Nachbarn - solche Gesichter sind nicht von hier.
Und wie die schon angezogen sind, wird sich so mancher alte Bewohner gedacht haben - seltsam, aber so ist das heute eben.
Nun kommt noch ein Auto, ein besonders schickes Fahrzeug mit offenem Dach und eine jüngere Frau mit hochhackigen Schuhen stelzt auf die Gruppe zu.
Man hört nicht was sie sagt, was die anderen antworten, sieht aber die Mimiken und Gesten.
Die Hochhackige zeigt auf das leerstehende Haus und die Gruppe geht -etwas distanziert- hinterher.
So ganz geheuer ist ein solcher Ortswechsel wohl niemandem, wenn man ehrlich ist.
Das alte Tor aus den gedrehten Eisenstäben ging quitschend auf, die Gruppe ging langsam zum Hauseingang.
Und hier können sie mit gut und gerne 3-4 Autos parken, der Hof ist groß genug, tönt die Maklerin laut, das haben auch die Nachbarn mitbekommen.
Das Haus ist aus dem Jahr 1910 und wurde 2010 restauriert und frisch verputzt, mit neuem Schieferndach und einer Gasheizung versehen- das weitere Gespräch hat man nicht mehr mitbekommen, denn die Gruppe folgte inzwischen durch die Haustür in den Flur.
Nach längerer Zeit kamen sie wieder heraus und unterhielten sich noch vor den Wagen.
Man hörte Wortfetzen wie: "zuerst muß die Bank ihr ok geben" und "wir rufen sie an" - dann kam die Verabschiedung und wieder lautes, zigmaliges Türenknallen.
Otto war das gewöhnt und er sah nur einmal und mehr zufällig aus dem Fenster -er brühte sich einen Kräutertee auf und dachte an sein Projekt, das in der kleinen alten Scheune stand.
Er nahm die Tasse mit in sein Atelier, den Zeichenblock in der Hand.
In seinem derben Jute-Kittel ein paar Stifte- eben ein Tag wie jeder- und immer war er in Gedanken versunken.
An seinem Haus hing seit sehr langen Zeiten ein gut sichbarer Hinweis auf "Raumkunst", was sein Gewerk ist, von dem er lebt.
Er war schon immer sehr genügsam und so war es wohl genug, was daraus zu verdienen war.
Aus verschiedenen Materialien, die aus Schrottbergen gefischt wurde, entstanden herrliche Skulpturen, Wanddekorationen und Plastiken - ganz wie der Kunde sie wünscht oder zufällig bei ihm in der Scheune ausgestellt- fand.
Sein Freund war der Schrotthändler im übernächsten Ort, der ein paar Dinge auf Lager hatte, die Otto interessant sein könnten.
Otto zahlte freilich mehr als den Schrottpreis dafür und so hatten beide etwas von der Sache.
Helmut hatte diesmal für den Otto, der immer mal angewandert kam, diverse Rohre und Stäbe aus Messing und Kupfer, seine Lieblingsmaterialien.
Die beiden Männer unterhielten sich bei einer Tasse Kaffee und heckten immer irgendwas aus.
Helmuts Schwester war Modedesignerin und hatte in ihrem Studio eine Wandskulptur von Otto hängen - als Dauerleihgabe.
Darunter war ein Täfelchen mit seiner Adresse.
Auf diese Weise war weitere Werbung in Zeitschriften oder Zeitung oder Internet nicht nötig - im Ort kannte man zwar "Otto den Künstler", aber so richtig wußte niemand was er so tat.
Er ging immer in den gleichen alten dunkelgrünen Loden und derben Bauernschuhen und dem braunen Barett aus derbem Filz, es ähnelte einer Baskenmütze, aber ohne Zipfelchen.
Zwischen Scheunchen und dem alten kleinen Steinhaus aus derben Feldsteinen oder Bruchstein, das nur ein Stockwerk hatte, war die Hundehütte.
