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Der Weltenrat, der Rat der Alten
Ein Raunen ging von Australien aus, wo die Aborigines den Uluruals ihr Heiligtum von der Regierung anerkannt und zurück erhielten..
Die Weisen der Ureinwohner tagten und kamen zu dem Ergebnis, daß die Vorherrschaft des "weißen Mannes" in der Welt nicht länger hingenommen werden darf, sollte die Welt noch lange Bestand haben. Alles wird verdreckt, verwüstet, aufgefressen und ausgebeutet, sogar der Orbit ist zur Müllkippe verkommen.
Die Nachricht ging um die Welt, in welcher alle Völker und Stämme aufgerufen wurden, sich bei deren TV-Sender "NITV" zu melden um eine Zusammenkunft im Web zu organisieren.
Auf diese Weise sollte die Verschmutzung durch den Flugbetrieb von Anfang an vermieden werden.
Es meldeten sich -nach und nach- viele Humanisten und Philosophen bis zu Menschenrechtlern etlicher Länder, die sich mit den Ur-Australiern über die Ziele eines solchen Rates der Alten oder Weltenrat zu unterhalten. Die Debatten liefen Tag und Nacht und immer mehr Teilnehmer kamen dazu.
Sie hörten den Einwand etlicher Kommentatoren, die selbstverständlich alle mitredeten und gehört wurden.
Der Tenor war, daß mit Philosophen immer wieder Traumtänzer und mit Humanisten und Philosophen weltfremde Leute in die Entscheidungsebenen gelangen würden, wie zuvor.
Die Religionen meldeten sich und haben auf wenig Verständis getroffen, weil sie bislang nichts an den Zuständen der Welt haben verändern oder gar verbessern wollen.
Dogmatiker wollte man nicht mehr haben.
Der Weltenrat wollte keine Revolution und keinen Aufstand, sondern einen langsamen Neubeginn der Menschheit, ohne Waffen und ohne Gewalt -in Gleichberechtigung aller Menschen.
Deshalb entschied man sich für diesen - gewaltfreien Weg über das Internet ein Umdenken zu erwirken. Und das mußte logischerweise freiwillig sein.
Nur Freiwilligkeit ist dauerhaft, Zwänge habe die Erde schon genug erlebt, so die Alten des Rates.
Diese These hat vielen Länderregierungen nicht gepaßt und die Presse verdächtigte den Rat als "Aufrührer" oder als "Konterrevoluzionäre" oder als "Kommunisten", je nachdem woher die Kritik kam.
Der Rat fragte darauf hin, was denn an "Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit" oder an "Einigkeit und Recht und Freiheit" so verwerflich sei - und bekam keine Antwort. Es ging nur um die Schlagzeile, da ist jeder Vorwurf gerade recht und wenn dieser frei aus der Luft gegriffen wurde.
Hier galt der freie Wille und schon bald war aus jedem Land eine handvoll Personen bereit, bei diesem -virtuellen- Projekt mitzumachen. Frauen und Männer in Gleichberechtigung - nun war die Überlegung die, daß eine gewisse Deckelung der Teilnehmer pro Land überlegt - aber abgelehnt wurde vom Rat - mit der Begründung, daß keine elitäre Schicht entstehen dürfe, wenn man diese Sache auf feste Füße setzen wolle.
Sehr bald mußten freiwillige Helfer das Online-System retten, weil es "gehackt" wurde. Verbale Giftschleudern oder Toxiker aller Art sind immer auf der Suche, um durch Querschläge Sabotage zu betreiben - aus "Spaß" oder Destruktivismus.
Dann kamen professionelle "Dienste", die eine wirkliche Völkerverständigung nicht gut fanden oder ihren Auftraggebern zu Willen waren.
Nicht die "babylonische Sprachverwirrung" war das Problem, sondern die verkrusteten Strukturen, die Angst um ihre Macht und Einfluß hatten. Religion und Politik und Bünde und Geheimdienste und Parteien bis zu den Militärs und Adelsgesellschaften wollten unbedingt dieses Treiben im Keim ersticken. Am gefährlichsten waren Oligarchen und deren global agierenden Firmenkonstrukte, die auf Ausbeutung ausgelegt sind. Diverse Kolonialstaaten und Herrscherhäuser schossen ihre Giftpfeile ab, sogar Menschenrechtsgruppen fühlten sich angegriffen - selbst humanitäre Gesellschaften fürchtetn um ihre Existenz.
Was zuerst belacht wurde, fand etliche potente Gönner - es ging nicht um Geld, der Rat wollte Hilfe bei der Sicherung des Webauftrittes. Nicht einmal Personenschutz hat er angenommen.
Der Rat debattierte über Grenzen und Zölle und Staaten im allgemeinen und will diese Dinge nicht mehr sehen in einer modernen Welt. Desgleichen nationale Waffen. Eine Eingreiftruppe schon und Polizei auch - mehr aber auch nicht. Sie fanden, daß eine Währung genügt, damit man einfach und ohne die Kraken Wechsel-Banken Handel betreiben könne - einfacher und direkter. Es gehe, so meinten sie, nicht an, daß der Öl- und Gas- und Rohstoffhandel in Dollar abgerechnet wird. Wir brauchen weltweit eine sichere Währung, die nicht schwankt. Wir schlagen den Dukaten vor, eine längst ausgestorbene Münze, die nominal nur noch für das tägliche Geschäft in Umlauf kommt. Die größeren Summen sollten digital gestellt werden. Es schwebte der Bockstaler vor - der Taler, der 1493 vom schweizerischen Stadtstaat Bern übernommen worden war und schon bald in fast dem gesamten Gebiet der Alten Eidgenossenschaft unentbehrliche Handelsmünze wurde. Der Batzen als 10er Größe, der Penny als 100er Einheit zum Taler.
Die Motive sollten neutraler sein, murrten viele Kommentatoren. Etliche Länder fühlten sich übergangen und an die Historie wollte niemand der Mitmacher erinnert sein.
Sie konnten sich nicht einigen über die Währung, sie konnten sich nicht einigen über die Religion, die in den Hintergrund verbannt werden sollte- sie konnten sich nicht einigen über die Art der Vertretung, nicht über einen gemeinsamen Wahlmodus.. sie waren sich uneins über die Werteordnung - kurzum, es waren wohl gut zehn Mentalitäten auf der Welt, die unüberbrückbare Ansichten und Einstellungen hatten, von denen keine abweichen wollte. Patriarche Systeme und Monarchien und Oligarchen, die unterschiedlichen Wirtschaftssysteme, die Sprachen und - wieder und immer wieder die vollkommen unterschiedlichen mentalen Werte des Lebens.
Die Afrikaner wollten sich nicht in den Modus Amerikas oder Europas einfügen, die Europäer sind jeweils andere Menschen - in jedem Land eine gewisse Distanz, die aus der Historie heraus begründet wurde, die Asiaten waren den Chinesen fremd, die Inder den Russen, die Südamerikaner den Nordländern - kurz: Die Andersartigkeiten sollen bleiben, da war man sich einig. Niemand wollte auf irgendwas verzichten und so wurde der Gedanke des Weltenrates stillschweigend beerdigt und der Rat der Altem an Eyers Rock geriet in Vergessenheit.
Das Babylon hingegen wuchs in die westlichen Länder hinein zu einem gigantischen Sprengpotential an..
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