plaetzchenwolf - Paradies, fiktive Story



Eine fiktive Story

Paradies


Vorwort:
Der SNM (Social-Network-Milliardär) schuf das neue Paradies, nachdem auf der Erde kaum noch bewohnbare Ecken zu finden waren. Wir schreiben das Jahr 2500 n.Chr. - der Hebräische oder Jüdische Kalender zeigt das Jahr 6260 an. Der Oligarch Merses aus Oklahoma war eigentlich kein Missionar, er gehörte den "Zeugen" oder einer Abspaltung davon an, einer seltsamen religiösen Christensorte mit sektiererischem Eifer, missionarischem Messias oder so - nun hatte er einen Traum, wie sein gigantisches Vermögen angelegt werden sollte.. Vor etlicher Zeit hat dieser Oligarch des Internets ein beachtliches Stück der Sahara - Wüste gekauft und dort angefangen 20 stöckige Hochhäuser, die wie Würfel ausschauten - zu bauen, die keine Straßenverbindungen hatten, sondern unterirdisch mit Transportsystemen verbunden wurden. Voll klimatisiert mit Windwalzen an den Fassaden und Solardächern, ohne Balkonagen und Fenstern, die man nicht öffnen kann, bodentief und hoch. Fenster und Fassaden mit Bleiüberzug in unsichtbaren Gitterformen, gerade richtig, unerwünschte und schädigende Strahlung fern zu halten. Automatische Schußanlagen, hochfeste Drohnen auf jedem Dach und eine Wacheinheit sollten Angreifer abwehren, die es in diesen Zonen ab und an gab. Flüchtlinge wurden nicht aufgenommen. Selbst der Hafen war in gleicher Weise angelegt, der an der Spitze dieser großen Bebauungsraute stand. Eine lange Mole hielt die Schiffe weit draußen. Die Bewohner teilten sich in die Gebäude auf, wo auch der Fertigungsbetrieb untergebracht war. So konnte man Wege sparen und die Kraft und die Zeit sinnvoll nutzen. Terrassengärten in Vollverglasung und Erholungszonen, sogar Schwimmbäder und Freizeiteinrichtungen aller Art sind in jedem der Hochhäuser vorhanden, die zwar baugleich gehalten, aber mit anderen Aufgaben betraut sind. Forschung, Krankenhaus, Fabriken, Sportstätten, Schulen, Geschäfte und Lagerstätten, Meerwasser-Entsalzungsanlagen, Kläranlagen und Recyclingcenter sind ganz selbstverständliche Einbauten. Krankheiten waren fast unbekannt, mithilfe der künstlichen Befruchtung konnten Erbkrankheiten und unerwünschter Wuchs und schlechte Charaktereigenschaften eliminiert werden. Die 2 Kind Kleinfamilie war das Ziel. Mangel oder Gier oder Neid sind unbekannt. Die Menschen sind alle mit 70 verstorben - die Gentechnik ist weiter gegangen. Somit war keine Rente zu zahlen! Geld war abgeschafft und alle Wohnungen gleich gehalten - in haltbaren Materialen ausgeführt. Familien bekamen somit gleich und ohne Kredite bedienen zu müssen, einen guten Start und konnten sich voll auf die Arbeit konzentrieren. Der 6 Stunden-Arbeits-Tag - 7x die Woche - war verbindlich, gegessen wurde in der Betriebskantine oder in der Schule, in den Wohnungen waren deshalb keine Küchen, sondern nur Wasserkocher, Toaster und Mikrowelle vorhanden - Geschirr hat man von Hand gespült. Verschwendung war verpönt. Der Familien - und Kinderwunsch entstand quasi bei Kontakten während der Arbeitswoche - frei in der Willensentscheidung. Das entsprechende Büro für Mitbürger hat die Sache übernommen und das Genlabor informiert, bei dem sich die künftigen Eltern einzufinden hatten. Jeder Tag begann mit einem Gebet, das über alle Räume kam, per Lautsprecher. Desgleichen am Abend, wo um 11 Uhr die Nacht eingeläutet wurde. Rauschmittel hat man verboten. Jeder Bewohner hatte um 7 Uhr den Dienst anzutreten und arbeitete oder wurde beschult - bis 11 Uhr, dann wurde gegessen und eine halbe Stunde geruht oder gelesen. Danach wurde 2 Stunden lang gearbeitet und - die Freizeit begann.
Die Aufteilung des Tages verhinderte Langeweile - die Krankheit unserer Zeit.
Jeder Tag war gleich = Para dies = gleiche Tage.

