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Geschichtliches, Teil 13
In den Dorfchroniken wird von der alten Lagerhaltung berichtet,
die Hafer, Gerste, Weizen, Roggen, Dinkel, Lein, Erbsen,
Bohnen und Linsen als
Trockenfrucht erwähnte.
Im Jahr 1695 bekam man 1/4 Pfund Rindfleisch für einen Kreuzer.
In ebendiesem Jahr wurden 85 Schafe angegeben, die "vom Wolf gefressen" worden sein
sollen - vermutlich waren es 3-4 oder 5 Schafe,
die anderen wurden wohl eher heimlich geschlachtet.
***
Das Wort "Heister" kommt von dem Buchen - Baum.
Ein "Faselwatz" war der Gemeinde - Zuchteber.
Es wird von einer "reichen Weinernte" vor dem 30j. Krieg
berichtet - und das an der Lahn, im Westerwald.
***
Die Biskirchener Mineralquelle berichtet 1874:
"Die alte Brunnenfassung aus Holz reicht in uralte Zeiten zurück,
da kein Menschengedenken und keine
Urkunde etwas davon weiß,
die Arbeit war bewundernswerth.."
***
Die Mühlen sind ein besonderes Kapitel,
da sie meistens außerhalb der geschlossenen Bebauung lagen,
ging dort so manche Geschichte um, es soll sogar
eine "Mühlenprostitution" gegeben haben.
Ein Ort so mancher Ausschweifung, wo die Müller nicht ganz unschuldig waren.
(Heute, wo diese Mühlen in "Restaurants" umgewandelt wurden, kommt mir das ähnlich vor - weil dort nur am späten Abend geöffnet ist)
Noch bis 1577 war die
"Unehrlichkeit des Müllers Zunftsrecht".
So entstand der sogenannte "Mühlenfrieden", ein Rechtsschutz des "Regals", (Rex, Regis, König)
was allerdings auch eine schärfere
Ahndung nach sich ziehen konnte.
***
Ein Heimatgedicht von Frau Luise Zanger.
Meine Heimat.
Liebe Heimat, goldne Auen,
enges Tälchen dort am Wald,
darf ich Dich nun nicht mehr schauen
meiner Kindheit Aufenthalt
Ort der Liebe, Ort der Freude,
wo ich Welt Dich hab erblickt,
wo ich an der Mutterseite,
meinen ersten Strauß gepflückt.
Meiner Jugend erste Lieder
sang ich hier am Rosenhain
und das Echo bracht sie wieder
und ich stimm ins Echo ein.
Abends bei der Dämmerschwüle
weilt ich gern am Wasserfall,
lauscht beim Klappern meiner Mühle
dem Gesang der Nachtigall.
Alles Schöne Lieb und Freude,
knüpft sich Heimat nur an Dich,
wird dereinst was so entscheide
deine Erde decken mich.
***
Ein Eisenbauer war ein Waldschmied.
1871 lebte ein Siebtel der Bevölkerung unserer Gegend vom Bergbau, haupts. Eisenerz.
Nur mit Stock, Grubenlampe und Proviant marschierten die Bergleute zu den weiter entfernten Gruben -
mancher hat ausgerechnet, daß
er in 40 Jahren Tätigkeit 180.000 Kilometer gelaufen ist,
nur um zur Arbeit und zurück zu kommen..
***
Die Gemeindebackhäuser wurden noch weit bis in die 1950iger Jahre betrieben,
zum Schluß oft von dem Gemeindebäcker.
In früheren Zeiten war Brot der adeligen und klerikalen Schicht vorbehalten,
während die Bevölkerung, die das Brot anbaute und verarbeitete
sich von einem Brei
aus zermahlenen Körnern und Wasser ernähren durfte.
Diesen Brei konnte man aber zum Fladen backen oder als Suppe schlürfen.
Das war die Volksnahrung.
Bis Ende des 18.Jhds hatte der Backes (Backhaus) noch eine Strohdeckung, wie alle Häuser des Dorfes Biskirchen.
