plaetzchenwolf - Geschichtliche Exkursion 1. Teil

Freier geschichtlicher Exkurs Teil 1

(Um es gleich zu sagen: Diese 14 teilige Zusammenfassung meiner Ausarbeitung in Sachen "Geschichtliches" wäre ein Buch mit 2.000 Seiten geworden.
Ein Vergleich zwingt sich auf- die Bibel hat 5MB Text, meine Exkursion 4,11MB-
die Bibel hat zwar "nur" 1467 Seiten, ist aber enger gedruckt..)

Viele alte Begebenheiten und Traditionen sollen nicht verloren gehen,
denn schon lange vor dem Wort "Alternativ", "Öko" oder "Bio"
lebten die Leute auf chemiefreie, bodennahe Weise.
Das Rad muß also nicht jeden Tag neu erfunden werden -
das Lahntal ist schon seit mehr als 35.000 Jahren nachweislich besiedelt.
Unser modernes Leben ist auf der Geschichte gegründet,
durch das Leben und Wirken unserer Vorfahren -
ob uns das gefällt oder nicht, ob die damals alles richtig gemacht haben oder nicht..
Das sollte man nie vergessen.
Damals wußte man manches noch nicht, heute aber vieles nicht mehr!

***

1. Teil von 14 "Geschichtliches"

Es sind in den gut 4 1/2 Jahren einige Dinge zusammen gekommen,
als ich damit anfing, mich mit mit diesen Themenwelten zu befassen.
Erst im August 2022 war ich mit allen zeitgeschichtlichen Einblendungen durch.
Meine Kinder und Enkel werden eines Tages nicht sagen können:
Du hast es gesehen und nichts gesagt, wie alle anderen!
Doch, das habe ich getan und man kann es weltweit lesen.
Und so konnte ich etwas von dem zurück geben, was mir persönlich im Leben Gutes widerfuhr.
Ich wünsche -trotz der Länge der Exkursion- gute Unterhaltung, denn daran habe ich dabei gedacht..

***

Vorweg schickend ein paar Klarstellungen:
Ich gehöre keiner Partei an, bin kein Religions- oder Gewerkschafts-
oder Vereinsmitglied und versuche so neutral wie denkbar zu sein -
immer mit dem Gedanken oder Wunsch nach einer direkten demokratischen Mitbestimmung
und der "Emanzipation" aller Menschen, ohne die Selbstabschottung von "Ethnien".
Also weder links noch rechts und tendiere zum Nichtwähler,
da sowieso "koaliert" wird und Wahlaussagen nichtig werden.
(Die Mitte scheint nicht mehr zu existieren, nur noch Kalkül und Lobby)

***

Längst vergangenen Überlieferern und Erzählern zur Ehr und Angedenken,
mit eigenen Bemerkungen versehen,
wird Geschichtliches zu Geschichten am Kamin !

***

In dicken alten Wälzern und Chroniken fand ich viele interessante Begebenheiten aus alten Zeiten,
wissens- und lesenswerte Dinge, die man heute kaum noch erfährt.
So wächst eine besondere Betrachtung heran, die sich in lockerer Weise mit unserer Geschichte befasst:
Wie lebten die "Gemeinen", die einfachen Leute auf dem Land -
ohne den üblichen Fokus auf Jahreszahlen und "Schlachten" oder "Herrschaften",
die in meiner Beleuchtung der Historie nur am Rande vorkommen - wie Unglücke und Unwetter.
Langweilig wird die Sache nicht- versprochen !

Geschichte ist ein abgeschlossener Zeitraum bis zum Jetzt,
was wir daraus lernen und machen, das wird die Zukunft zeigen.

***

Große Persönlichkeiten lobten den Taunus
in den höchsten Tönen und machten sich für die neue Wanderbewegung stark,
die ihren Ursprung als Feldberg - Läufer hatte - immer für die Natur,
für die Gesundheit und für die demokratischen Grundrechte,
die niemals leicht und immer nur unter erheblichen Opfern durchzusetzen waren.
Früher drückte und presste der Adel und der Klerus, heute sind es seilschaftende Machtmenschen, "Lobbyisten", Geheimbund- Angehörige, gesellschaftlich Relevante,
die ihre Profitgier über die gerade erst gewonnenen Freiheiten der kleinen Leute stülpen
und bereits wieder weite Teile in totale Abhängigkeit gebracht haben.
Sklaven nennt man heute nicht mehr so, es gibt viele Ausdrücke dafür,
wenn von der Hand in den Mund gelebt werden muß.

Nach der Lektüre ziemlich vieler Bücher habe ich ein paar Dinge herausgefunden,
die speziell den Taunus-Raum betreffen.

Germanenstämme gab es viele, Völkerwanderungen waren die Regel, denn die Ausnahme-
die Gründe dafür waren neben Plünderungsabsichten,
Landnahmen oder oft genug auch schlicht der Hunger oder Krieg oder Verfolgung.
Größere Verbände der Germanen, die man als zerfaserten Volksstamm bezeichnen könnte,
waren in vielen Regionen "daheim",
wobei der Taunus mir wie eine recht ungeordneter Lebensraum vieler Herkünfte erscheint.

Zu frühen Zeiten war unser Lebensraum eine tundra-ähnliche Fläche
mit einzelnen Bäumen oder Baumgruppen, wohl ohne ausgedehnte Wälder.
Der Wind mag rauh, die Temperaturen müssen höher als heute gewesen sein..

(Die "Emanzipation" war wohl selbstverständlich,
weil auch die Frauen mit Waffen umzugehen wußten und jede Arbeit taten,
sie waren schlicht "gleichberechtigt" -
wie schon in der Jung- oder Altsteinzeit des Cromagnon-Menschen,
der auch weibliche Jäger und Schamanen kannte.

In diesem Zusammenhang muß man den Zusammenhang der Kontinente und daraus
die Verwandtschaft aller Menschen erahnen,
bevor sich die heutige Weltkarte heraus bildete:
In den 60iger Jahren wurde ich von meinem Lehrer dafür ausgelacht..
ganz offenbar war er gebildet, aber doch irgendwie dumm:
Dass die Kontinente wie ein Puzzle zueinander passen hat der gute Mann nicht verstanden..)

Die germanischen und keltischen Stämme bildeten im Taunus wohl eher eine wandernde Gesellschaft,
grundsätzlich in der Seßhaftigkeit meandernd-
es waren keine Nomaden, die Germanen zogen nur so weit,
wie die Weiden ausgelaugt waren und das Haus sowieso neu gebaut werden mußte.
Die Häuser waren einfache Pfahlbauten, deren Stützen im Boden wegmorschten, so zogen die Leute
von Zeit zu Zeit weiter, mit all ihren Tieren.

Sie lebten in Sippenverbänden und betrieben eher Jagd und Weidewirtschaft -
weil der Ackerbau sich erst ab dem 9.-2. Jahrtausend vom Orient her
mit Gemmer und Gerste oder Urkorn durchsetzte
und mit den Gebiets- und Siedlungsflächenzuteilungen durch die Römer kam dann die echte Seßhaftigkeit.
Warum vom Orient her? Nun, weil dort keine Eiszeit war,
die langsam aus Europa nach Norden verschwand.

(Nach Ehre oder Ansehen und Eignung wurden die Flächen zugeteilt, der Grundstock des frühen Mittelalters
mit Lehen und dienenden, später leibeigenen Leuten bildete sich eine neue Gesellschaft, aus dem sich der Adel entwickelte:
Vasallen zum direkten Herren und diese als Vasallen zum Gebietsherren etc.)

In dieser Beleuchtung kam Tacitus, der römische Geschichtsschreiber doch recht spät zum Zuge -
der von "das Keltern von Obst und Beeren, aber nicht von Weintrauben" beschrieb.
Aus dem Süden kamen dann die heute bekannten Gemüse- und auch Obstsorten als Geschenk
der neuen Kultur in die von den Römern beherrschten oder beeinflußten Gebiete Germaniens.

Das heißt, daß in den vielfältigen Gebieten des mitteleuropäischen Raumes bereits Wein gemacht wurde -
wenn es auch wohl ein eher rauher, saurer, obergäriger Obstwein gewesen sein muß.

Die römische Gesetzgebung ist z.T. heute noch gültig, sie wurde direkt und wohl auch gerne angenommen.
(in dubio pro reo)
Der Adel, also die Nachfahren der von Rom aus taktischen Gründen begünstigten Gewogenen oder Günstlinge -
hat dann und viel später- die "Geschäftsidee" der Maut erfunden,
weshalb überall Burgen und Schlösser oder Steuerburgen
-und Heeres - auch Handels-Straßen, die jene verbanden- entstanden.
Diese Günstlinge der römischen Statthalter haben alles unterjocht,
was ihnen habhaft wurde, dabei waren sie nicht zimperlich.
Aus den kleinen Fürstentümern, die sich im Laufe der Zeit vermählten
oder auslöschten oder im "Mannesstamm" ausstarben,
sowie aus den klerikalen Staatengebilden, die ebenso willkürlich und z.T. menschenfeindlich regierten,
erwuchsen viele neue Kriege, die ihre fadenscheinige "Legitimation"
aus der Glaubensrichtung und deren feine Ausdeutungen als Unterscheidungsmerkmale herausgelesen haben..
deren absolut unheilige Existenz noch heute zu -sinnlosem- Streit um Lufthoheit
(Stichwort: Sendungsbewußtsein)
und Mißverständnissen ohne Hoffnung auf ein gutes -brüderliches oder christliches- Ende führt.
Die neuere Geschichte, die daraus entstand, ist wohl allgemein bekannt
und Grund zur Hoffnung auf ein dauerhaftes friedliches Miteinander,
wo immer ein wachsames Auge auf zuviel Einfluß von Religion und Adel angebracht und ratsam ist.

(Mit diesem Thema habe ich mich lange und ausdauernd beschäftigt, viele religionenvergleichende Schriften,
sowie die Heilige Schrift gründlich gelesen und bin danach aus der Kirche ausgetreten,
als unser -ehemaliger- Bischof öffentlich verkündete:
"Kirche ist und kann nicht demokratisch sein.."
Dem Vorgänger des Verschwenders Tebanz, des späteren gegenteiligen Bätz, die mit fremdem Geld geprasst haben wie die Gez Fernsehsender )

Eine Urkunde im Jahr 782 führte das Königsrecht im Bereich der Sachsen ein,
unterstellte sie der Hoheit Karls des Großen,
und sicherte so die Durchsetzung des Christentums-
was zur Hinrichtung mehrerer tausend Sachsen bei Verden / Aller führte. Eine friedliche Religion!
Das ist nur eines der vielen grausamen Vorkommnisse, die im Zusammenhang mit Religion standen.

Die Chatten (man darf wohl davon ausgehen, daß die Römer damit die Hatten meinten,
weil sie das "h" nicht sprechen konnten-
lebten um die Fulda und Eder herum- sie nahmen das Gebiet zwischen Rhein,
Westerwald und Taunus ein, - mit römischen Gnaden, nachdem die Ubier von dort
auf die andere Rheinseite umgesiedelt worden waren. (Kölner)
Nachfolgend lese ich, daß das Wort "Chatten" von Katzen kommen -
aus dem "Hessen" entstanden sein soll, den Luchs auf deren Wappen führend..

Die Ubier, die den Römern wohl gesonnen waren,
sind von kriegerisch hochfahrenden Sweben hart bedrängt worden.
( "üppig"-ubier, die in Wohlstand und reichem Lebensstil lebten, waren nicht eindeutig "Germanen")
Cäsar schlug nach dem Hilfegesuch die Sweben, die Streitigkeiten zwischen Ubiern
und den Sweben gingen aber weiter,
so daß Agrippa, der Feldherr und Freund des späteren Kaisers Augustus 39 v.Chr. beschloss,
die Ubier in das linksrheinische Gebiet zu schicken, das von den ausgerotteten Eburonen blieb.
Später bildeten die Ubier mit Kelten, Römern und Cheruskern die Ureinwohner Kölns,
dem damaligen Ara Ubiorum, dem folgenden Colonia Agrippinensis...

Somit waren die Ubier die Ureinwohner des Taunus-Gebietes,
nicht die Chatten, die als Hatten den Ursprung des Namens "Hessen" bilden.
Ubier könnte man vor ihrer Umsiedlung
mit stark keltisierten Bewohnern des Lahntals
und des Mittelgebirgsraumes identifizieren.
Romanisiert gingen die Ubier in den Rheinfranken auf.

Die Chatten unterwarfen sich 9 v.Chr. den Römern und durften danach das Gebiet der Swebenstämme besetzen,
die nach Böhmen abgezogen waren.
15 n.Chr. ging Mattium, der Hauptsitz der Chatten (Metze bei Gudensberg oder Altenburg)
in Flammen auf- ein Rachezug des Germanicus,
weil ein Chattenfürst an der Ermordung des Arminius beteiligt gewesen sein soll.

Die Römer teilten und herrschten, sie brachten eine enorme Kultur mit -
der Strukturaufbau der Missionare ging ganz ähnlich vor:
Erst die Fürsten, dann das Volk einnehmen..
Beiden, den Klerikern und dem Adel gemeinsam war die Gier nach Macht und Einfluß,
der sich zum großen Teil auf die Munt und die Gefolgschaft gründete, Lehen und Kriege.

Die Strukturen der alten Zeit jedoch gründeten sich auf das Thing und eine Art der Kastenstruktur,
wo die meisten Leute Halb- oder Teilfreie waren.
Der Name Karl oder Kerl stand für Friling oder Frei (vermutlich stammt von da die Bezeichung
oder der "Titel" Freiherr ab.)
Dieser war wirklich frei und brauchte niemandem Abgaben oder Verpflichtungen zu leisten.

Die Grausamkeiten und Gemetzel, die "Schlacht"-Ordnungen und Pläne lasse ich mal außen vor,
wo auf den Römischen wie auf den Germanischen Seiten die immer wiederkehrende Scharaden
bis Völkermorde vorkamen.
Eine elitäre und gierige Hochmütigkeit Roms traf auf Stammesstrukturen,
die kleinräumig dachten und noch weit von der Verwaltungsstruktur und Schriftsprache entfernt waren.
Unglaublich viel später besannen sich die Gebrüder Grimm,
die Worte unserer Sprache aufzuscheiben und begründeten damit die Germanistik.
Abschließend kann ich sagen, daß das Gebiet des heutigen Taunus eine kleinteilige Struktur
der Bevölkerung besessen haben muß,
dünnere Besiedlung und ständig durchwandernde Stämme aus allen Richtungen -
über Jahrtausende hindurch immer wieder durchgemischt..
nicht einmal der Begriff "Germanen" als Oberbegriff ist wirklich haltbar,
am "Indogermanischen" habe ich meine Zweifel, dunkel wie der Ursprung der Menschheit -
je mehr Bücher ich über diese Zusammenhänge lese,
um so größer wird die Ungewissheit oder Unsicherheit in diesen Fragen
-auch nur andeutungsweise- einen Menschentypus als "Urbewohner" des Taunus ausfindig zu machen..

So belasse ich die Lektüren dazu als Erweiterung und als "Background"
für unsere feinen Wandertouren im Taunus und Westerwald,
mit einem leichten Schaudern wird derer gedacht, die vor uns die Wege gingen..

Der Adel ist ein Thema, das sich dauerhaft durch die (moderne) Menschheit zieht und wohl so entstanden ist:
Wer rhetorisch begabt war und eine gute Phantasie hatte,
die Natur beobachtete, sich ein wenig mit der Kräuterkunde vertraut war, dem waren bald Tricks geläufig,
mit denen er seine Geschichten am Feuer eingängiger werden lassen konnte:
Die Menschen waren immer schon den mystischen Dingen zugewandt, die der Ursprung jedes Kultes waren,
wo sich heute noch Stories von Sintfluten und Gesetzestafeln, Wundertaten und Heilungen, Verdammnis,
Tod und ewiges Leben wiedertreffen, wie in Sagen, Märchen, alten Ortsnamen usw.
Wer geschickt war, konnte mit Hilfe von wilden Geschichten über Überirdische und Schreckenswesen "erklären",
warum mal das Glück, mal das Pech über einen kam..
in den langen Jahren der Geschichte und in den vielen Stämmen und Gegenden kamen auf diese Weise
ganze Sammlungen von Ungeheuern und ganze Familien von Göttern vor,
die alle bestimmte Aufgaben oder Eigenschaften hatten.
Noch heute kommen Dinge "unter den Hammer" - Thor ist noch bei uns..

Die Kirche hat eine ganze Menge alter Kulte (Weihwasser, Weihrauch, Bäume, Klänge) und deren Bezeichnungen
in abgewandelter Form, sogar Kultplätze und Kraftorte übernommen und überbaut.

Überlieferungen wurden gerne mündlich gemacht, am Thing wurde Recht gesprochen -
wohl am Dienstag, der sich von "Ding" ableitete.
Teilweise verflochten war dieser Adelsursprung durch das Glück und Tüchtigkeiten,
dem Gelingen und dem Erfolg einer Sippe usw.
Wer also aus einer solchen Sippe kam, die sich mit diesen Vorzügen auszeichnete, hatte eine Macht:
Jene Leute mit der großen Phantasie und der großen Überzeugungskraft verbrachten die Tage
nicht mit Arbeit im klassischen Sinne,
(wie bei einigen Religionen "heilige Männer" sich ausschießlich dem Gebet widmen,
die sich dazu berufen fühlen- also nicht nur Ordensleute)
sondern sannen über immer neue Geschichten nach,
die nur noch glaubhaft vielfältiger Symbolik bedurfte..

Adel und Glauben und Macht waren ganz eng verflochten.

Die späteren Auskristallisierungen sind allgemein bekannt, der "Aberglauben" wurde bezwungen,
die Berufung von und auf höhere Mächte ist den Klerikern wie dem Adel
gleichermaßen heilig und wird noch immer toleriert,
manchmal auch hofiert und wie wir wissen wird "Glaube" schnell zum Zankapfel und Kriegsgrund,
wenn jeweils Andersgläubige als "Heiden" oder "Ungläubige" beschimpft werden,
die man mit allen Mitteln auszumerzen suchte.

Die Machtmenschen (Toxiker, Egomanen) haben immer regiert und obsiegt und sich zur Durchsetzung ihrer Ziele
aller denkbaren Mittel bedient,
ohne zu zögern auch Intrigen, Mord und Kriege ohne Zahl angezettelt und durchgezogen, indem Vasallen mit Geld verdungen wurden.

Die Spuren der Kelten (Urnenfelder, mächtigste Kultur Europas) sind auch bei uns im Taunus
an vielen Orten zu sehen,
auch in Orts- und Fluß- oder Bergnamen:
Aller, Brenz, Elbe, Enz, Iller, Isar, LAHN, Lippe, MAIN, Neckar, RHEIN, Ruhr und Weser.
Großer und kleiner Belchen, Hornisrinde, Melibokus (Malchen)
Die Grenzen zwischen den Kelten und den im Osten und Norden beheimateten Germanenstämmen
lassen sich wohl mit Sicherheit nicht genau festlegen.

Zu viele Völker wanderten in diesen Zeiten - die alle indogermanischen
oder besser indoeuropäischen Ursprüngen zuzuordnen sind.
Man unterscheidet zwischen der Kentum- und der Satemgruppe
(k und g Laute als Zischen ausgebildet) im Sprachlichen.
Die Sprachverwandtschaft der lat.griech.kelt.got. oder germ. gehört zur Kentumgruppe:
(die Zahl Hundert geschrieben ausgedrückt) und altind. altiran. altslaw. u. litauisch auf der Satemseite.)
Die dicken Ausnahmen sind: Basken, Finnen und Ungarn, die ganz offenbar anderen Ursprungs sind,
als des indoeuropäischen.
Diese kurzen Ausführungen zeigen schon einmal, wie komplex die Verschiebungen sind,
die eine eindeutige Zuordnung bestimmter Stämme auf ein Gebiet zu bestimmen
und wenn es nur für einen Zeitausschnitt wäre..
Die "Germanen" sind ein eher dehnbarer Begriff, der auf viele kleine Stämme und Völker zutraf.

Es sollen keineswegs zottelige und ungepflegte Leute gewesen sein,
wie so gerne dargestellt wird, sondern solche mit gepflegten und geschnittenen Haaren und Bärten,
geflochtenen Frauenhaaren, ausgeprägter Kleidung und monogamer Sitten.
Man kannte Ohrringe und diversen Schmuck, - der "chattische Schaum" war bekannt,
um damit die Haare feuerrot zu färben- das war selbst in Rom beliebt,
wie der Bernstein, der alle Völker damals verband als ein gutes Tauschobjekt,
wie das Salz und Metalle und Erden für die Keramik,
die in Germanien noch lange nur mit der Hand geformt wurde-
obwohl die Töpferscheibe sich längst durchgesetzt hatte.
Brenntemperaturen von max 900 Grad ließen nur grobe Töpferwaren zu,
die komplexen Öfen mit 1300 Grad für lasiertes Steinzeug waren zu teuer und erforderten Fachleute.
Die kleinen Sippen kamen mit den billigen selbstgeformten, groben Sachen besser zurecht,
die leicht und billig zu ersetzen waren.
Die Quarden siedelten "nördlich des Mains", evtl. östlich des Rheins? -
bis jene nach Böhmen umgesiedelt wurden, wo nach einigen Wirren die Spur bis nach Galicien führt.
Auch dieser Stamm kommt in Betracht, wenn man nach den Ureinwohnern des Taunus forscht.

"Hessisch" -zumindest in den meisten Teilen des heutigen Bundeslandes-
ist einer der 16 größeren Dialekte in Deutschland,
die nach der 2. "konsonantischen Lautverschiebung" 600-800 stattgefunden haben soll.
Die Namen der Dialekte lassen die alten Volksstaemme noch erahnen,
die ihre Spuren hinterlassen haben. Wissenschaftler haben die Hochsprache erfunden,
trotzdem hat sich der Dialekt erhalten und die Annahme, daß nur noch auf dem Land "Platt" gesprochen werden wird,
halte ich für einen Irrtum:

Wer in den Städten war und nur ein klein wenig aufgepaßt hat, weiß dies nicht stimmt -
(Nachtrag 2021: Sollte man heute noch auf Einheimische treffen)
auch dort gibt es mundartliche Besonderheiten, die sich wohl hauptsächlich phonetisch äußert.
Durch weitere Zuwanderungen verändern sich diese sprachlichen Besonderheiten freilich, aber viel langsamer,
als man annehmen sollte.
Die Erkenntnisse, daß die frühen Bewohner unseres Landes in einem sehr dünn besiedelten Raum lebten
und nur rudimentär stationären Ackerbau betrieben,
die Häuser oder Gehöfte weiter von einander entfernt lagen,
Städte eigentlich nicht bekannt waren, bestenfalls befestigte Hausgruppen oder Kleinsiedlungen -
ist eine gemeinsame Sprachausbildung eher den Verwandtschaftsgraden zuzuschreiben, als einer urbanen Nähe.

Das muß zu Tacitus-Zeiten noch der Fall gewesen sein.
Seine Bemerkung, daß die Germanen wohl nicht bauen können, lässt außer acht,
dass das Gebiet nicht so dicht besiedelt war, wie im Süden, im Römischen Reich, wo man dicht an dicht,
Haus an Haus wohnte und Straßen bilden konnte.
Unsere Vorfahren hatten offenbar keinen Grund zu dicht zusammen zu wohnen -
sie haben zudem Städte nicht geschätzt.
(Der Brandschutz wird bei der auseinander gezogenen Bebauung auch eine Rolle gespielt haben!)

(Der Auftakt dazu kam erst sehr viel später durch das Christentum)
Diese lockere Bebauung und der Trend, sich dort niederzulassen, wo der Acker besser,
weniger ausgelaugt oder etwas gerodet werden konnte, läßt ein wenig an die indianische Lebensweise denken,
die Tacitus bezüglich der Kampftechnik derer beschreibt, die er "Germanen" nannte.
(Diese haben sich aber selbst nicht so genannt, sondern nur ihre Stammes-
oder Volksgruppe betitelt- z.B. Chatten oder Sueben)
Die Häuser standen -im Gegensatz zu jenen im Norden, wo das Langhaus dominierte-
in Gebäudegruppen, wo Stallungen, Scheunen, Backhaus etc. einzeln und etwas abseits standen.
Das Wohnhaus war deutlich kleiner als im Norden.
Zusätzlich muß noch eine Art überbauter Erdkeller als weitere Wohnmöglichkeit bestanden haben.

Die kargen Äcker wurden sicher regelmäßig vom Wild verwüstet,
weil rundherum viel Wald war- ein hartes Leben.
Die Zeiten waren von verschiedenen Volksnamen durchsetzt, bei denen nur ungefähr bekannt war,
in welchem Gebiet sie siedelten:
Tencterer/Tenkterer sind wohl rechtsrheinisch, oberhalb des Mains bis Oberhessen,
diese waren "eng mit den Usipeten verbunden".
Von Ubiern (die lt. Römern linkrheinisch angesiedelt sein sollten) und Tungern wird auch berichtet, daß die rechtsrheinisch waren.
So viele Namen, so lange Zeiten,
so viele Wanderungen, Kriege und Vertreibungen!

Das lateinische "teile und herrsche" ("divide et impera") war nicht "christlich" gemeint,
sondern bezeichnete die Heimtücke,
Feinde gegeneinander zu halten um selbst leichtes Spiel zu haben..
(Wie heute in den Betrieben mit dem Personal oder von der Politik mit den Wählern umgegangen wird - bis in die hohe Politik zwischen den Kontinenten)

Die angeblich trunksüchtigen Nordmänner haben ein weinähnlich hergestelltes,
schäumendes Getränk aus Gerste und Weizen getrunken,
das sie -in Ermangelung an geeigneten Flaschen und deren Verschlüsse- nicht lagern konnten.
Also wurde es gleich ausgetrunken, damit es nicht verdirbt.
Das konnte wohl schon mal dazu führen, daß sich jemand "verschätzte".

Bei den antiken Hochkulturen war ein anderer Genuß Sitte:
Wer es sich leisten konnte, trank den ganzen Tag über Wein, je schwerer um so besser.

Vom Meth jedoch, der auch Kultgetränk und Opfergabe war,
ist bekannt, daß bereits die alten Ägypter ein sehr ähnliches Getränk gehabt haben mußten -
lange vor den Wikingern.

Die "Germanen" bezeichneten sich selbst nicht so, wie oben erwähnt,
sie wurden raffiniert uneinig gehalten, sonst hätten die Römer keine Chancen gehabt, einzufallen.
Uneinigkeit ist immer der Grabstein einer Kultur und auch die eines jeden Landes oder auch von Europa..

Dieser Exkurs handelt von der Zeit lange vor den "Blutlinien" - des späteren Adels,
der sich aus den oben genannten Schamanen und den daraus entstandenen heiligen Männern
und den daraus entstandenen Religionen
zu einer Macht-Glauben Dualität verband, aus dem später die Missionare und ihre "Exekutive",
Ritter/Kreuzritter, Vögte und ganze Bistümer entsprungen sind.
Noch heute ist diese Dualität in allen Ländern der Welt zu sehen,
wo sich Religion und Staat eng verschwistert zur Machtausübung verbünden:
Was Gesetze nicht schaffen, macht die Dauerhirnwäsche des Glaubens, der die ungebildete Masse lenkt.
Wer sich entsprechend bildet, dem müßte eine Religionszugehörigkeit eigentlich unmöglich sein,
es sei denn, er lenkt mit oder versteckt seine wahren Interessen dahinter, tarnt sich damit:
Sekten und Elite-Unis / "Bruderschaften" sind solche Konstrukte, die eigentlich nachdenklich machen sollten.
Die Machtinstrumente sind das "Seelenheil" auf der einen, Macht und Geld auf der anderen Seite,
mit Hilfe von Seilschaften erklimmen die Gewogenen alle wichtigen Posten, ob weltliche oder klerikale,
die den Adel in seiner Bedeutung später wieder abgelöst haben,
der heute nur noch die Nebenrolle als Komparse spielt.
Der Zulauf bei sogenannten Mittelaltermärkten und "Ritterspielen" zeigt die Sehnsucht
der Besucher nach der "guten alten Zeit" -
die aber eher nicht gut so gut war, zumindest nicht für die Massen,
die zu Hunderttausenden in den "Schlachten" geopfert wurden.
Gegeneinander gehetzt, von Adel und Kirche absichtlich dumm gehalten.

Wie auch immer - das Schild und die Streitaxt war die typische Ausstattung der germanischen Krieger,
Pferde und Schwerter hatten nur wenige.
Die Schilde wurden bemalt,
damit der Gegner wußte, mit wem er es zu tun hatte.
Daher kommt das Schild-Wappen.
"Auf das Schild heben" nannte man die Ernennung eines Anführers.
Burgen kamen erst nach dem Einzug der Feudalherrschaft und Befestigungen,
die einen Ort oder Flecken zur Stadt erheben konnten.
Die "hemmungslos wilden Saufgenossen, die blindlinks drauflos schlugen" sind z.T. der Polemik
der damaligen Berichterstatter zuzuschreiben
und der zahlenmäßigen Unterlegenheit der Stämme,
die gegen die einfallenden Römer und die im Osten vertriebenen Menschenmassen kämpfen mußten,
die vor den Hunnen hergetrieben wurden.
(Manche Briten bezeichneten im und nach dem WKII Deutsche als "Hunnen", was wohl durch mangelnde Bildung dieser Briten kam)
Und das mit primitiveren Mitteln- die meisten "Germanen" waren Sammler und Ackerbauern, keine Krieger,
sie kämpften eher aus schier verzweifeltem Zusammenhalt der Sippen,
die von Staatswesen oder gar ausgefeilter Verwaltung nichts wußten.
Die handgemeinen politischen und religiösen Agitatoren kamen erst später
und mit denen das Militär etc.
So wild wie die Wikinger auf ihren Raubzügen und Plünderungen waren sie nie gewesen-
"Nordmänner" sind eindeutig ein anderer Menschenschlag gewesen als die,
die man als "Germanen" pauschalisierte -
aufgesplittet in ein erstaunliche Zahl an Kleinvölkern und vereinzelt lebenden Sippen
ohne ausgeklügeltes Informationssystem,
hatten sie einen sehr schweren Stand gegen Occupation und Ränke.
Vermutlich - so meine Schlußfolgerung, waren sie den Kelten sehr viel näher verwandt,
als den Menschen aus dem Norden, inklusive den Ost- und Westgoten.

Von allen Durchwanderern sind einige hängen geblieben,
sind einige seßhaft geworden und schlossen sich zusammen, zu einem neuen Mischvolk.
Nirgendwo auf der Welt ist der Schmelztiegel bunter, als bei uns, mitten in Europa,
mitten in Deutschland, im Taunus.

