Was gibt es hier zu sehen?
Altenhof II
Nachdem Benni den Hofnamen in den alten Ortschroniken erfahren hatte,
wurde dieser nun auch wieder so benannt:
Altenhof.
Das war nun seine Adresse, den bald auch die Post kannte:
Er schrieb diesen unter seinem Namen auf
den Briefkasten.
Das Frühjahr verstrich mit allerlei Arbeit, mal bei der Gemeinde,
mal auf dem Hof.
Niemand kam auf den
Gedanken, diesen Mitarbeiter zu besuchen
oder dort abzuholen, kein Jäger und kein Förster ließ sich dort
blicken.
Der Klärteich hatte eine Arbeit gut begonnen und funktionierte -
bis auf ein paar kleine Nachbesserungen,
wie das eben so ist.
Das Latrinenhäuschen hinter dem Langhaus
war unauffällig in einem Holunderbusch und von dort lief - durch
ein Rohr
das "Endprodukt" mit etlichem Gefälle in diesen etwas weiter weg gelegenen Klärteich.
Im Winter entnahm
Benni dort etwas Gülle,
zusammen mit Schafs- und Hühnermist zur Düngung des Gartenlandes,
das im Frühjahr gekalkt
wurde.
Die Bohnenstangen standen schon parat, die waren noch vom Vorgänger.
Die gute alte Bauernwirtschaft hat immer alle Geräte sorgsam und trocken verwahrt.
Eines Tages kletterte er in den
Heuschober und räumte Gartengerät zusammen,
ein paar Sensen und Schaufeln ohne Stiel,
die im Laufe der
botanischen Ruhephase repariert wurden -
wie das schon immer war.
Ein alter Wäschekorb aus Weidegeflecht befand sich ebenfalls dort oben in der Scheune,
wo Arbeitsklamotten
und eine alte Familienbibel verstaut war.
Wieso man damals die Bibel dort oben deponiert hat, war ihm nicht klar.
So saß er vor dem Haus, mit Blick auf die kahlen Bäume der Streuobstwiesen,
den dahinter liegenden Bauernhof mit
seinen 2 mächtigen Silos,
die Autostraße dahinter, die schon ziemlich weit weg war.
Den Ort sah man eher weit im
Dunst liegen.
Gut eingepackt in eine dicke Schafswolljacke, die er selbst gestrickt hat,
ließ ihn die Heilige
Schrift durchblättern,
gedankenversunken und mehr aus Langeweile als aus einem echten Interesse heraus.
Auf den ersten Seiten stand geschrieben:
"Den Brautleuten Johannes und Katharina Birckler, geb. Andreae, Anno 1625"
Johann V. Andreae
Nun staunte Benni doch schon sehr.
Hier hat wohl ein Vater seiner Tochter etwas vermacht
oder
war es ein uneheliches Kind, das hier bedacht worden war?
Die Bibel war ziemlich belesen und entsprechend abgenutzt,
Benni ging davon aus, daß die Frau zuerst gestorben
ist
und dieses Buch auf den Speicher verbannt wurde,
als er auf den letzten 20 Seiten ankam,
die normalerweise
leere Blätter für handschriftliche Familieneintragungen sind.
Hier stand:
Kinder haben wir nie bekommen,
die Mitgift des Vaters meiner Katharina blieb ohne diesen Segen.
Sie starb im hohen Alter von 80 Jahren.
Johannes Birckler.
Danach waren keine Einträge mehr,
niemand hat etwas nachtragen wollen oder das Buch nicht gefunden,
was unwahrscheinlich gewesen sein dürfte.
Vermutlich haben die nachfolgenden Besitzer nicht oder kaum
lesen und schreiben gekonnt,
wie das oft auf dem Land der Fall gewesen sein muß.
Die Haushaltsgegenstände lassen jedoch auf eine sorgfältige Nutzung schließen
und auch auf spätere Kinder,
weil in mancher Ecke selbstgeschnitzes Spielzeug geblieben war:
Spielfiguren, eine zerfallene Stoffpuppe,
ein Holzpferdchen.
In der Scheune waren Halteringe für mind. ein Pferd oder Kühe,
eine Raufe und ein Wassertrog war auch noch
da
und ein alter Blecheimer, vollkommen intakt und sorgsam auf einen Nagel gehängt,
darunter ein Melkschemel.
Ein wenig unheimlich war Benni die Sache schon,
wenn es in der Nacht in den Balken knackte oder das dicke
Seil hoch oben in der Tenne
gegen die Wände schlug, weil das Tor offen stand und er sich sicher war,
dieses
geschlossen zu haben..
..diese alten Häuser leben und atmen,
sie sind nicht wie die modernen Häuser mit den bodennahen großen Fenstern aus Spiegelglas..
Weiter zur Kartusche Altenhof III
***
| |
| |
| |