Ein schwarzer schwerer Rüde undefinierbarer Rasse hauste darinnen.
Entweder ist das Tier schon uralt oder er holt sich immer wieder die gleiche Sorte- wer weiß?
Der Hund hielt nicht viel von Spaziergängen, das nicht kleine Grundstück war ihm genug "Auslauf".
Er tat seinen Wachdienst sehr gewissenhaft und so war eine Klingel nicht nötig.
Helmut hat Otto wieder einmal etliche interessante Metalle aufgehoben- meistens bringt er sie mit seinem Transporter vorbei und die Beiden debattieren noch ein wenig in der Scheune herum oder sitzen auf den Holzstühlen in der Scheune an dem alten kleinen Tischchen beim Schach.
Mal gewann Otto, mal sein Freund - das war auch nicht wichtig, sondern einfach nur die Entspannung und die Ruhe.
Als Helmut wieder nach Hause fuhr, ging Otto in den Ort, um ein wenig einzukaufen und kam mit seinem beladenen Rucksack bald wieder nach Hause.
Der Hund kam gemächlich aus seiner gut gepolsterten Hütte und wartete auf sein Stück Fleischknochen- wie immer.
Damit zog er sich in die Hütte zurück und bearbeitete das sehr gründlich und in einer unglaublichen Ruhe.
Otto legte sich auf die Couch und schlief erst mal zwei Stunden, denn des Nachts war er oft eine Zeit wach, es war seine kreative Zeit, wo am Zeichenbrett gearbeitet wurde.
Neue Ideen sollte man sofort aufzeichnen, sonst sind sie weg!
So denkt wohl jeder Künstler.
Am anderen Tag kam Bewegung ins Nachbarhaus, Handwerker werkelten und taten dies und taten das, rumorten, klopften und dann kamen wieder andere, die wohl tapezierten und anstrichen.
Das ging eine ganze Woche so, die Fenster des Nachbarhauses waren auf und im 1. Stock wurden die alten Dielen heraus gerissen und in den Hof geworfen.
Bald rappelte eine Estrichpumpe und Fliesen wurden abgeladen.
Otto fragte nach den alten Dielen und durfte diese zu Brennholz verarbeiten- in der kleinen Esse neben der Hundehütte- brannte ab und an eben das Schmiedefeuer, ein holzhungriges Ding, das auch genug Holzkohle fraß.
In der kleinen Scheune wuchs ein Gebilde, das einem Wappen ähnelte, eine Auftragsarbeit für einen Landsitz, 2x3mtr groß, als Ersatz für ein Kaminbild.
Echte Handarbeit und einmalig, wie er immer wieder betonte.
Dafür hatte er sich ein Buch über Heraldik aus der Stadtbücherei besorgt, um möglichst authentisch zu arbeiten.
Mithilfe des Feuers kamen die unterschiedlichen Farben in das Eisenblech, das auf der raffiniert verdeckten Tragekonstruktion aufgeschweißt wurde.
Solide Halteösen - ebenfalls verdeckt - hielten das Kunstwerk an der Wand.
Der Kunde holte das gute Stück mit dem Transporter ab und zahlte in bar, das war Otto am liebsten.
Er verkaufte eigentlich ganz gut und so hatte auch sein Steuerberater zu tun.
Ottos Ruf ging über etliche Grenzen und lebte von der Mund-zu-Mund-Propaganda, als Insider-Tipp.
Die Besucher kamen nur in die Scheune, nie ins Haus, denn dieses alte kleine Ding war ihm alleine vorbehalten.
Im Winter war der Hund gerne drinnen beim Küchenherd, der einzigen Heizquelle, auf dem auch ein wenig gekocht und in dessen Röhre er sein derbes Brot buk.
Ab und zu stöberte er in seinem Materiallager, nur um sich inspirieren zu lassen.
Die eigentlich Idee kam dann, wie meist- irgendwann in einer Nacht.
