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2020 Kartusche: Gesandhainer macht Politik und gesundet erstaunlich schnell.. Teil 1
Als typischer Mitläufer sah man schon seinen Vater an, der Bürgermeister in der Kreisstadt in Bayern war, wo auch der Sohn - in traditioneller Art und Weise in die Fußstapfen trat.
Vater sorgte dafür, daß der Sohnemann zeitig in die Partei eintrat, bei ein paar Vereinen mitmachte und ab und an eine Runde warf, wie man so schön sagt. Baltasar Gesandhainer spielte Tuba im örtlichen Orchester, sang Bariton und war allseits beliebt im Chor. Er lehnte sich nicht weiter "aus dem Fenster", wie man so schön sagt, sondern blieb schön zurückhaltend und zuverlässig, immer unter der meinungspolitischen Schusslinie. Freundlich zu jedermann und jede Frau, verabsäumte er niemals ein Vereins- oder Parteitermin. Sein Freund Kurti war immer mit von der Partie, einer zog den andernen mit, wie man so sagt. Er ging freilich aufs altsprachliche Gymnasium und wollte Soziologie oder Lehramt studieren, was ihm aber nicht so recht gelingen wollte. So stand in seiner Vita der schulische Werdegang, die Partei, die Vereine und als Neigung Soziologie und Lehre.
Freund Kurti übernahm die Zeitung seines Onkels und war bald ein bekannter Medienmacher, der sich überall tummelte, wo ein Skandal zu erahnen war.. der Schornstein muß rauchen, so sagt man wohl - heute nimmt man den Begriff "Quote machen" dazu. Welcher Skandal aus welcher Ecke des Landes kam, war im Wurscht, Hauptsache es gibt eine dicke Überschrift und die Leute kaufen mein Blatt.. so sinnierte er, während sein Blick auf dem Monitor hing: "Nationale und internationale Nachrichten, Anschlag in Hanau - viele Tote - war es ein rechtsradikaler Terrorakt?"
Pfundig, das hätten wir hier auch gebrauchen können, aber dafür sind wir viel zu abseits - nicht, daß ich den Leuten dieses Leid gewünscht hätte, aber eine dolle Schlagzeile, ein herrlicher Aufreißer hätt' es schon gegeben!
Baltasar diente sich in der Gemeindeverwaltung hoch bis zum Personalleiter und bekam bei der nächsten Wahl den Posten des Bürgermeisters. Vater hatte alle Hebel in Bewegung gesetzt, wie sich das dort so gehört.
VOR der zweiten Wahlperiode -die das Altersruhegeld in voller Höhe sichern würde- schickte ihn die Partei in das Kreis,- später ins Landesparlament als sozialpolitischer Abgeordneter, dann schielte er auf den Innenministerposten des Landes, wurde aber von der Partei als Bundestagsabgeordneter vorgeschlagen.
(Ihm war klar, daß man ihn nicht nochmal als Bürgermeister würde wählen wollen, weil die Finanzen der Kommune nicht so gut standen)
Er nahm -ohne äußerliche Anzeichen einer Bewegung- "gerne an", wie er sich ausdrückte und fuhr nach Berlin.
Hier in der Anonymität fiel er durch seinen schweren niederbayrischen Dialekt auf wie eine Kuh aus den Bergen, die sich nach Hamburg verirrt hat..
Baltasar Gesandhainer stand mutterseelenallein im "feindlichen Ausland" in dem von allen Bayern verhaßten "Preißn", wie man sagt und fand alles viel zu groß und viel zu großmäulig, wie die Berliner eben so sind. Er trat seinen Platz rechts von der Mitte an und beobachtete die Szenerien ganz genau, die sich vor ihm auftaten. Er war kein Freund spontaner Äußerungen, sondern antwortete nur auf Fragen - überlegt und rhetorisch geschickt. Er machte pausenlos schriftliche Notizen auf einem altmodischen Block, den er sorgfältig, Blatt für Blatt numerierte. Er versäumte keine Sitzung, um auch die kleinste Kleinigkeit ganz genau zu erfassen und zu analysieren, wenn sich die anderen Abgeordneten in den Bars und Gaststätten die Zeit vertrieben, hockte er auf dem Bett und verarbeitete die Notizen auf der Rückseite des jeweiligen Blattes und heftete dieses in einen riesigen selbstgemachten Ordner.
Seinen Kumpel Kurti hielt er per Brief auf dem Laufenden, wenn ihm eine Sache verdächtig oder fadenscheinig vorkam. Auf diese Weise war auf seinem Smartphone keinerlei Aktivität zu finden, falls einmal jemand an ein Ablauschen dachte. Kurtis Adresse kannte er wohl auswendig, denn es sollte in seinen Unterlagen auch darüber nichts und garnichts zu finden sein ! Sollte jemand recherchieren, fand man keinerlei Verweise und das tat sein Kumpel ebenso - dieser antwortete niemals auf Baltasars Briefe, das hatten sie so ausgemacht und auf den Briefen aus Berlin stand nur ein fingierter Absender: Julius Bonner, Sanitärhandelsvertreter, Berlin.
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