***
Die kleinen Kolonialwarenläden waren teils in jüdischer Hand, sie führten auch nur das,
was die Leute kaufen konnten oder wollten - alles, was
man nicht selbst machen konnte.
Bis auf den kleinen Luxus von Tabak und Kaffee- morgens um 4 Uhr sollen die Bergleute Tabak
im Lädchen gekauft haben,
wenn sie sich auf den Weg zur Grube machten.
Namen wie "Isaak-Haus" oder "Seligmann" waren so selbstverständlich,
wie heute türkische Gemüse-Läden oder
amerikanische Burger-Ketten.
Schon 1937 erloschen diese jüdischen Läden und Geschäfte und Viehhandel
mit Geldverleih und hinterließen eine Lücke, die bis heute noch nicht wieder geschlossen ist.
Mit dem Aufkommen der Supermärkte in den 1970iger Jahren verschwanden nach und nach die kleinen Dorfläden.
***
Früher waren Gastwirtschaften in allen Ortschaften, oftmals mit Metzgerei gekoppelt.
In den 1980iger Jahren begann das große Wirtschaften-Sterben.
(Die Leute hatten Fernseher und Flaschenbier daheim, da zeigt es sich wieder ganz deutlich,
daß das traute Heim von der großen Mehrheit der Leute den Gaststätten vorgezogen wird -
nur nur der, den man daheim nicht brauchen kann - geht heute noch in Wirtschaften.
(Meine persönliche Meinung, der auch meine Frau bedingungslos zustimmt)
***
In alter Zeit muß man sich die meisten Verkehrswege als recht dürftige Feldwege vorstellen,
die grob mit Schotter ausgeflickt wurden.
An den Markttagen legten die Kleinbauern lange Wege zu Fuß mit dem Handwagen oder Karren
oder einfach mit der Kiepe auf dem Rücken - zurück.
Die Schuhmacher holten ihr Leder in Frankfurt - so um die 140km hin und zurück..
Manche Arbeiter sind Sonntag schon losmarschiert und kamen erst am nächsten Samstag
wieder zu Fuß nach Hause zurück - so manche Arbeitsstätte
war weit weg und nur auf diese Weise kostengünstig zu erreichen.
Auf Seite 480 der Chronik wird berichtet, daß dem Fährmann wegen Krankheit gekündigt wurde
und der Fährbetrieb anderweitig verpachtet wurde..
diese Pacht wurde ersteigert !
In diesem Buch gibt es Details zur Planung und Fertigstellung des einzigen Schiffstunnels in Europa,
in Weilburg.
(Das dürfte jedoch zu speziell sein,
um auf meiner -doch recht allgemein gehaltenen-
Seite Platz zu haben, wie die Geschichte des "Balkanexpress",
der von Beilstein nach Stockhausen durch
das Ulmtal lief.
(15km lange Strecke mit 240mtr Höhenunterschied, 47 Min Fahrzeit)
Der Name kam von der malerischen Landschaft und dem Gebimmel vor
den unbeschrankten Bahnübergängen.
Die wichtigste Straße und Handelsverbindung war die Hohe Straße,
die von Köln - Wetzlar - Frankfurt - bis an die große Fernstraße über
Böhmen,
Ungarn bis Konstantinopel (Istanbul) führte.
Aber auch die etwas kleineren Verkehrsverbindungen waren uralt und da es noch keine Bahn gab,
noch lange unentbehrlich, heute hat man diese oft mit modernen Straßen überbaut -
so bestehen sie praktisch heute noch.
***
Die Krankheiten "der Überflußgesellschaft" wären Durchblutungsstörungen,
Infarkte, Krebs, so ein Autor des Buches - was ich allerdings ganz anders
sehe:
Die Überflußgesellschaft beginnt nicht im unteren, bei den einfachen Leuten,
sondern ausschließlich im oberen Teil des Volkes.
