Was gibt es hier zu sehen?
Altenhof I
Der Benni war schon immer pfiffig, in der Schule hat ihn keiner gemocht und
bei den Mädels kam er auch nicht gut an, später führte er ein etwas eigenbrödlerisches Leben
als Fernfahrer, wo einige Groschen angespart werden konnten.
Davon hat er sich ein ehemaliges Bauernhaus gekauft, mit 6 Hektar Land dabei,
die direkt am Haus lagen. 4 Hektar waren
Hauwald und 2 Hektar Wiesen.
Den Besitz wollte keiner haben, weil alles schon sehr alt und vergammelt
und
für heutige Wald- und Landwirte ohne sonderlichen Wert gewesen ist.
Selbst der Stromanschluß war nicht vorhanden,
weil man die morschen Holzmasten einfach nicht
mehr ersetzt hat.
Die Wasserleitung und Kanalisation war hier ein Fremdwort, hier in der
"hintersten Ecke" des Westerwaldes.
Fleißig war er, der Benni, ganz ohne Frage - und gegönnt hat er sich auch nichts.
So kam ein schöner Betrag zustande, den er "zur Seite" legen konnte.
Seine Eltern sind früh gestorben und haben ein Sparbuch und eine Lebensversicherung hinterlassen,
zu einem Haus oder Eigentumswohnung haben sie es nie gebracht,
wofür sich eisern sparten.
In seiner Freizeit arbeitete Benni an seinem Bauernhaus,
indem er einen Klärteich anlegte -
das Internet und Smartphone half gut dabei.
Er baute sich einen soliden Zaun aus "Schwartenbrettern", also den Abschnitten mit Rinde,
die beim Bretterschneiden übrig blieben.
Frisch von Sägewerk geliefert und bald an den
Pfosten,
die mit Teer bestrichen, lange halten sollten.
Die Zaunbretter wurden angenagelt und schon sah das Anwesen schon wie ein Zuhause aus,
auch wenn sonst noch alles wüst war.
Seine Schulkameraden haben sich gewundert,
weshalb dieser Außenseiter sich hier zurück zog,
statt in den Vereinen und Parteien mitzumachen, wie alle anderen.
Was die Leute nicht wissen konnten, waren Bennis Pläne, die er niemandem verriet.
Das Haus hat einen eigenen Brunnen, der urkundlich nicht erwähnt wurde, gespeist von einer
Quelle im Wald am Hang, diese war bekannt und namentlich als Sigridsquelle geführt,
etwas stärker eisenhaltig und trinkbar.
Sonderlich ergiebig war die Quelle nicht,
sie zerrann in der feuchten Wiese unterhalb des Wäldchens ganz einfach,
bevor sie
im Tal auf einen Bach gestoßen wäre.
Ihr Vorteil war, daß sie auch im Sommer Wasser gab.
Hier ist sonst nur weiter Wald auf den Höhen über dem alten kleinen Bauernhaus,
zu dem nur ein einfacher, gewundener Feldweg führt, durch "Streuobstwiesen",
wie man die
Obstbaumwiesen heute nennt, die anderen Leuten gehören.
Abwärts dahinter kommt nur ein großer Bauernhof
und eine Tennishalle, dann eine Fernstraße mit Unterführung,
Äcker und Wiesen -
dann folgt die Randbebauung des größeren Ortes im Tal und die Eisenbahnlinie.
Hier war also dieser kleine alte Bauernhof recht abgeschieden und von Wald umgeben,
zu steil um
das Interesse des Großbauern wecken zu können,
nicht
effektiv genug zu bewirtschaften, viele Steine und zu wenig guter Boden -
deshalb war der Hof nicht teuer.
Benni richtete sich auf ein Leben ohne Strom,
ohne die Segnungen der Moderne ein.
In dem Lastwagen seines Arbeitgebers hörte er aufmerksam den Nachrichten und politischen Berichten zu,
machte sich deshalb seinen eigenen Reim auf die Dinge und beschloss
eines Tages sich auf eine
totale Selbstversorgung zurück zu ziehen,
wenn "die Zeit reif" dafür war.
Das bedeutete wohl,
wenn die "Kriegskasse" wieder flüssig war um als Rücklage zu dienen.
Durch den Kauf des Anwesens
war er erst einmal "blank"
und hatte gerade mal so viel, daß die Steuer dafür bezahlt werden konnte.
So verging ein Jahr, wo er in der Freizeit am Haus arbeiten konnte -
er baute alles zurück,
was schon etwas modernisiert worden war
von den vorherigen Besitzern.
Vom Dachboden kam
ein altes Schlafzimmer zum Vorschein,
die Dielenböden konnten ausgebessert und braun gestrichen werden.
Die alten Holzfenster sind schon seit Jahrzehnten nicht mehr benutzt
oder geöffnet oder gar geputzt worden.
Ein paar hat er ersetzen lassen und auch die einfache Holzhaustüre,
die Balken und das Mauerwerk
waren noch relativ gut,
das flache 33 Grad- Dach hat er mit Teerpappschindeln selbst eingedeckt und den
gemauerten Kamin ausgeschmiert mit Mörtel.
