Was gibt es hier zu sehen?
Altenhof XX
Die Zeit macht das, was sie immer schon tat - sie entweicht.
Die "Enkelchen" wurden erwachsen,
zogen weit weg nach Amerika,
wo sie nach dem Studium ihr gutes Einkommen hatten.
Babsi und Jessi waren bald alleine, der Subunternehmer ging bankrott,
weil er auf zu großem Fuße leben wollte,
zuvor hat er noch einen Berg Schulden aufs Haus verursacht,
weil die Verkaufsstelle auf den neuesten Stand gebracht werden sollte.
Der neue Traktor war auch noch nicht bezahlt und dann kam die Pfändung,
weil die Hypotheken längst ausgeschöpft und überfällig waren.
Die Beiden zogen in eine Wohnung in der Stadt,
Jessi arbeitete in Gelegenheits-Jobs,
Babsi als Halbtagskraft in einem Labor.
Sie mußten sogar Wohnbeihilfe beantragen,
sonst hätten die Gehälter niemals gereicht.
Der Hof fiel brach, die Ländereien wurden von den Nachbar-Bauern mit übernommen
und die Gebäude verfielen.
Anna und Benni haben ihre Rente erreicht
und leben noch viel ruhiger als zuvor.
Die paar Sachen hat der Supermarkt vorbei gebracht,
das war kein
Problem - und letztlich wurde so sehr viel Geld gespart.
Man weiß ja, daß die Rente nur noch weniger
als den halben Lohn ausmacht
(maximal den halben Lohn- und auch nur dann, wenn mind. 45 Jahre lang eingezahlt worden ist.)
Jeder kann sich leicht ausrechnen,
daß bei einem Halbtagsjob dieser Art, die unsere beiden Altenhofbewohner hatten,
nur 350-400 Euro monatlich pro Person zur Verfügung waren..
Wenn dann eine Rechnung von der Gemeinde kommt
und monatlich
160 Euro bei Mitversicherung zu zahlen ist,
wird es eng.
Verhungert sind unsere Beiden dennoch nicht,
denn sie waren bekanntlich erprobte Selbstversorger,
die leider nun nicht mehr auf die Milch des Bauern setzen konnten.
Die Käsemacherei hatte ein Ende gefunden,
gekaufte Säfte für den Wein ebenso.
Die Handys wurden bei Renteneintritt abgeschafft, weil die Kosten ganz einfach zu hoch waren.
Die Gemeinde zog die Gebühren gleich vom Konto ab,
sonst hätten die Altenhofbewohner nicht mal mehr überweisen können,
weil die Fahrt in den Ort recht beschwerlich ist,
zumindest der Rückweg, wo das Rad geschoben werden muß.
Nun waren Anna und Benni so arm,
wie sie immer sein wollten - jedoch unfreiwillig.
Anna's Vater starb und hinterließ eine
stattliche Summe,
die den Beiden das Auskommen und auch wieder EIN Smartphone
und ein gebrauchtes Auto einfachster Art ermöglichte:
Nun gab es endlich wieder Milch und weiter ging die Käserei.
Diese Dinge haben beide recht bleich darüber reden lassen,
wie schnell man in Schieflage kommen kann.
Dann kamen Drohbriefe an - anonym -
mit gemeinen Inhalten in der Art
"Diebin, Erpresserin, Vatermörderin"
und schlimme andere Sachen.
Irgendwann hat man diese Briefe ungeöffnet im Herd entsorgt
und sich dabei so seine Gedanken gemacht.
Es werden die lieben Geschwister oder deren Angeheiratete gewesen sein,
zumindest einer oder eine davon.
Wieso und warum
solche wüsten Anschuldigungen gemacht werden
und dann auch noch feige anonym, war Anna nicht klar:
Wir haben doch sein vielen Jahren keinen Kontakt mehr, ich verstehe das nicht.
Zwei Tage später gab es einen schlimmen Unfall mit dem Gebrauchtwagen.
***
Der Kommissar übernahm die Sache,
nachdem die Ortspolizei
die Sicherungen gemacht
und der Krankenwagen weg war -
die gerichtsmedizinische Untersuchung wird zweifelsfrei einen Unfalltod diagnostizieren,
schrieb er in seinen vorläufigen Bericht,
wie ich das sehe, das hat der Gutachter bestätigt,
den wir zum Unfallort gerufen haben,
sind beide Bremsleitungen durchschnitten worden.
Infolge des Bremsverlustes ist der Wagen
wegen zu hoher Geschwindigkeit
in der leichten Kurve gegen die Mauer der Schnellstraßenunterführung geprallt.