Das ist nun mal so - nach meiner Meinung als Kind aus einem Arbeiterhaushalt auf dem Lande -
heute jedoch sind die "Couchpotatos" -meist junge- Angehörige der sozialen Unterschicht,
die recht bunt geworden ist.
***
Noch im Jahr 1800 haben nur 4 von 10 Kindern das Heiratsalter erreicht..
Noch vor hundert Jahren half allerorten die alte Hausapotheke:
Ein Kästchen mit Tausendgüldenkraut, Schafgarbe, Bergwohlverleih, Kümmel,
Salbei, Kamille, Brombeerblätter, Zinnkraut, Lindenblüten
und Pfefferminze.
***
Dem Heimatforscher Rudolf Anschütz gewidmet, der 1949/50 folgende Zeilen hinterlassen hat.
(Er war vermutlich einer der Flüchtlinge, die aus dem Osten
vertrieben wurden,
auch Heimatvertriebene genannt)
Ganz sicher wird es "Dir", geneigter Leser, liebe Leserin nicht zugänglich sein,
deshalb erlaube ich
mir, das hier zu schreiben, es ist so schön,
daß es ein Sakrileg wäre, es nicht zu tun.
"Christfest im Olmental"
Wenn im Spätherbst der Laubwald seine Blätter zur Erde senkt,
hebt sich das satte grün der Nadelhölzer im Waldesdome feierlich ab.
Wenn dann das Schneetreiben die Äste kristallen glitzern läßt,
dann weihnachtet es im Walde.
Auch im Dorfe wird es still, die Arbeit zur Saat und Ernte ist getan;
der Winter ruft zum wärmenden Ofen.
Die Lichter brennen lange in den Wohnstuben und werfen ihren Schein
in die schneetreibende Winternacht.
Zur Christnacht gehören grüne oder gar blühende Zweige schon seit ältester Zeit
und die grüne Tanne schon seit Generationen.
Überall ist der gleiche Glanz, der gleiche Sinn für alle Christenmenschen ..
und den Menschen ein Wohlgefallen !
Kalt und sternenklar waren die Nächte um die Winterwende von 1349.
Im Talweg bei den Holzhäusern im Olmental ritt der Gaugraf gen Griffinstein.
Wie im Hügel verborgen und von Schneewehen aus den Bilsteiner Höhen eingehüllt
lag die Hütte des alten Köhlers am Walde.
Nur ein düsterer Lichtschein suchte müde einen Weg von der Lichtluke aus in die Nacht.
In der Hütte speiste die Köhlerfamilie auf dem Balkentisch ihre Abendsuppe.
Auf einer Wandplatte in der Feuerecke ragten drei blühende Obstzweige aus der selbstgefertigten Tonschale
und jung getriebenes Birkengrün zierte die Lehmwände.
Im Brandschein der Holzscheite aus dem Steinherd erzählte der weißbärtige Köhler
seinen Kindern vom Kriegsgeschrei zwischen den Hessen und Nassauern die das Tal durchzogen,
von den blutigen Treffen vor Hohensolms und der Not der Leute
von dem Columbaner Mönch, der bei dem Huben im alten Dorfe
ein großes Holzkreuz errichtet und dort Christenworte aus Bethlehem geweissagt hatte,
und von dem schwarzen Tod, der seit einem Jahre das Tal heimsuchte
und Hunisbach, Doberg und Hobenhusen schwer getroffen hatte.
Not und Tod hatten das Tal heimgesucht,
aber überall im Olmental war froher Sinn zur Lichtwende,
den langen Nächten sollte ein naher Frühling folgen.
Die heiligen Nächte hatten die Menschen froher werden lassen.
Die Köhlerkinder hatten andächtig gelauscht und noch im Traume
suchten sie aus dem Heer der Sterne den einen, der von dem ihnen der Köhlervater
vom Christenkreuz erzählt hatte und träumten von der Kunde an alle Welt..
und den Menschen ein Wohlgefallen!