Heute geht es weiter, weil nicht nur Waren aus aller Herren Länder kommen,
sondern auch Menschen und ihre Sitten und .. Gebets-Häuser.
Wie schwer sich viele mit dem Einfügen tun, können wir heute im praktischen täglichen Erleben erkennen -
was freilich nur die Leute wissen,
die konkrekt und direkt damit in Kontakt kommen,
und nicht nur im Elfenbeinturm mit ebenso Gebildeten aus fernen Ländern sitzen.
Der Grund dafür ist ganz einfach:
Ubi Patria, ubi bene- wo es mir gut geht, ist meine Heimat.
Das wird heute leider von politischen Ideologen gerne torpetiert, die alles Alte zertreten wollen
und die Neubürger zum Beibehalten ihrer Lebensweise ermutigen -
welche in den meisten Fällen den Grund zur Auswanderung brachte,
wenn man das ehrlich und nüchtern betrachtet.
(Mentalitätsbedingte Wirtschaftsschwäche des Herkunftslandes)
Ein gettomäßiges Nebeneinander ist nicht erstrebenswert, sondern die Gemeinsamkeit - es sei denn,
das altrömische "teile und herrsche" soll die "Massen" für die Politik gefügiger werden lassen..
es ist alles schon mal da gewesen!
(Gegeneinander ausspielen machen Religionsführer und Politiker gerne)

In manchen Orten werden wieder Winterwend-Feiern gemacht, z.B. auf dem Knüll bei Neuenstein.
Sogenannte "Heidnische Bräuche" sind im Ausdruck eine Erfindung der jetzigen Religion,
die fast alle rituellen Dinge und viele Symbole übernommen und sogar Kultplätze überbaut hat.
Von den Römern blieben die unglaublich vielfältigen Gesetze und Verwaltungsstrukturen,
die eigentlich nur weiter ausgebaut worden sind -
die "konstitutionelle Demokratie" gab es schon in Rom und das in einem sehr ausgeklügelten System,
viel effektiver als in Griechenland, wo die Demokratie erfunden wurde.
Im den fünf Zensus-Ständen im Tribus und Zensus in Centurien.
Die Ausgesuchten sprachen für die -jeweilige- Mehrheit.
Die Wohlhabenden konnten sich von der Wehrpflicht freikaufen und hatten im Parlament
die eigentlichen Bürgerrechte -
jene zahlten den Sold (weniger als ein Tagelöhner bekommen hat) an die Soldaten,
die zuweilen auch Anteile aus der Kriegsbeute erhielten,
genau wie die erstgenannten, die dadurch ihren Obolus wieder zurück bekamen - als Beuteanteil..

Was heute die Parteien sind, waren damals die Zensusgruppen,
die ihre Mitglieder nach der Herkunft, "Rasse", oder Familie, Alter, körperliche und geistige Fähigkeiten,
Besitz und Vermögen, evtl. auch die Nachkommenschaft wurden peinlich genau im Zensus festgehalten.
Danach war der Mensch in diese Werteordnung eingeteilt und so war auch die Mitbestimmung.
Von geheimen Wahlen mittels Abstimm-Täfelchen und zur "Wählerrente"
von 1000 Sesterzen unter Augustus für die ersten beiden Tribus- war alles drin:
Korruption der Mandatsträger und Stimmenkauf, Detaillierungskünstler in Politik und Religion,
Juristerei und Verwaltung taten ein Übriges,
dass irgendwann der Ruf nach dem "starken Mann" laut wurde und das Kaiserreich kam.

(Das haben nicht die einfachen Leute verschuldet,
denen man schon immer die Bildung absprach, politisch mitreden zu können:
Der Begriff "Bildung des Lebens" war damals noch nicht erfunden,
aber z.T. in die Auswahl der älteren Kandidaten eingeflochten-
wovon man heute weggekommen ist, zu Gunsten vollkommen resort- oder fachfremder Akademiker,
die nur aus Parteignaden nach oben rutschten und somit eher reine Repräsentanten sind,
die sich wie jeder andere Laie nur "einlesen" können.)
Schon damals waren hohe Teile der Bevölkerung alimentiert- prozentual nicht weniger als heute!
(Nach der Rationalisierung des 20.Jahrhunderts wurde die Neuverteilung von Arbeit
und die Neureglung der Gewichtungen
untereinander "vergessen", was im alten Rom für die Arbeitslosigkeit verantwortlich war,
kann ich nicht mal erraten.)
Was früher in Rom die Familien oder Kasten oder Zensus (mit ihren Flamen und Senatoren,
ihrem schrägen Mix aus Priestern und Reichen) waren,
sind heute die Parteien, die "Koalitionen", "Schwesterparteien" und Absprachen bilden,
um das Wahlergebnis zur ihren Gunsten zu verändern.
(Es geht um Macht und Geld, wie damals, um Ministerposten -
wobei "ministrare" den Sinn des Dienens beinhaltet - vollkommen vergessen:
Es sind eher Machthaber!

Aus der römischen Bürokratur wurde eine europäische Juriskratur oder besser Lobbykratur,
aus den "Feldzügen" und "Schlachten" wurden anonym zu verantwortende pseudogemeinschaftliche "Einsätze" und "Mandate"
mit verborgenen Hintergründen,
die vermutlich in der Teilhabe an Resourcen und Bodenschätzen zu suchen sind.
(Im WKI forderte die Schwerindustrie und die Nationalallianz mehr Fläche)
Das zeigt sich an der flauen Wahlbeteiligung, obwohl heute jeder erwachsene Staatsbürger
das freie und geheime Wahlrecht hat.

Weitere Ausführung und näheres Beleuchten der inneren Strukturen des Römischen Reiches
(und Vergleiche) erspare ich uns,
weil nicht nur Römer, sondern viel mehr Goten und Kelten,
andere Volksgruppen s.o. schon noch sehr viel länger-
in dem Gebiet unseres jetzigen Landes, insbesondere im Taunus- lebten,
die sich von Wikingern oder Nordmännern,
sowohl auch von Römern auf der anderen Seite deutlich unterschieden haben.
Die einseitig patriarchen und menschenverachtenden Praktiken der Römer muß man aus Büchern erfahren,
Filme verherrlichen die Ungleichheit und Unfreiheit:
"Bürger" waren das, was wir heute als Investoren oder reiche Lebemänner oder Oligarchen bezeichnen würde,
nicht mal deren Frauen konnten sich als "Bürger" bezeichnen.
Die Gleichberechtigung der Geschlechter und das Miteinander war bei den "Barbaren" deutlich höher angesiedelt,
als bei den Griechen oder Römern, obwohl jene den Fortschritt und Entwicklung und Jurisprudenz erfunden haben -
Dinge, die man zu einem modernen und vor allen Dingen humanen Miteinander nur sekundär benötigt.
Die heutigen Kapitalismus-Auswüchse basieren auf einer römischen Erfindung der totalen Ausbeutung,
zu Gunsten von Kapitalgebern oder Eignern oder Investoren.

Die Symbole der Römer sieht man in Washington eindrucksvoll imittiert.

Das andere Extrem, der Kommunismus, war wohl nur ein kurzer zeitgeschichtlicher Irrtum,
da die Menschen von sich auch nicht "gleichgeschaltet" leben wollten
und lieber der persönlichen Gier nachgegangen sind -
oder eher der Freiheitsliebe, ließ dieses Gebäude des 20. Jahrhunderts,
wie zuvor die verschiedenen klerikalen und weltlichen und patriarchen
Despoten- und Unrechtssysteme- einstürzen und im Staub der Geschichte versinken.

Damalige römische Sklaven kann man direkt mit Arbeitern übersetzen, die (heute noch) ebenfalls nicht -selbständig- denken sollen,
dabei aber einen Freizeitanteil haben, der den Erstgenannten strikt verweigert wurde -
vom perfekten "Roboter" Sklave zu einem solchen aus Blech und Elektronik war der Schritt nur zeitlich,
die Ideologie ist dabei aber die gleiche.

Die unglaubliche Überheblichkeit, die aus den Texten antiker Autoren klingen,
zeigen den gleichen Hochmut der "Upperclass" ebenso wie heute.
Es sind eben nur deren Schriften überliefert, die Klassen, die Berufsstände und Menschen,
attackiert und diffamiert haben.
Die Patienten oder Leidenden sind still, in der Versenkung der Geschichte verschwunden.
Der Gewinn der Kaufleute und Kleinhändler wurde als anrüchig,
die viel höheren Saläre der "Prinzenerzieher", "Dichter",
"Philosophen" und "Poeten" als immer noch zu niedrig angesehen.

Nicht nur, daß der Unterschied zwischen arm und reich so extrem war,
die Armen wurden auch noch verachtet, mit Spott bedacht und mit Argwohn beäugt,
die Kinder starben wie die Fliegen oder wurden auf Abraumhaufen ausgesetzt, Tiere fraßen die Leichen,
Mausoleen wurden zu Latrinen und Bordellen, unfaßbar war die Wohnungsnot
und der ständige Zuzug neuer Billigarbeitskräfte, die einheimische Landarbeiter vom Feld verdrängt hatten-
zusammen mit ehemaligen Soldaten versuchten Freie, Freigelassene und Sklaven zwischen Butikern
(kleine selbständige Budenbetreiber) ihr Auskommen und Leben zu finden- entgegen aller Mär,
war damals kein Haus an die großen Entwässerungssysteme unter der Stadt angeschlossen..
jenseits des Tiber, im Gettoviertel waren die Juden und andere, die in der Stadt selbst keine Chance hatten-
wo die Senatoren versuchten die Fassaden und Prachtgebäude möglichst vom latenten Massenelend frei zu halten.

Wenn nun gewaltig große und starke, brutale Leute in die Garde gerufen wurden,
sind die einheimischen jungen Soldaten lieber zu den überall zu findenden Räuberbanden übergelaufen,
die sich aus ehemaligen Legionären,
die ihr Auskommen verjubelt hatten und auch Mördern, Dieben und Plünderern zusammensetzten.
Dort gab es so etwas wie "Gleichheit" es wurde wohl immer geteilt und zusammengehalten-
was nicht wenige verlockte, die in Rom selbst - Ungerechtigkeit erfuhren.

Offizielle haben heimlich mit den Räuberbanden kooperiert, Fischer verrieten das Auslaufen der Schiffe,
andere haben Schutzgeld erpresst, mit Menschenfleisch und Sklaven gehandelt.
Die Wege und Straßen sollen so unsicher gewesen sein, daß viele
-auch Ritter und Adelige "verschwanden" und nie wieder aufgetaucht sind.
Frech mit Licht und Prunk und lautem Gesang klangen in den Buchten der Meere
der Seeräuber Gesang, richtige Horden mit paramilitärischer Ausrüstung
wurden von den einst offiziellen soldatischen Killern geführt,
eine echte Schattengesellschaft in manigfaltigster Art,
die dem sogenannten "organisierten Verbrechen" und ihren Seilschaften nicht unähnlich gewesen sein muß,
wenn es um Erpressung und Menschenraub ging.

Mit dem vielen gestohlenen Gold und Geld wurden auch hohe Beamte bestochen,
wenn diese nicht schon vorher heimlich ein wenig Mithilfe geleistet haben.

Ein lange gesuchter prominenter Räuber, der in Spanien sein Unwesen trieb,
auf den eine Riesensumme an Belohnung ausgesetzt war,
hat nachher durch geschicktes Verhandeln mit dem Kaiser
einen Senatorenposten erhalten und noch viel Geld dazu- warum?
Nun, vermutlich, weil sehr viel seiner Beute an Rom und seine Kriegskasse kam.

Die Staatsgewalt war -unmittelbar hinter Roms Stadtmauern- sehr schwach, wie man liest,
jede Reise wurde zum Glücksspiel mit ungewissem Ausgang.

Die Lektüre zeigt wieder einmal mehr,
daß schon zu allen Zeiten geheuchelt und gemeuchelt wurde und es gipfelte in der Aussage,
daß das Imperium zwar keine Unterschiede zwischen den "R assen", Herkunft,
"Geschlechtern" und Religionen machte, aber:
Eine entsakralisierte (säkularisierte) und imperiale Gesellschaft brauchte keine "Legitimation" um sich zu nehmen,
was gerade beliebte-
grausamste Völkermorde sind waren sozusagen "Kollateralschäden" und sind ständig und immer wieder vorgekommen,
ohne daß jemand dagegen protestierte oder auch nur ein "schlechtes Gewissen" hatte.

Das muß intolerant, autoritär, patriarch und exklusiv gewirkt haben,
zusammen mit einem quasi von den Göttern gegebenen Anspruch,
der seinen Nachfolger im Katholizismus fand, welcher später "die Atmosphäre vergiftete",
wie zu lesen ist.

Dererlei Beispiele gibt es viele, die abgehobene Literatensprache ist noch heute so,
daß sie mir total unverständlich ist und bleibt-
selbst in der Übersetzung nicht nach zu empfinden.
Vulgärlatein, Umgangslatein und das der "Dichter und Denker"
(Lebemänner, meistens ledig, den Geldgebern hündisch ergeben) -
sind ein paar sehr unterschiedliche Schuhe.
Die Sprache der Masse der Menschen, die des "einfachen" Volkes, die schon immer jene durchgefüttert haben,
die sich die Finger nicht dreckig machten, ist die wichtigste Sprache, nicht die Geringste!

Überhaupt halte ich die "gelebte" Sprache - mit all ihren Lautveränderungen -
als den eigentlichen Lehrmeister.

Grammatik ist nur ein künstliches Gerüst zur Reproduzierbarkeit und ein Rahmen,
nicht Selbstzweck oder gar Meßlatte.

Nochmal:
Nicht die Literaten sind sprachbildend, sie meinen das nur-
die Masse der Menschen, die Leute auf der Straße sind "Sprache".
Alles andere ist hobbyistisches Geschwafel oder "Kunst".

Für mich ist das Latein der Vulgata, übersetzt von Hieronymus,
die Königin der Latinität und so kann sie sich erlauben, verständlich zu sein !

(Cicero, als wichtigster Vertreter der "klassischen Latinität" ist zwar verständlich,
arbeitet aber mit viel zu vielen verschachtelten Nebensätzen,
so daß dies schon dem Gebot der Höflichkeit widerspricht, klipp und klar,
kurz und bündig zu formulieren, was auch dem Gebildeten möglich sein müßte oder sein sollte.
Julius Cäsar war zwar das Gegenteil und schrieb knapp und bündig - aber nicht unbedingt plausibel, wie ich finde:
Wie sonst kämen die unterschiedlichen Auslegungen zustande?
Zwischen Cicero und Tacitus wäre doch bestimmt ein gangbarer Mittelweg möglich gewesen - oder?)

Je mehr jemand weiß, je mehr Lebenserfahrung in ihm steckt,
um so weniger -in der Bedeutung unsichere oder weniger bekannte-
Fremdworte wird er in der Rede einbringen.
Je mehr jemand die Bildung des Lebens aufsog,
um so mehr wird der Mundart und der Sprache der Menschen angedacht.
Mißverständnisse sollten mit den Mitteln unserer Sprache vermeidbar sein -
ganz besonders in lateinischen Texten!
Wie das geht, hätten Philologen, Dichter und Denker bei Hieronymus lernen können.

Dem Ausdruck einiger gehobener Personen, die nicht nur heute,
sondern schon zu allen Zeiten ihre Mitmenschen "ungebildet" schimpfen,
nur weil sie die verdrehten Worte der Prosa und deren "Versmaß" nicht "nicht mal hören,
geschweige denn verstehen",
kann man das böse Wort der Verbildung entgegenhalten, das ich von Verkrüppelung ableite:

Wenn ein Ast nicht gerade ist, sondern verwachsen - ist er verkrüppelt .. oder "Bonsai" ?

Desgleichen geschieht an unseren armen Vokabeln, wenn sie in die Hände von Literaten gelangen,
die beugen und biegen wie es gerade in den Reim paßt,
die meinen, dadurch, daß sie niemand mehr versteht, die einzig wahre Bildung erlangt zu haben.

Ich denke hierbei gerne an "des Kaisers neue Kleider" von Andersons Märchen.
Da nützt es auch nichts, wenn Grammatiker versuchen diesen Verdrehungen einen Namen zu geben
und über die Jahrtausende weitergeben -
zum Gaudium weniger Abgedrehter, denen Worte nicht genug sind:
So zementiert man sprachliche Aristokratie in Regeln und Versen, die einer lebendigen Sprache abhold sind.
Die alten Schriften sind leider nur oder fast ausschließlich von diesen Leuten erhalten-
die meisten Menschen werden damals -wie schon erwähnt-
weder lesen noch schreiben gekonnt und bestenfalls Theaterstücken beigewohnt haben,
als jemals in die Versuchung zu kommen,
in stundenlanger Kleinarbeit den Sinn von Konstrukten,
die "feinsinnig" und "geschliffen" in zuweilen selbsterdachten oder hausgemachten Vorschriften
gestricktem Gequirle zu erraten oder zu erforschen.

Was blieb außer einer toten Sprache der Gelehrsamkeit noch?
Nun, die Jurisprudenz, die heute noch nach dem 12 Tafel Gesetz Roms gestrickt ist -
eine der Pfeiler unserer modernen Zivilisation!

Diese "urbanen" Probleme hatten die "Germanen" mit Sicherheit nicht,
mit denen in den "Hochkulturen" gekämpft wurde,
dafür waren die Ansiedlungen in dem heutigen Deutschland viel zu klein, ohne Schulen- das Leben und die Arbeit lehrte.

Wie auch immer, schnell zurück in den Taunus:
Die letzten "echten" Ureinwohner des heutigen Taunusgebietes waren den Kelten
wohl näher als den römischen Occupatoren und der Kultur
der damaligen Hochkulturen aus dem Süden,
teils sind sie später sogar in den Keltenstämmen aufgegangen - oder umgekehrt?
Für alle gilt gleichermaßen:
Aus den ersten Schamanen und deren Helfern bildeten sich Hexer, Magier,
Erzähler, Heiler, Priester und Adel und dann jene neuen Machtmenschen mit ihren Anhängern,
die ständig Kontrolle über die Menschen haben wollen.
Mit Hilfe der Juristerei, die immer engmaschiger wurde und der religiösen Dinge wurde
und so wird noch immer manipuliert,
geknebelt und gedungen und aufgestachelt, sonst wären Kriege nie möglich gewesen -
wer sein Gewerk im Beruf und auf dem Felde tat, hatte keine Zeit für Krieg!

Heute bedient man sich zusätzlichen elektronischen Verfeinerungen um diese Kontrolle so eng
wie möglich zu haben. (Auslesen von Programmteilen und Cookies, Al exa und Co.)
Heute sind Entfernungen kein Thema mehr,
was die weitere Vermischung in Gang und den Gen-Pool gesünder hält -dachte ich immer, was aber in den USA eher widersprochen sein mag..

Die Geschichte ist ein unendliches Ding, das auch noch von vielen Seiten beleuchtet wurde und werden kann-
so kommt noch einiges zusammen, was ich für erwähnenswert halte, was man nicht überall hört-
im Geschichtsunterricht leider nicht !

Sind wir den Kelten näher als den Germanen?
Na, ich weiß nicht - zumal die Urbevölkerung schon zig Jahrzehntausende vorher bestanden haben muß..
vermutlich gab es damals schon Volksgruppen, die weder dies noch das waren,
weder "Germanen" noch Kelten, noch Hunnen noch Goten.
Die Menschen der Altsteinzeit erlebten den neuen Menschen, der schon den heutigen ähnlich sah-
beide waren aber zeitweise nomadisierend, weil die Natur das erzwang.
In dem nie von der Eiszeit tangierten Streifen Mitteleuropas, zwischen dem Nordeis und dem Alpen-Eis
kamen die Indogermanen gezogen, die sich zur Erfolgsstory machten,
die schon existenten Völker auf ihrer Wanderung untertan zu machen
oder sich mit ihnen zu vermischen um dann -um so wissender- weiterzuziehen,
wenn die wachsende Bevölkerung einen neuerlichen Aufbruch nötig oder ratsam werden ließ.
(Indogermanen= Zwischen Indien und Germanien, eine hohe Kultur, eine hochstehende Sprachlichkeit
mit vielen Verbalformen und grammatikalischen Feinheiten, haptisch hauptsächlich Viehhaltung, siehe Wiki)
Diese Indogermanen waren also nicht genau definiert als Volksstamm,
weil sich von dort die ältesten europäischen Sprachen heraus bildeten,
je nachdem, wo jene durchzogen, so entstand wohl eine neue Grundsprache..

Nun haben wir bereits den Urmenschen der Altsteinzeit,
den späteren in der mittleren Steinzeit und den Indogermanen in der endenden Jungsteinzeit.
Die Viehhaltung kam so zu den einfachen Jägern und Sammlern,
die Rodungen erweiterten den Siedlungsraum..
nun ist klar, daß schon lange, lange vor der Zeit der klassischen Sprachen unser Taunusgebiet besiedelt war,
schon lange vor der Zeit aller späteren alten Hochkulturen bereits Menschen wohnten und arbeiteten
und durch den Zuzug neuer Menschen nicht dümmer, sondern gesamt klüger wurden..
deutlich unterschieden sie sich durch die hohe Achtung vor ihren Frauen:
Die patriarchen Systeme des Südens und den Orients, die später kamen, waren da leider anders,
was ich den späteren Nahost- Religionen zuschreibe, die noch immer Probleme mit der Gleichberechtigung haben. (Mosaiische Religionen)

Das Meer hat die Landverbindung zum Kontinent gekappt oder durchbrochen, den Wall vor der Küste
zu Nordfriesischen Inseln, England zur Insel werden lassen, was eine deutliche Klimaveränderung brachte,
viel mehr Regen und - Besiedlungsraum, was den Besiedlungsdruck aus der Region genommen hat.
Stichwort "Doggerbank",
Wie auch immer- die Kelten müssen in späterer Folge der Indogermanen nachgekommen sein,
aus umgekehrter Richtung -Zypern?- und vermutlich von zweiteren abstammen-
gewissermaßen nach einem Reifeprozess, der sehr viel später die Christianisierung Europas tat.
Ganz sicher, daß die Ur-Indogermanen das erste Volk überhaupt waren, ist sich die Wissenschaft wohl nicht,
eher darf diese Annahme als "gänzlich unbewiesen" angesehen werden.
Wenn also diese Indogermanen sich mit den Völkern so gerne vermischt hatten,
müssen folglich schon lange Ureinwohner existent gewesen sein.

(Vielleicht hat die Menschheit 3 oder 4 Ursprünge?
Unsere Freunde mit der Schaufel und dem Pinsel und der Radiokarbonmethode werden sicher nicht rasten noch ruhen...
die Erde ist noch voller Schätze!)

Die Aufzählungen der Ausbreitungen und die Gründe hierzu, die jene vielen Völker bewog
nach Süden oder Westen zu wandern, wäre ewig lang.
Uneinigkeiten, mangelndes Geschick in der Kriegsführung oder die nackte Gier
führten oft zum Untergang eines ganzen Volkes.

Manche blieben Jahrhunderte in der Fremde und kehrten wieder zurück,
manche gingen unter, andere gingen auf.

Die Chatten als die "ersten Hessen" anzusehen, wäre sehr oberflächlich gesehen-
zumal jene an der Fulda ihren Hauptsitz hatten-
mit Sicherheit waren noch einige Völker oder besser Stämme zwischen Lahn und Main,
deren Namen noch nie Erwähnung oder Entdeckung gefunden hat:
Lassen wir sie in Frieden ruhn und hören, was sie uns aus den Märchen und Überlieferungen berichten,
lauschen wir den eigenen Erbanlagen, auf die wir aufbauen.

Oder so:
"Kaiser Domitian -81-96 n.Chr. - setzte das Werk seines Vaters fort und galt als eigentlicher Schöpfer des Limes.
Er begann den Krieg gegen die Chatten
(die Römer werden wohl die vorher bestandenen Volksgruppen bereits übersiedelt haben
und nun den ganzen Taunus beherrscht und von dort immer wieder Ausfälle in die Wetterau taten.)
und so besetzte die römische Armee
das ganze Gebiet der Wetterau und des Taunus.."
Die Uneinigkeit der Germanischen Stämme war auf alle Fälle deren Untergang,
da sind sich alle Autoren wohl einig,
nicht die Organisationsform, nicht fehlender Mut, nicht die geringere Waffentechnik waren dafür verantwortlich.
Sie wurden von den Römern gegeneinander ausgespielt und verdungen,
gegeneinander aufgestachelt, um dann mit den Segnungen der Verwaltung,
mit der römischen Zivilisation bis zur Gartenbaukunst befriedet zu werden.)
Die Germanen waren zwar zuweilen kriegerisch wie die anderen Völker,
aber in der Hauptsache Jäger, Sammler und vor allen Dingen kleine Bauern.

Von "Disziplin" und "Heeresordnung" oder "Verwaltung" oder "preußischer Tugend" ein ganzes Stück entfernt.
Der "Kadavergehorsam" und "Obrigkeitsgläubigkeit" waren denen,
glaubt man den Überlieferungen, nicht nur fremd, sondern eher zuwider.

Einzig zählte die Familie, die Sippe, noch nicht der "Staat" - mit der (Familie) alles stand oder fiel- die Ehre,
die daraus erwuchs, war ihnen heilig, wie alle mündlichen Überlieferungen:
(Schulen waren unbekannt,
man lernte "on the fly", direkt bei der Arbeit dessen, der dies oder jenes am besten konnte, also während der "Lehre")

Ich denke, man kann durchaus von einer gewissen Sturheit und Grobklotzigkeit sprechen,
die aber innerhalb des engen Kreises warmherzig und eng war-
sie arbeiteten nur so viel, wie nötig und nicht unbedingt auf Vorrat, es sei denn vor dem Winter - alles Tugenden,
die in militärischen Kreisen eher nicht gefragt sind..

Die Gastfreundschaft war ein heiliges Recht, das jeder Reisende in Anspruch nehmen durfte,
solange es nicht zu lang war oder die Vorräte zu Neige gingen-
dann wurde der Gast zum nächsten Haus geführt, wo er ebenso herzlich aufgenommen und bewirtet wurde.
Die Häuser waren vor der dauerhaften Seßhaftigkeit einfachst, aus mit Lehm ausgeschmiertem Geflecht
(flechten, winden = Wände)
und strohgedecktem Dach, eine Feuerstelle in der Mitte mit einfachem Abzug.
Später war das Vieh nicht mehr im gleichen Gebäude, sondern in einem separaten, wie die Vorräte,
die in einem weiteren Gebäude- oder Keller untergebracht waren.
(Wohl aus Gründen des Brandschutzes)
Die germanischen Schinken
(hauptsächlich aus dem heutigen Westfalen)
waren in Rom sehr begehrt,-
ein reger Tauschhandel durch die Pforten des Limes war normal.
Töpferwaren waren damals noch alle handgeformt und verziert,
fast aller Hausrat wurde von der Sippe selbst hergestellt.
Aber das alles - wie geschrieben- gab es schon lange, lange Zeit vor den Römern, Chatten,
Kelten und wie sie alle waren - Besiedlungen im Taunus..
Jahrtausende an Geschichte stecken in der Erde, die noch immer auf Entdeckung warten und "reden" wollen -
der Bogen zur "altsteinzeitlichen Besiedlung des Wetzlarer Raums",
wie eingangs erwähnt, schließt sich bereits ein wenig.

Der Adel war noch nicht erfunden,
der seine damals unbestreitbaren Habenseiten der Ruhmesgründer später in der-
zumeist unverdienten- Erbfolge weiter gab und dabei schlicht dekadent oder verroht wurde,
ebenfalls in viel späteren Jahren gab es das Gerangel
mit der Kirche und den Königen um die Macht im Volk.
Oder eher über das Volk.
Rücksichtslose Plünderer, Selbstgefällige und Despoten,
es waren keine fürsorglichen Häuptlinge mehr, wie in alten Zeiten, sondern eigennützige gierige Toxiker, die oft genug zynisch-willkürlich lenkten!

Wanderbewegungen kamen meistens aus der Not heraus, weil immer mehr Menschen ernährt werden mußten.
Überhaupt scheinen größere - zu Anfangs total untypisch für Germanen -
Völkergruppen durch Zusammenklumpungen mit Nachbarn
oder Zugewanderten oder hängengebliebenen Durchgewanderten entstanden zu sein,
aus denen dann z.B. die Teutonen oder Kimbern enstanden sind.

Wie groß dabei die Spannungen waren, lehrt die Geschichte Spaniens oder Frankreichs sehr gut.
Überhaupt ist die Geschichte des Abendlandes hauptsächlich ein Kampf zwischen germanischen Völkern
in erstaunlicher Vielfalt, den Kelten, Römern und den Hunnen gewesen -
alles sehr große Völker, die sich bis aufs Messer bekämpften.

Letzlich bin ich immer mehr zu der Ansicht gelangt, daß Schlösser,
Burgen und der gesamte Adel -und in Teilen auch die Glaubensleute,
wenn Personalunionen waren- schlicht geraubt, geplündert, versklavt und gezwungen haben-
ob deren Hinterlassenschaften "erhaltenswert" sind oder eher als Kitsch
oder Zeugen grausamer Vergangenheit sind, ob das "Kulturgut" oder nur touristische Magnete sind-
bleibt jedem selbst überlassen!

Erwähnenswert wäre noch dies:
Nach der zweiten Lautverschiebung nach dem 6. Jahrhundert wurde aus th das d, so auch das Wort "Deutsch"
Es soll von der urgermanischen Wurzel "theudo" (Volk) abgeleitet sein,
im Altsächsischen "thiudisk" zu Althochdeutsch "diudisk"
und bedeutet ursprünglich "volkstümlich".
Daraus die Legitimation zur "Hochsprache" ableiten zu wollen, halte ich für gewagt.
Damals sprach alles in verschiedenen Dialekten, die offiziellen Stellen kommunizierten in Latein.

Ein Kaplan berichtete dem Papst:
" tam latine quam theodisce, quo omnes intellegere possent".
Das Althochdeutsche war noch keine einheitliche Sprachform,- die sollte später kommen.

Von den Kelten stammen viele Erfindungen und auch Sprachgewohnheiten, die heute noch in den Wortwurzeln stecken.
Aus kultischem oder religiösem Wahn wurden damals zur Keltenzeit und vermutlich nicht nur da und hier,
sondern auch bei anderen Völkern, "Menschenopfer" gebracht- meistens Leute,
die irgendwelche Verbrechen begangen haben, manchmal aber auch andere.. Feinde oder Jungfrauen, beliebt bei frühen Priestern div. Kulturen.
Der "Schädelkult" war eine Art Trophäensammlung, wie heute bei den Jägern die Geweihe über dem Kamin-
die besonderen Gästen gezeigt wurde.
Deshalb wurden die Köpfe von ehemaligen Feinden sorgsam mit Öl gesalbt.
Bei manchen rituellen Handlungen wurden sogar Menschen verspeist- oder.. gefressen.
Gerade die Kelten- nicht die germanischen Stämme taten das.