Gut Ding will Weile haben, sagte er sich immer, Eile mit Weile!
Eines Tages zogen die neuen Nachbarn ein und begutachteten den Zaun zu Ottos Grundstück und begannen diesen zu ersetzen durch einen moderneren mit Sichtschutz.
Offenbar war denen die unverputze alte Scheune und die ebenso alten kleinen Gebäude nebenan nicht recht, der Hof mit dem Katzenkopf-Pflaster, aus dem das Gras wuchs und die ungepflegten Wiesenecken um den Kram herum.
Er konnte Gesprächsfetzen vernehmen:
"alter Mist, wie im Museum" oder "das gehört alles abgerissen" und so weiter und so fort.
Dabei war alles sehr stabil gemauert und die Dächer waren dicht - nicht mal Regenrinnen waren dort angebracht, was alle verwunderte.
Der Regen lief einen Meter vom Sockel in einer Erdrinne ab in einen Gulli-Schacht.
Die Fenster des kleinen Steinhauses waren noch aus buckeligem Einfachglas und mit etlichen Sprossen, die jene kleinen Glasscheiben hielten.
Auch waren die Fenster nicht groß genug für die heutige Zeit.
Innen brannte nur eine dicke Kerze, elektrisches Licht hatte Otto wohl nicht, in der Folge weder Kühlschrank noch Fernseher - weder Telefon noch Computer.
Aber das wußten die Nachbarn freilich nicht, nur Freund Helmut.
Man sah auch nie eine Frau dort ein und aus gehen.
Die Nachbarn sprachen freilich über ihn und wunderten sich doch schon sehr.
So mancher "Jaguar" oder "Benz" hielt dort im Hof und feine Leute stiegen aus und verschwanden in der Scheune.
Die Tenne hatte Otto zur Vernissage gestaltet, in einer Urform sozusagen.
Hier gab es Sekt und Käsehäppchen, eine einfache Toilette war daran angebaut.
Ein Nachbarjunge schlich sich zuweilen über den Zaun und beobachtete Otto durch das Gitterfenster, das noch aus den Zeiten der Tierhaltung in dieser Scheune stammte.
Dieses einfache alte Fenster war meistens zum Lüften aufgeklappt, denn alte Scheunen haben einen muffigen Charakter, auch wenn schon lange kein Viehfutter oder Heu mehr darin gelagert wird.
Der Junge starrte wieder einmal dort hinein, dafür mußte er auf ein altes Regenfaß steigen, was kippelig stand.
Eine plötzliche Bewegung und der kleine Louis lag auf dem Boden.
Der mächtige Hofhund über ihm - der Kleine rannte um sein Leben und entschwand über den Zaun zurück.
Der Hund hatte keinen Ton von sich gegeben, er stand nur da- und das reichte.
Louis wußte:
Der Hund weiß nun Bescheid, da gehe ich lieber nicht mehr schauen- was dort vorgeht, ist ja nun klar.
Er erzählte seinen Eltern nichts von diesem Abenteuer, nur seinem Bruder, heimlich zu später Stunde, als die Eltern schon schliefen.
Er hatte aber wohl nicht mit seiner Mutter gerechnet, die alles mit bekam und eines Abends vor dem Fernseher ihrem Mann davon berichtete:
Gestern habe ich mit einer alten Frau im Laden zufällig über diesen Künstler gesprochen und die sagte nur:
Der Herr Steiner ist keiner von uns, niemand weiß wie alt er ist - in meiner Jugend sah er schon genau so aus wie jetzt.
Ich bin 90 und er wohl immer noch 45 Jahre, genau wie zu meiner Kinderzeit.
Alle halten mich für senil, aber ich sage ihnen, da stimmt was nicht!
Als die Alte den Laden verlassen hatte, sagte die Verkäuferin:
Hören sie nicht auf die, die spinnt ein wenig und das weiß jeder..