Eigentlich sah das Haus eher wie eine kleine Lagerhalle aus,
ohne Schmuck und Zierung,
es bestand aus dem Erdgeschoß und zwei Zimmern unter dem Dach mit schrägen Wänden,
ohne Keller, wegen der Bodenfeuchte hat man das Haus auf eine Bodenplatte gestellt.
In dieser Zeit hat man diese Bauform "flaches Langhaus" genannt, die Scheune war die andere Hälfte.
Die einzigen Mauern waren im Wohnteil, aus dickem Lehm,
sonst war alles aus Holz errichtet,
das einfach zu reparieren war.
Die Giebelseite hatte oben nur ein kleines Fenster,
der Wohnbereich vier ebenso winzige und die Haustüre - mehr war da nicht,
außer dem Scheuentor und einem festen Lichtfenster
auf der anderen Giebelseite, die des Scheunenteils.
Er "finishte" die frischen Hölzer in dem gleichen alten dunklen Braunton.
Er erneuerte die Zuleitung von der Quelle bis in die Küche, zum großen Spülstein, in Eigengefälle-
wo man sich in
frühen Tagen gewaschen hat und - ein Bad war damals unbekannt.
Der gemauerte Herd mit seiner mächtigen Eisenplatte kündete vom nicht unerheblichen Alter des Anwesens,
wo kaum etwas modernisiert worden war- sieht man vom Blechdach über der Haustür
und vom inzwischen
entfernten Stragula - Boden und der Plastik-Wäschespinne einmal ab.
Er holte aus seinem Hauwald einige dickere Stämmchen,
sägte diese in Handarbeit in handliche Stücke,
spaltete sie und hackte auf dem alten Hackklotz hinter dem Haus,
stapelte die groben Scheite ordentlich hinter der Scheune
und
hatte bald einen ordentlichen Wintervorrat.
Holz war noch vom letzten Besitzer an dieser Stelle,
so konnte die Heizsaison beginnen.
Holz muß bekanntlich ablagern, deshalb war er nicht unfroh um die Lagerbestände.
Kleinholz und Reste waren zum Feueranmachen vorrätig, hier wurde
wohl noch nie etwas weggeworfen!
Er fand bald eine Anstellung bei der Kommune,
als Halbtagsjob, den er leicht bekam:
Er hatte den
LKW Führerschein zu bieten und schon recht viel Fahrpraxis.
Nun konnte Benni mit dem Rad gemütlich zur Arbeit fahren und war auf ein Auto nicht angewiesen.
Nach dem Arbeitstag, der recht flexibel war,
zog er sich -fast unbemerkt und unerkannt- auf seinen Hof
zurück,
wo nie ein Besucher hin kam, ab und an lief mal ein Wanderer vorbei.
Der Postkasten wurde bei dem
Bauernhof weiter unten,
hinter den Streuobstwiesen angebracht,
die Post weigerte sich den holprigen
Feldweg zum Hof zu fahren.
Die Gemeinde versicherte ihm -
nun saß er ja an der Quelle -
daß ein Ausbau dieses Weges nicht angedacht
war,
zumal dieser eine Sackgasse wäre, ohne jedwede kommunalen Erschließungseinrichtungen,
wie Gas, Wasser, Strom,
Abwasser oder Telefon.
Es war buchstäblich der Weg ins Nichts, Outpost sozusagen.
Das war der Grund, weshalb niemand diese Ecke haben wollte.
Nach dem Hauwäldchen wurde der Hang so steil,
daß er unwegsam war, sieht man vom Höhenweg ab..
deshalb war dieser Feldweg eine Sackgasse:
Hinter dem Hauwäldchen war irgendwann mal ein Steinbruch,
praktisch um die ganze Ecke herum.
Dort hatte sich ein Teich gebildet, nachdem der Steinbruch stillgelegt wurde - ein Bioreservat,
das nicht einmal die örtlichen Naturschützer besucht haben.
Benni genoß die Stille und den Frieden hier oben
und von der Gemeinde hatte er wenig Probleme zu befürchten,
denn er war fleißig und beliebt als Mitarbeiter.
Er gab nicht mehr aus, als unbedingt nötig,
keinen Pfennig mehr und legte von dem recht kargen Halbtagsgehalt
noch etwas zur Seite,
er hatte keine zusätzlichen Versicherungen und kein Auto, keine Strom- und keine Wasserrechnung etc.
Nur die Grundsteuer und den "Regenwassereintrag",
weshalb er einen "kleinbäuerlichen Nebenerwerbsbetrieb"
anmeldete
um das zu vermeiden und Bewirtschaftungsprämien von der EU zu erhalten.
Mit ein paar Schafen und Hühnern kam er gut voran auf seinen Wiesen.
Die Tiere hat er ordnungsgemäß angemeldet.
Bald machte er seinen Käse selbst und räucherte,
nahm leere Schraubdeckelgläser zum Einwecken,
legte sich einen Wintervorrat in der Scheune an,
die auch der Stall für den Winter war und Heulager in der Tenne,
wie vor tausend Jahren.
Kerzenlicht, flackerndes Ofen-Feuer und eine himmliche Ruhe ohne TV und Radio.
Wie geht es weiter?
Na, auf der
Kartusche Seite Reihenweck44
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