Die gute alte Zeit hatte so manchen Unfug und Irrsinn parat,
vom kultischen und mystischen, den Sagen bis zu Heldenepos etc.
was sich in Opern und Operetten spiegelt, die mir die Haare zu Berge stehen lassen.
Ob griechische, germanische oder keltische Mythologien ist gleich,
der Phantasie der Menschen war keine Grenze gesetzt
und das schlimmste daran ist, daß sich dieser Mist erhalten hat,
bei dem ich unwillkürlich an die Ausfälle von "Kiffern" denken muß.

Das umschließt Klosterregeln und so manche "ligurgische Ordnung", weite Teile "heiliger Bücher" etc.

Aus den Druiden erwuchsen immer wieder "Geheimbünde" bis zum nächsten Wahn,
der 1781 als "vereinigter alter Orden der Druiden in Deutschland"
wohl als "freie Maurer, namhafte Männer mit überragender Begabung-
die sich der Lehre des Pythagoras verpflichtet fühlten".
Sie widmeten sich "verborgenen, erhabenen Dingen"- sie erklärten menschliche Angelegenheiten
für nichtig und sprachen von der Wiedergeburt der Seelen.
Man schmückte sich zeitweise gerne mit den Helden der Vergangenheit und baute sein Häuschen darauf,
das eigentlich eher und wohl noch immer eine Seilschaftenkultur ist,
von denen es inzwischen einige gibt - bis zum heutigen Tag hoch gehaltene Zirkel.
Der erkennbare Sinn ist der, sich gegenseitig auf den Sessel zu heben.

Noch heute versucht so mancher Wahn den anderen zu "missionieren",
wobei die Grenzen von Sektiererei und Religion wohl fließend sind -
die Druiden der alten Zeit haben alles nur mündlich überliefert,
deren Nachwuchs ging viele Jahre in die Lehre -
was daran stimmt und was nicht, wird niemals in Erfahrung zu bringen sein.
Stimmig ist wohl, daß sich aus den universellen Druiden Barden, Vaten (Seher)
Priester, Heiler, Natur- und Moral-Philosophen
spezialisiert zu haben scheinen, das Grundgerüst der modernen Kultur.
Auf die Druiden einzugehen heißt, mit grausamsten Menschenopfern,
blutbespritzen Altären, brennenden, riesengroßen Gerüsten,
die mit Mensch und Tier gefüllt waren, einem Opferkult beiwohnen zu wollen,
vor dem es nur gruseln kann, wo man sich mit Abscheu abwenden muß.
Vor den Druiden, die bekanntlich Kelten waren, gab es wohl nur Dorfälteste und HeilerInnen.

Religionen stammen also aus dieser Ecke der Angst um Ungewisses,
dem Dunklen, Verborgenen, um das was nach dem Tod kommt, Fürbitten,
Heilshoffnung bis zur Verwünschung des Gegners.

Das Erlesen dieser Zusammenhänge erfordert viel Zeit und noch viel mehr Selbstüberlistung.

Die Urvölker des Taunus waren also mehr Urstämme kleinerer Ausprägung,
die wie Halbnomaden lebten, nur rudimentär Landbau betrieben, sie mehr dem Nutzvieh
und deren Weidegründe widmete und deshalb von Zeit zu Zeit etwas weiterziehen mußte.
Sie lebten als Jäger und Sammler, ohne politische und kulturelle Zusammenhalte -
exakt diese fehlenden Zusammenhalte waren es,
die sehr viel später die verschiedenen einfallenden Völker genutzt haben,
um Gebiete zu erobern - parallele Zusammenhänge zu den "sendungsbewußten" Religionen,
welche in Wahrheit die Fläche suchen?

"Der heilige Blasius zählt zu den 14 Nothelfern,
er hat irgendwann mal jemandem eine Fischgräte aus dem Hals geholt-
nun wird er von der katholischen Kirche als Retter und als Helfer bei Halskrankheiten verehrt"
(Blasius von Sebaste)

Weitere Beispiele erspare ich Dir, geneigter LeserIn, gerade deshalb,
weil mir die heilige Schrift vertraut und auch als Vulgata leicht lesbar ist,
wie einige andere Schriften ähnlicher Art.
Nach fast 20.000 Seiten Latein ist jenes wohl buchstäblich an seinem Ende angekommen,
weil immer von Krieg und Eroberungen und Schlachten erzählt wird,
die noch unbekömlicher sind, als Mythen und Irrwitz -
vom Leben der einfachen Leute ist nicht viel zu finden, weil jene "nicht wichtig" waren,
nicht lesen und schreiben konnten -
so bleibt etwas Prosa, Dichtung und Komödie und anderer weltfremder Kram und nutzlose Bildung,
die nichts mit Vernunft und Bodenhaftung zu tun hat.

Statt mich auf "70 Jungfrauen" oder "Teufel" oder "Hölle" oder "Himmel mit Engelchen" zu freuen,
halte ich es lieber mit den alten Germanen,
von denen ein römischer Berichterstatter (es war nicht Tacitus) gesagt hat:
"Die Germanen glauben nur an das, was sie sehen- an die Sonne, an den Mond, an die Erde, die sie anbeten!"
Nun gut, Harfespiel wäre wohl sowieso nicht mein Fall gewesen ;)
ebenso wenig der Umgang mit dümmlich verklärt dreinblickenden "Heiligen" und "Belzebuben" und "Erz-Engeln".

Nun sollte man wissen, daß sich die Germanen eher nicht als solche bezeichnet haben, desgleichen die Kelten,
- es waren viele Stämme, mit vielen Bezeichungen und Eigennamen,
die den beiden Gruppen angehört haben k ö n n t e n,
hätten sie voneinander gewußt und hätten sie sich zusammenschließen können,
statt einander ständig zu befehden.

Auf diese Weise konnten durchreisende Völker,
occupierende und einfallende Gruppen und Heere ein leichtes Spiel haben:
Die Germanen haben wohl nie so viele Krieger aufbringen können, wie nötig gewesen wären,
sich gegen große Massen -zumindest erfolgreich- zu wehren,
egal wie stark, groß, wild und tapfer die Einzelnen gewesen sind,
obwohl ihre Frauen ebenso tapfer mitkämpften..

Archäologen und Sprachforscher reden von "Indogermanen"
- ein weitgefasstes Wort - die Zukunft wird in der Genforschung liegen,
die vermutlich noch ganz andere Erkenntnisse bringen wird.

Meine Recherchen mit Hilfe vieler dicker Bücher,
die genau durchgelesen werden mußten, sind nun abgeschlossen und haben mich,
was die Kelten anbelangt, eher besonders ausgeprägt gruseln lassen,
obwohl damals viele Völker grausame Sitten hatten.

Wie unterschiedlich heute Fremdworte aus einer anderen Sprache stammend,
in den jeweiligen Nutzerländern oder bei Personen anderer Kulturkreise behandelt werden,
zeigt das heute vielgebrauchte Wort "Respekt",
das in den U SA als "Respect" eine deutlich mildere und andere Bedeutungsausrichtung erlangt hat.
(Sprache ist Wandel) Wenn nun "Machos" bei uns "Respekt" fordern,
kann das eine vollkommen andere Aussage in sich tragen,
als jener Respekt dem Vorgesetzten oder den Eltern gegenüber?
Desgleichen Unbehagen löst zuweilen das Wort "Toleranz" aus,
das ebenfalls gerne zweideutig, wenn nicht sogar irritierend angewandt wird,
wenn damit Rücksichtslosigkeit oder mangelnde Integrationsbemühung "hoffähig" gemacht werden soll.

Das sogenannte "Neusprech" der rot-grünen Bewegung hat
so manches lustige (oder befremdende ?) Ding gebracht,
das nicht nur wirre Ansprachen, sondern zuweilen auch Pluralwörter sexifiziert,
"Katzendamen" und "Rottis" schafft,
"Gästinnen" und ähnliche Wortungeheuer, die in den Fernsehsendungen immer wieder zu hören sind.
Die Endsilbe er wird kaum mehr gesprochen und endet in "a": Wetta statt Wetter.
Dieses eine Beispiel sprachlichen Wandels soll genügen, von dem es eine große Zahl gibt-
neue Ausdrucksformen, Anreden, Schreibweisen,
Formulierungen bis zur Änderung der Wortbedeutung.

Die Lutherbibel -z.B. ist heute kaum mehr verständlich,
noch weniger lesbar sind säkulare -deutsche- Texte aus jener Zeit,
in der Gelehrte Latein sprachen und schrieben, bei Hofe Französisch angesagt war.

So gesehen ist unser Deutschland eigentlich ein junges Land-
das in seiner eigentlichen und einheitlichen Form erst 1871 gegründet wurde,
was sich auch in der Einheitlichkeit der Sprache widerspiegelte.

Wie auch immer, die Literaten, Philosophen, Dichter und Denker-
brauche ich bestimmt nicht, wirklich Sinnvolles kann ich in deren Tun
immer noch nicht finden, egal wie viel ich bislang darüber gelesen habe:
Die letzten Bücher waren Klassische Philologie, Rhetorik - ein steiniges Pflaster.

Dünkelhaft ist gern der Übermut, oft nur platonisch der Wille der Söhne reicher Eltern,
die den Tag irgendwie herum bringen wollten.

So mancher Zeitgenosse hielt auch von den Sprüchen Goethes nicht sonderlich viel.
Zieht man sich in eine bestimmte Ecke des Humanismus zurück,
kommt spätestens bei der Vita der bekannten Leute ein Horrorschauer -
Erasmus von Rotterdam war nicht nur gebildet, sondern auch eingebildet
und immer auf dem Weg zu seinem eigenen Olymp oder Elfenbeinturm.
Heute wuerde man sagen, viele der damals bekannten Größen
hatten schlicht den "Gottkomplex", der daraus kam,
dass den Mächtigen und Einflußreichen eine elitäre Unterhaltung geboten wurde,
die das einfache Volk meistens nicht verstand
oder nicht teilhaftig werden konnte.
Man war unter sich.
Literatur und Unterhaltung als Trennlinie.

Irgendwann habe ich den Mist zu den Akten gelegt und mich wieder den hessischen Wäldern gewidmet:
Die Rhetorik ist eine Pseudowissenschaft, eher eine schlitzohrige Überredungskunst, planmäßige Gaunerei,
um dümmere (oder arglose?) Zeitgenossen über den Tisch zu ziehen.
Die Vergleiche der verschiedenen Rhetoriklehren/er eine leere Phrase, taube Nüsse.
Wie immer die Hochachtung vor der Kultur der Griechen kam, ist mir noch immer schleierhaft.
Das einzige Verdienst der Grammatiker ist,
daß eine gewisse Vereinheitlichung oder allgemeiner Verständlichkeit, das der Sprachforscher jenes,
die Herkünften der vielen Wanderungen über die Jahrtausende aufzuhellen und so der Archäologie zuzuarbeiten.
Sprache ist dennoch und immer noch Wandel - egal was von oben vorgeschrieben wird.
Studierte Rundfunk- und Fernseh-Moderatoren verderben die Endsilben immer drastischer
und verbreiten dadurch die persönliche Sprachfaulheit als Allgemeingut -
egal was die Wissenschaftler vorgeben oder meinen festnageln zu müssen.
"Mettrologen" statt Meteorologen..
Letztlich wird die Sprache immer die des Volkes sein -
und so reden, wie diesem der Schnabel gewachsen ist.

In einer Historien-Sammlung lese ich, dass Goethes Mutter Aja
von "geschlossenen Ringwällen, die in der Sonne glänzten" schrieb -
welche sie von ihrem Fenster im Frankfurter Hirschgraben aus gesehen haben soll.
Gemeint ist der Altkönig, der zweithöchste Taunusberg oberhalb Kronbergs,
der wohl, wie der ganze Taunuskamm, ohne Waldbewuchs gewesen sein muß, wo heute dichter Wald ist.
Das würde die Fichtenbepflanzung erklären,
die damals die preiswerteste Art war, einen Wald entstehen zu lassen.
Die uralte Besiedlung hat dort oben überall ihre Spuren hinterlassen
und das wohl schon lange vor den Römern und den keltischen Ursprung wage ich ebenfalls zu hinterfragen-
bestimmt ist diese Kultstätte oder Kraftort schon sehr viel älter.

Überlegung:
Durch die vielen Strukturwandel ist schon der Versuch eine private kleine "Ahnenforschung" machen zu wollen,
zum Scheitern verurteilt - die Entfernungen, "Migrationen" und die Namenswechsel,
die verschiedenen Religionsangehörigkeiten oder das Gegenteil davon sind nicht die einzigen Gründe,
sondern auch das Desinteresse der Nachkommen an einer solchen Sache.
Zudem muß man sich für ein solches Vorhaben Sütterlin- und Latein-Kenntnisse aneignen,
sonst geht es nicht weiter, weil heute selbst Pfarrer diese Schriften weder lesen noch übersetzen können.
So ist schon fast zu vernachlässigen, daß sogenannte "Armenbücher" in den Pfarreien
(Die mich immer freundlich und hilfsbereit die alten Folianten einsehen ließen!)
existierten, wo Menschen, die kein Geld für eine richtige Beerdigung hatten, aufgeführt wurden.
Es gab auch schon damals Leute "ohne Glauben", die man dort in den Armenbüchern und kirchlichen Registern vergebens suchen wird.
Die Spuren der Geburten- und Sterbe,- der Konfirmations,- und Ehestandsbücher
reichen meist nur bis zur Zeit des "Dreißigjährigen Krieges",
der alles angezündet und verbrannt hatte.

In Münzenberg hat man Faustkeile aus dem Altpaläolithikum gefunden:
Fünfhunderttausend Jahre alt..
Der Taunus konkret scheint weder eine keltische noch eine chattische oder fränkische,
suebische, ubierische noch eine germanische Hauptströmung,
sondern eher eine noch unbekannte Volksgruppe,
bzw. eine Mischung aus allen Randgebieten als Einwohnerschaft gehabt zu haben,
die sich dazu auch noch zeitlich überlagert hat.
Die Zahl der Gegenstände aus fremden Gebieten könnte die Vermutung nähren,
daß das Gebiet des heutigen Hessen - so auch der Taunus -
schon immer ein Durchzugsgebiet war - was man an den Nord-Süd-Senken
und Ost-West-Richtung führenden Flüssen an vermehrten Funden
und Hügelgräbern erahnen kann, mit Grabbeigaben der unterschiedlichsten Kulturen.
Moor- und Kiessenken-Funde, Furten und Opferplätze mit kultischen Opfergaben,
in den Flüssen und an Land erhärten das.
Kirchen der verschiedenen Epochen wurden gerne über alte heilige Stätte gesetzt,
die man heute zunehmend tiefenerforscht.
Ein Beispiel:
In Limburg/Dietkirchen ist auf einem 34mtr hohen Kalkfelsen an der Lahn
die St. Lubentius Stiftskirche gebaut worden.
Ein bedeutendes Bauwerk der Früh- und Hochromantik.
Dort sollen die Gebeine des hl. Lubentius liegen, der im 4. Jh diese Kirche baute-
seine Gebeine sind wohl noch vor 841 dort hin gekommen.
In den 50iger Jahren wurde das Gebäude umfassend renoviert und Grabungen bis zum Felsgrund gemacht.
So entdeckte man eine karolingische Steinkirche (mitte 8.Jhd)
und darunter einer ottonische Basilika (vor 1000)
darunter eine urnenfelderzeitliche Schicht,
in den Felsspalten Knochenreste und Scherben aus vermutlich latenezeitlicher Epoche.
Die unterste Schicht brachte zahlreiche neolithische Knochen unterschiedlicher Größe
und Steingeräte ans Licht.
Die Ausarbeitung dieses uralten und wichtigen Kultplatzes ist wohl noch nicht abgeschlossen.
(Zumindest nach dem mir vorliegenden Buch, das schon eine Ecke älter ist)
Die Erde hat noch einige Überraschungen für uns bereit,
da bin ich mir sicher - immer in der Hoffnung, daß Raubgräber die Verstecke
nicht finden und wertvolle Kulturgüter nicht -wie so oft aus Habsucht- unwiederbringlich zerstören,
was wichtige Bindeglieder der Forschung sein können.

Allgemein:
Die Besiedlung früher Jahre war wohl recht dünn, dh. das "Heilige Römische Reich Deutscher Nation"
wird wohl 15 Millionen Einwohner gehabt haben.
Köln war dann mit 35.000 Einwohner die größte Stadt.
Pest, Kriege, Räubereien, Mißwirtschaft oder besser adelige Ausbeuter
(die auch noch ihre jeweilige Religionzugehörigkeit,
über welche der Glauben einströmen konnte, den Untertanen aufgezwungen haben) brachten Leibeigene oder Unfreie,
aus denen -nicht nur unser- Dorf bestand,
bevor nach und nach erst in der Mitte des 19. Jhd. man sich aus dieser Umklammerung zu lösen begann-
die ehemaligen Leibeigenen wurden unter hohen Schulden frei..
..der Fürst hatte sich nochmal satt bedient!
Scheiterhaufen, hohe Kindersterblichkeit, keine oder sehr schlechte ärztliche / medizinische Versorgung mit langen,
langen Arbeitszeiten und entbehrungsreichem,
kargen Leben sorgten für meist nur kurze Leben.
Mit Bismark begannen sich die Zustände zu bessern, die Hygiene, die Gesundheitsvorsorge,
Altersabsicherung und andere moderne Einrichtungen wurden geboren.

Die neue Zeit hat viele Annehmlichkeiten, vor allen Dingen Sicherheiten der Versorgung,
die viel eher als "Kultur" bezeichnet werden sollten,
als überkommene Schriftsteller oder "Dichterfürsten" oder religiöse Traditionen,
die sonderbarer Weise noch immer hoch gehalten werden,
obwohl sie mit "Demokratie" nichts am Hut hatten oder haben.
Uns fällt auf, daß die Zersiedelung der Dörfer im Taunus,
besonders im Westerwald - in der heutigen Zeit doch recht arg zugenommen hat.
Reiche Prachtbauten im "Speckgürtel-Stil", wo jeder mehr als der Nachbar sein und haben will,
sind schon die Regel, nicht mehr die Ausnahme und schon doppelt so groß wie der Ortskern. (2020 -danach baute man wieder deutlich bescheidener, 2023 sind kaum mehr Neubauten zu verzeichnen)
Ehemalige "arme Gebiete" sind mit florierender mittelständiger Industrie und Handel zu neuen Zentren geworden.
Windräder sind weitaus schöner anzusehen als Solardächer,-
beide helfen zur sinnvollen dezentralen (leitungsverlustfreier) Stromversorgung im ländlichen Raum.
Moderne Kommunenverwaltung haben den Wohnwert verbessert.
Bedauerlich sind die Leerstände alter Häuser und Scheunen,
die das Dorfbild inzwischen immer auffälliger verschlechtern.
Mein Rat an die Ortsbeiräte:
Die Eigentümer sollten zum Handeln aufgerufen werden,
wobei Hilfen zur optischen Verbesserung dem ganzen Ort dienlich sind.
Verwahrlose Häuser, die schon lange leer stehen,
gehören -unter Vergütung des Grundstückswertes- enteignet:
Abreißen, recyclen (aufarbeiten, verwerten) und einebnen, damit neu gebaut werden kann.
Denkmalschutz, Ensembleschutz, Bautenschutz können hinderlich und wenig sinnvoll sein,
weil die Natur bereits Veränderung ist und war - und
wo Menschen wohnten, gab es schon immer Anbauten, Umbauten, Modernisierungen etc.
Wachstum stirbt ab, wenn zu viele Vorschriften gemacht werden!
Ein Ort muß wachsen und atmen, er darf nicht zementiert werden.
(Das schreibe ich als Fachwerk-Freund und Liebhaber von altem bäuerlichen Gerät:
Ich halte Fachwerk nur für / als Verblendungen der Fassaden sinnvoll,
weil die Gefache und Balken viel zu häufig renoviert werden müssen)
Ich finde, man muß auch ein wenig an die Immobilienwerte denken,
die in einem ungepflegten Ort leiden.

Im Jahr 2022 wird das Waldsterben drastisch:
1/3 der Bäume sind abgestorben oder verdorrt.. weil falsch beförstert wurde.
Neulich haben wir beim Wandern ein interessantes Gebäude gesehen,
das die Formensprache eines uralten Bauernhauses aufnahm:
Moderne Steine und Fenster, aber alles mit Fachwerk-Verblendungen gemacht und weiß ausgeputzt.
Eine sehr alt wirkende Haustüre mit ebensolchem Vordach, links und rechts eine Rankenpflanze..
selbst der moderne Carport paßte gut dazu, weil er eingewachsen und mit Steintöpfen etc. verziert war.
Das sah prima aus und hat einen hohen Wohnwert -
ein Blickfang mitten im Dorf, mitten zwischen vergammelten, windschiefen Buden.

Schamanen waren die ersten, die einen Glauben installierten, an den sich geschwind "Opfergaben" anhefteten,
die dann von jenen und von den späteren Priestern gefressen
(anders kann die ausufernde Völlerei wohl nicht bezeichnet werden,
die im grassen Kontrast zu dem Fleischkonsum der "Spender" stand, die man in der Angst um ihr "Seelenheil" hielt)
wurden- nur die Knochen und den ungenießbaren Rest haben sie unter Bremborium verbrannt..
"gestiftet" wurden die Opfertiere immer von anderen,
nie von den "heiligen Männern" selbst, die sich wohl "einen Ast gelacht haben",
weil die Leute so dumm waren sie durch zu füttern.

Nun habe ich die dicke Chronik der Gemeinde Niederselters im Taunus gelesen,
die -wiedermal eine Dorfchronik, die derart punktet, viel eher als ein Geschichtsbuch- sehr aufschlußreich war.
Immer wieder die gleichen Erkenntnisse, daß sich religiöse und weltliche Fürsten
den ganzen Grund und Boden genommen haben und die Menschen,
die darauf lebten, fast alle als "Eigentum" behandelten, wie Vieh oder Wild !
Wie das kam, fragt ihr?
Nun, wenn in prähistorischer Zeit jemand Kraft und in der Familie Zusammenhalt hatte,
kamen schnell ein paar Gesellen dazu, die das "Kriegshandwerk" beherrschten-
und bezahlt wurden-
was bald den Anführer der Sippe mit Gewalt zum Herrscher werden ließ.
Wie die Entwicklung weiter ging, kann man sich leicht vorstellen:
Mord und Totschlag, Intrigen und Versklavung, Landnahmen-
Überfälle - alles mit dem Deckmantel "Glaube" und "Schutz" (Bürger),
aber auch aus wirren ideologischen Gründen, wie wir im Jahr 2022 anhand des Überfalls auf die Ukraine sehen können.
Das sehr lesenswerte Buch "Geschichte von Niederselters" aus dem Jahr 1994 zeigt u.a.,
daß die Religion schon immer heidnische Bräuche
strikt überbaut hat und die Leute manipulierte.
In einem Rezitat wurde erwähnt, daß die Bürokratie alles Volkstümliche hasst und verfolgt,
schon deshalb, weil sie selbst den Anschluß an das Volk verlor-
sogar alte Gemeinderechte sind ihr ein Greuel !

Die gründlichsten Erkenntnisse über Land und Leute erfährt man wohl beim Studium "alter Geschichten",
die sich nicht an vorgegebene Vorgaben der Herrscher oder Behörden halten und aus dem Volk heraus erzählen.
Überliefertes und Märchenhaftes- meistens ist da mehr dran und über eine Stadt zu erfahren,
als in offiziellen historischen Büchern, die Schilderungen von Feldherren und ihren Schreibern,
die bei ihren Befehlshabern nicht in Ungnade fallen wollten.
Das unsägliche Leid, das die Ritter und Feudalen, leider aber auch die Religionsfürsten
über die Bevölkerung brachten, ist kaum in Worte zu fassen.
Davor verblassen selbst die Greueltaten des 3. Reichs.
Das wird durch solche Geschichten deutlicher denn je- zumal die einfachen Leute kaum lesen oder schreiben konnten.
Das war bis nach 1800 noch viele Jahre der Fall- so doch ein wenig mehr Lesefertigkeit in der einfachen Bevölkerung vorkam.
Die Patrizier und Amtsleute, Apotheker und Ärzte oder Schriftgelehrte/Anwälte
wohlhabende Handelsleute, Geldverleiher etc. stellten die Szene.
Deshalb sind lange Zeit nur die mündlichen Überlieferungen üblich gewesen, wie schon in der Urzeit der Menschheit.
Das hat eigentlich ganz gut funktioniert,
auch wenn das eine oder andere Detail etwas gelitten haben mag- der Sinn ist wohl geblieben.
Die Gebrüder Grimm und andere haben viele dieser Geschichten kanalisiert -
veröffentlicht wurden diese wohl deshalb, weil sie als Märchen durchgingen.
Auch die Grimms durften sich mit den Herrschern nicht überwerfen
und so werden sie eher vorsichtig geblieben sein.
Damals wie heute galt:
Wer das falsche Lied sang, bekam nirgendwo mehr eine Anstellung, nicht die geringste.
Heinrich Riehl )
1861-1961 Ausgaben 385 - 400 Seiten "Geschichten aus alter Zeit"
Beachtlich und beachtenswert, was damals schon erforscht und beschrieben wurde, Erkenntnisse,
die heute noch lange nicht überall Fuß gegriffen haben..
Mit ein wenig Glück werden sich die Wurzeln der regionalen Besiedlung ein wenig klarer offenbaren.
Interessant fand ich den Satz des Autors, der meinte,
daß heute die Kapitalisten anstelle der Feudalherren getreten sind
und ähnlich regieren, allein der "deutsche Michel" merkt es nicht..

Erstaunlich und erschreckend war mir allemal die Tatsache,
daß sich Herrscher und die Kirche einfach mal so eben alles Land
-mitsamt den darauf befindlichen Dingen und auch den Menschen (!) als ihr Eigentum einsacken konnten -
wobei sie die letzteren "Gemeine" nannten.
Wie Vieh behandelt und ausgebeutet, gedungen durch kriegslüsterne Vasallen und Häscher,
wie das Wild vor der Flinte des Jägers.

Rechtlos und "leibeigen", für dumm gehalten - ob ihres "Seelenheils" als Waffe gegen jegliche Aufklärung,
die sich zuweilen auch gegen Fürsten richtete..
der Ruf nach "Vaterland und Ehre" komplettierte den Irrsinn, der -zu der Pest,
Colera und Typhus und Kindbettfieber und Kindersterblichkeit-
die Menschen in grausame Verluste und Kriege trieb.

Nur das obsiegende Fürstenhaus hatte den Gewinn- die Soldaten blieben meistens "auf dem Feld".

Später nannte man das Gemetzel "er war gefallen" - als ob dann jemals einer wieder aufgestanden wäre!

Die Lektüre alter Geschichten wird mir künftig die Lesestunden versüßen
und so einiges Licht ins Dunkel bringen,
das offizielle Bücher und Verlautbarungen nicht bringen konnten:
Jeder Bericht ist so gefärbt, wie es sein Auftraggeber wollte.
In alten Erzählungen kommen Details des Lebens der einfachen Leute zum Ausdruck,
die man sonst nirgends erfährt-
nicht der Wahrheitsgehalt der "Story" ist maßgebend,
sondern die Umstände und Lebensbedingungen, Gefühle und familiäre Dinge, der Alltag -
Erzählungen, die mir sehr sehr viel mehr liegen, als irgendwelche Jahreszahlen von irgendwelchen Besetzungen,
"Schlachten" oder Kriege, wie bereits zur Genüge erwähnt..

Meine Hoffnung liegt noch mehr in der Aufklärung durch die Medien,
wozu ganz besonders das Internet zu nennen ist,
das in aktuellerer Art ergänzend zur Bildung und Aufklärung und Enttarnung von -gezielter oder ideologischer- Desinformation steht -
und (hoffentlich) künftig bewaffnete Konflikte und Unterjochungen nicht mehr denkbar werden lässt.

(Wäre da nicht wieder die Religion, die absichtlich verdummt und immer wieder hetzt und aufpeitscht,
mit "Sendungsbewußtsein" versucht weite Teile der Welt für ihr jeweiliges Dogma zu gewinnen.

Ich halte das für sehr bedenklich und zündelnd,
zumal viele Verbreitungsinhalte verfassungsmäßig nicht zu halten sind:
Rückständig, rassistisch und frauenfeindlich sowie aufwieglerisch bis menschenverachtend.
Es wird dringend an der Zeit, daß ein Toleranzpatent die "Religionsfreiheit" ablöst,
sonst hören die Provokation untereinander -unter den Glaubensrichtungen- niemals auf.

"Glauben" kann von Heils-Hoffnung schnell zur grenzdebilen Sache mutieren!
(Eine Art Sucht oder Flucht aus der Realität)

"Goethe an der Lahn" Eine Pflichtlektüre für mich hier an der Lahn- aber:
Nicht nur, daß der "Dichterfürst" wohl eher aus schierer Langeweile gereimt haben mag,
er war auch bekannt als Wanderer..
Die akademische und geldadlige Aufgeblasenheit der Seilschaften und Günstlingswirtschaft
oder Klüngeltum damaliger Zeit war schon heftig und dünkelhaft.

Goethes Abneigung gegen Efeu ist mir ein Ansporn gewesen,
unser Haus damit zu begrünen -
seine Verkleidungen und Dolldreistigkeiten waren mir zuweilen schon etwas widerlich .

"Man kann nicht beurteilen, ob man für andere deutlich genug war" (Goethe) - meine Antwort darauf wäre:
Die Leere ist deutlich genug, sie ist aus nutzlosen Reimen leicht zu erfahren.

Ich war froh, das Büchlein über reiche hochnäsige Prasser und Fresser durchgeackert zu haben.

Die Verquickungen und Einheiraten, wechselnde "Besitze" von Ländereien UND Menschen,
ob Kirchen oder weltliche Fürsten,
ob Klerus plus einem Vogt als "Beschützer" - folgten größere Gebilde der Macht (oder besser Allmacht),
die heute wohl vom Kapital abgelöst worden sind,
wie ich pikanterweise in einem Buch las..
das träfe die inneren Strukturen der jetzigen Länder und Staaten durchaus,
auch wenn Wahlen als Tünche oder Blendwerk ablenken.

Interessant war wohl auch die Bezeichung "Grundholde", die den Grundherren abgeliefert werden mußte.
Starb ein Unfreier oder Leibeigener, dann forderte der Fürst das "Besthaupt",
dh. das beste Stück Vieh aus dem Nachlaß !

Schon damals waren sehr einfallsreiche Wortkonstrukte der Obrigkeit üblich..
..genau wie viele Gesetze, Erlasse, Edikte etc. heutiger Tage - aus den Fingern gesogen.