Ein kleiner Gruseleffekt vor dem Fernseher des Hauses mit der neuen Familie?
Der Vater schüttelte nur den Kopf:
"Es wird immer viel getratscht, wenn die Leute nichts zu tun haben!"
So gingen nach und nach die Lichter aus, aber die Gedanken ratterten ihr noch im Kopf herum.
Sie dachte:
In dem alten kleinen Steinhaus, das so gar nicht in die Straße passen will, brennt am Abend nur eine Kerze, nicht mal eine elektrische Klingel oder Außenlicht ist zu sehen.
Man hört auch keine Maschine laufen, bei diesem merkwürdigen Künstler.
Und wie Frauen so sind, beobachtet sie die Wäscheleine hinter der Scheune.
Er hat wohl die gleichen Klamotten mehrfach, selbst die Unterwäsche und Bettwäsche ist dunkelgrün, wie die Tischdecke.. alles in grobem Stoff, der wie handgewebt ausschaut oder Loden ist.
Er hat auch keine Zeitungsbox und keine TV-Schüssel am Haus, wie seltsam.
Am Abend sieht man kein Geflimmer eines Fernsehgerätes und hört kein Radio, selbst wenn die Fenster offen sind.
Sie hatte noch eine Woche Urlaub und in dieser Zeit, wo das neu bezogene Haus fertig eingerichtet werden sollte, hatte sie auch Zeit zu spionieren.
Ab und zu kam ein alter Transporter mit Schrott-Teilen an, der Fahrer blieb für zwei Stunden in der Scheune, wo man kein Wort hören konnte und dann fuhr er wieder.
Der große Hund, den jeder fürchtete- rührte sich nicht aus der Hütte, obwohl er alles mit bekam.
Ab und zu stieg Rauch auf und es hämmerte und sägte jemand, aber alles ohne Maschineneinsatz, das klingt ganz anders, sagte sie sich.
Ihr Mann bastelte gerne und so kannte sie die typischen Geräusche er Bohr- und Schleifmaschine recht gut.
Dieser Nachbar macht wohl alles per Hand - warum?
Dieses Warum ist geblieben, wie bei den anderen Nachbarn auch, die sie bei jeder passenden Möglichkeit -dezent- befragte.
Keiner wußte etwas von Otto, denn der sprach nicht mit den Leuten, außer "Guten Tag" und "Guten Abend" oder "Auf wieder sehen".
Die alten Leute gegenüber sagten nur:
"Der Künstler will mit niemandem zu tun haben, der genügt sich selbst- nur ein Freund Helmut, der Schrottplatzbesitzer kommt ab und an vorbei.
Die spielen wohl Schach oder so- das Scheuentor steht im Sommer weit auf und da kann man das sehen"
Und wie lange wohnt der schon da?
"Wir wissen es nicht, aber unsere Eltern haben schon von diesem Otto erzählt"
Der muß doch schon ururalt sein - oder?
"ja das glauben wir auch, aber irgendwie schaut der immer gleich alt aus, jung ist er wohl nie gewesen, manche Leute sagen 'eiserner Otto' über ihn - meine Großmutter hat sich immer bekreuzigt, als sie ihn sah"
Etliche jüngere Leute nannten ihn nur "den Freak" na ja, groß war die Ausbeute ihrer Spionage nun wirklich nicht!
Immerhin ein Grund, um im nahen Heimatmuseum zu recherchieren.. das hat den ehrenamtlichen Betreiber auf den Plan gerufen, der sich für solche Dinge freilich sehr interessiert.
Er hat recherchiert und bis zu dem großen Brand im Gemeindearchiv von 1850 keine eindeutigen Geburtsdaten des Otto Steiner finden können.
Entweder war die Schrift verschmiert oder die Jahresangabe war frei gelassen.
Manche Fußnote wies darauf hin, daß manche Leute damals eben nicht ihr genaues Geburtsjahr kannten.
Seine Steuern hat er wohl immer korrekt bezahlt und auch die Hundesteuer.