Ende des Vorworts.




Merses erhielt ständig Anfragen bezüglich Aufnahme in sein "Kloster", wie er es nannte. Er konnte sich vor potentiellen Teilnehmern kaum retten. Er nahm freilich nur zahlungskräftige Bewerber auf, am liebsten solche aus seinem Umfeld. Rassenprobleme sollte es keine geben, das war seine feste Überzeugung. Die Kinder der Bewohner sahen gemischtrassig aus. Das war eines seiner Ziele. Auch hier war das Prospekt der heilen Welt jener "Zeugen" die Steilvorlage, wo Löwe und Lamm nebeneinander liegen und die Bäume voller Obst waren. Ein Paradies auf Erden. Die Anlage hatte auf allen vier Seiten 40 dieser Kuben oder Würfel - in der Mitte der Anlage wurde ein Park installiert, wie eine Oase, geschützt und sicher vor allem Unbill - wie ein riesiges Gewächshaus, solargesteuert. Man sah von außen nicht, daß die Wohnblöcke genau so tief in der Erde saßen, wie sie aus dem Sand ragten. 40 Stück hat er in einer Reihe erstehen lassen, 160 also gesamt. Das ergibt gut 60mtr pro Bau und 60mtr Platz dazwischen, also fast 10km Umfang der Anlage, in der Mitte hat Merses ein großes flacheres Wasserloch anlegen lassen- für die Kinder, zum spielen und schwimmen. Dort war der gemeinsame Grill- und Spiel- und Sportplatz. Die Bewohner vermissten nichts, sie waren stets beschäftigt mit sinnvollen Dingen und so entwickelte sich die neue -geplante- Wissensgesellschaft und friedliche Weltgemeinschaft, wie es die Schrift wollte. Durch neue Bewerber floß ständig frisches Kapital nach. Die Probanten mußten allen bekannten oder gewohnten Dingen abschwören und sie wurden beobachtet, daß dieses eherne Ziel nicht gestört wird. Schulungen wurden willkürlich angesetzt und als Arbeitszeit gewertet. Die Bewohner hatten keine Sorgen um Morgen, alles wurde von Merses vorgegeben und von seinem engsten Stab technisch umgesetzt. Er fühlte sich als Noa, die Anlage als seine Arche. Die Meerwasser-Entsalzungsanlage ist auf dem neuesten Stand der Technik, die Salzgewinnung als Nebenprodukt, das Hauptprodukt ist Wasserstoff. Eine wertvolle Resource, die hier in der Wüste ideale Produktionsbedingungen hat. Das ist nicht der einzige Exportschlager des Merses, sondern wissenschaftliche Forschung in allen Bereichen, die das Überleben der Menschheit ermöglichen können.
Die Internetplattform ist diesem Schöpfer freilich immer ein Heimspiel gewesen, sein Hobby sozusagen, das ihn steinreich gemacht hat. Seine Social-Network-Aktivität wurde ausgeweitet und nach und nach gerieten die Konkurrenten ins Abseits, weil News aus dem Paradies dort einen breiten Raum einnahmen. Viele virtuelle Besucher informierten sich und diskutierten darüber. Die Zahl der Interessenten wuchs ständig und es sind Mitglieder aller drei mosaischen Religionen dabei, aber auch Buddisten und Hinduisten, die entsprechend vermögend waren. Die Anlage wurde voller und voller. In jedem Haus hat man pro Stockwerk 40 Wohnungen, also 800 pro Kubus, also 128.000 Wohnungen in den 160 Kuben untergebracht. Also gut eine halbe Million Bewohner! Sein Traumziel sind 4 dieser Anlagen gewesen und dieses Ziel wird er beharrlich verfolgen. Der Wüstensand ist groß und weit- bald war die Fläche erstanden und die Bauleute hatten alle Hände voll zu tun. Von der 1. Anlage, die nun die Palanx anführte, gingen die 3 neuen Anlagen Richtung Wüste - immer schön im Quadrat. Die große Freifläche in der Mitte hat Treibhäuser der Landwirtschafts AG aufgenommen. Die Ernährung kam aus den unterirdischen Anlagen, synthetisierte bunte, vielfältige und gesunde Produkte, frisch produziert und ohne Verpackung direkt in Druckbehältern zu den Kantinen befördert. Die Anlagen sind mit den gleichen unterirdischen Transportsystemen verbunden, zwischen den Anlagen hat man Sicherheitsposten und Notfall-Schleusen stationiert. Ein raffiniertes Belohnungssystem gab Freizeitausgleich nach Wunsch oder Reisen in andere Länder frei. Niemand sollte sich eingesperrt fühlen!