(Adel und Klerus, die Halunken, die sich das ganze Land zuvor aufteilten
und die in sehr unheiliger Union nur unter sich Verträge machten, zahlten dagegen KEINE Steuern,
außer sie benutzten selbst ein Lehen oder mußten ihren erbeuteten Grundbesitz veräußern und dann zurück mieten..
auch das kommt mir irgendwie bekannt vor)
Fazit:
Man darf die "gute alte Zeit" nie glorifizieren und hofieren,
wozu der Gedanke an mehr Einigkeit und Demokratie gehört (zwei sehr schwache, immer kränkelnde Pflänzchen),
damit nie wieder jene oben genannten Despoten
an die Macht kommen, die mit einer unglaublich großen Phantasie die verrücktesten Anreden erfanden..
"Durchlauchten", "Hoheit", "Princeps serenissimi", "Eminenz", "Ihre Heiligkeit", "Hochwohlgeboren" und so weiter bis zu den albernen "Amts"-Bezeichnungen der Kirchenfürsten.
Heute kommt uns das lächerlich vor und nur dumme Völker hofieren weiter auf diese Art.

Die Zukunft der Region "Taunus", welche mir mit dieser Homepage-Seite nochmal näher gekommen ist,
möchte im Sinne unserer Kinder und Enkel wohl gestaltet, in Freiheit und Wohlergehen gelingen!

Nicht Reichtum oder "Größe", sondern Gesundheit und Zufriedenheit sind die ersten Ziele.
Hier auf dem Land gibt es das typische Problem der Großstadt eher nicht,
das durch einheimischenfeindliche "rotgrün-kommunistische" Politik aufgestülpt wurde,
wo sich niemand anpassen muß, der zu uns in die Republik kommt:
Hier auf dem Land ist jeder gut, der sich einheimisch fühlt und gibt- gleich der Herkunft.
Zusammenballungen von zu viel Fremdheit verhindert eine sinnvolle Anpassung,
das "Wir-Gefühl",
das eine Grundvoraussetzung friedlichen Zusammenlebens ist.
Auffällig ist der Hang zur Kriecherei, die heute wieder deutlich zugenommen hat,
die 1968iger Bewegung hat wachsweiche Nachkommen.

Zurück zur Historie:
Die alte Hessenstraße ist ein uralter Handels- und Fernweg,
den schon die Kelten und Römer oder Katten (Chatti) gingen und fuhren.
Später Heeres-Straße und Postweg, eine wichtige Verbindung zwischen den Herrscherhäusern ebenso.
Abseits der Vicinalwege (Nachbarschaftswege) zwischen den Orten, hauptsächlich auf den Höhen verlaufend.
Erst mit der Lahntalbahn verlor diese Hessen - Straße langsam an Bedeutung!

Die evangelischen Strömungen nach der Reformation, die Lutheraner, Reformierte und "Unierte"
oder besser Unionierte führten Blutspuren genug mit sich in ihrer "christlichen Art",
ja sogar in "Verkündigungen" in sozialdarwinistischer Denkweise,
wo der Reiche von Gott geliebt, der Arme aber bestraft wurde, ob seines Lebenswandels.
Ein unglaublicher Zynismus.
Diese Denkart taucht schon im alten Testament auf- "Gott liebt mich wegen meiner Frömmigkeit, deshalb bin ich wohlhabend"

Das Konzil von Trient sollte dem schrumpfenden Einfluß der katholischen Kirche begegnen,
die Reformation zurückdrängen..

Das führte zum Abschlachten von 20.000 Hugenotten in Frankreich durch römische Schärgen
und zum 30 jährigen Krieg, der Not und Elend,
religiösem Hexenwahn, Seuchen, Rohheiten, Gewalt und Verelendung brachte
und einem Drittel der gesamten damaligen Bevölkerung der Länder das Leben kostete !

Alles durch den "Glauben" oder das, was man dafür hielt -bzw. zu halten gezwungen war- getan.
Noch mehr "Holocaust".
(Diese Untaten des Holocaust waren wohl eine englische Erfindung, keineswegs im 3. Reich erstmalig getan)

Ich flechte gerne mal neuere Sachen ein, das macht die Seite lebendig..
zudem kamen die Bücher ziemlich seltsam nach einander zu mir.
Interessant war, daß im oder nach dem 2. Weltkrieg Maulbeerbäume gepflanzt wurden,
deren Blätter Seidenraupen gefüttert wurden,
die Cokons wurden von der Landbevölkerung verkauft -
zusammen mit Bucheckern-Sammlungen ein kleines Zubrot.

Maulbeeren

Aus dieser Zeit stammen einige Walnuß- Edel- Kastanien- und Schwarzkirschenbäume,
die von Soldaten mitgebracht worden sein sollen, so die Erzählung der Alten.

In der Chronik eines Taunusortes fand ich erstmals einen Hinweis,
daß die Römer am Limes erstmals geschmiedetes und gehärtetes Eisen kennenlernten - das denen wohl noch nicht bekannt war.
Der Handel der Eingeborenen mit den römischen Kastellen muß schwunghaft gewesen sein,
weil direkt vor Ort Feldbrocken (Erzhaltig) in Rennöfen geschmolzen (verhüttet)
und auch gleich vor Ort geschmiedet worden sind.
Die spätere Verbindung von Gruben- und landwirtschaftlicher Tätigkeit war schon von daher gegeben,
daß die Bezahlung in den Zechenbetrieben lausig war:
Ein "Nebenerwerbsgrund", damit die Familien überleben konnten,
mußte jedes Familienmitglied auf dem kleinen Hof mithelfen.
1891 hatte ein Bergmann 40 Mark im Monat, (8 Stunden mal 26 Tage)
Brutto 19 und Netto - er mußte Knappschafts- und Krankenkasse
und auch noch das Arbeitsmaterial bezahlen - 15-16 Pfennige die Stunde.
Im Taunus gab es Silber, Kalzium, Kupfer, Eisen, Mangan, Phosphor,
Blei, Schiefer, Schwefel und Silizium auszubeuten.
Dazu ein paar Nahrungsmittelpreise:
4 Pfund Brot= 45 Pfennig, 1 Pfund Schweinefleisch= 70 Pfennige, ein Pfund Rindfleisch 75 Pfennige,
1 Pfund Butter eine Mark, 1 Ei = 10 Pfennige, 1 Zentner Kartoffeln 1 Mark und 80 Pfennige -
für ein Pfund Speck mußte er 5 Stunden arbeiten..
Nach und nach ging den Gruben die Puste aus - teil weil sie ausgebeutet waren, teils wegen billiger Konkurrenz;
so zogen immer mehr Arbeiter als Pendler aus und brachten die Lebensgewohnheiten der Stadt mit-
Strom und Wasser wurde in die Häuser gelegt,
bald waren die Dorfplätze nicht mehr Mittelpunkt der Dörfer.

***

Nun könnte man denken, daß mir das Kritisieren stärker wäre als der Glaube -
aber weit gefehlt: Ich glaube, aber nicht an Religion,
sondern an die Menschen,- insbesondere an die Familien.
Familien bestehen traditionell aus Vater, Mutter und Kindern.
Nicht aus Gleichgeschlechtlichen oder "Singles" oder "Aufsteigern" oder "queer"!
Der Mut zu einem solchen verantwortungsvollen Leben darf nie verloren gehen, auch wenn linke damagogische Gesellen daran rütteln!
In zweiter Linie muß die Familie in einem Umfeld leben, das ähnliche Sitten und Gebräuche hält.
Ich glaube an die Kreativität dieses Leben zu meistern und nicht mehr daran, daß die Politik oder Religion das schaffen wird.
Wir dürfen uns nicht länger zurück lehnen und hoffen, daß es "die da oben" schon richten werden!
Das Leben ist in den Familien, die Verwaltung sollte diesen dienen, nicht umgekehrt!

***

Ganz früher gab man Briefe und Nachrichten reisenden Kaufleuten, Handwerksburschen,
Pilgern und "sonstigen Reisenden" mit, bis die "Fußbotenpost" den zunehmenden Postverkehr übernahm.

(Die Dorfbewohner hatten kaum Interesse am Kontakt nach draußen)

Erst 1539 nahm die "Schwedenpost" des Königs diese Aufgabe, bis Thurn und Taxis als Konkurrent dazu kam.
Die Hessenstraße war noch immer im Gespräch.
1704 hatten Städte wie Weilburg bereits eine Posthalterei,
die Dörfer folgten mit Postfilialen sehr viel später.

***

Die Chronik über Laubuscheschbach war diesmal die Quelle..
Die Leute früherer Zeiten arbeiteten schon alle "zu",
jede sich bietende Möglichkeit eines Zuverdienstes wurde genutzt,
man war sich für keine Arbeit zu schade.
Zumindest hier auf dem Land wurde zuweilen auch in Naturalien bezahlt,
was die "Währungsreformen" überleben ließ und an die heutige "Bad-Bank"
denken läßt (die übrigens bis heute -Ende 2023- seit ihrer Gründung nicht mehr in den Nachrichtung auftaucht)
und wo "Anleger" ihr überflüssiges Geld oder "Kapital" für harte Zinsen wuchern ließen,
was eine Blase eigentlich gar nicht vorhandener Gelder brachte, die immer mal platzt,
das nennt man erst Inflation und dann Währungsumstellung /Währungsreform.

Die unersättliche Gier der Wucherer und Geldwechsler ist hinlänglich bekannt.

Wie auch immer, das Ziel meiner Seite ist, das Leben der "einfachen Leute" zu betrachten,
die in unserer Gegend wohnten und lebten, dazu mußte ich immer wieder weiter ausholen.

Eine einzige "gute" Kleidung mußte oft das ganze Leben reichen,
die Hochzeitskluft wurde gut geschont und immer wieder mal aufgearbeitet und an allen Feierlichkeiten getragen.
Manche haben sich damals einen Spaß daraus gemacht, Spuckgeschichten zu erfinden
und zu verbreiten, es gab bekanntlich
-außer den Saufereien der späteren Kirmes, die tagelang ging, kaum Abwechslung -
so konnte auch die Kirche mit ihrem Kampf gegen den Aberglauben einen neuen hinzu oder drüberstülpen-
als Hauptfach in den Schulen, was viele andere Fächer deutlich vernachlässigte.
(Die Menschen sollten dumm und gefügig oder "gläubig" gehalten werden)

Den jungen Leuten heute scheint die Spinnstube zu fehlen,
wo man sich kennenlernen konnte und wo die ersten zarten Bande geknüpft wurden,
die dann die späteren Tanzpartner zusammen brachte.
Tanzen war ein wichtiges Mittel für die Auswahl der späteren Partnerschaft-
wer nicht tanzen konnte, war im Nachteil bei den Feierlichkeiten.
Die "Brocksupp" war ein Mix aus Schnapps, Honig- oder Weizenkuchen-Stückchen, Zucker und etwas Wasser,
was gemeinsam "ausgelöffelt" wurde- ein garantierter Kopfweh-Hammer!
Daher stammt auch der Ausdruck: Was man sich eingebrockt hat, muß man auch auslöffeln..

Der Bäcker buk zur Kermes oder ähnlichem Anlaß im Herbst einen Brotkuchen:
Brotteig kam auf ein Kuchenblech, darauf wurden Pflaumen (entsteint und aufgeschnitten) gelegt und gebacken.
Morgens gebacken, Abends gegessen, als der Teig schon etwas weich war.

Unglaublich, was die Quelle einer Dorfchronik alles zu berichten weiß!
Die Story der Heimatvertriebenen gehört dazu,
die damals gut ein Drittel der Bevölkerung stellten, wo alle zusammenrücken mußten.
Nach dem verlorenen ersten Weltkrieg kamen originäre deutsche Gebiete an die Tschechei,
die dort lebenden Deutschen verstanden erst mal kein Wort dieser Sprache..
dann wurde der nächste Weltkrieg verloren und die Deutschen vertrieben,
ihr Hab und Gut weggenommen, bis auf das, was sie tragen konnten.
Diese heimatberaubten Leute suchten einen neuen Start im (Rumpf) Deutschland,
den sie in unendlicher Mühe und mit Hilfe der Einheimischen auch schafften.
Hierzu eine Roman-Empfehlung: "Gut Greifenau Nachtfeuer" von Hanna Caspian aus dem Jahr 2018- hier werden die feudalen Zustände um den WKI sehr gut umrissen..
Lange zuvor (1813) berichteten die Erzähler, daß die flüchenden Franzosen Napoleons
nicht halb so schlimm waren, wie die Preußen mit ihren "Freunden" oder Verbündeten,
den Russen mit ihrer Völkervielfalt,
die sich furchbar benommen haben.

Am Rande - Pendler wissen:
Der Taunus hat gut 3 Wetterzonen, auf die man sich einstellen muß - ein deutlicher Unterschied zum Flachland..

Weiter gehts mit alten Geschichten aus Hessen/Taunus:
Dem blinden "Hadu", dem Sohn Woudans abstämmig, wurde den Hessen angedacht.
Aus der Zeit des Götterglaubens, die offensichtlich noch immer nicht ganz vorbei zu sein scheint,
wenn einfältige "Dreifaltigkeit" noch immer angebetet oder "verehrt" wird -
die heute wie früher eine gewisse "Nachfrage" befriedigt haben.

Etliche Hessen gingen auf Ruf der Königin Katharina II im Jahr 1762 nach Rußland,
man erhoffte sich mehr Fortschritt durch "knowhow-Transfer".
Man warb durch Steuerfreiheit und zinslose Darlehen, sowie der Befreiung der Leibeigenschaften.
100 Dörfer sind so in Rußland, an der unteren Wolga neu entstanden.
So ganz hat sie ihre Versprechungen wohl nicht gehalten, wie man lesen kann..
Wie bei anderen Auswanderungswellen aus Deutschland heraus war die schiere Not, entstanden aus der Erbteilung, die Triebfeder.
(Im Weltkrieg wurden diese Deutschen weiter ins östliche Gebiet umgesiedelt, aus Angst,
sie könnten sich auf die Seiten der angreifenden deutschen Truppen schlagen.
So entstand die Basis der späteren "russlanddeutschen Auswanderer" retour nach dem Zusammenfall der D DR.

Die wohl ältesten mythologischen Gestalten sind die Geister- oder Leichenzüge,
die -denkbar- aus den Priesterwanderungen von einer heiliger Quelle zur nächsten gingen.
Diverse Lesarten lassen den Schluß zu, daß die Chatten des heimischen Raumes
(der Raum, wie ganz oben schon erwähnt, nie in die Eiszeit involviert war oder eben eisfrei blieb)
ein neues Mischvolk aus Kelten, Mattiakern und Germanen gewesen sein könnten..

Mir ist klar, daß der gelehrte Sammler Grimm von Sagen
mit seiner jeweiligen Prosa und Reimkunst heftig und kräftig gebogen
und gebeugt hat und passend geschliffen, um es mal vorsichtig zu formulieren,
was bis dato mündlich überliefert wurde.
Durch die Schrift starb die mündliche Erzählung oder Überlieferung
-langsam aber sicher- aus, das Verdienst der Märchen- und Sagensammler war
deshalb dergestalt, diese Sachen überhaupt aufzuspüren und festzuhalten,
die in den Köpfen durch die Jahrhunderte, Jahrtausende hallten.
Es wird die Mume gewesen sein, die Großmutter, die Jahrtausende lang
ihre alten Geschichten in den langen dunklen Stunden vortrug..
Der Fortschritt, welcher wenigstens Allgemeingut geworden ist
und die enorme Länge der Zeit haben schon einige Abweichungen in den Inhalten gebracht, ganz ohne Frage ist wohl der Sinn geblieben.

Dieses Mark der menschlichen Kommunikation wurde von "Nationalromantikern"
(mit den gleichen Methoden aufputschend eingeschleust, wie die Religionen arbeiten)
freilich idealisiert und zweckentfremdet,was eigentlich sehr viel regionaler war,
als die neue Ideologie eines Despoten, der nur eine winzig kurze Zeit in der langen Geschichte des Landes war:
Noch immer wird wieder viel engräumiger gedacht,
als daß ein wirkliches "Deutschlanderwachen" wiederholt denkbar wäre:

Seit Urzeiten war die Sippe die Wurzel, nicht mal das nächste Dorf !
(Geschweige denn das Herrschaftsgebiet oder gar das Reich)
Gedrucktes bringt die Erzählung zum Stillstand,- was nun, das Internet das Gedruckte?
Nicht nur mir kommt dieser Verdacht nahe, der aber wohl nur meine persönliche Befürchtung ist..
Vieles kann nebeneinander bestehen und wird immer weiter Mitmacher finden.
Während bewegende Ideologien weitergehende, planmäßige Kontakte brauchen,
z.B. durch Parteien und Religionen um an Größe zu gewinnen -
im Gegensatz zur typischen germanischen Kleinräumigkeit oder Dörflichkeit:
Kriege und Ideologien kamen IMMER nur aus den Städten.

Die Jahrhunderte alten Bemühungen der Kirche um Tabuisierung des "Heidentums"
nebst mündlichen Überlieferungen und Traditionen
halten auf Dauer nicht von den Wurzeln ab, die viele Jahrtausende alt sind und -
in der Region Taunus - weither aus der Altsteinzeit heraus reichen.
Da wird ein "auf Linie bringen" niemals lange halten.

Dazu passend ein altes Sprichwort:
"Wo Hessen und Holländer verderben, kann niemand Nahrung erwerben".
Gemeint ist die soldatische "Tugend".

Druiden bestimmten am Paarungsverhalten (meistens Mitte Februar) der Spatzen, wann der Frühling kommt..
"Michel" bedeutet "groß", "Lützel" war der Ausdruck für "klein" - noch heute Bestandteil von Ortsnamen.
Michelstadt und Lützendorf oder Lützellinden.

Die schriftlichen Überlieferungen um die Jahrtausendwende kamen von den Römern,-
diese machten aus Heruskern "Cherusker" und aus Hauken "Chauken".

Wotan war der Gott der Wege und der Wanderer..

Steinerne Astrologie und Kalendarien findet man heute noch an einigen Orten,
die den Bauern halfen die Frucht zu bestellen, den Magiern um vorher zu bestimmen.
Diese Anlagen sind älter, als fast alles, was man bislang gefunden hat,
zigtausend Jahre älter als das neue und sogar als das alte Testament,
das verächtlich von "Heiden" spricht - schlimmer noch:
"Queste" waren die heilige Stätten, die gerne von der eingefilterten Religion aus
dem nahen Osten oder dem "heiligen Land" überbaut worden sind.
(Kirchen in Nord-Ost-Richtung, statt nach West-Ost sind Hinweise auf solche Überbauungen)
Die späteren "Heiligen" bekamen die gleiche Funktion zugeteilt,
wie die früheren der "Heiden" mit ihrem "Aberglauben" !
Diese Queste also waren Quellheiligtümer uralter Zeiten,
die in schnurgerader Linie miteinander verbunden waren.

Sicher sind meine Ausführungen auf dieser Seite nicht wissenschaftlich und nicht mal chronologisch -
sie sollen ja auch nur zum Weiterlesen bringen, das Interesse ein wenig anheizen:
Die Themen sind es mehr als wert !

Geschichte Hessens
Im Taunusgebiet könnte sich eine Mischform aus Chatten, Mattiakern, Sugambrer und Ursipetern entwickelt haben -
wer weiß das schon, zumal sich diese alten Völker vermutlich nicht mal selbst so betitelt haben,
sondern eher von römischen Berichterstattern oder Feldschreibern überliefert worden.

"Maikundgewunge met Politikergerede en su hu eich offm Land nie erlebt- eich glawe,
do wär aach koaner hingegonge !"
So typisch wie der Klang dieses Dialektes, so typisch ist auch die Denkweise der Leute im Taunus,
nimmt man mal die großen Städte mit ihren Studenten und den anreisenden "Berufsdemonstranten" mal aus..

"Su woarsch, so war es" - ein lesenswertes Büchlein der persönlichen Kindheitserlebnisse
der Autorin Marlit Hoffmann sagt viel aus:
hoffmann-daub hausen.de und vem uk.de dann sind Sie rundum informiert..
so die Autorin am 29.7.2013 per Mailantwort auf meine Anfrage.

Bei dieser Zahl an ausgeliehenen Büchern kommt schon hin und wieder mal eins vor,
daß diese typisch feudalistischen Prosa mit ihrer langatmigen Nichtsnutzigkeit nervt,
die den meisten berühmten Dichtern und Denkern eigen war.
Immer auf der Suche nach wirklich volksnahen Erzählungen -
mit dem Geruch modriger Blätter der alten Bücher - gehts weiter und weiter!

Zusammenfassende Ortschroniken oder Festausgaben zum Bestehen eines Dorfes wissen viele interessante Dinge..

Im 15. Jhd. willkürten die Lehnsherren und lösten einen Mangel an Mahlkorn
und so manche Mißernte aus, die Parallelen zum "5-Jahres-Plan"
des alten Ostblocks andenken ließen, die ähnlich erfolglos waren.
! Die EU macht das nach !
Heute versuchen hohe Fehlqualifikanten ähnliche Fehler zu wiederholen - Hauptsache in den eigenen Säckel wirtschaften,
der Rest der Bevölkerung kann oder konnte sehen, wie sie fertig wurde.

Effizient arbeitete - damals wie heute - nur der, der für sich selbst tätig ist..

Das Kloster "Pfannenstil" wurde 1630 aufgelöst ( Kloster Pfannstiel )
und mit ihm fiel die gewaltsame Trennung von leibeigenen Kindern von deren Eltern weg ! (d.h. sie durften wieder heim)
1730-42 hielten Klee, Schwarz- und Hackfrüchte Einzug und brachte Modernitäten in die Fütterung:
Eine Weidekuh verbrauchte so viel, wie drei Stallkühe.
Zerlegenes Gras und zugeschissene Wiesen..

25 Jahre dauerte es, bis die Verhandlungen das 8 fache statt dem 16 fachen des mittleren Reinertrages
als Ablöse für den Zehnt an Kreditsumme aufzunehmen und -plus Zinsen- abzuzahlen hatten.
Das hat damals sehr viele Leute hoch verschuldet und dem Grafen ordentlich Kohle gebracht..
(Kredite waren auch neu)
Zuvor mußten die Frevel durch Napoleons Truppen von den Bauern selbst getragen werden.
Nicht nur von den Bauern, sondern auch von Gartenbesitzern und Müllern etc. alle, die etwas anbauten oder lagerten.
Die Kriegsherren haben ihre Soldaten ohne ausreichende Versorgung ins Feld geschickt.

Den anderen Menschen ging es auch nicht besser..
Ähnliche Lasten mußten von den Kommunen getragen werden,
denen der Adel und die Kirchen unerbittlich auferlegten.
Die Bauern haben wohl 42 Jahre gebraucht umd die Lasten und Zinsen abzuzahlen,
welche aus dem "Anspruch" der Ablöseberechtigen entstanden waren,
sich selbst aus der Leibeigenschaft freizukaufen, dann auch noch das Land erwerben mußten,
das sie seit zig Jahren bearbeiteten, um überhaupt leben zu können..
Vielen wurden diese hohen Bankschulden zum Verhängnis.
(Wir erinnern uns, daß die ganzen Ländereien vor langen Zeiten einfach vereinnahmt worden waren,
die dann vom Adel und von den beiden Kirchen großzügig in Lehen gegeben worden sind -
mit Gewalt und Listen und selbstgebastelten Gesetzen an sich gebracht,
die bereits zuvor vielfach erwähnte Grundlage allen Reichtums dieser beiden Gruppen,
was mich immer wieder verwundert, weshalb nicht viel öfter Volksaufstände und Revolutionen waren-
aber Deutsche sind bekanntlich geduldiger als Franzosen..)

Gesetze sind meistenteils Fesseln, selten der einfachen Bevölkerung nützlich!

Wir heutigen Taunusbesucher freuen uns an der frischen Luft,
dem sauberen Wasser, an Resten der Historie und der Köhlerei,
die an vielen Stellen in den Wäldern noch zu sehen ist.
Die zahlreichen Zeugen vielfältiger Bergbau-Tätigkeit sind auch interessant.

Geschichten aus alter Zeit, wie jene aus dem Buch "Der Raritätenschrank"
sind mir inzwischen ein guter Freund geworden,
der viel mehr von- oder aus dem Leben der damaligen Bevölkerung zu erzählen vermag,
als noch so viele wissenschaftliche Berichte.

An dieser Stelle passend, kann das Buch "Wandern an Lahn und Dill" empfohlen sein,
das ich auch der Bücherei entliehen
und dann im Antiquariat erstanden habe.
(Das wird die Fortführung unserer Wandertouren werden)
Immer öfter werden die kleinen Idylle, die ich auf Bildern der Foto Galerien festhielt,
verschwinden - ersetzt, erneuert, umgebaut, abgerissen..

Über den Sinn oder Unsinn vom Festhalten an der Mundart brauche ich mich eher nicht auszulassen,
wo doch durch die unglaubliche Zahl an neuen Wörtern
und mit dem Verschwinden alter Berufe und deren Ausdrücke und Begriffe aus dem Hochdeutschen eingerückt wurden.
Hört man die Alten sich unterhalten, ist jedes zweite Wort in Platt ein "häh? Was hosste gesaat?"
Wenn keiner so recht versteht, von Dorf zu Dorf unterschiedliche Dialekte waren,
dann noch Leute mit anderen Mundarten zugezogen sind-
was soll da noch an gemeinsamer Sprache sein, wenn nicht das aufgestülpte Hochdeutsch, das uns heute rettet?!

Auf alle Fälle habe ich inzwischen so manches Buch weggelegt, das in Platt geschrieben ist -
das Wetzlarer ist doch recht fremd zu unserem in Gräveneck
oder in Weinbach oder in Weilburg.

Die Chronik von Braunfels (gedruckt 1990) ist sehr aufschlußreich, wie die meisten dieser Ortschroniken,
die alle denkbaren Aspekte der alten Tage behinhalten..
So begab sich im Jahr 1600 ein Verwandtenbesuch im Adelshaus, wo 250 Gäste kamen
und innerhalb zweier Tage 15.000 Liter Wein soffen.. das waren 30 Liter pro Person!
(So sind sie, die Verwandten- wenns was umsonst gibt - damals wie heute)
Zu anderen Zeiten wüteten die Spanier und dann die,
die sie vertrieben - wie alle Kriegsvölker raubten und brandschatzen, wüteten und verwüsteten, was nur ging.
Die Bevölkerung hat zwischen den Eroberungen und Rückeroberungen arg an der Pest gelitten.
"Sie wüteten ohne Unterschied"
Der Adel heiratete aus Machtkalkül, quasi nach selbstgemachter "Gebietsreform" -
sie breiteten ihre Machtstrukturen über ganz Europa aus- jeder mit jedem verwandt und eng verbunden.
"tu felix austria - nube!"
So entstanden Machtmonopole.
Ein paar Einkommen aus dem Jahr 1424: 1 Turnos war ein halber Gulden, 1 Turnos 18 Heller.
Frauen bekamen für das Heumachen 11-14 Heller am Tag, Männer für das Kornschneiden 27 Heller plus Kost.
Der Jahreslohn eines Knechtes betrug 6 Gulden, 6 Ellen leinernes Tuch
(pro Elle 14 Heller wert) und zwei paar Schuhe.
Ein Zimmermann, Maurer oder Steindecker (Dachdecker) erhielt als Tageslohn
im Sommer 2 Turnos ohne Kost oder 24 Heller und dreimal zu essen,
zu jedem Essen ein Eichmaß Wein oder für den Wein einen Heller.
Im Winter bekamen sie ohne Kost 27 Heller, mit Kost 15 Heller als Tageslohn.
Für das Roden eines Weinbergs 1 Turnos Tageslohn ohne Kost oder 12 Heller mit Kost.
Ein Tagelöhner erhielt 9-14 Heller
(ohne-mit Kost, abhängig von der Jahreszeit genau fest gestaffelt in der Höhe)

Auf dieser Seite sollen lediglich subjektive Eindrücke festgehalten werden,
die mir jene Bemerkungen sinnvoll machten-
Hier geht es nur um das Leben kleiner Leute.
Die Historie ist keinesfalls langweiliger Zahlenstoff !

Beispiel:
"Christliche" Missionare auf Samoa sollen befohlen haben,
daß die Brotfruchtbäume abgeholzt werden - die Begründung:
"Die Eingeborenen sollen nicht zu leicht von Gott ernährt werden, damit sie allzeit fromm blieben".
Das erinnert an die "Mutter" Theresa, die selbst und ihre Patienten (wörtlich genommen)
"im Leiden Gott näher" seien, dh. sie verabreichte wohl keine Schmerzmittel..

Zurück zur Braunfelser Chronik:
Der Fürst schob ausufernden Gelagen und Saufereien und Bewirtungen bei Hochzeiten, Taufen, Beerdigungen etc.
durch eine ganz genaue Anordnung zur Sparsamkeit einen Riegel vor.
(Nur den Untertanen, nicht dem Adel)
Neue Mitglieder des Presbytertums mussten 1/2 Florin bezahlen, um mitmachen zu dürfen.
(Das wäre doch mal ein gutes Beispiel, wie man Politiker, die allzu machthungrig sind,
zur Kasse zu bitten und dabei eine ganze Menge Geld in die Staatskasse befördern könnte -
desgleichen mit den Heiligen Leuten, die bislang Geld für ihr Treiben erhalten.. )

Vagabunden ließ der Fürst damals kurzerhand erst mal einsperren,
statt diese nach deren Gewohnheit oder Glaubensvorschriften durchzufüttern,
wie das heute getan wird - was ich durchaus für kontraproduktiv erachte:
Vermutlich aus einer destabilisierend wirksam werden wollenden Ideologie heraus
aber gefordert und mithilfe seltsamer Gesetze durchgepeitscht - zahlen muß das die Allgemeinheit.

Die Fürsten hatten auch gute Seiten, die kümmerten sich um Forst/Bauernwirtschaft,
um Äcker und Saaten und Zuchten, die seinerzeit vorbildlich gewesen sein müssen.
Der Name von D ungern aus Weilburg fiel immer wieder sehr häßlich auf -
durch Intrigen und Hilfen oder Absprachen mit Napoleon,
der grausam in Braunfels und der Gegend gewütet haben muß.
"Befreit" mit Hilfe schwedischer Truppen gab das folgendes Erlebnis:
Alle fremden Truppen, die befreiten oder die besetzten, waren Wüteriche,
die raubten, brandschatzten und vergewaltigten.

Alle gleicher Art, zu allen Zeiten !

Zwischendrin kam der Tod durch Typhus oder Pest, eingeschleppt durch Flüchtlinge
oder Verwundete oder durch Verfolgte -
das "gemeine Volk" mußte sich in den Zeiten von 1840 an von zwei Herrscherhäusern bevormunden lassen -
von dem preußischen König und vom ortsansässigen Fürsten.
1848 wurde New Braunfels von Auswanderern aus Braunfels gegründet-
die Not war die Triebfeder, eine solch lange Reise anzutreten.
Bis 1870 blieben die Besatzungssoldaten im Städtchen haften.