Tief und düster hingen die Schneewolken im Olmental
und hatten zur Christnacht von 1649 dem Tal ein glitzerndes Kleid beschert.
30 Jahre hatten Land und Leute der Grafschaft geraubt.
Entlang der Logena und Dillena bis zur Sieg,
in Westerwald und Taunus hatten Raub und Mord
nur noch wenige Huben gelassen und Saat und Ernte blieben aus.
Doch in der Lehmhütte des Jakob Keller war Christfeier, wie es ihm gelehrt war.
Auf die schwere Tischplatte mit ihren Essvertiefungen hatte Jakob eine grüne Tanne aus Jungfernholz gestellt,
wenngleich er von einem Verbot gehört hatte und dafür keine Erklärung fand.
Der Kienspahn knisterte
Im traulichen Schein wußte Vater Jakob seinen Kindern viel zu erzählen.
Er hatte den großen Krieg überlebt, hatte auf dem Greiffenstein frohnden müssen,
und dort erfahren, wie die Menschen, die alle den gleichen Gott anbeten, sich deswegen zu Tode stritten.
Er wußte noch, wie der kaiserliche Oberst Biland das Olmental heimgesucht hatte
und daß dabei der junge Tross aus Allendorf erstochen wurde.
Ein langer Krieg war zu Ende und hatte Verderben hinterlassen.
Seit einem Jahr war Friede.
Es sollte ein wirklicher Friede sein, wie einst ihn die Hirten in der Christnacht erfuhren, Friede..
und den Menschen ein Wohlgefallen!
Klar und sternenübersät strahlte der Himmel in der heiligen Nacht von 1795.
Neben dem Gottesacker an der Bischofskirche stand in Eichenbalken mit Lehm gefügt
das Gehöft des Johann Marin Zutt.
Am 19.9.1795 waren französische Heerscharen lahnaufwärts gegen Wetzlar gezogen,
die teilweise noch bei der stumpfen Buche am Bischofsberg lagerten und in den Dörfern requirierten*.
Auch Martins letzte Kuh war diesen Weg gegangen.
Das hatte Martin arm gemacht.
Als das Glöcklein zur Talkirche rief, folgten alle angsterfüllt;
die Talruhe war dahin.
Pfarrer Johann Conrad Wetz sprach von dem Erleben der Hirten,
die sich fürchteten wie heute die Talbewohner der Ulm.
Viele hatten sich aus dem nahen Strauch eine grüne Tanne geholt
und mit allerlei Früchten und Lichtern behängt.
Auch für den Einback aller seiner Leute hatte der Schultheiß sorgen lassen, wie es ihm gelehrt war..
und den Menschen ein Wohlgefallen!
In jahrhundertelanger Folge haben Kriege Schauplätze für Kriegsgreuel bereitet und Gut und Blut zerstört,
einst wie auch zur Christnacht 1949.
Bombenschäden blieben, Heim, Hof und Menschen sind dahingegangen
oder die Menschen wurden vertrieben wie das Wild im Walde.
Die Natur aber blieb die gleiche;
Schnee und Eis bereiteten die Winterlandschaft, Blüten und frisches Grün erfreuen,
und die grüne Tanne hat ihren gleichen Glanz wie jetzt.
Wahrlich reich hat hat St. Nikolaus schon in diesem Jahre seine Ware feil gehalten,
und manchem einsamen und verwirrten Menschen wurde ein Plätzchen unter der Christtanne beschieden.
Neben den heimischen Kindern sitzen Brüderchen und Schwesterchen als neue Bürger.
Bedenke, heimischen Kind:
Dir verblieben Heim und Hof, teile gerne Geschenke und Freuden.
Die Sterne der heiligen Nacht nehmen dein Werk auf.
Im uralten Waldesdome des Kesselbergs erhebt sich der Wind,
die grünen Christtannen rauschen und ein Raunen erfüllt das Tal wie ein Lied,
ein altes Lied deiner Ahnen ..
und den Menschen ein Wohlgefallen !
