Was gibt es hier zu sehen?
Altenhof VIII
Benni las einen Artikel aus der Zeitung vor, die er im Reinigungslastwagen fand:
"Selbsterkenntnisse
Von Zeit zu Zeit sollte man sich die Mühe machen, eine Art der Hinterfragung
aller Dinge des Lebens zu halten,- ganz sicher keine neue Erkenntnis,
aber allemal ein Grund solche Dinge anzusprechen:
Sicherlich weiß jeder, daß wir Menschen eine Haltbarkeitsgrenze haben -
egal wie lange diese heute "nach hinten" verschoben werden kann,
bleiben immer die gleiche alte Frage offen:
Was bin ich?
Das kann jeder nur für sich selbst und ganz alleine beantworten.
Für mich ist die Erkenntnis des Lebens die, daß man nicht ewig lebt
und dass man nichts mitnehmen kann.
An und für sich ebenfalls ein einfacher und uralter Hut.
Das ist auch nicht das Problem,
was immer mehr Leute drängt, als vielmehr die Fragen.
Werde ich noch anerkannt?
Was soll oder kann ich vererben?
Muß ich etwas tun um noch mehr hinterlassen zu können?
Ist eine "gesellschaftliche Einbringung" sinnvoll
oder nimmt das anderen Menschen die Existenz,
wenn man selbst bereits abgesichert ist?
Ist es sinnvoll eine "anerkannte" Beschäftigung zu machen
oder "soziales Engagement", wenn der Ruhestand angebrochen ist?
Diese Hilfen sind meistens nicht gewünscht,
man erntet eher Undank und behält Frust:
Eigentlich sind "haptische" Hilfen oder der "gute Rat"
total unerwünscht -
nur die Kohle zählt bei den Empfängern dieser freiwilligen, meist unaufgeforderten Dienste.
Nach unseren bisherigen Erfahrungen ist es besser zu warten,
bis man gebeten wird zu helfen -
jede Art der spontanen oder selbstlosen Einbringung wird als Einmischung gesehen.
Ich finde, daß wir viel zu sehr auf den "Prestigewert" der Dinge
aus sind und dabei eher nach außen schauen,
statt auf unser eigenes Wohlbefinden.
Eigentlich braucht so ein Mensch nicht viel -
er will essen und trinken und im Warmen sitzen -
ein wenig Unterhaltung.
Alles darüber hinaus ist Luxus,
der teuer ist und viel zu flott veraltert und wertlos wird -
ein Wirtschaftsprinzip, wo wir wie der Hamster im Rad laufen.
Eine neue Ausrichtung ist alle paar Jahre nötig
und -für mich oder uns betrachtet- ein neues Motto nötig,
damit man nicht auf jeden Kram reagiert und bald überreagiert,
was alles von außen heran getragen wird.
Ich hinterfrage alle Dinge, ordne neu,
werfe an materiellem und geistigem Ballast alles ab,
was nervt oder die Zeit stiehlt, ohne einen Gewinn an Zufriedenheit zu garantieren.
Man wundert sich, wie wenig tatsächlich froh und zufrieden macht:
Das Spazieren oder Wandern in der freien Natur -
möglichst um alle Bebauungen herum - und ohne in die Gastronomie einzukehren -
weg von Konventionen und weg vom "must have",
einfach nur ein paar Stunden im Einklang mit der Natur.
Man muß nichts hinterlassen,
was über die Beerdigungskosten hinaus geht!
"Gesellschaftliche Anerkenntnis"
ist im Ruhestand vollkommen schnurz - man muß sich nur davon frei machen,
dann ist das Leben plötzlich unbeschwert.
Man muß keinen neuen Wagen oder einen "angesagten" Urlaub
oder neue Möbel haben, wenn diese Dinge noch gut sind.
Echter Schmuck wird geklaut, guter Modeschmuck ist genau so schmückend - etc..
"Ein Mensch ist nicht glücklich, wenn andere ihn dafür halten,
sondern wenn er sich selbst glücklich schätzt!"
