Hermann hat es geschafft (Phantasie)
Hermann ist im besten Alter, er ist nach dem Abi in die Versicherungsbranche gerutscht
und seit dieser Zeit unaufhaltsam aufgestiegen.
Er gilt als freundlich und vertrauenswürdig,
ist Mitglied in allen Vereinen des Ortes und sponsert zuweilen mit seiner Versicherung
den Fußballverein.
Das macht beliebt und sichert Kunden.
Dieses "smarte" hat er von seinen Eltern, die einen kleinen Supermarkt betrieben,
aus welchem genug Geld für Hermanns Besuch der Privatschule blieb.
Die Menschenführung war sein Lieblingsthema und bald trat die eine oder andere Partei an ihn heran.
Hermann konnte so gut reden, überzeugen und für sich - oder die Sache - einnehmen.
Aber Hermann war auch schlau,
so daß er sich vor keinen Karren spannen ließ, außer vor den eigenen.
Er trug immer leicht elegante Anzüge und einen feinen Hut, edles Schuhwerk
und nach Jahreszeit den Mantel, der schon von Weitem nach "teuer" roch.
Sein Wagen war immer nur geleast, unauffällig,
damit die Kunden sich nicht geneppt fühlen,
wenn sie daran vorbei in sein Haus und in sein Büro gingen.
Er machte keine Hausbesuche, es sei denn,
es bat jemand explizit darum, weil eben dieser Kunde nicht mehr so gut zu Fuß war.
In der feudal ausgestattete ehemaligen Remise
des alten Bauerngehöftes, das er sich zu einem Prachtbau hat ausbauen lassen,
war sein Büro - mit separatem Eingang und mit Leucht-Wegweiser dorthin.
Alles war aufs Beste ausgestattet, edles Schmiedeeisen,
feine Steinplatten, rutschfest versteht sich.
Die Büroausstattung strahlte Gediegenheit, aber keinen Hochmut aus.
Man muß etwas haben, was die Steuer mindert, war sein Leitspruch.
Er hatte rund um die Uhr jeweils eine Beschäftigte(r),
die sich um die profanen Dinge kümmerten -
sein Office war immer erreichbar.
Das setzte eine ganz besondere techn. Ausstattung voraus.
Mit direktem Draht zur Schadensabwicklung der Versicherung.
Bald waren Lebensversicherungen mit 12j. Laufzeit sein Renner,
das ließ immer frisches Kapital einlaufen,
mit dem gearbeitet werden konnte.
Welche Dinge im Hintergrund liefen,
hat nicht einmal das Finanzamt nachvollziehen können.
Bei Hermann war immer alles "in trockenen Tüchern", wie man so schön sagt.
Seine Frau war eine ruhige Philologin, die ab und an Vorlesungen gab,
ansonsten Kritiken schrieb und viel Zeit hatte.
Die Beiden hatten für alles Personal - eine Hauswirtschaftlerin,
eine Putzfrau, einen Gärtner für das riesengroße Grundstück,
das wie ein japanischer Garten angelegt worden ist.
Zwei Frauen und zwei Männer aus dem Ort halfen gelegentlich mit,
wenn die Arbeit überhand nahm.
Dieser aufgestockte und aufgemöbelte Dreiseithof
mit 3 x 300qm Wohnfläche und Schwimmbad mit Gartenblick war schon recht pflegeintensiv,
- das Fachwerk war ständig in Reparatur, zumindest die Gefache.
Wenn man sich ständig um ein solches Haus kümmert und Geld hinein steckt,
dann ist ein Fachwerk-Ensemble ein Augenschmaus.
(Nebenbei bemerkt teurer als jede Villa - aber mit Landesmitteln
für den Denkmalschutz, den nur Leute bekommen, die genug investieren)
Die 20x20mtr Innenhof konnten auf Knopfdruck überdacht werden,
damit die Party auch im Regen weiter gehen konnte - der jap. Garten
war bei den Gästen die Attraktion.
Verdeckte Lautsprecher ließen eine gediegene Geräuschkulisse zu,
die auf die Anlässe eingestellt werden konnten -
ein richtiges Steuerboard in seinem Büro war ein Highlight.
Orgelklänge wie in einer Kathedrale oder Violinenkonzert a la Opernhaus oder Folklore?
Alles ist ansteuerbar, genau wie die passenden dezenten Lichtspiele dazu,
der edle Fontänensatz im Teich..
Hermann war gerne der Gastgeber, wenn sich eine lohnende Gelegenheit dazu ergab.
Ansonsten war diese Zone privat und sakrosankt.
Bis hier hin kam niemand aus dem Ort,
die Besucher wurden im Büro abgefertigt.