Es ist überliefert, daß es damals bereits Leute gab,
die "Mehrfachverdiener" gewesen sind und deren Frau die Stirn besaß,
beim Metzger "100gr Gesindewurst" zu kaufen - desgleichen haben wir in jüngerer Zeit erlebt,
wo eine ebenso begüterte Frau aus unserem Dorf für ihren hochverdienenden Mann und Familie
"Wurstabschnitte für den Hund" bestellt hatte..
(Der Hund kam erst sehr viel später in deren Haus)

Sicher sind das eher Glossen, aber 1920 weniger,
wo die Leute mit voller Kleidung eingeliefert - aber buchstäblich des letzten Hemdes beraubt,
nur mit einem Blatt Papier bedeckt, so nackt bestattet wurden, wie die Natur sie schuf..

Die Brüderschaften St. Georgen und Sebastian
lebten inzwischen vom schwungvollen Handel mit "Ablaßbriefen", den bekannten "Sündentilgungen"
durch bare Münze:
Wenn die Münz im Kasten klingt, die Seel aus dem Fegfeuer springt ;)

Der Georg von Solms, der gute Fürst war nicht bereit,
in irgendeiner Form mit der Stadtbevölkerung zu kontaktieren -
das ließ er über seine Knisterminister machen - während seine Frau schon rotkreuzlerisch tätig war,
zumindest ein ähnliches Werk führte.

Zurück zu den Eiferern 1585, wo Graf Conrad eine "Synodalordnung" mit schärferen Bestimmungen erließ,
als es die Kirche ursprünglich vorsah- dh.
die reformierten Glaubensgesellen waren keinen Deut besser, als die Altvorderen, die Katholischen:
Nach dieser Verordnung also sollte "Hurerei, Ehebruch, Blutschande
und Ungehorsam der Kinder gegen ihre Eltern mit Hinrichtung geahndet werden"

Des Grafen Sohn verschärfte diesen Erlaß damit, daß "Kirchenversäumnisse mit Zuchthaus,
fernbleiben vom Abendmahl mit Verbannung und Zauberei mit dem Tode bestraft werden"

Der riesige Wust an schriftlichen Überlieferungen läßt mir staunend den Mund offen werden !

Die Untaten des "tausendjährigen Reiches" waren die einzigen,
die Religions- und Herrscher-Terror mit deren verrückten Anordnungen und Gesetzen
übertroffen haben -ideologisch und ungerecht waren alle- ein letztes Beispiel:

So war bis zum 20. Lebensjahr der Religionsunterricht für Ledige Pflicht,
bei hohen Strafen der Nichtbeachtung..

Unehrliche, rechtlose, unredliche, berüchtigte, verleumdete,
bescholtene, besprochene, ohnrechte, unechte, wandelbare Leute zählten-
neben Heiden, Zigeunern, Juden, Türken und Wenden- von Berufs wegen Standeslose,
- zunftsunfähig waren jene auch-..
An der Spitze stand der Scharfrichter oder Henker den Ausgegrenzten.
Abdecker, Schäfer und Hirten, Müller, Leineweber, Töpfer, Ziegler, Türmer,
Nachtwächter, fahrende Gaukler und Spielleute, Marktschreier
und Freudenmädchen, Bader und Barbiere - folgten dieser Reihe.

Damals war man nicht zimperlich, wenn es um Ausgrenzung ging-
"Gerechtigkeit" oder gar Gleichheit war ein Fremdwort.

So liest man weiter, daß der Adel fürchtete, die Bewaffnung -selbst im Verteidigungsfall-
des Volkes oder der Bauern das Gefühl der Kraft zu stärken -
was mit "so viel wie möglich durch unmerklichen Zwang in Subordination zu halten" sei.
(Das geschieht gerade heute wieder, durch eine Unzahl an immer weiter einengenden gesetzlichen Regelungen,
die mit freiem Bürgertum nicht das Geringste zu tun haben)
Auf diese Weise vorverurteilt und klein gehalten, ließ sich am besten herrschen und legal plündern-
die Grundlage ungeheueren Reichtums einiger Gruppen, das kann man nicht oft genug sagen.

Die Ungerechtigkeit an den Juden kam schon beim " 4. Lateran Konzil " der katholischen Kirche im Jahr 1215 !
Schlimm, was dort alles "vorgeschrieben" oder verboten wurde- bis zum verpflichtenden Tragen von gelben Ansteckern,
die ihre unglücklichen Träger von jedem Gassenjungen gröbste Beschimpfungen ertragen lassen mußten.
Von Berufsverboten bis zum Wort Wucher und Zinsen war alles dort drin.
(Wucher war früher nur der Ertrag der Arbeit und des Feldes,
als Arbeitgeber- bis nach dem Berufsverbot für die Juden die Beschäftigung mit dem kam,
was man heute Bankgeschäfte nennt.
So wurde das Wort Wucher zu Wucherer und beschimpft die Zinsen - ganz generell.

Ich will damit sagen, daß "Glaubensgesetze", egal von welcher Fraktion auch immer,
sehr unheilig oder unchristlich gewesen sind.
Wer näheres wissen mag, kann gerne Wiki bemühen -
dessen Geistes Kind sind wohl auch die heutigen "Gesetzgeber", die leider selbst keine Kontrollen haben,
desgleichen die Politiker, die -ganz offenbar- tun und lassen können was sie wollen.
Noch immer bilden "Glaubensgesetze" die Grenzen zwischen den Menschen und sorgen
für mangelnde Eingliederung und Zivilisation, von der wir im Jahr 2019 noch weit entfernt sind !
(Bei der Korrekturlesung August 2022 hat sich daran noch nichts geändert, 2023 sind die Dinge am ausufern- Muslime bringen die Republik in den Ruf "antisemitisch" zu sein)

1791 wurden in Frankreich die Juden den christlichen Religionen gleichgestellt,
erst 1812 endlich auch in Preußen.

Im Übergang vom 17. ins 18.Jhd. kam in Frankreich die Revolution gegen die Diktatur der Jakobiner,
was sehr viele Arme und protzende Reiche brachte.

In den deutschen Landen war das wohl nicht viel anders,
die Kleinstaaten hatte nicht einmal eine übergreifende Justiz -
so wurde geraubt, geplündert, ge- und erpresst, gemordet allerorten.

Ganze Distrikte wurden zu Räuberhöhlen,
weil die politischen Aufbrüche aus den Städten kamen und auf dem Land eher nicht griffen.

Damals wurde vor "Deserteuren, heiligen Männern und Vagabunden" gewarnt,
die "überall Bürgerkriege entzünden".
Der berüchtigte Räuber Schinderhannes war unweit von uns,
in Langhecke im Taunus vertreten - dort wurde er auch gefasst.

Johannes
Heute raubt man nicht mehr mit Pistolen, aber noch immer mit Komplizen-
man trägt Nadelstreifen und hat die Hände rein..
lacht sich über die kleinen oder ehrlichen Leute kaputt,
denen man politische Wahl - Märchen auftischt und dabei immer nur an die "Gewinnerwartung"
der "Anleger" denkt und an möglichst viele "Nebenverdienste" für sich selbst.
Ob das TV-Indendanten oder Bischöfe sind, ob Abgeordnete oder Minister - überall das gleiche Bild.

Die Gesetze sind längt zu Instrumenten der Parallelwelten geworden,
zu allem Überfluß auch noch "auslegbar"!

Noch im 19.Jhd war das Gemetzel im Namen der Gerechtigkeit
und die daran anschließenden medizinischen Versuche an den Deliquenten
durchaus den Grausamkeiten ebenbürdig,
die jene Missetäter zuvor begangen hatten, denen zufolge sie hingerichtet wurden.
Galvanische und elektrische Versuche, Obduktionen und Präparationen aller Art sind belegt,
wie auch die schlimme Sitte,
das Blut der Opfer im Becher aufzufangen und den Umstehenden zu trinken zu geben -
das soll gegen die "Fallsucht" geholfen haben..
(Die heutigen "Körperwelten" finde ich ebenso furchtbar und erniedrigend)

Diese Dinge sind detailliert von zig Seiten berichtet und dokumentiert worden -
auch aus französischen Übersetzungen der Anklage und Verteidigung
und des gesamten Prozesses gegen den Johannes Bückler, genannt Schinderhannes,
wo alleine die Anklageschrift ein und einen halben Tag gedauert haben soll.

Die Chroniken sind ein unglaublich interessanter und vielseitiger Fundus aus der alten Zeit!

1663 hatten die Kurfürsten und Stände des Reiches dem Kaiser die sogenannte "Türkenhilfe" zu gewähren,
dh. es wurden umfassende Vermögenserhebungen gemacht,
die in 32 Orten der drei Nassau-Weilburger Ämter 98000 Gulden ergaben.
Daraus wurden die Abgaben errechnet, mit denen Truppen bezahlt wurde,
die den Einfall obiger Völker verhindern sollte.
Heute undenkbar, wo schon das uralte Wort für herumziehende Volksgruppen als strafbar
oder zumindest als politisch inkorrekt oder als "verhetzend" gilt.
(Was ich fuer sehr bedenklich halte, für total undemokratisch und bevormundet,
was bei uns angeblich freien Bürgern ein Unding ist: Redeverbot durch Gender)

Zurück zu früher:
Adlige oder Freiadlige Güter waren von diesen Abgaben übrigens nicht betroffen-
watt für ein Zufall.

1 Morgen = Die Fläche, die man mit einem normalen Gespann an einem Morgen hat pflügen kann.
(1 Morgen gleich 160 Quadratruten 1 Rute sind 2,5mtr,
nach dem metrischen System entspricht ein Morgen exakt 25 Ar oder 2.500 Quadratmetern. Ein Morgen ist ein Viertelhektar.)
Vor den Soldaten brachten die Bauern all ihr Vieh und Hab und Gut,
mitsamt den Kindern in den Wald- die Frauen versteckten sich im Korn.
Sich mit den Truppen gut zu stellen, brachte nicht viel - wenn die Vorhut nichts kaputt machte,
verwüsteten die versprengten oder nachrückenden Verbände um so mehr.
Alle Männer wurden verprügelt - was mit den Frauen geschah,
darüber schweigt der Chronist mehr aus Furcht und Entsetzen.

Im Jahr 1814/15 des Wiener Kongresses begann die Neuordnung der Religionsbedingungen:
Niemand mehr mußte den Glauben übernehmen, den der Fürst gerade hatte oder annahm
oder durch einen Machtwechsel dem Volk danach aufzwang oder -günstigstenfalls- zum Auswandern Andersdenkender trieb.
Heute wäre längst eine Überarbeitung der Religionsfreiheit nötig,
die eine Art "Provokationsverbot" braucht,
damit die neuen, zugewanderten Religionen sich nicht untereinander an die Gurgel gehen.
Alle haben sie das "Sendungsbewußtsein" und "Alleinvertretungsanspruch des Allerhöchsten" im Gepäck!
Zusätzlich muß wohl deutlicher Religion und Staat getrennt werden,
damit die unausrottbaren religiösen Gegensätze,
um nicht zu sagen Feindseeligkeiten außen vor bleiben.
Auch das kann nicht oft genug gesagt werden.

Durch meine neuentdeckte Lieblingslektüre "Dorfchroniken" bleibt es nicht aus,
daß immer wieder Nachträge auf diese Seite kommen:
Die verschiedensten Beleuchtungen der Vergangenheit, aus der wir alle abstammen,
lassen Dinge zutage treten, die kaum faßbar sind!

Aus dem "Heimberger" oder "Prätor" oder "Schultheiß", die dem Fürsten hörig waren,
wurden ab 1827 gewählte Bürgermeister.
Die alten Formen waren eher unbeliebt,
weil sie für die "Durchlauchten" den Frohn überwachten und einteiben halfen.
(Heute, 2019 benehmen sich die Bürgermeistereien wieder so wie zu Kaisers Zeiten,
von oben herab)
Ehre und Pflichterfüllung, für Kaiser und Vaterland ließ Lehrer und Pfarrer zu Einpeitschern werden
für Treue und Pflichterfüllung - für "dem Volk auferzwungene" Kriege.

Hier möchte ich das Buch anraten, das etwas Licht ins Dunkel wirft:
"Verdammte See" von Cajus Bekker aus dem Jahr 1971.

Statt Freiheit und Gerechtigkeit war Gottgefälligkeit und Treue gesetzt -
die Gründe für militärische Aktionen waren beliebig und austauschbar,
Blut, Ehre und Boden wurden vorgeschoben,
statt mit Demokratie und Menschenrechten einen nötigen Fortschritt einzuläuten.
Ewig dumme heroische und pathetische Sprüche wurden gedroschen:
Den Kriegsministern war kein "Glockenopfer" oder keine "Gefallenen" zu schade,
um ihre "übergeordneten" Ideen durchzusetzen.
Diese Kirchen - Glocken wurden zu Munition umgeschmolzen !
Mit Hurra-Rufen in den Krieg- in den "Endsieg", gegen den Feind zu maschieren, den zuvor niemand kannte.
Man fragt sich, warum niemand die christliche Botschaft verstanden zu haben scheint,
die seit Jahrhunderten -offenbar erfolglos- gepredigt wurde.
Wie kann ein Mensch den anderen erschießen?
Wie kann ein Mensch dem anderen ein Messer in den Bauch stechen?
Nun, die Massenpolemik - woran die Presse nicht unschuldig war - trommelte für den Irrwitz !

Die Folge war immer die gleiche:

Zerstörung, unzählige Tote auf allen Seiten, Not und Armut, Hunger und Seuchen
- am 1.1.1958 sind nach dem "Allgemeinen Kriegsfolgegesetz"
die 800 Milliarden Reichsmark weitestgehend gelöscht
und bis auf wenige Ausnahmen tilgungsfrei gestellt worden- um den Deutschen Staatsbankrott abzuwenden.
Das liest man sonst nirgendwo, das hört man auch nicht im Geschichtsunterricht.

Die Landwirtschaft hat durch die Gebietsreform und verbesserter Fruchtfolge und Düngung
und Schädlingsbekämpfung und Mechanisierung ganz enorme Ertragssteigerungen gehabt.
Statt 4 Menschen ernährte nun ein Bauer 75 Menschen!
Um einen Hektar Land zu pflügen brauchte man mit dem Kuh/Ochsengespann noch 40-60 Std,
mit dem Pferdegespann nur noch 24 Std,
erste Schlepper leisteten das in ca 5 Std,
heutige Traktoren sind -in besserer Qualität des Ergebnisses- in 3/4 Std fertig !

Die Wetzlarer Chronik erzählt zuerst davon,
daß die letzte (Würm) Eiszeit -vor ca 50.000 Jahren- an der Donau
und an den ersten Mittelgebirgen endete,
unsere Gegend in Hessen jedoch eisfrei blieb und so zum Durchzugsgebiet von Ost nach West wurde.
Frühe Jägergruppen zogen durch.
In der Dahlheimer Schlucht fand man Spuren menschlicher Bearbeitung
an Knochen von Wildpferd, Wollnashorn, Bison und Riesenhirsch -
primitive Steinwerkzeuge fand man in der Umgebung bis Braunfels,
die in die v o r l e t z t e (Riß) Eiszeit zuzückdatiert werden konnten!
Die Vegetation soll trundra-ähnlich gewesen sein, wie ganz oben bereits beschrieben.

Vieles aus der Historie wurde von Mönchen festgehalten,
von Schenkungen und deren Vorgeschichte, wobei die ortseigenen Originale
längst schon verloren, verschüttet, verbrannt oder vernichtet worden sind.
Die Schenker von "Streubesitz" waren Adlige oder auch Klöster,
denen zu weit abgelegene Besitztümer zu teuer waren in der Verwaltung und Beaufsichtigung.

Freie Leute gehörten weniger zu den Gebern solcher Besitzungen,
sie waren eher Pächter oder besser Lehnsnehmer.

Freie Bauern konnten - wenn sie dem Verteidigungsbeitrag oder dem Thing
mit seinen Ansprüchen der Gemeinsamkeitsleistung nicht mehr gewachsen waren -
ihren eigenen Besitz potenteren Mächtigen veräußern,
die jenen dann per Lehen ein lebenslanges Nutzungsrecht bei Zahlung
des Lehensbeitrags zugestanden.
Die Lehen konnten sogar vererbt werden -dann aber unter dem Zwang des "Besthauptes" und dem,
daß die Nachkommen Unfreie waren und blieben,
haben diese das Erbe oder Lehen angetreten um ihr Auskommen zu haben.
Die "ärgere Hand" setzte den Vormund auf die Erbenschaft, die dann im niedrigsten Stand war.

Irgendwie zwingt sich ein kurzer Vergleich mit den Pendlern auf,
die ihr Auto auf Kredit kaufen müssen um zur Arbeit zu kommen -
wehe, wenn das vorzeitig den Geist aufgibt - schups ist eine Hypothek auf dem Haus,
sollte eines vorhanden sein, das beliehen werden kann.. meistens eher die Privatinsolvenz.

Wie oben schon erwähnt, verwalten Vögte die Besitzungen der Kirche,
jene "Streubesitzungen", die in die Klöster als Mitgift
für die Töchter oder Söhne der Edlen eingebracht wurden.

Die Vögte und deren Erben erkannten zwar den Lehenbrief an,
machten aber sonst was sie wollten, veräußerten das Lehen weiter,
unterverlehnten und bauten Kirchen in Eigenregie und stellen Priester ein-
die nur vom Archipresbyteriat oder vom Erzpriester oder Bistum anerkannt sein mußten.

Da die Adligen ebenfalls unter der Besitzteilung durch Erbschaften litten,
hoben sie ihre Söhne in dieses Priesteramt,
die durch den Kirchenzehnt so ein einigermaßen gutes Auskommen hatten.

Die Religion hatte ihre eigene Gerichtsbarkeit, das Sendgericht,
das aus willkürlichen Zusammensetzungen bestand und mit der Zivilgerichtsbarkeit nichts zu tun hatte.

Die Kirche verlangte, daß jeder anzeige, was ihm zu Ohren gekommen sei:
Fluchen, Beschwören, Aberglaube, Ketzerei, liederliches Leben,
Ehevergehen, Wucher, Unterschleif (Schmuggel),
Gewalt und Mißbrauch gegen Dienstboten, Bedrängnis gegen Witwen/Waisen.

Geistliche und weltliche Besitzungen überschnitten sich zuweilen, weil vererbt,
gepfändet, verlehnt oder hinzu geheiratet,
gestiftet oder sonstwie vereinnahmt wurde -
manche schnitten wichtige Handelswege ab und lieferten so den Grund
für dauernde Fehden und Kriege bis zur gegenseitigen Selbstvernichtung.

So sind die Beilsteiner Herren als Wormser (Bistums) Vögte zu Macht und Geld gekommen..

Im 12.Jdh. entstand der Gedanke "Stadt", die gewissermaßen aus der Retorte und nicht aus einem Dorf erwachsen,
zum marktlichen Mittelpunkt der Region werden sollte.

Wo zuerst Bauern die Abgaben entrichteten, bildete sich ein lebhafter Handel mit Unterhaltungsfaktor aus.
Die unterschiedlichsten Handwerke und Händler verbesserten
und vergünstigten die bislang vor Ort hergestellten Gegenstände.

Die freie Reichsstadt Wetzlar unterstand nicht dem regionalen Adel, sondern direkt dem Kaiser -
das war neu und verlangte nach gesonderter Befestigung der Stadt,
wo auch Bürger entsprechende Dienste tun mußten.
(Der Begriff Bürger kam aus "im Schutze der Burg") "Stadtluft macht frei":
Wer ein Jahr und einen Tag hier lebte, war frei von alter Abhängigkeit und Leibeigenschaften etc.

Der Kaiser setzte einen Vogt ein, bevor der Propst sich zum Alleinherrscher aufschwingen konnte-
so mußte er sich auf Kirchenbelange zurückziehen
und ein weltliches Gericht mit Schöffen regelte Sitten und Strafen.

Grund und Boden waren nur in Erbleihe zu erwerben und
so entzog man Spekulationen ganz früh den Boden!

Wohnungen wurden gebaut, die ebenfalls in Erbleihe -eine Art von Miete- bezogen werden konnten,
ohne daß der Bewohner dadurch unfrei wurde,
wie das bei den Regionalfürsten der Fall war.
Eigenes Geld wurde geprägt, das Wort "Pfenning" kam vom keltischen "Pfännchen",
einer kleinen schüsselförmig geprägten Münze.
(Die schon bei den Kelten waren)

Mit 4 Bannmeilen ausgestattet, waren die Zugänge zur freien Reichsstadt vor Zukäufen sicher,
die so manchen Ort durch Wegesteuern fremder Mächte behinderten.
Ein reger Austausch zwischen Stadt und Land kam auf..

Der Namenszusatz "von" ist keinesfalls ein Hinweis auf Adelige,
sondern bezog sich auf die geographische Herkunft - zum Beweis dieser These:
Eine Reihe Niederadlige haben kein "von" im Namen.

Interessant fand ich folgende Bemerkung:
So manche Straße war schmutzig, ausgefahren, jedermanns Abfallgrube und von niemandem betreut,
solange sie nicht ganz und gar unwegbar war..

Straßen im heutigen Sinne kamen erst im 19.Jhd. auf -
zuvor hieß z.B. eine Straße nicht grundlos "Güllgasse":
"gole, Unrat, gully, engl. Abwasserrinne"
Von den Blaufärbern,
Metzgern oder anderen Zünften flossen die Abwässer schlicht vom Hof auf die Straße.

Wer mal auf dem Altkönig (Königstein, Falkenstein) war,
spürte die Ausstrahlung dieses Ortes, die eine ganz besondere ist..
Die gewaltsame Auslöschung einer alten Religionskultur der Kelten durch das Christentum,
das alle Kultstätten rücksichtslos überbaute,
konnte wohl auf diesem heiligen Berg nicht landen- er lag zu hoch und zu weit weg von den Städten.
Er war Fliehburg und Kultplatz, mit heiligen Quellen und allem was dazu gehört.

Leider fehlte allen damaligen Völkern der Zusammenhalt,
die übergeordnete Lenkung und so wurden sie von anderen überrannt, die in Massen kamen.

Diese Seite ist ein Sammelsurium von Dingen, die sich in langen Jahrtausenden zugetragen haben
und so kommt aus div. Büchern das Mittelalter wieder vor:
33 % Zins nahmen diejenigen, in deren heiligem Buch davor ausdrücklich der Wucherei geflucht wurde.
Das Geld siegte über alle Frömmigkeit, zumal nur wenige Einnahmequellen für jene frei waren.

Aufgesetzter Glauben, angetäuschte Religioesität?
Aussätzige, Leprakranke wurde in sogenannten "Gutleuthäusern" untergebracht
und mußten klappern, wenn sie Betteltouren machen wollten.

Dagegen hockten die Wohlhabenden in Badehäusern bei Schmauß, Bier und Wein,
sie fraßen und soffen - das Geld war da:
Wenige Familien waren "schöffenfähig",
aus deren Reihen wurden die 12 (heilige Zahl) Schöffen "generiert", wenn kein Geeigneter da war,
kamen die Schwiegersöhne an die Reihe.
(Vetternwirtschaft und Seilschaften in Reinkultur)
6-8 Familien dieser feinen Art gab es in Wetzlar,
die 12 Schöffen stellen?

Ja, weil die Familiennamen noch nicht festgeschrieben waren-
so konnte mancher unter anderer Bezeichnung noch einen weiteren Posten ergattern.
Diese Schöffen waren wie Patrizier, mit so viel Geld ausgestattet,
daß sie dieses Amt ausüben und ihrer eigentlichen Beschäftigung längere Zeit fernbleiben konnten.
Sie schlemmten und tranken alleweil auf Kosten der Stadt - bei jeder sich bietenden Gelegenheit.
Die Einkünfte kamen nicht aus der mageren Besoldung als Schöffe,
sondern aus Zins- und Kapital- und Fruchtrenten.

Eine Art "Geldadel", der sich auch mal mit dem niedrigen echten Adel mischte.
Manche kamen -wie heute die Bauern- durch die Aufwertung des Ackerlandes als Bauland zu viel Geld.

Um 1350 wurden Verbindlichkeiten privater Schuldner als "Leibrente" sogar weiterverkauft-
so kam die Stadt beliebig an hohe Sofortgelder-
bei Säumigkeit wurde der gesamte Betrag vom umsprünglichen Schuldner sofort fällig, mit hohen Zinsen.
Ähnliches gab es in der Neuzeit auch, wo man Schulden anderer kaufen konnte oder noch kann.

Das weckte die Gier der Zünfte mit ihren wohlhabenden Kaufleuten und selbständigen Handwerkern (wie heute) ,
die am "Entscheidungsprozess" teilhaben wollten -
die Zünfte regierten und verwalteten nun mit- was der Landesherr unterbinden wollte
und so kam ein Aufstand, bei dem die Zünfte alles zerschlugen und zerdepperten,
was die Schöffenfamilien hatten:
Fenster, Kachelöfen, Geschirr und sie zerfetzten die Schuldbriefe oder "Leibrent-Scheine".
Die umliegenden Grafen hefteten sich sofort an den Konflikt, um ihre Interessen zu stärken -
was die Kleriker ebenso machten, die gerne in Personalunion auftraten.
(Den ärmeren Leuten fehlte es an Fensterglas
und sie hatten beißenden Qualm durch das offene Feuer in den Augen, wenn sie heizen mußten.)

Damals wurden ganze Städte verpfändet oder abgetreten
(wie heute die Firmen mit Mann und Maus) an den Meistbietenden.

So ging es auch Wetzlar, wo anschießend die Grafen des Umlandes ihre Willkür trieben.
Durch Fehden, Schulden, Seuchen wanderten viele Menschen ab, ganze Bezirke standen leer.
Die Schulden blieben haften und so manche Familie zahlte daran bis in die Enkelgeneration,
manchmal ohne den Grund für diese hohen Schulden zu kennen, die diese Leibrenten abverlangten.
Die Nachkommen der Gläubiger fochten unbarmherzig ihren ererbten Anspruch durch.

Gab es damals schon "Abmahner"? Sogenannte "Freischöffen" klagten im Namen der Gläubiger Rechte ein,
ohne zuvor einen Auftrag dafür erhalten zu haben.
Vermutlich waren die Gewinne aus dieser "Anwaltstätigkeit" recht gut.
Damals wie heute sehe ich hier einen Mißbrauch der Gesetze oder handfeste Gaunerei.
Moderne Schinderhannes?
Vielleicht sollte man, würde der Staat sich weiterentwickeln
(was verhindert wird)
alle Immobilien- und Investmenterbschaften, genau wie alle Titel - mit dem Tod des Besitzers
erlöschen lassen (zugunsten der Kommune) - so wären Schulden und Streitigkeiten weg..
wie auch der (selbst zumeist) unverdiente Reichtum, der hochmütig und ungerecht macht.

"Wüstungen" und Leerstände sind also schon vor dem 30jährigen Krieg da gewesen -
schier aus ökonomischen Gründen,
mal war der Boden nicht gut gewählt, mal starb die Mannlinie aus, mal war der Hof verpfändet -
weil der Inhaber sich Bares gönnen wollte oder mußte.

Lustig ging es in den "Stiftungen" zu, die religiöse Absichten zumindest vorschoben,
um dem adligen Nachwuchs ein festes Auskommen zu garantieren.
Diesen Stiftungen flossen Schenkungen zu, sie unterschieden sich somit deutlich von Bettelorden.
In einer Parallelwelt lebten Leute, die nicht mal unbedingt die Priesterweihe haben mußten.
Sie beteten für Geld zu Gunsten des Zahlers.
Eine Art Gebets-Messe-Manufakturen für Wohlhabende mit schlechtem Gewissen.
Nüchtern, durch die Kaufmanns- oder Anwaltsbrille betrachtet,
trachtete man nach Gewinn - und wenn dieser durch die Verwaltung des Glaubens zustande kommt!

Diese Art der Volksverdummung war latent angelegt
und gestattete Anwesenheitsprämien für den Geistlichen, die "Präsenz" genannt wurde.
Damit besserten sich die Fürbitter -zu den Tandiemen aus dem eingebrachten Fond-
durch ein stattliches Zusatzeinkommen ein "Zubrot" auf.
(Ähnlich wie heute die Politiker mit den "Zuverdiensten"
durch irgendwelche schlauen Reden außerhalb ihres Amtes)

Zudem bekamen diese Prediger einen festen Anteil an den Geldern, die in oder aus der Messe zufließen.
Alle Kleriker genossen Immunität vor weltlicher Strafverfolgung:
Trotz des überlieferten "skandalösen Lebenswandels",
den einige an den Tag gelegt haben sollen.
Heutige Parallelen zu wilden Spekulationen der "Glaubensbanken" und sexuellen Übergriffen
wären rein zufällig - gell?!

Interessant waren die genau aufgeschlüsselten Ablasse,
die ein Besuch bei der Messe oder Andachten und Prozessionen einbrachten:
Nach Tagen und Anlässen gestaffelt konnte der "Sünder" frei von Schuld werden.

(Beispiel: 1000 Tage läßliche Sünden, 1 Fastensünde, 26 Festsünden) Wie nach einem Kontobuch!

Die verschiedenen Facetten der Überlieferungen sind räumlich unterschiedlich festgehalten worden -
nach einigen Orts-Chroniken verdichtet sich die Geschichte zu einem deutlicheren Eindruck.

Interessant fand ich den Umstand, daß nicht jeder der Schöffen
(zur Erinnerung: Patrizier, Richter und Anwalt, Ratsherr)
schreiben und lesen konnte.
(Nicht jeder Chef kann maschinenschreiben oder mit dem PC umgehen)

Stiftsüberschüsse an Lebensmitteln sind auf den heimischen Märkten aufgetaucht -
konkurrenzlos billig, weil sie eigentlich Eigenbedarf und damit steuerfrei waren.
Das schwächte den Markt und schuf nochmal ein mit Mißtrauen beäugtes Ungleichgewicht.

Es wird berichtet, daß das ausgehende Mittelalter zu "groben Genüssen und lärmenden Festen" neigte,
die "auf der anderen Seite übertriebene Buß-Eiferer schuf,
die Dauerbeten, Wallfahrten bis zu "Wanderprozessionen" zeigte.
(Dabei wurde der hl. Andreas - zumindest seine Darstellung -
mitgeschleppt und auf den Stationen immer wieder angebetet oder "verehrt".
Überhaupt war der "Glaubenseifer", Standesdünkel und übersteigerte Vorliebe
für den engsten Lebenskreis in den Köpfen ein Problem.
(Ist das heute nicht zuweilen ebenso?)

Weitere Bündnisse europ. Art führten -leider- nicht zu besseren Bedingungen,
sondern eher zu immer wirreren Bündnis-Verwicklungen und zu noch mehr Kriegen.
Da die Bevölkerung immer wieder alles abgenommen bekam,
was sie schafften und bewirkten, meldeten sich immer mehr zu den Soldaten
und kämpften zuweilen mal für Frankreich, mal für Schweden,
mal für Holland, mal für einen der Fürsten rundherum..
Was dem 30jährigen Krieg folgte, war der Absolutismus und Prunksucht der Fürsten- dem alles gehörte.
Einfach so, per "Edikt" - ein wenig (?)
klingt aus den Anordnung unserer heutigen Ministerien der Ton noch immer durch:
"ist zu tun" oder "hat eingehalten zu werden" etc.