Die Bewerber für das Paradies wurden sehr streng ausgesucht, wer diesen Vorgaben nicht entsprach, hatte keine Chancen. Er rief den Kleinstaat "Paradies" aus und wählte die Landessprache Esperanto. In dieser Sprache wurden nun alle Bewohner geschult. Religionsausübung war nicht zulässig, nur das Morgen- und Abendgebet. Priester wurden nicht zugelassen. Merses ließ keine Staatsform zu, keine demokratischen Gremien und keine Parlamente oder Wahlen. Die Rahmenvorgaben hatten Gültigkeit und mehr nicht. Niemand wurde bestraft, keiner abgeurteilt, Gefängnisse gab es nicht. Ein unverbesserlicher Probant wurde ausgestoßen - fertig. Die Zahl der Bewerber für Paradies ist immer sehr lang gewesen, die Auswahl traf der Computer. Merses selbst wurde von kaum jemanden gesehen, er war wohl meistens in seiner Wohnung und studierte die weltweiten Nachrichten, schieb ab und an etwas in sein Laptop. Er hatte keine andere Ausstattung als jeder andere Bewohner und lebte mit seiner Lebenspartnerin in Ruhe. Heirat war nicht vorgeschrieben, nur das Versprechen. (Wer versprechen nicht hielt, taugte nichts- da war man sich einig) Mit Kapitalismus und Kommunismus wollte niemand etwas zu tun haben, die Gemeinschaft war die Menschlichkeit selbst. Kinder konnten ungehindert laufen und kamen immer wieder zurück zu ihren Eltern. Ein Verstecken gab es nicht, alles war verifizierbar gehalten. Per implantiertem Chip wußte der Zentralcomputer immer, wo jemand gerade war, sollte dieser gesucht werden. Keine Türschlösser, nur der Chip öffnete die Türen der Privaträume oder Werkstätten. Wer dort nicht tätig war, kam nicht herein. Niemand hatte Privatvermögen, auch Merses nicht - alles ging in eine zentrale Kasse, die gut gefüllt blieb. Die Exporte an Know-How (Patente) und Wasserstoff liefen prächtig. Die Importe wurden zentral am Schiffsterminal abgeliefert - kein Außenstehender kam in die Anlage hinein, auch keine diplomatischen Vertreter anderer Staaten und kein Prediger oder Politiker - Merses hat niemanden empfangen und ist auch auf kein Reporter-Angebot eingegangen. Die Anlage schirmte alle externen TV/Radio/Handy - Kontakte nach außen ab. Nur das Terminal hatte Kontakte zur Außenwelt. Die Anlage besaß ein umfassendes Unterhaltungsangebot. Niemand hatte ein Smartphone nötig, weil jede Wohnung und Arbeitsstelle direkt vernetzt angelegt wurde. "Freisprechen" sozusagen. "Verbinden mit.." und fertig. Wer mit seinen Verwandten sprechen wollte, wurde über das Terminal verbunden - mit Unbedenklichkeitsprüfung - so kam kein Geheimdienst oder Terrorzelle dort hinein. Mit eigenen Schiffen wurde die Fracht befördert, fremde Schiffe bekamen keine Anlegeerlaubnis. Modernste Waffen - geheime Eigenentwicklungen - sicherten diese Vorgaben ab. Nach zwei Generationen waren die Bewohner zu einer eigenen "Rasse" vermischt- ein hellbrauner, mittelgroßer schlanker Menschentypus ohne jegliche Behaarung und ohne Krankheiten, gut gebildet und selbstbewußt. Militär und Polizei hat man nicht nötig gehabt, der Wachdienst war gut genug aufgestellt. Auf der virtuellen Kundgebung Merses nannte er nochmal die garantierte Beteiligung der Mitglieder am Projekt und hob hervor, daß die Regierung Libyens gerne noch ein Stück Land verkaufen will, um um die Anlage herum eine Orangenplantage zu errichten. Bohrungen ergaben nur ölverseuchtes Grundwasser- das Merses trennen wollte und als Schweröl für die Kunststoffproduktion nutzen- das abgeschiedene Wasser sollte wieder zurück in den Untergrund. Nun fuhr eine kleine Flotte im Namen des Paradieses herum, mit automatischen Segeln und einem Wasserstoffmotor. Der Handel mit Kunststoffgranulat und Wasserstoff lief prächtig. Die Orangenplantage erzeugte Dicksaft, der in die eigenen Kunststoffkannister gefüllt und weltweit in den Handel kam. Libyien verlangte Steuern und bekam sie - ohne Probleme. Was alles in der Anlage passierte und welcher Umsatz dort getan wurde, blieb dieser Regierung freilich verborgen. Nur das Orangen-Geschäft war offen.