Es war für dieses Haus in der der Eckgasse 4 immer schon ein "Schutzhund" eingetragen.
Damals stand das alte kleine Steinhaus, so sagte der Betreuer des Heimat-Museums, am Ortsrand, dort wo die Kappesgärten beginnen.
So hieß diese Sackgasse früher auch:
Kappesgarten 4 in diesem Falle.
Es waren auch damals nur 4 Häuser dort und nicht mehr- nur ein öffentlicher Brunnen war noch da- hier sehen sie, meinte er weiter - ich habe ihnen ein Bild davon raus gesucht.
Wie alt dieses kleine Steinhaus wirklich ist, weiß keiner mehr, es war das hinterste Haus, unmittelbar vor den Kappesfeldern.
Alle weiteren Häuser kamen erst viel später dazu.
Die Straße ist gerade mal 80 Jahre befestigt, zuvor war das nur ein Feldweg.
Heute ist der Kappesgarten weg und eine große 4stöckige Wohnbebauung dort errichtet, die auch schon 30 Jahre steht.
Dieses 1500qm große Grundstück des Otto Steiner ist schon oft im Blickfeld des Bauunternehmers und Architekten gewesen, der dieses Anwesen gerne gekauft hätte.
Heute jedoch hat der Denkmalschutz die Hand darauf.
Wenn dieser Otto etwas verändern wollte- müßte er zuvor das Denkmalamt fragen.
Vermutlich weiß er das nicht mal!
Ich danke, sagte Ottos Nachbarin, ich bin schon mal weiter in dieser Sache, bis zum Sonntag, wo meine Familie auf Museumsbesuch kommen will.
Ich würde an ihrer Stelle nochmal den Pfarrer bemühen, der hat noch alte Register- vielleicht werden sie dort fündig?
Versprechen kann ich aber nichts.
Ich danke nochmals und bis Sonntag!
Vor ein paar Jahren hätte sie den Pfarrer noch angetroffen, aber heute ist das Kirchsprengel so weitläufig geworden, daß dieser Geistliche ein eher flüchtiger Geselle geworden ist, der für solche Dinge keine Zeit mehr hat- dort wurde sie also von der Sekretärin abgewiesen.
(Die auch nur 2 Stunden ehrenamtlich dort in der Pfarrei tätig war)
Die Zeiten ändern sich, aber Otto Steiner bleibt wie er ist, so sinnierte sie) Liliane ging also nach Hause zurück, ihr Mann ist noch auf Schicht und die Kinder kamen gerade aus den Schulen zurück.
In der folgenden Nacht schlief sie schlecht und träumte von Gespenstern, wachte schweißgebadet auf und murmelte etwas wie:
Ich glaube mir eine Erkältung geholt zu haben, es ist ja auch kein Wunder, denn in einer der Schulen und Klassen sind immer welche krank- und wenn ich mir davon nichts einfange, bringt mein Mann Werner aus dem Büro was mit, an dem wir wieder -nacheinander- alle jeweils eine Woche zu knabbern haben.
Sie schaute beim Tischdecken gerade aus dem Küchenfenster und sah, wie der stabile schwarze Köter gemächlich über das Pflaster zur Scheune ging, um dahinter auf der Wiese sein Geschäft zu machen.
Wenigstens bellt das Vieh nicht, meinte sie sinnierend- still ist dieser Hund ja, aber diese unheimlichen gelben Augen in dem schwarzen großen Kopf -sind sehr unangenehm anzusehen.
Otto ging zur Scheune, mit der Kaffeetasse in der Hand und eine Stulle - öffnete das Scheuentor und verschwand darin.
Ab und zu hörte man Hämmern und Klopfen, feilen und sägen- aber das bekamen die Nachbarn kaum mit.
Die Liliane erzählte vom ergebnislosen Suchen nach dem Geburtsdatum des Nachbarn Otto und ihr Mann schüttelte nur den Kopf:
Ideen habt ihr Weibsleute!