* = gestohlen, mithilfe selbst erdachter Gesetze.
***
Während der Taufe wurde das Taufkind in die Runde der Eltern und Paten gereicht,
man hat es "gehoben", wie man heute zuweilen noch sagt.
Heute hält meistens der Kindvater den Täufling (Baby) über das Taufbecken.
Von eben diesem Rudolf Anschütz ist ein Spinnstuben-Gedicht von 1919-24 überliefert,
das man bestimmt nur in der engen Heimat kennt..
auf diese Weise gelangt es auch zu den deutschen Auswanderern und deren Nachkommen nach Übersee,
wo diese meine Seiten gelesen werden.
Doch nun genug der Vorworte:
***
"Immer weiter, immer weiter."
"Ach was sind wir dumme Leute,
nie genießen wir das Heute.
Unser ganzes Menschenleben ist ein Hasten und ein Streben,
ist ein Bangen, ist ein Sorgen,
heute denkt man schon an Morgen,
morgen an die spätere Zeit,
und kein Mensch genießt das Heut.
Auf des Lebens Stufenleiter
eilt man weiter, immer weiter.
Ja, wir leben zu geschwinde,
gar zu schnell entfieht die Kindheit.
Schon der Knabe in der Schule
sitzt nervös auf seinem Stuhle.
Vor der Fiebel wirds ihm übel,
gar mit Streuben lernt er schreiben
und am liebsten möcht er raus
aus dem schönen Elternhaus.
Denn er glaubt, es wär gescheiter
immer weiter, immer weiter.
Kommt er später in die Lehre,
denkt die halb erwachsenen Jahre,
wenn ich doch erst größer wär
als Soldat beim Militär.
ist er aber erst Rekrut,
ach wie wirds ihm da zu Mut.
Ja, da singt er andre Lieder,
nach der Heimat möcht ich wieder.
Wär ich doch nur erst Gefreiter,
und dann weiter, immer weiter.
Kommt vom Militär er eben,
denkt er schon ans Eheleben.
Dort in jenem Tanzlokale
sah er sie zum ersten Male,
und am Abend bringt er's Liebchen
schon nach Haus bis vor ihr Stübchen.
Hell erregt sagt die Maid:
Junger Mann sie gehn zu weit.
Doch trotzdem geht der Begleiter
immer weiter, immer weiter.
Er noch ganz erhitzt vom Tanze
sagt zu ihr, ich geh aufs Ganze.
Immer näher kommt zur Maid er,
sie rückt weiter, immer weiter.
Doch er sagt, s ist nicht gefährlich,
wirst mein Weibchen brav und ehrlich,
in sechs Wochen bist du mein,
und er küsst das Mägdelein.
Doch nun sagt sie froh und heiter,
küsse weiter, immer weiter.
Nun zählt er schon die Sekunden,
bis man ihm mit ihr verbunden.
Ist es nicht en toller Einfall,
es hat doch Zeit mit solchem Reinfall.
Bald vermehrt sich die Familie,
und nach Wochen hat er schon,
auf dem Arm den ersten Sohn.
Erst kommt einer, dann ein zweiter
und so weiter, immer weiter.
So entflieht die Zeit wie ein Traum,
und die beiden merkens kaum.
Erst verheiraten sie's Mariechen,
dann verlobt sich ihr Sophiechen,
dann kommt Walter zur Marine,
dann lernt Englisch die Pauline,
dann macht Wilhelm sein Examen,
dann kommen noch zwei junge Damen.
Eine fünfzehn, eine siebzehn,
das kost Hüte, Kleider, Schürzen,
um sie gütig auszustatten
für den künft'gen Herrn und Gatten.
Niemals weiß man wo man dran ist.
Nie gibt's Ruh und Frieden,
wenn die eine an dem Mann ist,
ist die andre schon geschieden.
Ist die Älteste noch zu haben,
hat die Jüngste schon zwei Knaben.