Jedes halbe Jahr legte Merses seinen Mitbewohnern die Situation offen dar- die persönlichen Einlagen aller erhöhten sich spürbar. Die Zufriedenheit der Bewohner ist sehr hoch gewesen und alle waren sie gesund und umsorgt. Mehr Freiheit und Freizeit hatte keiner von denen jemals - das sprach man untereinander. Daß die Orangen eigentlich nur Tarnung waren, ahnte man - die High-Tech-Anlagen im Verborgenen arbeiteten auf Hochtouren! Bald war das Paradies in der Lage, Strom nach Tripoli zu liefern. Die Regierung bestand auf einer Besichtigung dieses - von keinem anderen Land anerkannten Zwergstaat - und stieß auf Ablehnung. Man fuhr - nur zur Machtdemonstration Truppen vor und hielt eine Übung vor dem Paradies ab. Es kam keine Reaktion - erst als der Befehl kam, durch die Grenzanlagen zu marschieren, kamen die Drohnen in Einsatz. Niemand blieb übrig - nur verbrannte Erde, die bald von Bulldozern zugeschaufelt wurde. Merses verstand keinen Spaß und das sollte Tripoli spüren. Der Präsident und die Heeresführung waren wütend und drohten unverhohlen mit Angriffen - aber nichts geschah. Da keine diplomatischen Einrichtungen mit der Lenkung dieser neuen Anlage in Kontakt kamen, rief die arabische Partei zum Sturm auf. Bald lagen israelische Kriegsschiffe vor der Stadt und die Ruhe war wieder hergestellt. Wie diese beiden Dinge zusammen hingen, ist niemandem klar geworden. Merses bot Libyien an, noch mehr Land kaufen zu wollen und zum doppelten Preis bekam er das auch zugebilligt - wenn nur der Strom weiter - kostenlos geliefert werden würde, so die Bedingung. Vermutlich ist die Mole die am schwersten und geheimsten bewaffnete der Welt gewesen.. ab und an lief eine private Jacht an mit israelischer Flagge am Heck. Die Befestigungsarbeiten liefen auf Hochtouren weiter. Die strategische Lage - nahe an der Grenze zu Tunesien und mit Blick nach Algerien ist unverkennbar deutlich geworden. Merses hatte immer das Paradies im Blickfeld, nie den Krieg oder religiöse Landnahmen- aber so ganz ohne Verbündete ist ein solches Projekt nicht durchsetzbar. Davon bekamen die Bewohner des Paradieses nichts mit, sie waren allesamt beschäftigt und haben das Leben in der Anlage genießen können. Die Kinder lebten freilich in ebensolcher Sicherheit und hatten beste Bildungschancen. Die Welt hat von alledem kaum Notiz genommen, außer daß wieder einmal ein Oligarch mit Geld um sich geworfen hat. Ob das ein "tausend Satelliten" Programm oder der Kauf eines Stückes Wüste - das interessierte nicht mal die Yellowpress. Merses verhielt sich ganz still und provozierte Tripolis nicht - die Regierung bekam ein Freundschaftsangebot, auf welches nicht geantwortet wurde. Ein paar Bewohner wollten aus dem Paradies aussteigen - sie bekamen ihre Einlage plus Rendite ausgezahlt und durften ausreisen. Sofort waren die freien Stellen wieder belegt. Das sahen alle und diese Tatsache beruhigte ungemein. Eines Tages flogen Kampfjets heran- die sofort auf dem Radar erfasst wurden- die Reaktion der automatischen Verteiligungsanlage war schnell und hart, sogar bereits abgefeuerte Raketen konnten sicher vernichtet werden. Lasertechnik macht das möglich. Die Untersuchungen ergaben, daß es Libyische Jets waren. Von da an war Tripoli wieder auf den eigenen Strom angewiesen und die Freundschaftserklärung wurde zurück gezogen. Die Flieger sind nur mit konventionellen Raketen bestückt gewesen, hatten aber eine hohe Sprengkraft und waren in doppelter Anzahl an den Tragflächen angebracht gewesen.