Man soll es nicht glauben - was interessiert mich dieser Typ da nebenan- nicht die Bohne.
Es kamen nicht all zu oft Kunden auf des Nachbarn Hof gefahren, aber das waren "hochkarätige" Persönlichkeiten, wie man so schön sagt.
Diese Skulpturen und Heraldiken waren begehrt bei Leuten, die eine Herkunft haben und damit nicht hinter dem Berg halten wollten.
Es gibt mehr Leute mit eigenen Wappen, als man denken sollte!
Vor Jahren stand ein Artikel in der Zeitung:
"Im deutschsprachigen Gebiet sind rund 600.000 bis eine Million Wappen registriert"
Und so ist ein Markt tatsächlich vorhanden, meinte Liliane, da muß man sich erst einmal auskennen - der Otto muß ganz gut daran verdienen!
Es wäre Otto im Ansehen ebenso wenig gut angetan gewesen, wäre er als "armer Schlucker" angesehen worden.
Mal war es Neid, mal Verachtung- so sind die Leute eben.
Nach und nach verlor sie das Interesse an diesem seltsamen Nachbarn- ihr Junge aber wollte mehr wissen und lungerte herum, um eine Zeit abzupassen, wo der Hund gerade im Haus war.
Schnell übersprang er den niederen Zaun hinter der Scheune, trat in einen Hundehaufen und schimpfte fürchterlich - schlich sich aber doch an die Scheune heran und stieg auf ein Regenfaß, um in die Rübenklappe zu gelangen.
Er konnte sich nicht halten und rutschte den Schacht in den Rübenkeller hinab, der heute nicht mehr in Gebrauch zu sein schien.
Der Raum war leer, weiß gekalkt und mit einer groben Holztür mit derben Beschlägen versehen.
Die Tür war nicht verschlossen- also ging der kleine Strolch in den Flur, sah ein altes großes Gewölbe mit Ritterrüstungen, Morgenstern und Hellebarden, Schwertern an der Wand und Degen.
Von der Decke hing ein großer Leuchter mit zwölf Kerzen.
Ein sehr langer Tisch mit 12 Stühlen rundherum und an einer Schmalseite ein hoher Stuhl, fast wie ein Thron, tat sich vor ihm im Dämmerlicht auf, das durch diese Klappe und Tür fiel.
Ein alter Schrank mit seltsamen Kelchen und alten Rotweinflaschen stand wohl schon sehr lange dort, trotzdem war alles nur von einer dünnen Staubschicht überzogen.
Louis hatte Angst, war er doch zu wagemutig?
Wie käme er hier unbeschadet wieder raus?
Wo ist der große Hund?
Unsicher tappte er weiter und kam an eine steile Treppe - die wohl oben in der Scheune heraus kam.
Er kroch aufwärts und kam nicht weiter, weil eine verriegelte Falltür über ihm war.
Also tastete Louis vorsichtig rückwärts die Treppe hinab und suchte nach einem weiteren Ausgang.
Es gab keinen- also ging er am Rand des Flures vor der Treppe auf Suche und fand eine Bodenklappe, die sich öffnen ließ.
Zum Glück, so meinte er zu sich selbst, habe ich meine LED Taschenlampe dabei und so funzelte der Schein nach tief unten, wo die stabile Steintreppe in die Tiefe führt.
Er ging recht lange abwärts, vielleicht drei Stockwerke?
Er hatte nicht mitgezählt wieviel Stufen es gewesen sind.
Unten plätscherte Wasser in einem gemauerten flacheren Steintrog der Größe zweier Badewannen, Fackeln mit Wandhaltern waren da zu sehen und eine Galerie mit seltsamen Haken, auf denen Kappen hingen.
Der Raum war mit dem gleichen Gewölbe versehen, wie der Raum oben drüber - dieser Raum war jedoch deutlich kleiner und hatte nur noch einen schmalen dunklen Gang zu bieten.