Von außen sah das Anwesen wie ein Gutshof aus,
den sich jemand mit Geld restaurieren lassen hat -
innen war das Haus eher eine gediegene reiche Klosteranlage mit modernem Luxus
in allen denkbaren Ausprägungen.
Alles war mit viel Geld gemacht. Die immensen Erstellungskosten waren von außen nicht zu erahnen..
das bescheidene Fahrzeug der Haushälterin stand immer vor dem Haus,
in der großen Tiefgarage unter dem Garten waren die feinen Fahrzeuge verborgen..
Hermann brachte die fälligen Lebenversicherungen ganz persönlich
in bar in die Trauerhäuser, mit einem gediegenen Blumenstrauß.
Diese Geste ließ er sich nicht nehmen.
Das brachte hohes Ansehen und Vertrauen.
Dabei bot er freilich auch an, die Versicherungs -
Summe in Raten als Kleinrente
auszuzahlen -
dieses Angebot nahmen einige Leute an.
Hermann nahm auch gerne das Angebot der örtlichen Partei an,
Mitglied zu werden, denn diese hatte etwas vor mit ihm..
Bald war Hermann's Ruf besser als jener der örtlichen Bank
und die Geschäfte brummten.. er übernahm Umschuldungen,
Umversicherungen und finanzierte mit einer Bausparkasse ganze Siedlungen.
Hermann kaufte über einen externen Makler alte Häuser,
ein befreundeter Bauunternehmer und Architekt machte daraus vorzeigbare Immobilien,
die dann für gutes Geld an potente Käufer gingen.
Der Gewinn sprudelte und wurde sogleich in neuen Immobilien angelegt.
(Die Leute suchen bezahlbare Wohnungen - warum also warten und nicht gleich investieren?)
"Investieren sie jetzt, denn es wird jedes Jahr teurer.."
Nach und nach wanderte so mancher Mietblock in seine Hände
und der Bauunternehmer hatte alle Hände voll zu tun.
Eigentumswohnungen sind "in" und hoch begehrt,
wenn sie entsprechend ausgestattet sind.
Hermann sah zu, daß die Immobilien bald wieder verkauft wurden
- mit ordentlichem Gewinn, das versteht sich von selbst.
Ab und zu kamen Politiker zu Besuch,
das sah man an den dezenten durchtrainierten Herren, die vor dem Haus auf und ab gingen.
Die schweren Limousinen wurden dezent in der großen Tiefgarage geparkt -
so konnte man ungesehen aus dem Fond steigen.
Die Tiefgarage war hypermodern und ohne die typischen Engen,- so mancher Flughafen wäre neidisch gewesen.
Die Anwohner hatten sich über die langen Bauphasen gewundert
und wie lange man auf einem bebauten Grundstück baggern konnte..
ohne daß von der Strasse aus etwas zu sehen war.
..der Parteivorstand der Region trat an Hermann heran
und lud ihn ein, bei der nächsten Parteiversammlung zu sprechen.
Das tat er auch gerne, denn Öffentlichkeitsarbeit kann dem Geschäft nur dienlich sein.
Er sprach fast wie die Lerche singt und überzeugte alle auf Anhieb.
Hermann war ein sozialer Wohltäter, wenn auch nicht ganz selbstlos.
Aber wer ist das schon?
Zum ersten Mal wurde er "berufen" und kandidierte auch artig, wie man es ihm riet.
Die Plakate wurden gedruckt und bald hing sein Bild mit bodenständigen Sprüchen,
die immer optimistisch waren, an den Laternen -
Wahlplakate sind eben "plakativ"..
Sein Geschäftsfeld erweiterte sich immer mehr.
Die Einladungen zu Veranstaltungen aller Art flatterten ins Haus.
So mußte er wohl oder übel sein Geschäft an einen Geschäftsführer abtreten,
ein neues, viel größeres Büro extern einrichten,
so daß die Remise zu seinem privaten Geschäftszimmer wurde,
das aber von einem Büroangestellten tagsüber betreut wurde.
Eine Art Relais-Station zwischen Büro und Hermann.
Er wurde sehr bald vorgeschlagen und als Abgeordneter aufgestellt.
Die Wahl war nur noch eine Formsache.
Er war DER Sympathieträger der Partei und gewann immer,
wo er auch sprach und auftrat.
Hermann verlor nie die Kontrolle und antwortete so,
daß man eher einen Pudding an die Wand hätte nageln können,
als ihn bei einer zuvor gemachten Aussage..
er war stets freundlich, trat aber nie in Politikshows auf,
eine Ausrede hatte der vielbeschäftigte Mann immer.
Er adoptierte 10 Waisenkinder aus unterschiedlichen Ländern,
die als "unbegleitete Jugendliche" zu uns kamen,
"ganz spontan", was selbstverständlich zuvor abgekartetes Spiel war.