Und so geht es täglich weiter,
immer weiter, immer weiter.
Seh'n sie, so entfiehn die Jahre,
Großpapa kriegt graue Haare,
und der Mondschein zieht sich weiter.
O gar oft hört man ihn klagen
und zu seinen Enkeln sagen:
Nutz den Frühling deines Lebens,
leb' den Sommer nie vergebens.
Denn gar bald stehst du im Herbste,
wenn der Winter kommt, dann sterbste.
Und die Welt geht trotzdem weiter,
immer weiter, immer weiter."
***
"Ich hab gehört, ihr hätt geschlacht, und hätt gute Wurscht gemacht -
gebt mir von den langen, laßt die kurzen hangen."
Der Reim wurde aufgesagt, um etwas vom Schlachtfest abzubekommen..
junge Leute haben immer Hunger und waren schon immer erfindungsreich.
Geselliges Birnenschälen, anschließendes Honigkochen, dampfender Kaffee und Streusel-
oder Quetschekuche - Plaudern.
Heute muten so manche Gesetze seltsam an, so zu Beispiel das Fensterrecht,
das bei enger Bebauung die Sichtöffnungen zum Nachbargrundstück regelte.
(Heute macht man in solche Grenzwände keine Fenster mehr)
Ahle gab es überall, dort galt das "Dachtrauf-Recht",
damit man dort an der Regenrinne oder Wand ungestört Reparaturen machen konnte:
Die
Grundstücke waren in der gleichen Flucht wie die Regenrinnen,
so entstand zwischen den Häusern eine halben bis ganzen Meter breite Schlucht,
die Ahle oder
Oahle ausgesprochen.
Beim gemeinschaftlichen Nutzen einer Zufahrt gab es schon immer Zwistigkeiten,
das ist nicht nur heute so, wo so mancher sich rücksichtslos verhält
und
den Nachbarn absichtlich oder aus Faulheit behindert.
Heute macht der "Nabu" einiges falsch, wenn man an das alte Pflugrecht denkt,
das so viel Platz vorschreibt, daß der Nachbar ungehindert fahren und
pflügen kann.
2-2,5mtr Platz zwischen Obstbäumen und dem Fahrweg hat man damals anberaumt.
Das Weide- und Triftrecht nutzte der Schäfer,
der nach der Ernte des Feldes oder der Wiese mit seiner Herde dort drüber zog.
Jeder hatte die Überfahrt des Nachbarn zu dulden,
wenn Erntezeit war- deshalb gab es eine strenge Erntefolge.
Der "Wisch" war ein Strohbüschel auf einen Stock gebunden;
dies war ein Warnzeichen, damit keine Schafe darüber getrieben oder befahren werden
sollte -
nach einer Aussaat oder vor einer besonderen Verwendung des Feldes.
***
Die "Baulinie" wurde ca 1800 eingeführt:
Zuvor durfte man die Häuser etwas von der Straße weg oder mit dem Giebel versetzt bauen-
danach
mußte jeder diese Linie einhalten:
Die Gemeinde verlegte die Rohre (Erschließung) unter dem Gehweg
und so war das Haus einheitlich und leichter
anzuschließen.
Das Buch endet mit Maßen und Gewichten und einigen sehr interessanten Bildern,
die zuweilen den Gründerbildern aus den Vereinigten Staaten ähneln.
***
Nun habe ich den 1. und den 3. Band "Der Laden" von Erwin Strittmatter jeweils aus dem Jahr 1998
vor mir liegen und anfangen zu lesen:
Ich sage es gleich, der Roman ist eine zu "90% wahre und zu 10% gelogene Geschichte",
wie der Autor selbst schreibt, vor mir liegen - die sich recht schwierig liest,
weil sehr viele dialektische Sätze vorkommen. (Sorben und Slawen)
Die Story selbst ist nicht so tragend, aber die damaligen Lebensumstände sind um so interessanter.