Sie lernten sich im Paradies kennen, sie kamen hier zur Welt als Kinder der 3. Generation. Ganz ohne Haare, hochgebildet und sportlich. Das uralte Spiel der Paarbeziehung war neu für sie - trotz Aufklärung und trotz dem Vorleben der Eltern. Sie wollten nicht in "Gefangenschaft" leben, wie ihre Eltern und Großeltern. Die Großeltern sind beide eines plötzlichen Todes gestorben, der wohl durch den Ausfall einiger innerer Organe gekommen war. Wir erinnern uns - die magischen 70 Jahre. Jeder wußte davon und trotzdem waren ihre Eltern geschockt. Es stand wohl dem jungen Paar keine Auszahlung der Einlagen zu, weil die Eltern noch lebten. Ibrahim und Julia tuschelten deshalb nur und wagten nicht, ihren Ausreisewunsch zu äußern. Der Zentralcomputer registriert auch das und gibt stillen Alarm. Die Beiden wurden darauf hin -in aller Stille- abberufen zu der Obstplantage, um dort die Arbeit zu verrichten. Hilfskräfte statt spezialisierte Analytiker - das gab ihnen zu denken. Von der Plantage war die Flucht in die Wüste jederzeit möglich - wollten sie das? Während der Spätschicht waren sie alleine und sollten nur noch die Kisten wegräumen. Leise sind sie mit ihrer Wasserflasche und den paar belegten Broten abgehauen. Kartenmaterial gab es nicht im Paradies, nur die Informationen des Computers. Sie liefen Richtung Meer und wollten von dort entweder nach Tripoli oder nach Tunesien kommen. Sie trafen auf Räuber und Vagabunden, die dort die Gegend unsicher machen und wurden verschleppt und verkauft als Sklaven, die heute zwar offiziell nicht mehr gehalten werden dürfen - wer aber fragt in den Wüstenländern nach Recht und Gesetz? Erst nach einem Jahr konnte Ibrahim eine Postkarte verschicken und den Standort der Beiden mitteilen. Die Postkarte lief vom Schalterdienst des Paradieses durch etliche Hände, sogar zur Pressestelle. Die Eltern sprachen bei Merses vor, aber er wollte keine Rettungsaktion starten, um nicht noch mehr Leute in Gefahr zu bringen. Die beiden Geflüchteten unterdessen erkrankten schwer von der ungewohnten Kost des Pascha-Hauses. So wurden sie weiter verkauft an einen Stamm in der Wüste, der wie die Berber herum zog. Beide wurden zigfach gedemütigt und mißhandelt und so flüchteten sie in der Nacht Richtung Wüste, schlugen einen Haken Richtung Norden und fanden tatsächlich das Paradies wieder. In Sichtweite der Anlage sind sie verdurstet oder an Entkräftung gestorben. Man fand sie nur, weil die Aasgeier darüber kreisten. Es kamen danach noch etliche Leute auf den Gedanken von der Anlage zu flüchten - man hat nie wieder von denen gehört. Ein tüchtiger junger Chemielaborant, der nur im Heimlichen seiner Religion frönte, hatten einen perfiden Plan geschmiedet. Seine Eltern kamen aus Palestina und waren angesehene Handelsleute, der Sohn jedoch wurde immer mehr zum Fanatiker, der mit niemandem darüber sprach. In seinem Inneren tobte der Religionskrieg gegen die Ungläubigen. Er wollte seinen "Dschihad" alleine machen, er fühlte sich persönlich dazu aufgerufen. (Dieser persönliche Aufruf ist das Prinzip dieses Dschihad, auch heute und in der Realität..) Eines Tages mixte er eine explosive Mischung in einem Brotbeutel, den er mit einer Flasche Wasser zum Terminal mitnahm, wo er eine Dichtigkeitsanalyse machen sollte. Die Arbeiter waren gerade dabei den Schlauch zum Befüllen des Wasserstoff-Transportschiffes zu entfernen, als er seine kleine Bombe direkt daran explodieren ließ. Die Sicherheitsventile waren gerade dabei sich zu schließen. Die Duckwelle hat viele Häuser in Tripolis einstürzen lassen und einen riesigen Sandsturm bis nach Marokko gebracht. Entlang der Mole, unterirdisch bis ins Innere des Paradieses - 20 Stockwerke unter der Erde - detonierten die Vorratstanks und rissen einen großen Krater in die Wüste- die Trümmer folgen weit davon. Auf Sizilien und die Länder im Mittelmeer kam eine Flutwelle zu, die vielen Menschen auf See und an den Küsten den Tod brachte. Das riesige Loch in der Wüste lief mit Meerwasser voll. Tripoli war danach eine Ruinenstadt.