Was tun?
Zurück gehen und dem Mann und dem Hund in die Hände laufen und Ärger mit den Eltern zu bekommen oder weiter und weiter zu tasten, um vielleicht doch noch in die Freiheit zu gelangen?
Gingen denn nicht alle Geheimgänge ins Freie?
Er ging bis zu einer Stelle hinter einer Kurve, wo der Gang eingestürzt war, ein Durchkommen unmöglich machte.
Er fühlte die ganze Zeit Blicke im Nacken, sah aber niemanden.
In einer Mauernische davor hielt Louis inne, als er Stimmen hörte, die näher kamen.
Lautstark gingen 12 Männer an ihm vorbei und .. der Tunnel ging weiter, es lang plötzlich nichts mehr im Wege!
Schnell schloß er sich dieser Truppe an, die wie Ritter ohne Hanisch wirkten.
Einer sagte etwas in der Art zu seinem Nebenmann:
Wieso holt dich der Knappe ab?
Sie gingen flott noch viele hundert Meter, bis am Ende der Gang in einem Burghof endete.
Hier verteilten sich die Männer in verschiedene Richtungen.
Einer ging zur Schmiede, der Nächste in den Söller, zwei durch das Burgtor in die Stadt hinab, die anderen sahen nach den Pferden oder in den Speiseraum.
Louis versteckte sich im Heu und.. schlief erschöpft ein.
Als der Hahn schrie in der Ferne, wachte er auf und sah sich verträumt um - er war am Ende des Ortes mitten im Wald, Ruinen um ihn herum, kaum daß diese aus dem Unterholz und Dickicht ragten.
Überwachsen von Moos und Farn und fast unsichtbar im Waldesdunkel.
Er stand auf, entfernte das noch frische Heu von der Kleidung und den Haaren und sah sich um.
Nicht weit von hier war eine Lichtung und - man sah den Ort, in dem er zuhause war.
Mit dumpfen Gefühlen ging er etliche Straßen entlang, bis er zuhause ankam.
Die Mutter hat ihn überall gesucht und ausgefragt, wo er denn gesteckt habe:
"Ich bin in einem Heuschober eingeschlafen, entschuldige - es sollte ein kleines Abenteuer sein!"
Na ja, es hat nur eine Stunde länger gedauert, als du Ausgang hattest- das wird eben am nächsten Tag weniger, dafür mehr Hausaufgaben - gell?
Ja Mutter.
Er machte noch geschwind die Hausaufgaben, ging kurz ins Bad, sagte gute Nacht und ging ins Bett.
Totmüde von diesem seltsamen Erlebnis, das im auch sein bester Freund nicht glaubte, den er auf dem Schulweg traf.
Er kam nie wieder auf den Gedanken, bei Otto heimlich in die Scheune zu schneien - fast dachte er an einen Traum, da roch er unter seinem Schuh den Hundehaufen, in den er getreten war.
Die Klassenkameraden zogen ihn mächtig auf - so sehr stank der Schuh!
Louis hatte keine Ruhe mehr und dachte schon, daß mit seinem Kopf etwas nicht in Ordnung sei- erzählen wollte er niemandem etwas davon, was er erlebt hatte.
Als er von der Sitzecke zu der Scheune sah, blickte ihn der Hund mit seinen seltsamen Augen eindringlich an.
Es schauderte ihm bis ins Mark.
Herr Steiner ging gerade mit seinem Kaffeebecher vom Haus in die Esse, fachte ein gutes Feuer an und sah zu ihm herüber und rief:
Was ist, willst du dir das nicht mal anschauen?
Und was ist mit dem Hund, fragte Louis vorsichtig.
Feller ist die ganze Zeit bei dir gewesen, immer dicht hinter dir im Gang bis in den Wald, danach bis nach Hause.
Ich habe keinen Hund bemerkt, wirklich nicht!