Das erste Buch zumindest paßt in die Rubrik "Geschichtliches" und sollte an den Schulen verlesen werden.
Den 2. Band werde ich vermutlich niemals bekommen und wenn, dann nur mit sehr viel Glück im Antiquariat:
Nee, aber bei A mazon habe ich es sofort gefunden, für den unglaublichen Preis von 1 Cent !
(plus 3 Euro Versandkosten, wovon nur 1 Euro Porto auf der Verpackung zu lesen war,-
d.h. der Verkäufer hat 2,01 Euro an der Transaktion verdient - mehr nicht.)
Das habe ich mir bestellt, damit eine sichere Abfolge gelesen und rezensiert werden kann.
(Das Dialektische wiederum ist nichts für meine Frau, da muß sie passen,
sonst liest sie die Bücher, die ich durchgelesen habe meistens -
bis auf die ganz alten Stücke - dann kommen sie in die Büchertauschkiste)
Nun liegen sie also alle drei vor mir, die leckeren Bücher, die ich nicht hergeben werde.
(Es kam etwas anders- alle meine Bücher gingen in die private Bibliothek unserer Tochter)
Der Autor Strittmatter ist so gut, daß ich gleich die nächste Triologie von A mazon für ca 15 Euro
(gut gebraucht) gekauft habe:
"Der Wundertäter" (1555 Seiten) - so, der Winter kann kommen.
20.11.2017 habe ich den 2. Band "Der Laden" gelesen und bin noch immer begeistert
von den Histörchen, die da auf mich eingeprasselt sind..
ein feines Werk!
Die nächste Triologie "Der Wundertäter" wird aber nicht gleich danach gelesen,
sondern wie Gold aufgehoben und erst einmal andere Bücher vorgeschoben..
"Der Wundertäter":
Anspruchsvoll geschrieben, man muß bei diesem Schriftsteller den Kopf einschalten, was ich gerne tue..
auf alle Fälle gegen die letzten beiden Bücher (anderer Autoren) eine Wohltat!
(Es geht nicht um Kilometerfresserei,
sondern
um den Genuß und dieser ist bei diesem Autoren allemal gegeben,
auch wenn das Einlesen ein "Zeitchen" dauern mag.)
Ein Ausflug in die sprachliche Vergangenheit, in eine längst vergangene Lebenswirklichkeit
aus der Sicht der kleinen Leute.
***
Wie problematisch die deutsche Wiedervereinigung
noch im Jahr 2018 ist, zeigt folgende Sache eindrucksvoll, Probleme von "rechts",
aber auch Probleme von "links" -
ich weiß nicht, was verrückter ist!
Dieses Künstlerkollektiv Zentrum für politische Schönheit fordert, daß
alle Nachbarn, Freunde und Bekannte oder Arbeitskollegen zu denunzieren,
wenn man Teilnehmer an "rechten Veranstaltungen" nennt - um
dafür ein Sofortbargeld als Belohnung zu erhalten.
In der Stadt Chemnitz richtete diese Gruppe ein Recherchebüro Ost ein.
"Helfen Sie uns, die entsprechenden Problemdeutschen aus der Wirtschaft
und dem öffentlichen Dienst zu entfernen",
verlautet es auf der Internetseite der Aktivisten.
Diese seltsame Künstlergruppe sorgte bereits in der Vergangenheit mit provokanten Aktionen für Aufmerksamkeit,
nun kehren sie also mental zur "guten alten DDR" zurück, gegen die "wir sind das Volk" gerufen
und letztendlich zum Umsturz gebracht worden war.
Sie sind bis heute - am Tage der letzten Korrekturlesung dieser "Geschichtlichen Exkursion"
im Sept. 2022 noch immer "Kollektive" und das wird sich so schnell wohl nicht ändern.
Fast 30 Jahre nach dieser Wiedervereinigung gibt es noch immer Ewiggestrige - solche und solche -
ich bin ehrlich entsetzt !
