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*** Nachgetragen *** Frau Holle's TK Laden
Frau Holle hat ihren alten "Gemischtwaren-Laden", der schon
länger leer stand - nach dem Tode ihres Mannes - wieder herrichten lassen: Alles schön neu gestrichen, die Böden mit Laminat auslegen lassen, durch den Keller neue Stromleitungen für die 4 großen Kühltruhen legen und sich eine einfache Bedientheke aus den Kleinanzeigen angelacht. Gegen ein paar Euro Trinkgeld wurde das Ding aufgestellt. Der Laden lag direkt an der Ortsdurchfahrtsstraße, man konnte ihn schlecht übersehen - zumal die 2 alten Automaten an der Hauswand zwischen den 3 kleineren Schaufenstern waren, diese Karussell-Spender, die man sonst nirgends mehr sieht. "Auswahl-Automaten" nannte man diese Geräte.
Der Zaun und der kleine Vorgarten wich Autostellplätzen, was nur wenig Arbeit machte, so konnten die Kunden direkt davor parken. Heute läuft niemand mehr, selbst innerorts nicht, resümierte sie.
Das restliche Geld aus der Sterbeversicherung ihres Mannes deckte alles ab.
Sie bekam von vier Tiefkühl -
Heimservices die Waren in diese Kühltruhen geliefert, die sie günstig von einem aufgelösten Supermarkt erstanden hatte - die "Bucht" macht das möglich. Sonntagmorgens ersteigert und drei Tage später durch die Spedition geliefert und aufgestellt.
Die vier Tiefkühl-Heim-Services waren froh, nicht mehr alle Straßen abklappern zu müssen und bei jedem 2. Dauerbesteller eine Abfuhr zu erhalten oder .. es ist keiner da gewesen, weil die Leute eben zu zweit arbeiten.
Die Sortimentskataloge lagen also dort auf der Bedientheke aus, davor waren ein paar Stühle aufgestellt, wo die Leute bequem in den Angeboten blättern konnten.
Mancher ließ sich beraten, weil die Feedbacks der Kunden über dieses oder jenes Produkt von einem der Anbieter sehr unterschiedlich waren.
Junge Leute hielten kurz an, sagten 2 x Pizza B oston, zahlten und waren schon wieder weg. Die Pizza war fertig, wenn sie sich daheim umgezogen hatten.. sehr bequem.
Das hat ein Weinhändler mitbekommen und ein paar Kisten gängiger Sorten dort deponiert-
Frau Holle hatte das ganze Sortiment jedes der vier Anbieter und wußte schnell, wo was verstaut war. Niemand stand ihr im Weg, die Truhe wurde nur kurz geöffnet und gleich wieder verschlossen - das hielt die Stromkosten relativ niedrig. Die Kunden sollen nicht darin wühlen, sonst geht der Plan nicht auf..
"Guten Tag Frau Bach, was darf es denn heute sein?"
Ach wissen sie, so die eilige Geschäftsfrau Irme Bach, mein Mann hätte so gerne Königsberger Klopse gegessen, ich kann die aber nicht machen und Zeit hätte ich auch keine dafür.
Macht nichts, meint Frau Holle trocken, hier bei dem Anbieter A ist das gerade im Angebot, 1kg Klopse mit der Sauce kosten 4,99 Euro. Sie können Salzkartoffeln dazu machen, das paßt gut.
5 Euro über die Theke und ab damit in die Kasse des Anbieters A. Dazwischen hatte sie die Wechselgeld-Kasse.
Der nächste Kunde wollte Hähnchen-Nuggets des Anbieters C, er zahlte, das Geld kam in die Kasse des entsprechenden Lieferanten,
welche versteckt hinter der Theke -hinter einem festen Gitter - verstaut waren.
Auf der Theke hatte sie Kühlbeutel und Kühlboxen zum Verkauf stehen, die ebenfalls von den Lieferanten waren.
Bei Frau Holle gab es alles, feinstes Luxus-Speiseeis, einfache Sorten und solche im 12er Pack, bunt gemischt.
Feines Gemüse, bei dem man keine Abfälle hatte und keinen Verlust - alles portionsweise entnehmbar.
Pommes, Fisch in vielen Sorten, sogar Brötchen und Kuchen.
Der Laden wurde nicht geheizt, das machten die Kühlaggregate der Kühltruhen schon voll alleine, deshalb ließ sie die alten Einfachglasscheiben in den Schaufenstern, die bunt dekoriert wurden.
Trotz der altmodischen Bedien-Theke war ihr Laden bald in aller Munde, weil alles nach "50iger Jahre" aussah, zwei große Zimmerlinden verstärkten diesen Eindruck und die 2 "Nierentischchen", auf welche die Kunden ihre Prospekt ablegen konnten, der alte Schirmständer - ebenfalls aus dieser Zeit - paßte bestens zum gold-eloxierten Alugriff der Ladentüre, die "stylisch" quer angebracht war und den Schaufensterrahmen in der gleichen Farbe.
Der Laden hatte schon von früher einen eigenen Stromzähler und so wurde durch die 4 Anbieter geteilt, was an Kosten angefallen war.
Ein Nullsummenspiel sollte ihr Einsatz nicht sein, dafür war sie zu sehr Kauffrau - das wußten die Lieferanten sehr wohl und taten den Anteil an den Stromkosten monatlich zu dem Verkaufs-Bonus für Frau Holle.
Frau Holle war nun mal Witwe und hatte Zeit, "einfach klingeln und ich komme, stand an der Tür.!
Die Vertreter der Lieferer kamen sowieso mit ihren Tiefkühlwagen alle 4 Wochen vorbei und kassierten, füllten auf was verkauft war und gaben der Verkäuferin ihre Verkaufsprovision in bar, was sie akribisch aufschrieb. (Das Finanzamt will immer alles ganz genau wissen)
Die Lieferanten hatten ein reges Interesse daran, daß kein Artikel ausverkauft war - so mußte sie sich nicht kümmern um die Nachbestellungen.
Bald entstand ein gutes Vertrauensverhältnis und der Laden lief wie geschmiert.
"Wenn das mein Walter noch gesehen hätte!"
So ging das ein paar Jahre, dann kümmert sich ein Enkel um die Nachfolge - er vergrößerte den Laden ein wenig und verkaufte Getränke dazu.. sonst hat er an dem Konzept der Bedientheke nichts geändert und er wußte genau warum.. seine Frau lieferte gehbehinderten Ortsbewohnern die Sachen auch ins Haus, wenn diese anriefen. Ein sehr gut angenommener Service, weil die Bevölkerung in weiten Teilen überaltert war und nicht mehr so gut zu Fuß.
So wurden ganze Essen in speziellen Portionstellern geliefert und leer bei der nächsten Lieferung wieder mitgenommen.
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