Beweis meiner These ist da zu sehen,
wo die Leute genervt in den Urlaub fahren, genervt wieder daheim ankommen:
Man braucht nur einmal auf die Gesichter der FahrerInnen in neuen,
sündhaft teuren Wagen zu achten,
wie wenig dieser Driver tatsächlich Spaß daran haben oder auch nur zufrieden schauen !
(Kaum einer)
..und so kommt die Frage auf:
Brauche ich das noch oder kann das weg? "
Dieser Kolumnist hat doch recht, meine kauend die Anna,
welche gerade ihr Brötchen auf den Teller legte..
Daran sollten wir immer festhalten und uns an uns selbst,
dann kann nichts schief gehen, meinte Benni,
der gerade einen dicken Holzscheit nachlegte und dann Kaffee aufbrühte.
Der Handfilter tat noch gute Dienste,
nur die Papierfiltertüten sind neu.
Die Kaffeebohnen hat er mit der alten handbetriebenen Kaffeemühle
gemahlen.
Es duftete herrlich und es gab Frühstückseier.
Im nächsten Jahr können wir uns während der ganzen Saison aus dem Garten ernähren,
mit Stangenbohnen als
Zugabe -
die trockenen Bohnen daraus werden so manche prächtige Suppe im Winter geben,
diese Feuerbohnen sind
wunderbar.
Die Beiden waren sich einig:
Bestimmte Dinge kaufen wir,
was angenehm oder besser oder günstiger
ist,
andere Dinge machen wir selbst -
auf keinen Fall eine krampfhafte Selbstversorgung.
Wir sind keine Alternativen, sondern leben nur anders,
eben nach alter Art, bescheiden wie die alten Kleinbauern in den Bergen-
bei diesen Worten zog Benni ein Pick Ass und warf es auf den Tisch.. die Partie war zuende.
Im Herd flackerte das Feuer,
der Hund wollte nochmal nach draußen um sich zu erleichtern - die Nacht ist lang.
Wer mit den Hühnern schlafen gehen will,
darf auch die Hühnerklappe am Haus nicht vergessen zu schließen.
Als er zurück kam, war sie schon im Nachtgewand
und saß mit übereinander geschlagenen Beinen auf der Bank am Herd um sich zu wärmen,
der Saum rutschte bei der Drehung höher..
Ihr Anblick nahm ihm etwas den Atem und so saßen sie nebeneinander,
bis ihre Körper genügend Wärme getankt hatten.
Hand in Hand gingen sie nach oben ins Schlafzimmer-
Der Hund schlief bereits unter dem Tisch auf seinem Schaffell.
Sie setzte sich auf die Bettkante, zog das Nachthemd aus,
spannte die Schultern und straffte ihren Körper in unübersehbarer Absicht.
Sie dreht sich ein wenig und durch das Dachfenster beschien
das helle Vollmondlicht
ihre Reize wunderbar plastisch und ließ sie feenhaft wirken.
Am anderen Morgen war die Fensterscheibe ziemlich beschlagen -
als sie gelüftete, - und die Hühner im Stall schon unruhig gackerten
und
nach draußen wollten..
Benni wälzt sich nochmal auf die andere Seite,
als bald darauf der Kaffeekessel pfiff.
Na, Schlafmütze?
Du bist ja nochmal für eine ganze Stunde eingeschlafen -
was hast du getrieben in dieser Nacht?
Na warte.. aber sie entzog sich geschickt seinem Zugriff durch eine Drehung zum Herd:
Vorsicht - heiß - und brühte den Kaffee auf,
stellte die Brötchen auf den Tisch und die Butter und Marmelade dazu.
Die Diele knarrte und der Hund kam gerade zeitig um zu frühstücken.
Ein stiller Alltagsmorgen vor der Arbeit im Tale bei der Gemeindeverwaltung.
Ab und an taten die Kollegen oder Kolleginnen nochmal eine Bemerkung über die Lebensweise
"der Bergbewohner" oder "Alm-Öis" und witzelten,
wenn sie "Al mdudler" in der Pause tranken.
Unsere Beiden lächelten nur wissend und waren "gut drauf", wie man heute sagt.
Weiter geht es mit Altenhof IX
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