Schultheiße und deren Helfer, die "Heimberger" waren Vertrauensleute der Fürsten,
sie schätzten die Ernte und Erträge, damit die Abgaben garantiert abgeführt wurden.
Der "Landesvater" ließ keine Gelegenheit aus, seinen "Kindern" oder besser Einwohnern
"Raison" beizubringen mit zig Verordnungen, die in jedes Lebensdetail reichten.

Beliebt waren diese Leute freilich nicht- man erkannte sie an der guten Ausstattung schon von weitem,
sie sollten sich gegen die einfache Bevölkerung abheben!
Bis zu Vorschriften für Feierlichkeiten, was die Zahl der Gäste,
die Menge und Art der Getränke und Speisen und die Dauer der Festlichkeiten anging.
Das Ziel?
Die Leute sollten sparsam leben, damit das Herrscherhaus im Bedarfsfall zahlungsfähige Untertanen hatte-
geschwind noch mal eine neue Steuer, eine Abgabe auf Einfuhren oder Importe oder für eine Kriegslast etc.
Der Fürst regelte alles und wurde so überall "Teilhaber" und der einzige Großunternehmer,
der an jedem Geschäft verdiente.

Nachtrag 2020/21 noch wirrere Vorschriften und Gesetze und Erlasse kamen durch "Corona"..
2022: Der Ukraine-Krieg bringt nochmal mehr künstlich aufgedrückte Sparsamkeiten..

Ach ja:
Noch im 17.Jhd. haben Luchse und Wölfe große Schäden in der Mitte Hessens angerichtet, so wird berichtet.
Deshalb hat man sie in diesen Jahren ausgerottet.
(Daß auch das Jagdrecht allein dem Fürsten gehörte, dürfte nicht mehr verwundern-
die Untertanen durften als Treiber tätig sein-
ob denen dieser Dienst paßte oder nicht)

Rauschende Feste und bestens ausgestattetes Hofleben war ein "must have" -
man wollte sich nicht blamieren, wenn hohe Gäste kamen.
Das große Vorbild war Paris, dort kam die Hofart her und diesem Treiben wurde nachgeäfft, koste was es wolle.

Schwuchtelig zu wirken war "modern" geworden.
Deshalb bin ich heute der Meinung, daß in unserer jetzigen "Demokratie" die Bodenhaftung,
das einzuhaltende Wahlversprechen und der gesunde Menschenverstand endlich wieder zu Ehren kommen muß..

In der alten Zeit, als die Lehrer in den Elternhäusern ihrer Schüler Geld einholen mußten,
kam es wohl oft zu peinlichen Szenen,
zu Gewogenheiten aber auch, wo wohl "Rücksicht auf die Spender" genommen werden mußte,
wenn Noten verteilt wurden.
Ich selbst kann mich noch daran erinnern,
daß in der Volksschule oft genug mit Dosenwurst geschmiert wurde!
(Kein Witz, es finden sich bestimmt noch genug Leute, die Ähnliches berichten können)

Zurück in die alte Zeit:
Im Kampf gegen den Aberglauben verbot man das "Wetterläuten" zum Vertreiben von Gewitter,
gegen Wahrsagen, Besprechen und Bannen -
von den Hexenverfolgungen gibt es so viele Berichte, daß ich mir das spare.

Zur Ehrenrettung Napoleons muß gesagt sein,
daß er dem Joch der kleinen Fürsten und deren Willkür ein Ende gesetzt hat,
auch wenn seine Soldaten in dem ständigen Hin und Her zuweilen die feine Art verloren haben
und in schlechter Erinnerung waren.

Die Anfänge der Demokratie gingen über die Vertreter der Zünfte,
die an Stelle der alten Patrizier-Schöffen kamen-
holprig und manchmal günstlingsartig.

Wetzlar wurde 1689 noch als "bergig, als übles Pflaster,
habe noch Strohdächer und Dungstätten auf den Gassen" beschrieben.
Diese Dinge besserten sich erst, als die rückständigen Zünfte zu mehr Vielfalt des Angebotes gebracht wurden
und zu besseren hygienischen Bedingungen
- die der Zuzug von hochwohlgeborenen und feinen Leuten forderte, die das Reichskammergericht mit sich brachte.
Bald blühte der Luxus und bislang unbekannte Dienstleistungen und Geschäfte mit fremden Sachen aus aller Welt,
mit Schauspiel und Malern und Heilern.

Trotzdem wurde die Stadt als "übel gebaut" betrachtet und so berichtet die Chronik:
"vom alten Friedhof am Domplatz stiegen Sonnenaufgangs im Sommer etliche Schuhe hoch
der blaue Dampf seiner Ausdünstungen hoch",
so überbelegt sei dieser gewesen..

Seit 1811 mußte jeder einen festen Familiennamen haben oder annehmen und eintragen lassen.
Zuweilen kamen so recht lustige und phantasievolle Namen zustande, aus dem Tier- und Pflanzenreich stammende.

Nach 1824 "widersetzten sich die Esel, ob beladen oder nicht,
der Verkehrsordnung hartnäckig - die Leute werden aufgerufen, darob besser Sorge zu tragen".
In diesem Jahr wurde die erste Straßenlaterne in der Stadt angeschafft,
die man an einer Kette herablassen, putzen und befüllen konnte.
Der Stadtsäckel konnte die folgenden Laternen nicht bezahlen
und so wurde das Instrument der "Hundesteuer" eingeführt, die dieses zu finanzieren half
- zusätzlich gab es für 10 Jahre eine "Chaussee-Steuer",
damit die Pflasterarbeiten bezahlt werden konnten.
Erst 1876 entsprach eine Zeitung den heutigen Vorstellungen -
zuvor traf man sich in Gasthäusern zu Diskussionsrunden oder vor der Post,
wenn der Reiter oder die Postkutsche kam- freizügig erzählte man den Freunden,
was die fernen Verwandten über allerlei Zustände schrieben
und blieb so ein wenig auf dem Laufenden, was in der Ferne geschah -
ohne Zensur durch die Obrigkeit, die so manches "filterte",
wie heute auch, wenn durch Auslassungen manipuliert wird.

(Das kann man leicht feststellen- indem div. Quellen
zu einer Nachricht herangezogen werden -
so manchmal glänzt es durch Auslassungen oder Gendern,
und anderen Verschleierungsversuchen.. 2022/23 gibt es wohl nur noch eine Nachrichtenquelle, die alle anderen speist..
Heute sind die Nachrichten gleichgeschaltet und bringen keine Aufklärung mehr;
- es darf z.B. nicht mehr gesagt werden, ob Einheimische oder Fremde die Täter waren)

1848 - die revolutionären Gedanken der großen Städte
hatten wohl im heimischen ländlichen Raum wenig Freunde und Anhänger gefunden,
was schon am typisch linken Ausdruck der Revolutionäre gelegen haben mag.

Die Unternehmer waren weniger "Kapitalisten", die Arbeiter weniger "Proletarier",
als das die Studentenverbindungen gerne gesehen hätten.

Hier pendelten die Mitarbeiter der Firmen lieber weiter auf das Land,
weil sie an der kleinen Scholle als Zusatzeinkommen hingen-
Steckenpferd, Zusatzernährung und Sicherheit waren besser, als eine Gettoisierung in der Stadt zu erleiden.
Diese -im Grunde wohl konservative, wie auch positivistische Einstellung der Leute liebte geruhsames Leben,
keine Revolutionen und keinen Krieg.
Ich betone nochmal:
Der "typische Deutsche" mag seine Ruhe, sein Bier, seinen Verein, seinen Schrebergarten,
seine Familie und nochmals seine Ruhe - Politik ist für ihn eher ein Ding für die da oben..

So wurde die beginnenden Industrialisierung nicht zur Entmenschlichung durch die Rationalisierung,
sondern blieb bodennah - auch politisch.

"Klassenkämpfer" haben hier auf dem Land nie Fuß fassen können, das ist bis heute so.

Das "deutsche Wunder" kommt also aus dem "Wir-Gefühl" und Zusammenhalt,
der in ländlichen Räumen doch noch größer ist, als in den Städten.

Soweit aus der Wetzlarer Chronik in Nachempfindung des Gelesenen.

Die tausendjährige Geschichte eines kleinen Ortes im Taunus - Münster -
wird die Grundlage der nachfolgenden Zeilen werden.

Die Autobahn A3 verläuft 6km südwestlich von Münster/Taunus und ist mir deshalb die Erwähnung wert,
weil sie wie die frühmittelalterliche Route
von Byzanz-Ungarn-Böhmen-Nürnberg-Frankfurt-Limburg-Altenkirchen-Köln- nach Flandern und Brabant geht!
In die anderen Himmelsrichtungen gingen die Hessenstraße und die Heeresstraße direkt am Ort vorbei-
wie fast überall, waren auch an diesem Knotenpunkt fast alle Leute unfrei oder Leibeigene,
die "wie Vieh verkauft oder gekauft, ohne gefragt zu werden" - und fremdbestimmt wurden.
So bekam der Lehnsherr -nur von der Gemeinde, ohne die umliegenden Güter-
im Jahr 1596 fünfzig Käse, 30 Hühner, 2 Gänse, 7 Gulden, 19 Albus,
6 Pfennige, 18 Malter Korn, 1,5 Sester Weizen, 7 Malter Hafer und 8 Simmern Erbsen an Fron oder Abgaben.

Nicht zu vergleichen mit heutigen Abgaben,
die zu sozialen und gesundheitlichen oder logistischen Zwecken bestimmt sind- wo die Gemeinde und Gemeinschaft
für Straßen/Strom/Gas/Wasser und Verwaltung sorgt,
damals hat der Empfänger die Abgaben verbraten.

Die Fron - Abgaben wurden schlicht von den Klosterleuten vertilgt oder verkauft,
ohne daß die Gemeinden etwas davon hatten.

Das Geheimnis der krummen Fachwerkbalken:
Frisch geschlagenes Holz aus dem Wald!
"Die Scheune wurde später stark gerichtet"
Vom Förster über die Handlanger aller Art,
vom Maurer und vom Bürgermeister und Wirt haben alle sehr kräftig zugelangt,
viel gegessen und noch mehr getrunken, wie die Abrechnungen dieser Zeit belegen.
Münster war evangelisch und Villmar katholisch:
Melanchton war der wichtigste Mitarbeiter Luthers und weilte eine Zeit auf Schloß Runkel,-
er und andere Reformatoren besuchten gerne die Fürstenhäuser,
teils auf Vermittlung der adligen Verwandten -
die sich allesamt von den Klerikern mit ihren befestigten Bischofsitzen
mit den krakenhaft ausgedehnten Besitzungen lösen wollten..

Die eigentlichen Gründe der Evangelisierung waren wohl Gebietskämpfe und Begierlichkeiten -
mehr Politik als Glauben!

Es gab Übergriffe vom evangelischen Runkel gegen die katholische Kirche zu Villmar,
wo auf primitive Art gewütet worden sein soll.

Damals wie heute gab es oberste Moralapostel, die stets unter süffisantem Grinsen erklären,
daß es eine "Kopfsache" sei, ob man Zuwanderung als Konkurrenz oder als Bereicherung "empfinden" könne..
..aus meiner Sicht wird denen das Grinsen gehörig vergehen, wenn ein konkurrierender Glaube einsickert,
der gleichzeitig auch Politik ist ! (politischer Islam Irans und der Scharia)

Der 30jährige Krieg war von allen Kriegen der Schlimmste,
er verschonte nichts und niemanden, auch nicht die "Brüder im Glauben"!
Als Beispiel dient die Kostenaufstellung der 9 mtl. "Einquartierung" einer Companie Kürassiere in Runkel 1636:
Das Regiment Montecuculi mit 30 Reitern und 63 Pferden kostete die Stadt 1950 Reichtaler
und fast 200 Ztr Hafer, fast 400 Ztr Heu und 17 Ztr Stroh.
(Zusätzlich kam die Verpflegung der Menschen)

Interessant finde ich, dass die Familien der Soldaten mit "ins Feld" zogen!

Nach dem 30jährigen Krieg kamen in Reihenfolge 6 verschiedene Kriege über das Land,
die stets bittere Not und Schulden hinterließen:
"Die Krise" gab es damals schon - so "erließ" der Fürst Christian Graf zu Wied
ein umfassendes Edikt der Abwicklung und dezitierter Sparsamkeit
für die Untertaten - z.B. "durfte" ein Waldstück abgeerntet,
das Holz "meistbringend" verkauft und folglich darauf Feldfrüchte angebaut werden.
(Er bekam von allem freilich weiterhin den Zehnten).
Die Wiederaufforstung war nach einer Zeit vorgeschrieben, das Saatgut ist freilich von der Gemeinde zu leisten.

O-Ton des Grafen:
"die nachlässigen, halsstarrigen und liderlichen Einwohner aber sollen von Zeit zu Zeit nach heischender Notdurft
(Bedürftigkeit) Unserer Regierung zu weiterer Maßnahme oder Züchtigung schriftlich angezeigt werden"
Bleibt zu hinterfragen, ob das Adelshaus ebenso sparsam war..
..und wie es so mit der "Liderlichkeit" in den Schlössern und Burgen bestellt war, hat man heute erforscht!

Im Gebiet blieben fast nur noch 7-12 Häuser des Dorfes übrig!

Die Runkeler Grafen zeigten sich sehr absolutistisch, frech und herrisch - trotz allem Unheil.
1648-1651 verbrannten 18 Hexen und zwei Hexer im Kirchspiel Münster.

Eine Schwester eines der "Hexer" leugnete, daß es Hexen gäbe -
und tat so die "strafwürdigste Ketzerei", die erst nach langen Prozessen
in div. Gerichten zum Erfolg der Straffreiheit geführt haben soll.
(Die Anklagen waren so manigfaltig, daß praktisch jede Krankheit,
jeder Tod und jedes sterbende Vieh auf sie abgewalzt worden war)

Ein anderer Fall: "Am 8.1.1706 starb Margrete Hasselbächerin,
104 Jahre alt und 45 Jahre Wittib (Witwe).
Sie war 15 Jahre zu Beginn des 30j. Krieges, den sie um 58 Jahre überlebt hat!"

Die vielfältige Grubentätigkeit der Gegend war freilich auch mit einigen Unglücken behaftet:
"Eine eingefallene Wand zerquetschte Anton Hepp, 14 Jahre und 3 Monate alt"
Die größte und zugleich letzte Grube des Ortes -
die wie alle anderen der "Rentabilität" zum Opfer fiel,
weil aus anderen Ländern billigere Erze kamen -
förderte von 1948-1970 gut 2 Millionen Tonnen 40%iges Eisenerz.

In jedem Dorf gab es einen "Backes", ein Backhaus mit großem, gemauerten Ofen,
der mit Reißig -in der Backröhre selbst-
angeheizt und dann ausgekehrt wurde, wenn die Steine heiß genug waren:
Eine Kornähre zeigte an, wenn die Temperatur richtig war.
Braun wurde sie- war sie schwarz, war die Temperatur zu hoch.
Es war bei Strafe strikt verboten, in den Häusern zu backen:
Fachwerk und Strohdach waren schnell eine "zündende Sache"!
Oft genug sind ganze Dorfseiten abgebrannt,
wenn die dicht stehenden Stallungen und Scheunen (auch selbstentzündend durch noch feuchtes Heu) Feuer fingen.
In diesen Backes war die Ratsstube untergebracht, bevor eigene Häuser dafür gebaut wurden.
Manchmal war oben auch - mit Zugang von oben - eine "Armenstube" untergebracht,
dh. eine Art Sozialvorsorge.

Der Friedhof in Münster lag auf dem Backesberg, bei der Kirche und war in 3 Klassen eingereiht.
Am Gründonnerstag bekam der Pfarrer von jedem Abendmahlteilnehmer ein Osterei,
nach 1768 waren es 4 Eier.

(Zu den vielen kleinen Geldern, die durch Taufen, Umschreibungen,
Heiraten und jede Handreichung fällig waren)

Männliche Bürger waren zu Tag- und Nachtwachen verpflichtet -
trotz dem ein Feldschütz vorhanden war - und zu Botengängen für die Gemeinde, durch
den Pfarrer oder den Landesherren heran zitierbar !
Der Zehnt wurde 1845 durch eine einmalige Ablöse-Summe gelöscht,
was das Dorf enorm verschuldete: 50.000 Gulden !
Die Pfarrei bekam nochmal 1080 Gulden von den Bürgern.
Wir zahlen heute nurmehr etwa ein Drittel des Zehnten,
weil die kleinen Leutchen die anspruchsvollen herrschenden Schichten direkt bezahlen mußten,
die sich aus Fabrikbesitzern, Fürstenhäusern, Offiziere,
hohen Beamten und der sogenannten Geistlichkeit zusammen setzte,
wo auch noch laufend rivalisierende Kleinkriege ausgefochten
und Feudalleben finanziert wurden, wobei der ganze Adel -der immer weiter wurde-
keine Abgabenlast zahlen mußte.
..keine Abgaben zahlen mußte - diesen Satzteil kann ich nicht genug wiederholen.

Mühlen waren immer eine einträgliche Steuer-Sache - es ist überliefert,
daß eine Verpfändung der Mühlenpacht im Jahr 1622 gut 4000 Gulden brachte!
(Es gab in den meisten Orten den "Mühlenbann", wo der ganze Ort und das Umfeld dort mahlen lassen mußte)

Interessant war, daß ein Gulden fällig wurde,
wenn jemand beim Spaziergang auf den Feldern am Sonntag "erwischt" wurde:
Diese Strafe kam in die Almosenkasse der Kirche und war für jedes Fehlbleiben des Gottesdienstes gedacht.
Bei jeglichen Arbeiten oder sogar für das Kartenspiel am Sonntag
mußte umgehend Strafe an die Kirche gezahlt werden, die unerbittlich eingezogen wurden:

"Das gute Wort Gottes" kam so den Menschen näher!

Im Jahr 1851, so ist überliefert, bekam der 2. Lehrer
(der keine Zusatzeinkommen oder Felder hatte) 180 Gulden netto im Jahr an Besoldung
plus freier Wohnung.
Mit einer Familie, so der Chronist,
wäre damit ein eher beschwerliches Leben möglich gewesen.
(Grubenarbeiter waren nicht studiert und bekamen weniger,
mußten aber mit ein wenig Landwirtschaft zuarbeiten, damit die Familie leben konnte)
Geldwert - Beispiel aus diesem Jahr:
Von diesen 180 Gulden konnte man 450 Brote und 27 Ztr Kartoffeln kaufen.

Wissenswert ist, dass die Orts und Ortsverbindungsstraßen erst nach 1945 geteert wurden. (Vicinalwege)

Im Jahr 1916 soll die Uhr erstmals um eine Stunde vorgestellt worden sein,
damit das Sonnenlicht besser ausgenutzt werden konnte.
.. und immer waren es die "Honoratioren", die für die Kriege einpeitschten,
Reden schwangen und "patriotische" Lieder bauten ..
die wichtigen Mitläufer waren es, die Potentaten und Fürsten Macht gaben und nichts anderes-
diese zwangen die kleinen Leute und so waren sie letztlich mit die Hauptverantwortlichen
für das nachfolgende menschliche Leid, Elend und den Hunger,
der die Dorfbewohner wie eine Seuche heimsuchte.
Inmitten der Verluste der Männer, die "ins Feld gezogen" waren,
kamen Krankheiten und Hungerflüchtlinge aus der Stadt,
die all ihre Habe verloren haben.

Die Ursache des Krieges ist mal Größenwahn, mal alte Adelsfehden,
mal Gier von Despoten nach Land und Macht,
oft genug war der Glaube, aber auch weite Arbeitslosigkeiten daran schuld,
die mit Hilfe der Kriegsmaschinerie übertüncht wurde.
Das Ende der Chronik aus Münster schreibt vom "Zusammenwachsen",
von Freundschaft und von "Durchmischung" von Neubürgern und Einheimischen,-
damals, nach den Weltkriegen schweißte die Not zusammen, heute tun sich die Städte sehr schwer damit-
weil zu viele aus einem Zuwanderungsgebiet aufeinander hocken
und schon deshalb unsere Sprache nicht zu erlernen brauchen -
hier auf dem Land sind diese Separat-Gesellschaften nicht zu finden.
Friedvolle Einigkeit statt Parallelgesellschaften oder Subkultur ist allemal das beste Predigtziel,
besser als jede ferne Berliner Ideologie der planmäßigen Überfremdung, die zunehmend als ein "Verlust von Heimat" empfunden wird. Ein Sakrileg!

Die nächste Chronik, diesmal von Obershausen..
700 Jahre alt, ein Ort im Westerwald, nahe der Lahn, am Kallenbach gelegen.
Im Nachbarort Niedershausen soll in früher Zeit "ausgedehnter Weinbau" betrieben worden sein.
Die Überlieferung, daß im Jahr 1783 der Schnee so hoch gelegen haben soll,
daß man Gänge zwischen den Häusern und den Scheunen graben mußte,
finde ich bemerkenswert.

1830 soll ein starkes Erdbeben die "Möbel in den Häusern wandern" gelassen haben,
starke Bäume wurden in Mengen niedergelegt,
Häuser in den Höhenlagen eingedrückt und zerstört.

Den Titel "Graf" durfte man wohl als "Grafen-Amt" verstehen, das ein hoher Verwaltungsposten / Vogt war,
das vom König des Gaues auf Lebenszeit verliehen wurde.
Der Adel übernahm seinen Familiennamen interessanterweise vom Burg- oder Ortsnamen!

Zum Beispiel der Burg Nassau, die ein- oder übernommen wurde von den Laurenburgern,
die sich dann fortan und bis heute "Grafen von Nassau" nannten.
Diese Burschen hatten zwar einen sehr engen Draht zu den Stauferkönigen und Kaisern,
durften aber dennoch nicht in Weilburg eine Schutzburg
oder befestigte Anlage errichten, weil das Bistum Worms die Hand in weiten Teilen darüber hatte -
Nicht dumm, bauten die "Grafen von Nassau" an der Weil bei Freienfels,
unmittelbar bei Weilburg, eine neue Burg und erorberten so das,
was ihnen per Edikt nicht erlaubt war -
trotz "Exkommunikationsdrohung für den Grafen und seine Nachkommen" - ließ sich später ein Handel machen,
indem sich der Eroberer freigiebig zeigte und den Kirchen Gelder zufließen lassen hat.

(Geld regiert die Welt)

Ob aus Worms oder anderen Orten am Rhein -
immer kamen die Herrschaften von weit her und nahmen sich, was sie kriegen konnten.
Walram I von Nassau nahm trotz der Differenzen an den "Kreuzzügen" teil -
damit und mit den Geschenken heilte er den Schmach der Kleriker ganz geschwind.
In der sogenannten "kaiserlosen Zeit" schwand jede Hemmung und die Wegelagerei der "ehrbaren" Fürsten begann.
Wilhelm V. von Nassau schuf den Beamtenstand mit seinem Kadavergehorsam,
dafür sogar eine Waisenkasse der Staatsdiener -
und viele neue gesetzliche Sicherheiten, die schließlich die Grafschaft zum Erblühen brachte.
In Nachfolge der Prinzen von Oranien, die zu "Erbstatthaltern der Vereinigen Provinzen"
( und seit 1815 zu Königen der Niederlande) geworden waren

Der Cent (Zent, Zehnt) war die Hundertschaft (lat. Centum) an Feuerstellen (Familien) an Leibeigenen.
Der Zehnt betrug also jede 11. Garbe, das "Medum" ließ den 6. Teil der Ernte, des Ertrages abführen.
Letzteres war identisch mit dem "Neurod", die Abgabe auf den Ertrag eines neu gerodeten Stück Landes.

"Kanoniker", Priester, Vögte und Fürsten waren oft genug in "Personalunion" zu finden.

Die Waldschmieden folgten nicht unbedingt dem Eisenstein - die Findlinge wurden vor Ort geklopft,
das taube Gestein abgeschlagen und dann das Roheisengestein dorthin transportiert, wo Wald war.
Die riesigen und zahlreichen Halden wurden lange Zeit zur Befestigung von Waldwegen benutzt,
sie bestanden aus dem tauben Gestein,
besonders aber aus poröser Eisenschlacke.
Diese Deponien entlang der Wege sind noch lange nicht erschöpft.

Mit Faltenbälgen und gemauerten Rennöfen wurden die Eisensteine und Holzkohle -geschichtet- geschmolzen.
Anschließend wurden die Öfen aufgebrochen und die "Luppe" entnommen.
Diese wurde mit Holzhämmern in Form geschmiedet,
so daß sie auf an Stricken angebunden (auf der Schulter) und so auf die Märkte
oder zu den Dorfschmieden transportiert werden konnten.
Die Holzkohle gewann man direkt vor Ort.
Später wurde die Wasserkraft zur Windentfachung genommen, so kamen die Waldschmiede in die Auen.
Der so gewonnene Stahl soll recht hochwertig gewesen sein,
trotzdem ist durch diese harte Tätigkeit keiner reich geworden..

Im 30jährigen Krieg tobte die "protestantische Union" gegen die "katholische Liga" -
erstere spähte mit Hilfe von abgerichteten Eichelhähern,
die laut über den Bäumen kreiste, wo sich Teile der Bevölkerung vor den Schweden,
den "Befreiern" (Deubel mit dem Belzebub ausgetrieben) versteckten..

Ein schräger Fall von damals:
Ein Korb Futter-Gras, das eine Frau am Waldrand für ihre Ziegen gesammelt hatte, brachte ihr Unannehmlichkeiten
wegen Diebstahls und eine Nacht im "Bullesje" ein, weil der damals preußische Förster sie erwischt hatte.

Die schulischen Geschichtsvermittlungen sagen kein Wort davon, daß später,
im Hungerwinter 1946/47 das Leben so hart war, daß 500.000 starben..

Mittelhessen hatte im Jahr 1919 noch 21% der Eisenförderung des Deutschen Reichs!
Wer heute die Landschaft durchwandert, wird das kaum glauben.
Für 1 Wagen Eisenerz benötigte man 32 Wagen Holz um dieses zu bearbeiten -
wenn man bedenkt, daß in der Grube Eppstein
wohl 750.000 Tonnen Erz gefördert wurden..
.. so entstanden die großen Kahlflächen der damaligen Zeit.
Und das war nur eine, von zig Gruben dieser Art!

Interessant oder am Rande bemerkt:
Mitte der 1950iger Jahre kamen die ersten Kühltruhen in die Läden,
- endlich gab es Speiseeis zu kaufen!
Noch ein paar Zahlen?
1900: Die Geschäfte durften werktags von 05.00 bis 21.00 öffnen,
im Jahr 1919 von 06.00 bis 19.00 - mit dem Sonntag als Ruhetag.
Erst ab 1956 war 18.30 Uhr Ladenschluß - Samstags 14.00 Uhr.
Der "lange Samstag" folgte 1957.
Nachtrag: Heute bin ich im 72. Lebensjahr und wundere mich, daß mir früher diese notorische Vorschriftenmacherei
nicht aufgefallen ist.. was sind denn das für Menschen,
die anderen immer bestimmen wollen oder müssen?!
Gibt es keine Tabletten dagegen?

In der Ortschronik von Obersdorf bin ich auf einen Hinweis zum "Westerwälder Kuhhund" gestoßen- ein zäher,
mit langen roten Haaren, ein angstfreier Hund,
der in der Größe zwischen Schäferhund (DSH) und dem (Groß) Spitz angesiedelt ist.
Die "reinste altdeutsche Hütehunderasse", heißt es weiter..

Die Flachsfelder seien damals typisch gewesen, mit ihren kornblumenblauen leuchtenden Blüten.
Flachs gab es als Ölflachs und solchen, bei dem die Samen gleich in der Küche verwendet wurden.
Diese Frucht war lange vor der Baum-Woll-Zeit "Mode"- mit der Wurzel ausgezogen,
auf Hausten getrocknet, die Samenkapseln entfernt-
begannen nach ein paar Tagen die Fasern frei zu werden,
damit diese gehaspelt und später versponnen werden konnten.
(Man hat die Pflanze dann an der Wurzel gehalten, um die Fasern mit dem Eisenkamm zu vereinzeln)
Zu Garn gedreht, wurde dann der Webstuhl,
erst die Längsfäden einspannen, dann kam das "Schiffchen",
in das Garn aufgewickelt war, durchgeschossen- Reihe für Reihe,
immer abwechselnd die Längsfäden hochgestellt.
Dann wurde mit dem Kamm festgedrückt.
Wenn das Tuch fertig war, kamen Ösen angenäht,
die dann auf der Bleiche das fertige Produkt auf Holzpflöcken hielten,
damit es immer wieder gewässert werden konnte, ohne wegzufliegen.
Die Ölmühlen, die Bucheckern und andere Ölsaaten ebenso annahmen,
erhitzen die Samen in einer großen Wanne,
damit diese anschließend mit einem großen Stößel aufgebrochen,
in Tüchern reihenweise übereinander gelegt,
unter großem Druck gepresst werden konnten.

Die Hausschlachtungen wurden immer mit der Trichinenbeschau
-vor der Schlachtung die Visite und danach eine gründliche Fleischbeschau gemacht.
Besonders gründlich ging man bei Wildschweinen und ..
Dachsen vor, die bekanntlich Aasfresser sind:
Von Dachsen wurden sehr teuere Delikateß-Schinken gemacht!
(Wer weiß das heute schon noch?)

Interessant finde ich, daß heute ein Mähdrescher in einer Stunde mäht und drischt,
wozu früher mit der Sense eine Familie 2 Wochen brauchte!
Die Chronik berichtet von einem Mutterschwein (Sau genannt) mit einem Lebendgewicht von 250kg !
Dieses Tier hatte 21 Ferkel.
Eber und Ziegenböcke waren eigens bei einem bestimmten Bauern eingestellt,
der von den Muttertierhaltern und von der Gemeinde seine Bezahlung erhielt.
Wenn diese männlichen Zuchttiere zu alt waren, wurden sie kastriert,
um diese später doch noch schlachten zu können.
Stichwort Fasel-Rind

Ein guter Bau:
Der Aushub für das Wohnhaus "auf der Lahmekaut" (Lehm-Grube)
ergab 50.000 Ziegelsteine, die direkt vor Ort geformt
und gebrannt worden sind - wie unglaublich praktisch !
Der Gockelhahn auf der Obershäuser Kirche trägt die Buchstaben "H" und "N"
(Herzogtum Nassau) und die Jahreszahl 1686 !
Im zweiten Weltkrieg hat sein Hinterteil zwei Durchschüsse erlitten,
die das schmiedeeiserne Ding schneller rosten ließ.
Im Jahr 2001 restauriert und mit einer vergoldeten Kugel
-mit ein paar Dingen zur Zeit drin- so kam er wieder auf seinen alten Platz.

