Was gibt es hier zu sehen?
Altenhof XVI
Der Erdkeller.
Mit dem geliehenen Gemeindebagger arbeitet sich Benni weiter vor
und hob damit eine Grube aus,
die nach vorne zum Hang etwas abfiel, damit sich kein Stauwasser bilden konnte.
Die Erdsohle um den Rand herum wurde etwas abgetragen,
so daß
ein Trockensteinsockel darauf Platz fand,
auf welchem dann die Stämme gesetzt wurden, die das flache Pultdach bildeten,
das nach leicht abfiel.
Eingedeckt mit Dachpappe und Dachpapp-Schindeln
in der gleichen Farbe wie bei dem Langhaus - in grün.
Die Stämme wurden mit Lehm ausgeschmiert und gut isoliert,
vorne
hat er eine schmale Tür gelassen und verschließbare Lüfter.
Der Boden wurde in Lehm belassen und nur ein paar einfache Holzregale -
mit Drähten an der Decke abgehängt - zwischen den Stämmen angebracht.
Dieser Ort war bestens zur Lebensmittellagerung geeignet und trocken genug.
Er war stolz auf seine Arbeit und Anna begann bald mit der Einlagerung.
Zu tun war auf dem Altenhof immer etwas, so daß Langeweile ein
Fremdwort blieb.
Sie saßen auf der Bank vor dem Haus, als ein Anruf auf dem Handy in Bennis Tasche kam,
es war sein Vater, der sich
von seiner Mutter getrennt hatte -
sie war dement geworden und mit einer "solchen Frau" wolle er nicht zusammen leben,
wie er sagte.
Er habe vor, seine Freundin zum Besuch im Altenhof mitzubringen.
Benni lehnte dankend ab und verweigerte ein Willkommen ganz energisch.
Anna hörte mit und war entsetzt.
Zeiten sind das, da macht das Leben doch keinen Spaß mehr, wirklich nicht !
Wir sollten besser für uns bleiben und der schnöden Welt weitestgehend "Ade" sagen,
sonst trifft der Wahn uns irgendwann doch noch,
schleichend und unmerkbar, meinte Benni.
Ich hasse Skandale, meinte Anna und schrieb weiter in die Tagebuch:
Heute habe ich eine Dörrfleisch - Seite in den Rauchfang gehängt,
ein paar Hartwürste und Wurstdosen in den Vorratskeller.
Vom Bauern gekauft, von Jessi vermittelt.
Der neue Erdkeller macht sich prächtig und bietet genug Platz, auch für den Wein,
den Benni
z.T. aus gekauften direktgepressen Säften gemacht hat.
Der Tag wird gut, genau wie der "Sommerwein",
der aus geschroteten Frucht-Maische-Ansätzen entstanden ist.
Zeitchen vergeht und der Jessi besteht seine Landwirtschaftsprüfung,
seinen Führerschein, seinen Meister..
Der alte Bauer sieht seine jüngste Tochter nun mit dem Jessi gehen und freut sich.
Ihr Besuch kam gerade recht, sie wollte sich bei Vater ausheulen,
weil sie -schwanger- von ihrem Mann verlassen worden ist.
Sie schrie in einem fort und bejammerte ihr Schicksal,
dieser Mistkerl hat gleich mehrere Eisen im Feuer gehabt und fühlt sich als toller Hecht.
Zeiten sind das !
Im Altenhof fand man Trost, denn die Zeiten waren schon immer so,
eben war alles früher ein wenig verdeckter,
aber Saukerle gab es zu allen Zeiten.
Während sich Benni den Jessi zur Brust nahm und ihn "firmte",
stand Anna mit der Bauerstochter hinter dem Haus und sie unterhielten sich heftig.
Dann legten sich beide in die Sonne,
mit einem Glas Saft in der Hand.
Nach einer halben Stunde ging es der Kleinen wieder besser
und sie bekam wieder Bodenhaftung und Zuversicht.
Später verließ das Paar die Tröster und ging zum Vater hinab.
Als Benni seine Anvertraute suchte,
stand sie unter der Dusche, drehte sich aufreizend und lachte.
***
Wieder vergeht ein Zeitchen und die beiden jungen Bauersleut' tragen den Vater ins Grab -
bis dahin hat er die junge Familie gesehen und denen seinen Hof überschrieben.
Es hat noch keiner etwas mitgenommen ins Jenseits, niemand, noch nie nicht.
Anna schloß das Tagebuch für heute.
Sie zündete die Kerzenlaterne an und goß sich ein Glas roten Wein ein.
Benni hat ein neues Event gebaut:
Ein Nagel in der Küchenwand,
nahe des Herdes,
wo die jeweils frischeste "entsorgte" Zeitung
aus dem Verwaltungsmülleimer aufgespießt wurde..
entweder zum Lesen oder zum Anheizen - je nach Gusto.
Er las laut vor:
"Der Global Wealth Report spricht davon, daß der globale Egoismus an unseren Einkommen zehrt.."
Igitt, das kaufen wir nicht, meinte Anna, wirf den Mist in die
Ofenklappe !
Sie hielten ihre Toilette und zogen sich ins obere Gemach
zurück,
in die Schlafkammer genauer gesagt.
Benni hatte ja dort ein größeres und gut isoliertes Dachfenster eingesetzt,
so daß man vom Bett aus die Sterne sehen kann
und Anna jubelte immer wieder vor schierer Begeisterung:
"Ich denke, daß die Erbauer des Altenhofes daran genau so viel Freude gehabt hätten, wie wir heute!"
Damals gab es solche isolierten Dachfenster noch nicht.
So, meinten sie unisono, wird Zweisamkeit niemals langweilig.
..weiter zur Folge XVII Altenhof
*** Leseempfehlung: "Th omas Tr yon, Der Kult, ein Roman aus dem Jahr 1973 *** Zwischen Saga, Mystik, Romantik
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