Ich bin immer mehr der Meinung, daß wir die Wiedervereinigung nicht gebraucht hätten!
Wir haben die ganze Zeit versucht dem Osten zu helfen
ob politische Dinge, wie moralische Unterstützung oder durch verstärkte Käufe
von Produkten aus den neuen Bundesländern, damit eine gute Angleichung der Wirtschaftsverhältnisse
geschehen möge - und dann diese seltsamen neuen Verbalgewaltakte ?!
Ich verstehe das nicht und frage mich, ob diese Eingliederung richtig war:
Man versteht "drüben" die Demokratie wohl irgendwie falsch,
wenn ausgerechnet "linke Künstergruppen" zum offenen Denunzieren auffordern
und dafür soll es auch noch Geld geben?
Dieses Denunzieren war früher eines der Gegebenheiten der alten DDR, (und der Na zizeit!)
welche eine Angstkultur war.
Heute hat sich diese Unkultur über alle Parteien mit linken Gruppen im ganzen Land ausgebreitet, wie Unkraut.
Wir kommen aus der Verantwortung nicht heraus, radikale Gruppen in sich
zu bekämpfen - egal ob extrem links oder extrem rechts angesiedelt,
sonst haben wir bald einen Bürgerkrieg zu befürchten.
(Diese "Künstler" haben wohl nichts Gutes im Sinn)
2019, also 1 Jahr später sind linke Tendenzen in allen
Parteien so stark,
dass bereits Zensur gehalten wird - z.B.
in den Sendeanstalten (Framing Manual).
Das vertreibt uns
von den Wahlurnen, weil Parteien der Mitte sehr links geworden sind oder damit paktieren.
Im Osten gibt es Bundesländer die sehr stark rechts wählen.
Die Wiedervereinigung wird immer mehr zur Widervereinigung,
weil der Westen ideologisch und mithilfe
studentischer / studierter
und linkslastiger Leute übernommen worden sein könnte:
Wir haben zudem eine Akademikerschwemme erlitten.
Hierzu paßt folgende Meldung am 20.9.2019 aus Hessen:
"Mit dem Titel 'Hessen gegen Hetze' wollen zwei Koalitions - Politiker
mit der Einrichtung eines Meldesystems für Online - Hetze
mit eigenen Ermittlern die Schaffung eines gesellschaftlichen Bündnisses
für die Ächtung von "Hatespeech" im und außerhalb des Internets erzwingen.
Und eine stärkere strafrechtliche Bekämpfung von Rechtsextremismus und rechter Gewalt erwirken."
Ich halte diesen Beitrag allerdings für "linke Hetze":
Wie war das gleich mit dem größten Lump im ganzen Land?
Wie auch immer, es geht wohl darum, die Meinungsvielfalt zu vereiteln, denn wo nur noch eine Meinung ist, wird man auch nicht "verhetzt", gell?
Wie auch immer, demokratisch sind diese Exzesse nicht und
sie werden zur Eskalation oder zumindest oder bestenfalls zur Wahlenthaltung führen.
Links ist keinesfalls besser als Rechts und "Deportationen" gab es auch im Kommunismus, der vor keinen Morden zurück schreckte- siehe "Oktoberrevolution".
Wie die Geschichte eindrucksvoll lehrt, ist die Uneinigkeit die große Schwäche der Germanen,
deren Nachfolger wir sind.
"divide et impera" lässt immer wieder einen Keil zwischen Gewalt und Vernunft treiben.
Ganz offenbar merkt das niemand - damals nicht und heute immer noch nicht..
Uneinigkeit ist das Einfallstor für Despoten, auch wenn der erste Anschein ein anderer ist:
Parolen und griffige Lösungen gehen gerne nach hinten los.
Erfolgreiche Verkäufer und Politiker sind sich irgendwo sehr ähnlich - nicht alle sind ehrlich.
Wer zur Wahl geht, dem ergeht es wie den Schafen in der Kirche, auch die werden eingeseift.
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