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Der Weltenrat, der Rat der Alten



Ein Raunen ging von Australien aus, wo die Aborigines den Uluruals ihr Heiligtum von der Regierung anerkannt und zurück erhielten..
Die Weisen der Ureinwohner tagten und kamen zu dem Ergebnis, daß die Vorherrschaft des "weißen Mannes" in der Welt nicht länger hingenommen werden darf, sollte die Welt noch lange Bestand haben. Alles wird verdreckt, verwüstet, aufgefressen und ausgebeutet, sogar der Orbit ist zur Müllkippe verkommen.

Die Nachricht ging um die Welt, in welcher alle Völker und Stämme aufgerufen wurden, sich bei deren TV-Sender "NITV" zu melden um eine Zusammenkunft im Web zu organisieren.
Auf diese Weise sollte die Verschmutzung durch den Flugbetrieb von Anfang an vermieden werden.

Es meldeten sich -nach und nach- viele Humanisten und Philosophen bis zu Menschenrechtlern etlicher Länder, die sich mit den Ur-Australiern über die Ziele eines solchen Rates der Alten oder Weltenrat zu unterhalten. Die Debatten liefen Tag und Nacht und immer mehr Teilnehmer kamen dazu.

Sie hörten den Einwand etlicher Kommentatoren, die selbstverständlich alle mitredeten und gehört wurden.
Der Tenor war, daß mit Philosophen immer wieder Traumtänzer und mit Humanisten und Philosophen weltfremde Leute in die Entscheidungsebenen gelangen würden, wie zuvor.
Die Religionen meldeten sich und haben auf wenig Verständis getroffen, weil sie bislang nichts an den Zuständen der Welt haben verändern oder gar verbessern wollen.
Dogmatiker wollte man nicht mehr haben.
Der Weltenrat wollte keine Revolution und keinen Aufstand, sondern einen langsamen Neubeginn der Menschheit, ohne Waffen und ohne Gewalt -in Gleichberechtigung aller Menschen.

Deshalb entschied man sich für diesen - gewaltfreien Weg über das Internet ein Umdenken zu erwirken. Und das mußte logischerweise freiwillig sein. Nur Freiwilligkeit ist dauerhaft, Zwänge habe die Erde schon genug erlebt, so die Alten des Rates.

Diese These hat vielen Länderregierungen nicht gepaßt und die Presse verdächtigte den Rat als "Aufrührer" oder als "Konterrevoluzionäre" oder als "Kommunisten", je nachdem woher die Kritik kam.

Der Rat fragte darauf hin, was denn an "Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit" oder an "Einigkeit und Recht und Freiheit" so verwerflich sei - und bekam keine Antwort. Es ging nur um die Schlagzeile, da ist jeder Vorwurf gerade recht und wenn dieser frei aus der Luft gegriffen wurde.

Hier galt der freie Wille und schon bald war aus jedem Land eine handvoll Personen bereit, bei diesem -virtuellen- Projekt mitzumachen. Frauen und Männer in Gleichberechtigung - nun war die Überlegung die, daß eine gewisse Deckelung der Teilnehmer pro Land überlegt - aber abgelehnt wurde vom Rat - mit der Begründung, daß keine elitäre Schicht entstehen dürfe, wenn man diese Sache auf feste Füße setzen wolle.