Wie überall in der Region auf dem Land sind die "Tante Emma"- Läden ausgestorben,
weil die Mobilität der Kunden durch den techn. Fortschritt kam,
was auch die kleinen Handwerksbetriebe betraf.
Letztere sind gewinnmaximierten Großbetrieben gewichen,
die nur noch die Autobahn als Standortvorteil sehen,
nicht mal mehr die Zahl billiger Arbeitskräfte oder Anreize durch die Kommunen.
Gelenkt werden die Geschicke mehr durch Geldgeber als durch die Inhaber.

Nachtrag 2020: Inzwischen sind in einigen Dörfern "Kioske" entstanden, die eine "Tante-Emma-Laden"-Funktion haben.
Türkischstämmige Bauunternehmen - in Deutschland! - machten das, was heimischen Firmen zu gering war und.. hatten Erfolg.
Heute beherrschen sie praktisch alles am Bau, außer dem Heizungsbau.

Die Bedarfsdeckung der Landbevölkerung geht heute zuweilen skurrile Wege,
wenn der Bauer kein Milchvieh mehr hat und seine Milch im Diskounter holt,
wenn Eier aus dem fernen Geflügelgroßbetrieb kommen,
wenn "heimische" Firmen in Polen oder sonstwo billiger produzieren lassen
und jedes Brötchen über tausend Kilometer zum Diskounter transportieren..

Früher war ein Ehe-"Partner" (was meistens Frauen waren) "daheim"
und zog Gemüse und Kleintiere auf, heute "pendeln" alle - wehe,
wenn der Treibstoff mal knapp werden sollte!
Ich denke, daß die meisten Leute heute Probleme hätten, würde das "Navi" ausfallen..
Straßen- oder Land- Karten hat keiner mehr und wenn, könnten sie diese nicht lesen.

Die Uhr dreht keiner mehr zurück, so bleibt nur die Reflektion auf die "gute alte Zeit", die zwar alt,
aber keineswegs immer "gut" war- das soll auf dieser Seite zu Worte kommen.

Mit Dingen, die man nicht so leicht erfährt und die durchaus eine interessante Sache sein können:
! Nur wer die Wurzeln kennt, kann die Zukunft erkennen und verstehen !

Der Tante-Emma-Laden hielt alles vor, was man auf dem Land so brauchte - so eine Art Drugstore war das auch:
Gartengeräte, Samen, Strümpfe, Töpfe, Geschirr und Bestecke, Mehl und Hülsenfrüchte,
eingelegte Gurken bis zum Fisch - alles zum Abpacken in großen Behältnissen angeliefert.
Kaffee wurde im Laden gemahlen und in der Tüte nach Hause mitgenommen.
Ein buntes Gemisch aus Gerüchen stand im Laden wie eine Glocke !
Was der Kunde wünschte, wurde sogleich notiert und beim Großhändler besorgt,
meistens auch noch ins Haus geliefert, wenn nötig.
Das "Anschreiben" oder Führen eines Kontobuches war damals normal -
bezahlt wurde am Monatsletzten oder wenn Geld vorhanden war.
Das Lebensmittelgeschäft war Treffpunkt, wie die "Milchpritsche", wo Bauern ihre Milchkannen hin lieferten,
damit diese vom Molkereiwagen abgeholt werden konnten.
Metzgereien gab es nur in größeren Orten, in den kleineren Kommunen hatte dafür kaum einer Geld-
es wurde hausgeschlachtet, was meistens Kleintiere waren.
Ziegen oder Hasen, Gänse, Hühner, auch mal Enten oder Schafe.
Wurst war eine seltene Sache, selbst für Leute, die sich ein Schwein zur Hausschlachtung leisten konnten.
Großvieh, Rind und Pferd wurde vom Metzger geholt.

Hutewälder und Waldfeldbau :
Die frischen Austriebe der am Stock abgemachten Neuwüchse sorgten für immer nachwachsendes Holz -
diese Methode kannte man bereits in der Steinzeit.
Zwischen diesen lichten Bewüchsen pflanzte man damals Hafer,
Waldstauden-Roggen oder Buchweizen, der Weizen des Waldes.

Die Tiere wurden planmäßig in den Wald zur Mast geführt,-
und so wurde der Boden extrem ausgelaugt.

Das Brennen von Ton und Kalk, die enorme Nachfrage nach Holzkohle ließ überall Meiler entstehen-
vom Bügeleisen über Öfen bis zur Eisenschmelze,
für chemische Prozesse - wurde überall Holzkohle gebraucht.

Für einen einzigen Meiler gingen 40-120 Raummeter Wald weg.
Um das Jahr 1600 wurde 1 Hektar Wald für 1250kg Stabeisen gebraucht!
Die sogenannten "Backwellen" -
große Nieder- und Restholzbündel zum Anheizen des dörflichen Backofens waren eine Art der Waldnutzung,
die auch noch den letzten Krümel vom Waldboden verschwinden ließ.
Eine Familie bekam 5 Raummeter Holz plus Schlagraum oder Sammelholz zugewiesen-
damit mußte man über den Winter kommen.
Holznot bedeutete damals Hungersnot,
weil durch die Kahlen vermehrt Naturkatastrophen heraufbeschworen worden sind,
die auch noch klimatische Veränderungen brachten, die den Feldbau erschwerten.

Eine Notiz nach dem 30jähigen Krieg aus dem Ort Obershausen:
Es lebten hier 9 Männer, 11 Weiber, 17 Rinder - Punkt.
Erst 1860 kam die Steinkohle zum Einsatz und die Holzkohle verlor an Bedeutung,
der Wald bekam wieder mehr Ruhe,
die planmäßige Aufforstung war möglich.
Zuerst die Schutzhecken, dann die Schonungen.
Siehe da- das Klima verbesserte sich merklich!
Früher galt die Linde, die Ulme, die Wildkirsche, der Ahorn, die Birke,
Esche und Robinie als "forstliches Unkraut" -
heute weiß man es besser und pflanzt mehr gemischt.
Sogar die Elsbeere, Walnuß bis Hickory sind heute zu finden -
aus damaligen Versuchsgärten der Forstwirtschaft.
Pappel, Tanne und Fichte sind neben der Buche die Massenhölzer, Eiche hat überall den Vorzug.
Weitere Nadelholzarten sind die Douglasie,
Kiefer, Sikafichte, Lärche,
der Abendländische Lebensbaum und die Jeffreys Kiefer - um die wichtigsten zu nennen.

Bis zum 16.Jhd. gab es keine gesetzlichen Ordnungsvorschriften für den Wald,
ab Mitte des 18.Jhd. wurde planmäßiger gearbeitet.
Heute geht man wieder zum naturnahen Hochwald über.

Am Ende der Dorfchronik, die in der Bücherei zu Weilburg steht,
sind die Seiten 393-464 dringend zu empfehlen.
(Persönliche Berichte aus der Zeit des 2. Weltkriegs,
die man sonst nirgendwo findet, nicht immer so gute Sachen wie folgende:
Dort ist von "Ropselkräbbel" (Raps/Rübenkraut) die Rede- und wie man diese in Orscha, Rußland ißt:

Mit Zucker bestreut, ohne Öl gebacken..)

Nun kommt die Chronik des Dorfes Probbach dran..
"Eine Chronik schreibt nur derjenige, dem die Gegenwart wichtig ist" (Goethe)

"Wer die Vergangenheit nicht ehrt, verliert die Zukunft, wer seine Wurzeln vernichtet, kann nicht wachsen!"
(Hundertwasser)

Interessant, daß es tausend Jahre nach Christi dauerte,
bis sich Familiennamen in der heutigen Form ausprägen konnten,
bis zur Norm vergingen nochmal 200 Jahre.

Interessant, daß die Kelten 275 v.Chr. im Gebiet von Ankara einen Reststaat hatten:
Galatia!
(Zur Erinnerung: Paulus schrieb 50 n.Chr. an die Galater)

Das Westerwald-Dorf Probbach- Brabach, Braychebach,Brachbach, -
wo bei der Präposition eine Assimilation zu sehen ist, ggf. von Prope
(lat. nahe) kommen könnte:
Statt Prop-bach Prob-bach. (lat. Prope - nahe)
Immerhin sind 24 verschiedene Schreibweisen bekannt!
Der Hickhack um den Kahlenberger Zehnt traf auch diesen Ort, wie oben bei anderen Orten bereits erwähnt.
7 Kreuzzüge (und zwei Kinderkreuzzüge) fanden zwischen 1096 und 1270 statt -
zuerst gegen die "Christusmörder", dann gegen die Kirchenketzer !

Kinderkreuzzug
Den Bischöfen entglitt ihre eigene Hetze,
nun kam die unsteuerbare Wut ihrer Schafe, die es zu kanalisieren galt.
Im 30j. Krieg soll es noch einen zweiten Ortsteil, Niederprobbach gegeben haben,
das wohl abgebrannt ist oder "wüst" wurde.
Nach 1413 sei davon nichts mehr zu lesen, schreibt der Chronist.

Die "Landwehren" waren ein Hainbuchen-Gebück, das die Grafschaft vor Eindringlingen schützen sollte-
selbstredend war die Unterhaltung den ohnehin schon hart arbeitenden Dorfleuten als Frohn aufgebrummt..
1624 soll eine "schlimme Wolfsplage, die nicht mal das Vieh im Stall verschonte" gewesen sein.
Die Pest kam ursprünglich aus Nordindien und Zentralafrika nach Ägypten,
sie reiste mit den Schiffsratten nach Konstantinopel und im 6. Jhd. nach Europa.
Nach 1720/21 zog sich die Pest aus Mitteleuropa zurück.
Erst 1894 kam die Entdeckung, Vorbeugung und Bekämpfung des Erregers.
Daten und Zahlen aus der "Nassau-oranische Scharfrichter-Gebührenverordnung":
Finger oder Hand abschlagen: 3fl, mit dem Schwert hinrichten:
4fl, mit dem Rad lebendig hinrichten:
4fl, lebendig verbrennen:
15fl, Scheiterhaufen:
6fl, Missetäter mit 4 Pferden zerreißen:
12fl (Gulden)

Für einen Gulden bakam man in Weilburg im Jahr 1713:
12 Pfund Fleisch vom Rind oder Schwein, 50 Liter Milch, 10 Liter Bier, 1 Pfund Kaffee.
Ein Kammerdiener verdiente im Jahr 100fl, Mägde und andere "Dienstleister" 18fl im Jahr,
ein Leutnant 18fl, ein Oberst 60fl.
(Andere Vergünstigungen, wie Wohnen oder Essen kamen dazu)

Etwas aus der Probbacher Chronik-
Im Jahr 1900 wurden drastische Ordnungsstrafen durch den Feldschütz verhängt:
Nicht abgeholtes ersteigertes Holz aus dem Wald kostet 7 Mark und 10 Pfennig, ersatzweise 2 Tage Haft..
ein frei laufender Hund kostete 3 Mark Strafgeld..
Immer war eine "Rechtsmittelbelehrung" und ein Strafgeld von 20 Pfennig aufgeschlagen,
wenn nicht zeitig bezahlt wurde.
(Heute ist das der "Säumnisaufschlag" und immer ist diese "Rechtsbehelfsbelehrung" mit dabei..)
Im Jahr 1624 wurde erwähnt,
daß von den Einwohnern Probbachs und Dillhausens keine Hunde in den Gottesdienst mitgebracht werden dürfen -
unter 3 Albus Strafandrohung! (Damals war der Kirchenbesuch vorgeschrieben)

1734 löste eine willkürliche Kriegssteuer einen Bauernaufstand aus,
der mit Hilfe der Soldaten unterdrückt und zusätzliche Strafen
(50 Gulden "Herrschaftsstraff") für den Ort brachte.
"Der Bürger unserer Gegend ist sehr ruhig und friedfertig,
bis zu dem Moment, wo es existenziell gegen ihn geht", so die Chronik.
Mit 10 Morgen Land konnte man damals -mit der 3 Felder Wirtschaft-
gerade mal einen Menschen für ein Jahr ernähren, so mager waren die Felder.
Eine einheitliche Tracht gab es wohl in unserer Gegend -an dem Mittellauf der Lahn- wohl eher nicht.
Die Oberbekleidung wurde niemals gewaschen, zumindest die "guten Sachen" nicht,
nur mit Schmierseife und Kaffee gebürstet und "gemärzt",
dh. im Frühjahr -März- zum Lüften an die frische Luft gehängt.
Bei dem Männern gab es das knielange geschlitzte Hemd, das die Unterhose ersetzte.

In der Pfarrchronik Mengerskirchen im Jahre 1850:
"Das äußert niedliche Häubchen der Frauen
schmiegt sich leicht und graziös in geringem Umfange um den Wirbel ihres Hauptes,
aus dem üppigsten Haarwuchs neckisch herauszuquellen scheint;
nach der Stirn gescheitelt, umschließt er ungekünstelt kerngesunde, von reiner Luft gemalte Wangen.
Reizend wallen breite Bänder auf züchtig verhüllte Nacken herab.

Die Männer tragen an Sonn- und Feiertagen gleichfalls eine tuchene Kleidung,
die diese starken, grobkörnigen, schönen,
etwas hageren Gestalten von zierlichem Wuchs umhüllt,
die mit offenen Gesichtszügen und Augen, die List und Scharfsinn verraten.
Beide Geschlechter sind muskelstark gebaut, besitzen eine natürliche Einfachheit des Sinnes,
ein frischblühendes Inkarnat auf den Wangen
und ein von wahrer Lebenskraft funkelndes Auge."

Die Leute damals hätten etwas für sich aufbauen können, hätten noch besser leben können,
wenn nicht immer wieder die Blutbuben des Adels gekommen,
die mit Hilfe gedungener Vasallen (Soldaten, Schultheiß) ein Großteil der Mühen gestohlen hätten.
Die Kirche hängte sich nur allzu gerne daran und saugte ebenso aus.

Eigentlich - wenn ich mir diese Zeilen bei der Korrekturlesung durchsehe -
sollte man Kleriker, Adelige, Herrscher, Soldateska und Diebesbanden in einen Topf werfen!

Frauen hatten ihr Haar immer mit einem Tuch bedeckt, wenn sie das Haus verließen.

1730 wurde Zucker aus Zuckerrüben und Kartoffeln im Westerwald bekannt.

Um Christi Geburt kamen Sauerkirschen, Zwetschgen, Wein und Pfirsich in die Gegend.

Erst während des Mittelalters gab man das Verlassen der Dörfer auf,
wo ein wenig weiter neu aufgebaut werden mußte - auf und wurde so seßhaft.
Die Zeit des Halbnomadentums war vorbei.

Der Flurzwang, wo alle gleichzeitig eine Frucht anbauen und beim nächsten Feld wechseln
und beim 3. Feld eine Brache einhalten mußten, wurde eingeführt.

Zwei Drittel aller Männer sind um 1920-25 nach Westfalen
und ins Rheinland gezogen um als Maurer oder Stukkateur zu arbeiten.
Die Nebenerwerbslandwirtschaften wurden von den Frauen, den Kindern und Greisen aufrecht gehalten,
die dann 12 Stunden an Winter- und 18 Stunden an Sommertagen arbeiten mußten.
6 Tage die Woche, wer Vieh hatte, mußte dieses freilich auch Sonntags versorgen.
4 Wohn- und Schlafräume bewohnten 14 Menschen!

Seit 1800 ist Soda bekannt, seit 1900 die Fabrikseife.
Zuvor stellte man Pottasche aus Farn- oder Unkraut her, das mit Salzwasser eine Lauge bildete.
Wurde darin Fett gesiedet und mit Salz gehärtet, gab es Seife!
Wollsocken blieben nach dem Waschen in Form,
wenn sie über einen Hohlkörper mit heißem Wasser gezogen und so getrocknet wurden.

Interessant :
Salzfleisch versorgte nicht mehr den ganzen Winter über die Landbevölkerung, sondern sogar Seeleute.
Erst 1810 kam die erste Konservendose auf, was eine deutlich bessere Qualität brachte:
Napoleon richtete ein Preisausschreiben ein,
weil er seine Soldaten auf den langen Feldzügen gut ausstatten wollte.
So wurde die Konservendose erfunden!
Die Technik des Einkochens wurde immer weiter verbessert und hygienischer,
was ab 1860 zu größerer Sicherheit führte.
1900 kamen die Weißblechdosen mit jahrelanger Haltbarkeit:
Vollkonserve!
Nun war alles haltbar zu machen,
die Dosen wurden mit einer kleinen Maschine nach Gebrauch ein wenig oben abgeschnitten und mit neuem Deckel
verpresst, wenn sie gereinigt und danach neu gefüllt waren.
Egal ob Fleisch, Fisch, Wurst, Gemüse, Obst oder Brot - alles war haltbar zu bevorraten.
Später kam das Einwecken auf, benannt nach den Herstellerfirmen W eck und R ex - in Gläsern, Glasdeckel mit Rille für die Gummidichtung.
Weißkraut, Wirsing, Zwiebeln, Sellerie, rote Rüben, Möhren,
Mangold, Spinat und Salat kannte man schon lange,
um 1930 kamen Tomaten, Erdbeeren dazu,
später Schwarzwurzeln, Radieschen, Rhabarber, Johannisbeeren, Stachelbeeren.
Himbeeren und Brombeeren und Heidelbeeren und wilde Walderdbeeren holte man im Wald.
Die erste Konfitüre wurde für die spanische Gattin des engl. Heinrichs VIII gekocht,
weil sie sich nach den heimischen Orangen sehnte..

Zucker war bis 1750 schierer Luxus aus Übersee - dann kam die Spielart der Runkel- oder Wasserrübe auf,
welche wohl auch der Stamm von Mangold und Möhre war:
Die Zuckerrübe vom heimischen Feld.
Von nun an war die Zuckerversorgung kein Problem mehr!
Die Marmelade und Gelee gehörten fortan als wichtiger Ernährungsbestandteil dazu.
Erst 1850 kam die Imkerei auf, die das Bienenvolk überwintern lassen konnte,
statt einfach das ganze Volk zu plündern -
vermutlich war dieser Raubbau auch ein wenig Ursache für Mißernten der Vergangenheit !

Vor dem 2. Weltkrieg sollen, glaubt man den Erzählungen, Freundschaften aus Neigung
nur in der weiteren Familie gewesen sein, nicht im Dorf und nicht unter Nachbarn.
Sehr Persönliches oder gar Intimes besprach man nicht.

Männer waren die ersten Stricker, sogar in Zünften organisiert.

Die ersten Lampen waren ausgehöhlte Steine,
die mit Fett gefüllt waren, mit einem zerfaserten Zweig als Docht.
1859 kam Petroleum auf, 1879 die erste Glühbirne.

Damalige Bagatellmedizin,um es mal modern zu sagen,
waren Wickel und Salben und Tees, Wärmeflaschen -
die, wie angewärmte Ziegelsteine, nicht nur die Kinderwiegen warm hielten.
1960-1970 gaben die meisten Nebenerwerbsbetriebe auf / heute
bewirtschaften nur noch zwei Aussiedlerhöfe die ganze Gemarkung des Ortes.
Nach 2010: Nebenerwerbslandwirtschaften entstehen wieder neu, aber nur wenige.
März bis Oktober waren die Fernpendler alter Tage daheim
und halfen in der kleinen Landwirtschaft der Familie mit,
sie waren aber in dieser Zeit nicht krankenversichert
und mußten sich freiwillig in der Rentenkasse weiter versichern,
damit später einmal die meist spärliche Rente stimmte.
Das in der Ferne verdiente Geld mußte sehr sparsam gebraucht werden und den ganzen Winter reichen.
Davon sind wir heute (2023) nicht mehr so weit entfernt:
Staatliche Gelder werden immer mehr gestreckt, weil gut 10 Millionen neue Menschen ins Land kamen.

1808 wurde die Plattern- oder Pockenschutzimpfung eingeführt.
1839 der Antrag auf eine Apotheke in Mengerskirchen
von der Herzoglich Nassauischen Landesregierung mit der Begründung abgelehnt,
"daß den Einwohnern ein Fußweg von 2 1/2 Std. durchaus zugemutet werden könne.."

Man fragt sich, warum das alles "genehmigt" werden muß- wäre nicht ein wenig mehr Konkurrenz (gerade im Gesundheitswesen) sinnvoll? Ich denke da an eine rein staatliche Konkurrenz zu den privaten Gesundheitskonzernen)
Die "häusliche Pflege" gab es 1910/1960 durch die Schwesternstation,
später durch Caritas und Pflegeversicherung ersetzt -
bis dahin war aber ein langes Loch zu verzeichnen.
Die arme Bevölkerung konnte sich meistens die 3 Mark für die Geburt nicht leisten
- oft wird die Fürsorge eingeschritten sein.

Nach der Feldarbeit gingen die Männer gerne mal ins Wirtshaus,
sofern sie sich das leisten konnten -
desgleichen nach dem sonntäglichen Gottesdienst.
Nach dem Sonntagsspaziergang auch mal mit ihrer Frau.. sonst alleine oder mit den Kindern oder Enkeln,
weil die Frau oder Mutter in dieser Zeit kochen mußte..

Die erste freiwillige Feuerwehr kam 1804, um 1906 wurde eine Pflichtfeuerwehr eingeführt,
die Männer von 20-50 Jahren verpflichtete.
Ab 1934 kam es wieder zu einer freiwilligen Feuerwehr.

1816-1866 wurde das Jagdrecht im Herzogtum neu geregelt -
und damit den Gemeinden die Möglichkeit gegeben, ihren Wald und ihre Gemarkung
'an Personen jeglichen Standes' zu verpachten.
Die Pachtdauer war 9-12 Jahre und kostete 1919-28 jährl. 1110 Mark !
(Kein Wunder, dass nur wohlhabende Industrielle sich das leisten konnten- genau wie heute)

Soweit aus der Probbacher Chronik.

Denkwürdiges aus der Geschichte des Dorfes Eschenau,
das heute auch schon über 790 Jahre alt ist, kommt im Anschluß:

Ein Leiter eines Gaues, der von den Freien bestimmt wurde
(an der Mal- oder Ding-Stätte), war bis zum "Königsbann",
die oberste Gerichtsbarkeit - später wurden Grafen die obersten königlichen Verwalter.
Mit der Zeit wurden Gaue als königliche Lehen betrachtet, die Gau- oder Zehntgrafen hörten auf,
königliche Beamte zu sein, das Amt wurde erblich.
Der Gaugraf erwarb die Rechte des Königs, die sogenannten Regalien -
und war sodann alleiniger Lehnsherr, einer jener kleineren Herren seines Gebietes,
an des Königs statt, der Gaugraf besaß somit den größten Teil des Landes,
er mehrte so die eigenen Lehen und war dem König ein Lehen abgabenpflichtig.

Die alten Gaue zerrissen, die Ländereien, die noch nicht aufgeteilt waren,
wurden in kirchenfürstliche- oder uradelige Hände "vergeben".
In den Jahren zwischen 600 und 1000 n.Chr. "entsiedelte" man verstreut liegende Gehöfte,
die innerhalb von Bannzäunen der Orte neu aufgebaut wurden -
"zu viele Plagen" taten sich an den Stalltieren gütlich.

(Um 1970 ging die Entwicklung wieder rückwärts- zum Aussiedlerhof)
Dieses 6 Jhd. jedoch wurde von den ackerbauenen und viehzüchtenden Franken dominiert,
die als Stärke oder Fluch die Christianisierung
mit sich - und systematisch in die Gegend brachten.

Durch Stiftungen und Schenkungen von Ländereien an die neuen Klöster
oder kirchliche Zentren gehörte bald der Zehnt oder das Lehen diesen Leuten.
Bis 1300 wurde sehr viel gerodet, Wald in Ackerland verwandelt,
weil die Bevölkerung stark angestiegen war und nach Ernährung drängte.
Da Boden nicht sonderlich gut war und ohne oder mit geringer Düngung nicht viel abwarf,
entstanden bald Wüstungen.

Man darf nicht vergessen, liebe Veganer und Veganesen, daß ohne den Dung der Nutztiere
nichts so recht wachsen und gedeien will - und der spätere Kunstdünger
auch nicht das Gelbe vom Ei war und ist ..

***

Der Berufsstand "Bauer" kam erstmals im 11. / 12. Jhd. in Erwähnung,
bis dahin sprach mal von Freien, Vollbauern,
Halbfreien oder Unfreien, die grundherrlich eine nur untergeordnete Rolle spielten -
der Grundherr war ein anderer, entfernt wohnender.

Der ehemals in seinem verstreut liegenden Gehöft wohnende,
wehrhafte Landmann war Vergangenheit.
Im 12. bis 14. Jhd. nahm wieder die Bevölkerung stark zu,
die starken Parzellierungen (Erbteilung) deckten kaum mehr den Eigenbedarf,
folgten Mißernten und Viehseuchen, daraus entstanden Hungersnöte. (1315-1317)
Der Tod hielt reiche Ernte, die gierigen Lehnsherren aber wollten trotz allem "ihren" Teil -
trotz Lockerungen war das nicht mehr leistbar.
Im Jahr 1813 ersann man eine Vereinfachung des Abgabensystems und ließ folgende Abgaben wegfallen:
Additionalsteuern, Servicesteuern, Waidhämmel, Rauchhühner,
Rauchhahnen, Fastnachtshühner und Hahnen, ordinäre Schatzung,
Monatssteuer und Contribution, Dienstgeld, Landfahrtengeld, Atzgeld,
Wellengeld, Dienstgesinde- und Aufdinggeld, Frohndhafer,
Frohndreluitionsgeld wegen Erbstandsgut, Hühnerzins und Wachsgeld,
Rauchhafer,- Gänse,- Wachs,- Leinöl,- Unschlitt- und Hahnenabgabe.
Mantelhühner und Hühnereier und noch andere kuriose Abgaben,
die auch noch regional unterschiedlich waren..
(Wie war das gleich mit diesen seltsamen Vorschriftenmachern und deren seltsamen Ausdrücken,
die man heute noch in den "Gemeindeverordnungen" lesen kann?)

Den Zehnt darf man nicht mit dem Kirchenzehnt verwechseln, ersterer war ein Lehen.
Durch Heiraten kam manches Ding zu den Besitztümern dazu, aus dem Vogt wurde ein Graf oder Fürst -
in diesen komplizierten Verhältnissen waren die "kleinen Leute" - wie immer die Dummen.
(Sehe ich einmal von den geplanten Heiraten wohlhabender Bauern ab,
die ihr heutiges Pedant in den Eheanbahnungen gut verdienender Singles haben:
Zurück zu den kleinen Leuten von einst:
Sie trugen die Hauptlasten und mußten jährlich den Herren ihre Hoheitsrechte bestätigen und huldigen,
geloben, weiterhin artig zu sein..
(Wie bei unseren heutigen Wahlen - man muß als Demokrat zur Urne, weiß aber nie was dabei heraus kommt!)
Aus der weitreichenden territorialen Zersplitterung erklärt sich,
wieso zuweilen rund um einen evangelischen oder katholischen Ort
eine Reihe der jeweils anderen Religion angesiedelt war.
Durch Vertreibung und Zuzug gab es nochmals Durchmischungen.
Bei Bekehrungen und Einziehungen von Geldern durch die Kirchengüter
wird oft von gewaltsamen und rücksichtslosen Vorgehen berichtet!
"Christlich" war die Missionierung eigentlich nie und schon mal ganz und gar nicht "tolerant".
Aus den Trümmern des "Religionsfriedens" von 1555 entstand der 30j. Krieg,
weil sich beide Parteien nicht an die Abmachungen halten wollten.
Dir furchtbaren Belastungen für die Bevölkerung kamen daher,
daß sich die Soldaten selbst zu versorgen hatten -
sie raubten und plünderten alles Eßbare, alles wurde weggeschleppt oder mutwillig zerstört,
Türen wurden zu Brennholz, Menschen gequält und geschunden.
Verwilderte Soldaten hausten wie die schlimmsten Räuber und ließen nichts und niemanden aus.
Kein Wunder, daß nach diesem 30j. Krieg die Verrohung aller Sitten zunahm und auch der "Aberglaube" blühte..
(Im Grunde ist JEDER Glaube ein "Aberglaube", weil vollkommen unbewiesen.)
Wenig bekannt ist,daß auch im evangelischen Lager schonungslose Hexenverfolgungen stattfanden.
Der Papst "Innozenz VIII" (1484-1492) galt als "unbeständiger, sittenloser Mensch",
der sich besonders dem Hexenwesen widmete,
er darf für sich in Anspruch nehmen, der Begründer und Förderer der Hexenprozesse genannt zu werden.
(Zumindest nach der Chronik von Eschenau, der Name dieses Schurken kommt übrigens
von "unschuld", innocence.)
Der Vorwurf, sie würden unter dem Vorsitz des Teufels Gott lästern,
Unzucht treiben, sich in Wölfe und Katzen verwandeln,
das Wetter beeinflussen, auf Besen reiten oder auf Ziegenböcken und Hunden,
zum Thron des Teufels dem Hexentanz verfallen..
war latent und geschwind gegen jeden x-beliebigen Widersacher zu richten.
Im Grunde konnte jeder seinen Nachbarn "anzeigen" und der Hexerei bezichtigen..

Irrsinn?
Wer die "heiligen Schriften" liest, wird sich wundern -
es paßt schon irgendwie zu den Glaubensinhalten: Wirrer Orient.
(2022 riefen Leute aus Regierungsreihen zum Denunzieren auf, sie wollten Kritiker der Überfremdung fassen.
Nach heftigen Kritiken wurde das Formular gelöscht..)

Das alles glaubte nicht nur das Volk, sondern auch die Geistlichen bis zum Papst,
von Juristen und Wissenschaftler als bare Münze inhaliert.
Das Zeitalter des "Absolutismus" feierte die Kontrollfreaks,
( die wie HEUTE alles und jeden belauschen und antragen und kontrollieren und bevormunden wollen )
deren eigentliche Geburtsstunde in der Geschichte.

Das endete in einem schlimmen Untertanengeist - bis zum "Kadavergehorsam",
ohne den die beiden letzten großen Weltkriege kaum denkbar gewesen wären.

"..bei Bränden muß jeder mit einem Eimer erscheinen,
sich in die Reihe stellen und Wasser weitergeben.
Wer sich davonschleicht,
soll mit derben Stockschlägen wieder in die Reihe kommen.
Es ist darauf zu sehen, daß sich die zuschauenden müßig herumlaufenden
oder mit ihrem unnützen Lamentieren oder nur Confusion verursachenden Weibsleuten
mit Gewalt in die Reihe gebracht und darin gehalten werden!"

Jede kleinste Kleinigkeit wurde vorgeschrieben -
1730 : "Ausländer", dh. Leute aus dem benachbarten Bezirk mußten 6 Gulden zahlen, wenn sie zuziehen wollten.
Zudem mußten die Neubürger einen Feuereimer und einen schwarzen Mantel kaufen,
welches in die Kirche mitgebracht werden mußte- selbst der Kirchgang war vorgeschrieben..