Vermutlich hat der Fahrer versucht,
den Wagen an der Leitplanke davor abzubremsen, die aber 3 mtr. vor der Mauer zuende war,
weshalb der Wagen - durch die eingelenkten Räder -
sofort nach links und gegen die Mauer driftete.
Beide Insassen waren sofort tot, weil die Gurtschlösser waren defekt
und der rostige alte Kleinwagen italienischer Produktion
(0 Sterne im Chrashtest 2018)
keinen ausreichenden Schutz bot.
Dann schloß er die Akte
und gab sie weiter zur abschließenden Bearbeitung in das Kommissariat.
Schon wurde er zum nächsten Unfallort gerufen -
zwei LKW schoben sich ineinander, die aus Osteuropa stammenden..
die Tür des neutralen
Dienstwagens ging zu und die Neugierigen blieben außen vor.
Die Ortspolizei fuhr danach zum Altenhof um evtl. Abschiedsbriefe
oder etwas in der Art vorzufinden -
auf dem Nagel am Herd steckten 2 ungeöffnete Briefe.
Die Haustür stand offen und die Schubladen waren durchwühlt,
Annas Tagebuch wurde nur aufgeblättert - aber nicht bis zum Schluß,
wo von den Drohbriefen die Rede war.
Geld war keines da, bis auf einen Zettel in der Küchenschublade,
unter der Kassette, auf dem die Erbsumme vermerkt war:
82.000 Euro und danach standen die Zahlen,
die wohl zur Deckung der
Lebenshaltungskosten nötig waren,
der Betrag für das Auto und das Handy.
Die flache Geldkassette war leer, bis auf ein paar Euro und einen 20er Schein.
(Wohl damit der Diebstahl nicht auffällt)
Sogar die Bibel wurde gestohlen, von denen im Tagebuch die Rede war.
Das Kommissariat ordnete eine entsprechende Untersuchung
des Falls an, wo auch Fingerabdrücke genommen worden sind.
Bald wurden die Miterben besucht..
und man wurde bei Annas Schwager fündig.
Die Spuren stimmten überein und dort war im Bücherregal..
die Bibel des Altenhofs zu sehen.
"Gemeinschaftliche Erpressung und Mordversuch mit tödlichem Ausgang,
gefährlicher Eingriff in den öffentlichen Straßenverkehr .."
***
Jessi und Babsi erhielten Post vom Nachlaßgericht,
daß ihnen
ein Hof mit 6 Hektar Land zugefallen sei,
weil die Anna und der Benni Birckler verstorben seien.
Die Beiden kamen zur Beerdigung der Erblasser
und zogen bald
in den Altenhof ein.
Babsi las das freigegebene Tagebuch der Anna Birckler jeden Tag ein wenig laut ihrem Jessi vor.
Dann kam ein Brief vom Finanzamt,
wo 25.000 Euro Erbschaftssteuer gefordert wurden,
weil nicht die direkte familiäre Linie zum Erbe gekommen sei
und deshalb der volle Steuersatz zur Anwendung käme.
Angesichts des relativ geringen Wertes der Hinterlassenschaft,
freuen wir uns, daß sie über den Pauschbetrag nicht hinaus gekommen sind.
Wir haben das Geld nicht!
Entsetzte Blicke.
Am anderen Tag war Aufräumen angesagt
und so fanden sie den "Kühlschrank", der wegen eines vergammelten Käses übel stank -
direkt durch die Ritzen und Spalten.
Sie räumen alles aus, auch die Zeitungen am Boden -
dort war ein flacher Stapel großer Scheine versteckt,
mit dem Erblasserschein aus dem Tod Annas Vaters.
Verblüfft zählten sie das Geld- es waren noch über 75.000 Euro in bar !
Die Begleichung der Steuer war nun kein Problem mehr
und sie erzählten es keinem Menschen,
nicht mal ihren eigenen Kindern.
Die Polizei hat das gestohlene Geld nicht finden können.
In dem Nachlaß sahen die Beiden ein Gelübde,
daß sie das Leben ihrer Gönner weiter leben sollten.
Das taten sie denn auch und zwar haarklein,
wie im Tagebuch so ausführlich beschrieben.
Niemand, der den Fall nicht kannte,
hätte eine Veränderung an diesem Altenhof bemerkt,
sogar der Pit war noch da und hielt - ebenso - die Treue..
..und wenn sie nicht gestorben sind, so leben sie noch heute!
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