Alle Insider seiner Truppe wußten Bescheid.
Eine Gouvernante im Gästeflügel seines Hauses kümmerte sich um die Kinder,
die nun seinen Namen trugen und eine glänzende Zukunft vor sich hatten.
Hermann wußte immer ganz genau, wie man sich dezent und positiv in Szene setzt.
Der Präsident kam und übernahm die Patenschaft,
wie da schon immer so gehalten wurde in unserem Land.
Was aus den Kindern einmal werden sollte, war ihm Wurscht,
es wird schon irgendwie werden.
(Er sah das als Sache der Schule an, die schließlich genug Geld abgriff -
selbstverständlich gingen "seine" Kinder nicht zu öffentlichen Bildungseinrichtungen!
Alles ist steuerlich absetzbar und planbar,
so meinte er zu seiner Frau)
Auf alle Fälle ist sein Beliebtheitsgrad kräftig gestiegen.
Das soziale Gewissen der Nation begann den Namen Hermann zu rufen
und als Vorbild für viele gutmeinende Wohlhabende zu dienen.
Seine Frau ist nie öffentlich zu diesen Themen in Erscheinung getreten,
sie hatte genug mit ihren Themenwelten zu tun.
(Ein Foto und ein paar Sätze für die Presse und fertig.)
Mit den Kindern hatte sie eigentlich nichts zu tun,
nicht einmal am Tische, denn sie war fast immer in ihrem Büro oder im Schwimmbad -
im Garten etc. und durfte nicht gestört werden.
Frau Doktor braucht ihre Ruhe, weil sie an der Professur arbeitet oder Vorlesungen vorbereitet.
Sie folgte auch keinen Einladungen, egal von welcher Seite diese ausgesprochen wurden.
Sie sie viel zu beschäftigt, wie sie fast automatisch antwortete, eher antworten ließ.
Die Partei wurde nach und nach unter Hermann zu einem Höhenflug geführt,
der noch nie dagewesen war.
Während die Immobiliengeschäfte fast noch mehr brummten,
sonnte sich Hermann nicht etwa im Erfolg,
sondern blieb bescheiden und ansprechbar für alle.
Die Presse hält freilich keine Ruhe und sucht weiter nach Sensationsmeldungen -
das Haus wurde ständig belagert und brauchte bald einen Personenschutz,
damit die Privatsphäre gewahrt werden konnte.
Das hielt die Schreiberlinge nicht davon ab, hässliche Kommentare zu setzen -
teils aus Neid, teils an Freude in anderen Nestern zu stochern um Quote zu machen.
"Hermann der Nationalheld" gipfelte eine Gazette frech.
Er reagierte in keiner Weise darauf und ließ das Ganze an sich abperlen.
Einige Prominente taten es ihm nach und bald waren viele Kinder unter einem sicheren Dach.
Hermanns Büro setzte alles von der Steuer ab -
kein Problem, das Kindergeld war sozusagen das Taschengeld für die Kleinen,
von dem sie ihre
Schulsachen und Sport bezahlten.
Nach einiger Zeit im Parlament - er war der einzige Abgeordnete,
der immer anwesend war (seine beiden Büros daheim hielten alle Dinge von ihm ab)
und greifbar für Fragen aus den Bänken,
war sein Ruf als "eiserner Hermann" getan.
Er hielt genau die Zeit aus, die er für die Erreichung der vollen Ruhestands-Bezüge brauchte..
2 Legislaturperioden.
Nach den Sitzungen war Hermann in seinem Dreiseithof verschwunden und für niemanden greifbar.
Das mochte die Partei nicht und das mochte auch die Presse nicht
und die vielen Schranzen, die ständig für Arbeit sorgten.
Hermann las sich die überbordenen und baumdicken Verordnungen und Vertragswerke nie durch,
so viel Zeit wollte er nicht investieren in die Sache.
Seine Redekunst ließ diese Tatsache leicht vertuschen.
Er wurde zum Berufspolitiker,
der jedoch mehr Freizeit als alle anderen beanspruchte,
um "sich vorzubereiten" auf die nächste Parlamentssitzung,
wie er sagte.
Die Partei mochte diese Einstellung nicht und so begann man mit seiner Demontage.
Noch ehe die ersten Gerüchte gestreut werden konnten,
hat er seinen Rücktritt erklärt - aus gesundheitlichen Gründen -
und lebte fortan von seinem Partei- und Abgeordnetengehalt.
Die Immobiliengeschäfte hat er zu einem guten Zeitpunkt an eine "Stiftung" verkauft,
(mit absetzbarem Verlust)
aus welcher er nochmal eine fette Apanage bekam..
..ab und zu hielt er soziale Vorträge, für Geld versteht sich.
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