Das glaube ich dir, denn man sieht Feller nicht immer - nur wenn er gesehen werden will.
Der Hund ist so alt wie ich, zumindest fast- ich habe ihn mit 15 Jahren bekommen und seitdem ist er mein treuer Begleiter und wehrhafter Schutz.
Komm rüber, wenn du dich traust!
So kam der Junge zögernd zu lohenden Flamme der Esse, wo gerade das Eisen zum Glühen gebracht wurde, um auf dem Amboß zu einem Werkstück geschmiedet zu werden.
Peng -bleng- Peng -bleng- immer im Doppelschlag, einen auf das Werkstück, der 2. Schlag auf den Amboß- auf dem der Schmiedehammer zurück federte in urigem Takt.
So, nun noch ins Wasser- und schon zischte der Stahl, der mit einer langen Zange gehalten wurde, im Wasserfaß.
Der Junge sah alles staunend an und fragte nach dem Sinn dieser Sache und bekam alles erzählt:
Hier kommen zwei Löcher hinein, dann kommt der Holzschaft darauf und wird mit Pech und zwei Stiften befestigt.
Was wird denn das?
Nun - der Kunde hat sich einen großen Grillspieß gewünscht, für den ich auch die Halter mache und die Bodenbefestigung.
Hier kann man ein ganzes Spanferkel drauf setzen.
Aha.
Gerade wollte Louis ein Stück von dem funkensprühenden Feuer zurück treten, da stieß er gegen etwas sehr Massives - der Feller, oh Schreck!
Der Hund stand dort wie ein Stein, man hätte denken können es wäre ein Wolf , aber Wölfe sind schmaler gebaut.
Sie sahen sich in die Augen, der Hund und der Junge, als dieser entsetzt fiel und auf dem Boden liegend die Arme schützend über das Gesicht erhob.
Der Hund legte sich daneben und sah ihn an..
von da an war wohl eine Art stille Freundschaft geschlossen.
Der Junge, der vor jedem Hund eine Heidenangst hatte und nun ein solches Erlebnis.
Otto arbeitete einfach weiter und ließ die Beiden allein auf dem Hof.
Louis ging Otto nach in die Scheune und fragte gerade heraus:
Was war mit diesen Rittern?
Nun, wenn du schweigen kannst- es sind meine Freunde aus der Burg.
Ich kenne keine Burg hier in der Nähe, sagte Louis.
Nun ja, das ist ja auch schon 350 Jahre her, als die Franzosen die kleine Festung schleiften, dem Erdboden gleich machten.
Sie kamen zu Tausenden, da hatte niemand eine Chance.
Einmal im Jahr treffen wir uns unten im Keller zu einem Glas Rotwein und erneuern unseren Bund.
Ansonsten sehe ich die Freunde das ganze Jahr nicht mehr - nur an diesem Unglückstag damals vor langer Zeit, als wir im Fluchttunnel begraben wurden- ich war der einzig Überlebende.
Dieses kleine Haus war mir schon damals, ich habe mich um die Wappen des Herrn gekümmert und besondere Schwerter geschmiedet.
Heute mache ich Kunstwerke und Wappen - als Dekoration.
Was ist denn das?
Nun, ein Zimmer- oder Wandschmuck.
Wie alt bist du wirklich - das mußt du selbst ausrechnen ich bin immer 45 Jahre alt und niemand braucht das zu wissen -hörst du?!
Ja.
Von dieser Zeit an ging Louis nach der Schule immer mal bei Feller vorbei, der ihn schwänzelnd begrüßte - mit halboffenen Augen.
Louis hat niemandem von dem nachbarschaftlichen Geheimnis erzählt -
erst in hohem Alter seinem Ur-Enkel, als Otto gerade ein Eisen schmiedete -
aber der Junge hatte schon längst mit Feller Freundschaft geschlossen, wie er seinem Urgroßvater gestand.








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