Sehr bald mußten freiwillige Helfer das Online-System retten, weil es "gehackt" wurde. Verbale Giftschleudern oder Toxiker aller Art sind immer auf der Suche, um durch Querschläge Sabotage zu betreiben - aus "Spaß" oder Destruktivismus. Dann kamen professionelle "Dienste", die eine wirkliche Völkerverständigung nicht gut fanden oder ihren Auftraggebern zu Willen waren.

Nicht die "babylonische Sprachverwirrung" war das Problem, sondern die verkrusteten Strukturen, die Angst um ihre Macht und Einfluß hatten. Religion und Politik und Bünde und Geheimdienste und Parteien bis zu den Militärs und Adelsgesellschaften wollten unbedingt dieses Treiben im Keim ersticken. Am gefährlichsten waren Oligarchen und deren global agierenden Firmenkonstrukte, die auf Ausbeutung ausgelegt sind. Diverse Kolonialstaaten und Herrscherhäuser schossen ihre Giftpfeile ab, sogar Menschenrechtsgruppen fühlten sich angegriffen - selbst humanitäre Gesellschaften fürchtetn um ihre Existenz.

Was zuerst belacht wurde, fand etliche potente Gönner - es ging nicht um Geld, der Rat wollte Hilfe bei der Sicherung des Webauftrittes. Nicht einmal Personenschutz hat er angenommen.

Der Rat debattierte über Grenzen und Zölle und Staaten im allgemeinen und will diese Dinge nicht mehr sehen in einer modernen Welt. Desgleichen nationale Waffen. Eine Eingreiftruppe schon und Polizei auch - mehr aber auch nicht. Sie fanden, daß eine Währung genügt, damit man einfach und ohne die Kraken Wechsel-Banken Handel betreiben könne - einfacher und direkter. Es gehe, so meinten sie, nicht an, daß der Öl- und Gas- und Rohstoffhandel in Dollar abgerechnet wird. Wir brauchen weltweit eine sichere Währung, die nicht schwankt. Wir schlagen den Dukaten vor, eine längst ausgestorbene Münze, die nominal nur noch für das tägliche Geschäft in Umlauf kommt. Die größeren Summen sollten digital gestellt werden. Es schwebte der Bockstaler vor - der Taler, der 1493 vom schweizerischen Stadtstaat Bern übernommen worden war und schon bald in fast dem gesamten Gebiet der Alten Eidgenossenschaft unentbehrliche Handelsmünze wurde. Der Batzen als 10er Größe, der Penny als 100er Einheit zum Taler. Die Motive sollten neutraler sein, murrten viele Kommentatoren. Etliche Länder fühlten sich übergangen und an die Historie wollte niemand der Mitmacher erinnert sein.

Sie konnten sich nicht einigen über die Währung, sie konnten sich nicht einigen über die Religion, die in den Hintergrund verbannt werden sollte- sie konnten sich nicht einigen über die Art der Vertretung, nicht über einen gemeinsamen Wahlmodus.. sie waren sich uneins über die Werteordnung - kurzum, es waren wohl gut zehn Mentalitäten auf der Welt, die unüberbrückbare Ansichten und Einstellungen hatten, von denen keine abweichen wollte. Patriarche Systeme und Monarchien und Oligarchen, die unterschiedlichen Wirtschaftssysteme, die Sprachen und - wieder und immer wieder die vollkommen unterschiedlichen mentalen Werte des Lebens.

Die Afrikaner wollten sich nicht in den Modus Amerikas oder Europas einfügen, die Europäer sind jeweils andere Menschen - in jedem Land eine gewisse Distanz, die aus der Historie heraus begründet wurde, die Asiaten waren den Chinesen fremd, die Inder den Russen, die Südamerikaner den Nordländern - kurz: Die Andersartigkeiten sollen bleiben, da war man sich einig. Niemand wollte auf irgendwas verzichten und so wurde der Gedanke des Weltenrates stillschweigend beerdigt und der Rat der Altem an Eyers Rock geriet in Vergessenheit.

Das Babylon hingegen wuchs in die westlichen Länder hinein zu einem gigantischen Sprengpotential an..

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