Immer wieder wurde von gutem Weinbau im unteren und mittleren Lahnverlauf berichtet.
Das Gebiet des heutigen Kreises Limburg-Weilburg im 18.Jhd. war in 9 Herrschaftsbezirke gegliedert-
Nassau-Oranien, Nassau-Weilburg, Wied-Runkel,
Westerburg, Kur-Trier und Gemeinschaftsbezirke der erstgenannten, sowie Hohenfeld.
Die Zersplitterung eines einstigen Gaues zeigt schon,
wie problematisch die Strafverfolgung und andere Administrationen waren.

Interessant:
In der Bronzezeit sollen die Menschen vermutlich nur 18 Jahre alt geworden sein, um das Jahr 1000 ca 30 Jahre,
um 1800 ganze 38 Jahre,
um 1850 bereits 40 Jahre und erst 1900 überstieg die Lebenserwartung die 50 Jahre..
Ich zweifele diese Zahlen an- die individuelle Streuung wird groß gewesen sein.
(Sicherlich wieder eine Statistik, wo die hohe Säuglingssterblichkeit und der Kindbett-Tod eingeflossen sein muß)

Karl der Große führte 779 mit Zustimmung der Stände in seinem Reich die Abgabe des Zehnten ein.
Er bürdete damit den Bauern eine schwere Last auf, die über tausend Jahre gedrückt hat.
Erst 1808 wurde die Leibeigenschaft und das "Besthaupt" aufgegeben -
wir erinnern uns - das beste Vieh aus dem Stall -
allerdings nicht, ohne den Fürsten mit einer deftigen "Einmalzahlung" dafür "entschädigen" zu müssen..
die "Herrgötter der Dörfer", die Schultheiße wachten über jede Abgabe,
erst recht über diese letzte, die viele in die Verschuldung trieb.

Meine geschichtlichen Aufzählungen sollen keine politischen oder gar parteipolitischen Dinge sein,
sondern ein möglichst neutraler, kritischer Abriß mit dem Ziel der Beleuchtung der Lebensverhältisse
oder Umstände der "kleinen Leute" auf dem Land.
(Fast alle waren - zumindest nebenbei - Bauern)
Die große Politik lasse ich dabei gerne außen vor,
diese wird schon mehr als genug und von vielen Seiten portiert.

Der Ort Eschenau also hatte damals viele Schreibungen - hier 16 an der Zahl.
1808 ging der Schullehrer nach Wirbelau, einer unweiten Ortschaft-
so wurde der Ludwig Acker als Lehrer eingesetzt, der ganze 16 Jahre alt war.
(zuvor war er schon 2 Jahre in Falkenbach, ebenfalls in der Nähe, als Lehrer eingesetzt!)

1617 hatten die 12 Haushalte Eschenaus 20 Pferde, 30 Kühe und Rinder, 109 Schafe
1807 waren von 43 Familien 35 Bauern mit 10 Pferden,
17 Ochsen, 64 Kühen, 89 Rindern, 271 Schafe und 44 Schweine.

Ein Kaufmann und 7 Handwerker lebten nun im Dorf.

1634 im November hat "Kriegsvolk", vermutlich Schweden - über Nacht alles Vieh abgenommen um das Heer zu versorgen.
Der Ortsname Eschenau kommt vom Esche - Baum.
Das Jahr 1911 brachte eine "ungewöhnliche Hitze, wie man sie seit Menschengedenken nicht mehr erlebt hatte"
Dürre und Futtermangel waren die Folge.
Die tiefgründigen Böden der Gegend milderten diesen Umstand etwas,
bis sich Ende September die Hitze wieder gab.

Alles wurde gezählt, von Ziegen ueber Hühner und sogar Bienen- Obstbäume und vieles mehr.
Immerhin hielten 1913 noch 44 von 49 Haushalten eigenes Vieh.
Der Winter 1923/24 war eine sehr strenge Kälte, sehr viel und sehr lange Schnee.
Es folgte ein kalter, naßer Frühling, eine sehr schlechte Ernte und nur kurze sonnige Abschnitte.
Nur mit viel Kraft und Arbeitsaufwand und List konnte etwas Ertrag gerettet werden.
Genau anders herum verlief das folgende Jahr, ein milder Winter,
viel Regen bis zum Dezember, wonach extremer Frost bis minus 23 Grad einsetzte.
1926 erfroren im Mai die Setzkartoffeln,
die Wetterschwankungen der folgenden Jahre waren sehr heftig - wie eine Strafe für den Krieg.

Wer die Umstände des 1. Weltkrieges recherchiert, wird eher geneigt sein, darauf zu achten,
daß sich unser Land nicht allzu abhängig von andern Staaten macht
und dabei immer aufmerksam die ewigen Kriegsgewinnler und Geldanleger im Auge behaltend:
Die Lobby der Stahl- und Waffenindustrie läßt grüßen.
Diese Herrschaften sind der wahre Feind des Landes!
Verbündete schwenkten geschickt ins Lager der Feinde über- was zum Angedenken bleiben darf.
4 Jahre trotzte das Reich der ganzen restlichen Welt, was wohl weniger schlimm war,
als die Zeit nach dem Zusammenbruch 1918,
nach den Friedensverhandlungen.
Freunde erkennt man in der Not am besten !
Heute wird wohl keiner mehr ernsthaft bezweifeln,
daß diese Lasten fÜr die Überschuldung und Inflation und Massenarbeitslosigkeit verantwortlich war,
in deren Gefolge sich das "1000j. Reich" mit seiner Ideologie breit machen konnte.
Die Leute hätten alles getan und alles gewählt, was Besserung versprach, der "einfache Mann", der dann kam und
der viel versprach, ließ Hoffnung aufkommen
und das Land erblühen-
warum oder woher dieser Wachstum kam ist heute klar:
Die Rüstungsindustrie brummte im Hintergrund.
Was diese Ideologie im Schilde führte, wie grausam Einzelheiten waren, kam erst später ans Licht-
die kleinen Leute erfuhren das mit Sicherheit nicht oder erst dann,
als nichts mehr verheimlicht werden konnte.
"er stammt aus B raunau am Inn", dozierte der Lehrer, sagte aber nie,
daß dieser Ort gar nicht in Deutschland, sondern in Österreich liegt.
Ein "Migrant" also war verantwortlich oder hat die Massen glaubend gemacht
und wie ein "Messias" bekehrt?
Alleine wird er das wohl nicht geschafft haben..

Mich erinnert diese Geschichte an jene Roms, wo der Kaiser Caligula
(Stiefelchen, ebenfalls ein "Fremdstämmiger" ein grausames Regiment geführt hatte..)
Genug, das kann schließlich jeder überall nachlesen.

Doch nun lieber wieder zurück ins Jahr 1772,
wo die Pflichten der Heimberger, Schuldheißen und Bürgermeister oder Orts-Oberhäupter
in Nassau-Weilburg genau geregelt waren.

Die herrschaftlichen "Gefälle", Geld oder Früchte mußten eingetrieben und Buch geführt werden,
dazu gehörte auch andere Leute anzuzeigen,
wenn durch Erblaß Vermögen jenseits der Grafschaftsgrenzen verbracht werden könnte.
(Wenn ich diese Worte lese - wie "Gefälle", dann wird mir klar, welche Geister auch
heute noch oder heute wieder hinter diesen seltsamen neuen Sprachschöpfungen stecken,
wo ich nur ein Wort als Beispiel geben möchte: "politisch korrekt")
Die Fürsten gierten nach dem "Besthaupt" des Verstorbenen und nach dem Loskauf-Geld,
ohne herrschaftliche Genehmigung
durfte niemand in fremde Kriegsdienste treten-
unter Androhung sein Hab und Gut eingezogen zu bekommen.

Die Ortshäupter kümmerten sich darum, daß jeder tätig war, um die Wege,
Brunnen, Aecker, Flure, Backhaus - die intakt gehalten werden mußten.
"Gemeinschädliche Diebereien" hatten sie vorzubeugen, ggf. Haussuchungen vorzunehmen.
Der Heimberger achtete sogar über die Haushaltsführung der Bewohner,
die "nicht lüderlich oder verschwenderisch" sein durfte.
Wer "ohne Not Schulden machte", wurde "getreulich abgewarnt".
Für Tag- und Nachwachen hatte er zu sorgen,- nicht selbst freilich,-
den Ort von "herumvagierenden Zigeunern, Raub,- Diebs,- Bettel,- und
dergleichen herrenlosen Gesindel" frei zu halten.
Hinterbliebene und Unmündige standen unter seiner Aufmerksamkeit,
was die Vermögensverwaltung und das ganze persönliche Wohl und Wehe anbelangte.
Damals, im Jahr 1772 gab es längst eine "Feuer - Ordnung", Feuerstätten wurden "zeitig visitieret",
lederne Eimer in "tüchtiger Bereitschaft" zu halten.
Der Schultheiß "hatte sich selbst eines stillen, gottseeligen,
ehrbaren und nüchternen Wandels zu befleißigen,
ohne sich unerlaubten Vorteil anzumäßigen."
Ortsmittelpunkt war schon immer das Backhaus und der Brunnen,
wo die Neuigkeiten bekannt gemacht wurden, auch Gasthäuser, der Laden oder im Winter die warmen Ställe,
wo sich die Leute gerne aufhielten.
Die schlechte Hygiene förderte Viruskrankheiten und Seuchen,-
z.B. die schleichende Tuberkulose, die im Siechtum endete.
Einige waren immun dagegen, viele Familien raffte es dahin.
Das Backhaus hatte einige Vorteile:
1. Die Benutzer hafteten nicht persönlich, die Gemeinde stand dafür gerade.
2. Zu Hause ging kein Wohnraum durch die Backeinrichtung verloren.
3. Die Brandgefahr im eigenen, mit Stroh gedecktem Haus wurde gemindert.
4. Es konnte Holz gespart und Nachbarschaftshilfe in Anspruch genommen werden.

Ein typisches Beispiel dafür,
wieso die Besitzungen in Gebieten mit zersplitterten Streubesitzen entstanden sind,
ist dieses:
"Graf Georg Wilhelm hatte sich von dem hochedelgeborenen Johann Friedrich Schütz
von Holzhausen 300 Spezies Reichstaler (Taler in Hartgeld) geliehen
und diesem als Pfand den Hof Götzenboden verschrieben."
Die landwirtschaftlichen Erträge wurden von 1840 stetig,
durch verbesserten Anbau, Düngung und Züchtung verbessert.
1850 waren noch rund 52% , 1950 noch 25% ,
1990 nur noch 2% der Bevölkerung in der Landwirtschaft beschäftigt !
Wenn man bedenkt, daß die Gespanntiere 25% der Ernte gefuttert haben,
um ihre schwere Arbeit verrichten zu können..
Mais-Silage ersetzte die arbeitsintensive Hackfrucht,
die Feld- oder Runkelrübe, die noch in den 1970iger Jahren überall zu sehen war,
genau wie die Kartoffel für die Menschen, die schon im 19.Jhd. ihren Siegeszug hielt
( Kartoffel )
Die Milchleistung der Kühe hat in 100 Jahren verfünffacht!
So kam, daß man nach dem 2. Weltkrieg Tuberkulose, Brucelose und Leukemie !
bei den Tieren durch Impfung bekämpfen konnte -
Mit der Erfindung der Melkmaschine und Kühleinrichtungen,
der Abholung von Milch am Hof bis zur Molkerei hat sich viel getan.

Es klingt seltsam, was aus dem Jahr 1900 berichtet wird:
"Die Mutter holte morgens in selbst hergestellten Weidekörbchen Kartoffeln aus dem Keller,
wusch sie und schnitt darin die Kartoffelknollen in der Mitte durch.
Die einzelnen Stücke klebte sie mit der feuchten Schnittflaeche an die heiße Ofenplatte
des gemauerten oder gußeisernen Ofens.
Wenn die selbstgerösteten Schnitten weich oder gar waren,
fielen sie von der Eisenplatte ab auf den Fußboden.
Die Mutter sammelte sie auf und stellte die dampfende Schüssel mit diesem
-Brot der armen Leute- auf den eichenen Kreuztisch der Stube.
Daneben stand der Topf mit selbst bereiteten Zwetschenmus des vorigen Herbstes.
Alle langten tüchtig zu und ließen sich's mit der Haferschleimsuppe -Morgensuppe-
(Die Angelsachsen nennen das "Porridge".)
oder dem selbst bereiteten Eichelkaffee gut schmecken.."
Als Saatgut benutzt man 1900 beim Kartoffelanbau
nur gut ausgelesene und gesunde Knollen- man kannte damals nur zwei Sorten:
Die gelbfleischige Kartoffel, und die weißfleischige "englische" Kartoffel,
die Jahrzehntelang angebaut wurde,
ohne daß sich merkliche Entartungserscheinungen bemerkbar machten.
Die Kartoffeln, die zum Setzen vorgesehen waren, wurden zeitig aus dem Keller geholt,
damit sie schon mal vorkeimen konnten :
Aus Sparsamkeitsgründen schnitt man die dicken Kartoffelknollen in mehrere Stücke.
Jedes Stück mußte mindestens zwei gesunde Augen haben,
die nicht zu dicht an der Schnittfläche stehen durften.
Die Saatstücke wurden an den Schnittflächen mit Holzasche bestäubt und in Säcke gefüllt.
Mit dem Kastenwagen mit Spitzpflug ging es aufs Feld,
wo die Frauen jede dritte Furche im Abstand von 25-30cm ein Saatstück gesetzt wurde.
Dann wurde eingeeggt, damit nichts hervor lugte.
Wenn die Pflanze 10cm hoch gewachsen war, wurde sie von Unkraut befreit und die Reihen aufgehäufelt.
(Es darf kein Licht an die Kartoffel kommen, sonst wird diese farbig und ungenießbar)
Alles war Handarbeit, auch das spätere Ernten, fahren und einlagern.
Pro Einwohner verzehrte man gut einen Zentner über den Winter-
und so wurde auch ordentlich viel eingelagert, was Sicherheit gab.
(Meine Eltern sorgten für 5 Esser, sie hatten mindestens 8 Zentner Kartoffel für den Winter eingelagert)
Über die Kartoffel kann man allerorten viel erfahren-
auf dieser Seite geht es nur um Dinge, die man nicht überall erfährt..

Es wird von der "größten Selbstverständlichkeit des Unterschiedes zwischen arm und reich" berichtet
und davon, "wer reich war, hat den Reichtum verdient,
wer arm war, hatte Pech, was konnten die anderen dafür.."
Wo es Bäcker gab, bekam dieser 10Pfg pro Brot für das Backen,
jede Familie, die Getreide hatte, hatte ein "Brotbuch",
wo das abgegebene Brot eingetragen und später abgerechnet wurde.

Ab dem 40. Lebensjahr trugen die meisten Frauen nur noch dunkele Kleidung,
hatten die Haare zu einem "Nest" (Knoten) gesteckt.

Ein alter Spruch bekundete die Wertung zum Thema "Gleichberechtigung":
"Weibersterben kein Verderben, Gäulverrecken, das bringt Schrecken!"

Vor dem Lehrer, Bürgermeister und Pfarrer zogen Kinder und Jugendliche die Mütze und grüßten respektvoll.
Erwachsene dutzten sich- so die Überlieferung.
Ich kenne das noch so, daß "Honoratioren" und ältere Leute in der 3. Person angesprochen worden sind.
In der Kirche saßen die Männer oben auf der Empore,
die Frauen unten in der Kirche, die Kinder und Konfirmaten links und rechts unter der Kanzel.
Selbst bei Beerdigungen ging der Zug geschlechtergetrennt.
Samstags um 18 Uhr läuteten zwei Glocken,
dann mußten alle Arbeiten beendet und die Straße gekehrt sein.
Wenn bei schwierigen Ernten der Sonntag herhalten mußte,
war zuvor der Pfarrer und der Bürgermeister um Erlaubnis zu fragen.

Nach der Geburt mußte die "Wöchnerin" bis zu 6 Wochen im Bett bleiben -
aus dem Haus durfte sie erst gehen, wenn sie in der Kirche "ausgesegnet" war.
Dann kam die Taufe, wo die Mutter das Kind über dem Taufbecken hielt,
die Paten ihre rechte Hand darüber hielten - Pate zu sein, war eine Ehre.
Knaben trugen fast bis zum dritten Lebensjahr ein Röckchen, genau wie die Mädchen-
das war wohl einfacher zu handhaben als die Hosen, die später angezogen wurden.

Jeder Schultag begann und endete mit einem Gebet.
Züchtigungen waren an der Tagesordnung, auch oder gerade in der Schule.

Wenn Kinder einmal länger bei der Ernte helfen mußten,
war für die Zeit nach 19Uhr beim Lehrer die Erlaubnis dazu einzuholen.
(Ansonsten wurde streng darüber gewacht,
daß sich nach dieser Uhrzeit kein Schüler auf der Straße aufhielt)
Wandertag:
Am 3. Weihnachtsfeiertag gingen die Knechte und Mägde zu einem anderen Dienstherrn, sie wanderten sozusagen.
Für das Bleiben gab es 5 Mark "Bleibegeld",
was ein weiteres Jahr Dienst beim alten Herren bedeutete.

"Freizeitgestaltung" war ein Fremdwort.
Sonntags, bei schönem Wetter oder besonderen Anlässen ging man grüppchenweise, die Mädels vor,
die Burschen hintenan - zum Tanzen oder zum Kartenspielen, Musik und ähnlichen Darbietungen.

Das wichtigste Glied in der Nahrungskette war das Brot.
Dieses wegzuwerfen war eine Sünde, da die Herstellung sehr viel Mühe machte und Zeit kostete.
Wir hier im Hause halten das noch ebenso - wenn trockene Brotreste bleiben,
werden diese dem Eierlieferanten mitgegeben, er freut sich darüber.
(Heute werden die Spatzen damit gefüttert, weil das Futter wohl nur noch standarisiert gegeben wird)
Zudem backen wir unser Brot selbst-
heute zwar mit fertigen Backmischungen, die aber sehr naturnah sind und köstlich duften.
Nachtrag 2019: Seit ein paar Jahren backen wir nach eigenen Rezepten,
der Eierlieferant bringt nichts mehr an die Haustüre, man muß nun die Eier im Supermarkt
holen - vom gleichen Hof - so ändert sich eben alles, wie die Zeit.

***

Immer wieder taucht in den alten Büchern und Ortschroniken das Thema Milch und Quark auf - kein Wunder,
da im Sommer viele Essen daraus bestanden und weshalb ich hier nochmal darauf eingehen will:
Die frische, unbehandelte und warme Milch wurde durch ein feines Sieb laufen lassen.
Nach drei Tagen war die Milch geronnen und der Rahm (Schmand) hatte sich an der Oberfläche gesammelt.
Dieser wurde abgetrennt und in das hölzerne Butterfaß mit dem Holzstößel gestoßen, bis es Butter gab.
(Tipp: Mit der Küchenmaschine geht das nicht, weil der Haken zu schnell läuft-
es würde Schlagsahne daraus werden)
Die Buttermilch löste sich, die Butter wurde entnommen und mit einem Holzlöffel in einer Schüssel geknetet,
bis die restliche Molke auslief-
dann kam ein wenig Wasser zur Butter, die Prozedur wurde wiederholt und die Butter zu einem Butterweck geformt.
Die übrig gebliebene Buttermilch konnte frisch als kühler Trunk genossen oder weiter stehen gelassen werden,
bis Dickmilch daraus wurde.
Diese konnte ebenfalls getrunken oder zu Kartoffeln gegessen werden -
oder man ging zum nächsten Verarbeitungsschritt über:
Die Dickmilch kam in ein Leinensäckchen und mußte abtropfen.
Zurück blieb die Käse-Matte (Sprichwort- Matte gewähren lassen, dann wird ein Käse daraus)
erst Quark (den man kennt und mit Zwiebeln und Kräutern schätzt),
dann entweder als Kochkäse oder zu einem Handkäse oder Bauernkäse
weiter reifen lassen kann - je nach Weiterverarbeitung.

***

Zuckerrüben wurden gewaschen, geschrotet und gekocht,
ausgepresst und zu Sirup weiter eingedickt- als leckerer und haltbarer Brotaufstrich.
Die Reste oder der Trester davon kam als Viehfutter zur Verwendung.
Weggeworfen wurde nichts - das macht die Lebensmittelindustrie heute ebenso.

Die Sprache ist ein Spiegel der Lebensverhältnisse und schon deshalb immer im Wandel begriffen-
somit kam mit der Veränderung autarker Orte zu Schlafstätten für die Auspendler
auch eine schleichende Verstädterung der Umgangs-Sprache.

In Deutschland war die erste überkonfessionelle Schule - die in unserem Nassau zu finden,
obwohl die Geistlichen stets eng damit verflochten blieben und das Sagen hatten.
Schulinspektoren und Kirche arbeiteten Hand in Hand.
Der Limburger Bischof versuchte immer wieder diese Schulform -zu Gunsten getrennter Konfession- zu torpedieren.
Zum Glück gelang das damals nicht.
Für die folgende preußische Volksschule lautete die Anordnung
"..die Klassenstärken sollen nicht über 80 Schüler steigen"
1919 übernahm dann der Schulrat die Kontrolle, die Geistlichen blieben außen vor.
Nach der Entideologisierung nach dem verlorenen 2. Weltkrieg kam nach einem schweren Lehrer-
und Schulnotstand endlich die Hessische Schule. (ohne Preußen)

Soviel zu Eschenau, nun kommt einiges Geding aus der Seelbacher Chronik an die Reihe.

Seelbach ist heute ein Ortsteil Villmars, einer kleinen Großgemeinde an der Lahn.
Über 860 Jahre hat Seelbach auf dem Buckel - ein lebendes Beispiel wäre der "Villmarer Kirchenpfad",
auf dem die Seelbacher ihren Zehnten
nach Villmar zur Kirche bringen und wohin sie zu Kirche zu gehen hatten.
Später wurde der Landesherr reformiert und somit auch seine Untertanen evangelisch,-
dieser Religion gehört der Ort heute noch an.
Wie fast überall in der Gegend, fanden sich auch hier Zeugen uralter Zeiten:
1975 wurde ein "spitznackiges" Beil aus Basalt und eine aus Olivinbasalt gefertigte Axt,
beide gut 5000 Jahre alt, aus der Jungsteinzeit stammend, gefunden.
Die Dorfgeschichte fängt so an, daß die Trierer Abtei den Königshof zu Villmar
(wohl eine Domaine) samt der zugehörigen Kirche und Zubehör geschenkt bekam.
Dies war eine Gegenleistung von Heinrich III,
der für seine Lieblingskaiserpfalz in Goslar - Skelettknochen (Reliquien) eines Trierer
Bischofs aus dem 3.Jhd., der wohl irgendwie als besonders fromm galt, bekam.
Jener "Heinrich der Schwarze" - der wegen seiner Gesichtsfarbe so genannt wurde,
gehörte zum fränkischen Hamster,- pardon, Herrschergeschlecht der Salier.
Heinrich wurde 1046 Deutscher König, später hatte der seinen Aufstieg zum Kaiser gepackt.
(Was wohl die Reliquien bewirkten)
Auf jeden Fall wurden für den Besitzwechsel Dokumente erstellt,
von denen welche mit einigen zeitlichen Unterschieden existieren,
wovon das Letzte Nachträge erhielt, die auf dem ersten Dokument nicht zu lesen waren..
Im 12.Jhd. wurde auf einem umstrittenen Papier der Ortsname Seelbach erwähnt.
Der Unterlahn-Gau, der oberhalb des Kerkerbachs und der mittleren Weil seine nördlichen Grenzen zeigte,
hatte den Stammsitz der Gaugrafen in der Burg Limburg,
die heute hinter dem Dom ein Schattendarsein fristet.
Verwaltungsmittelpunkt war Dietkirchen,
der Ort an der Lahn mit seiner attraktiv gelegenen Kirche, dem Lubentius-Stift.
Gaue waren in Cent-Bezirke aufgeteilt und zu dem von Niederselters gehörte Seelbach,
die "Hochgerichtsstätte" war auf dem "Galgenberg" oberhalb Villmars.
Wie damals überall waren Herrschaftsänderungen, größere und kleinere Kriege,
durchziehendes Kriegsvolk, Pest und Seuchen auch in Seelbach.
Die Übertragungsurkunde jedoch, die zuletzt kam, war schon was Besonderes:
Der Erzbischof Hillin 1154 schrieb im Schluß-Satz
"Mit Zustimmung des Klerus und Volk bischöflichen Bannes,
der Exkommunikation und dem Verlust der kirchlichen Gemeinschaft des Fleisches
und des Blutes Jesu Christi.
Wer dies aber beachtet, möge leben in Gottes Segen.
Amen, Amen, Amen, Amen, Amen, Amen, Amen."
7 x das Wort "Amen"? War der Bischof abergläubisch?
Mit diesem leckeren Satz fängt die Lektüre dieser Schwarte an,
Spaß zu machen, das hat sich richtig gelohnt!
Der umstrittene Nachtrag beim 2. Dokument forderte den Zehnten von 17 !
namentlich aufgeführten Orten, die im ersten Dokument nicht zu finden waren.
Es ging also ums Geld, das die Gemeinden dem Klerus abzudrücken hatten,
um nichts anderes als um den schlichten "Mammon",
der von diesen heiligen Pharisäern und Philistern eingefordert wird,
um jenen Mammon, der bei den Schäfchen als "Sünde" gebranntmarkt wurde..
(heute prassen sie immer noch, die Bischöfe,
wie man an der juengsten Sache des Umbaus des Bischofs-Sitzes Limburg lesen kann-
übrigens wird das "Gehalt" des Bischofs vom Staat bezahlt, also von allen Menschen-
von Andersgläubigen und von Nichtgläubigen)
Die Kirche begründet diesen "Anspruch" des Zehnt auf das Alte Testament.

Der in Seelbach eingesetzte Pfarrer war auch gleich Schulmeister.
Die Kirche des Ortes ist noch nicht so alt, ca. aus dem Jahr 1876,
drei Jahre nach dem zweiten großen Brand neu erbaut.
Dieser verheerende Brand war in der Nacht vom 29. zum 30. August 1873,
bei welchem 73 Häuser, 149 Nebengebäude,
2 Schulhäuser, das Pfarrhaus und die Kirche abgebrannt waren.
Zuvor bestanden Kapellen,-12./13.Jhd.-
die aber wohl baufällig und zu klein waren und durch die größere Kirche von 1772 ersetzt wurden.

Viele Menschen wissen heute Bescheid, was es mit dem Glauben auf sich hat -
und da schreibe ich als jemand, der die 70 längst überschritten hat:
Es kann sich bei kritikloser Gläubigkeit nur um ein Augenzudrücken handeln,
mit dem sogar die Institution als "heilig" oder "unfehlbar" angesehen wird.
Eine Flucht aus der Realität, mit der man(n) mit fortschreitendem Alter immer weniger klar kommt..
doch nun wieder zurück zur Chronik:

Der Wiederaufbau Seelbachs gelang in nur 3 Jahren - es handelte sich um ein reiches Bauerndorf.
Lange vor diesem Brand war schon mal ein großer, im Jahr 1767 !
Erschütternde Berichte der Verwaltungsräte sind überliefert,
in denen es um Probleme bei der Brandbekämpfung ging,
woraus man beim 2. Brand wohl nicht so viel gelernt hatte !

Wasser, Helfer und Materialknappheit wird geschildert, von rein technischen Dingen,
einen solchen Großbrand wirksam bekämpfen zu können.
In "gar nicht einer Stunde" war - bis auf 4 Anwesen -
die namentlich aufgelistet waren, der ganze Ort abgebrannt -
nicht mal die Sturmglocke konnte geläutet werden, um die Helfer zu organisieren.
"Lichterloh brannten die Strohdächer der vollen Scheunen"
"Wir mußten außerhalb bei Verwandten unterkommen
und hatten zuvor unser gerettetes Hab und Gut im Totenhof verstaut-
was freilich bewacht werden mußte"
Aber es kam rührend und großzügig Hilfe und Mittel aller Art aus allen Dörfern rundherum,
der königliche Landrat verteilte von Herbst
bis ins Frühjahr hinein Material und Gelder zum Wiederaufbau.
"Der Herr hat geholfen, er wird auch ferner helfen"
Das Vieh wurde damals teilweise abgeschafft, weil das Futter schlichterdings verbrannt war
und neues noch nicht in ausreichender Menge zur Verfügung stand.
Manches Vieh wurde in den Ställen hilfreicher Leute aufgenommen.

Nach dem das Dorf abgebrannt war und aufgeräumt werden konnte,
gab es eine neue und großzügigere Straßeneinteilung.
Deshalb konnten einige Leute nicht mehr an ihren angestammten Bauplatz,
weshalb man zur Verlosung schritt, wenn freiwillig keine Einigung kam.
Die Hauskollekten nach einer großangelegten Spendenaktion mit Aufrufen brachten
aus dem Oberlahnkreis immerhin 1481 Taler und 6 Pf. ein, so die Chronik.
Der milde Winter ließ die Planier- und Bauarbeiten eifrig vorangehen,
bis zum nachfolgenden Herbst stand das Dorf in groben Zügen wieder.
Vor dem Weihnachtsfest war die Kirchturmspitze mit Wetterhahn und Blitzableiter installiert,
wenn es auch noch keine Glocken hatte..
Durch den Zuzug von Handwerkern kamen "allerlei grobe Elemente,
die jede Ordnung litten und lieber in den Wirtshäusern hockten" -

Vom finanziellen Schlag des Brandes haben sich viele Familien nicht mehr erholt.
Zugunsten kam die rege Grubentätigkeit der Gegend, die vielen Arbeitsplätze bot:
Eisen,- Blei,- Silber,- Mangan und Kupfererze, Ton, Dachschiefer, Massenkalk (auch Marmor gehört dazu) !
Auf der Lahn wurden die Erze abgefahren auf bis zu 20mtr langen
und 3,5mtr breiten Kähnen, die "getreidelt" wurden.
(Auf einem Pfad entlang des Flußes mit Pferden und langen Leinen gezogen)
Bis zum Bau der Lahntalbahn war das Schiff die günstigste Transportmöglichkeit.
Es gab auch Erdfarben-Gruben Ocker und "Arfurter Grün", was ein Exportschlager war.
Im Herzöglichen Schloß zu Biebrich stehen Säulen aus Seelbacher rotem Marmor.
Ein modernes Abwassernetz und ein ausgebautes Frischwasser-Netz
oder gar Strom und Gas war noch lange nicht in Aussicht,
das Brunnenwasser war bei der Einwohner- und Vieh-Zahl schnell knapp.
Später wurde die stillgelegte Grube Georg Josef an der Lahn bei Gräveneck
zur Trinkwasseraufbereitung genutzt.
Die Post wurde zwei mal am Tag vom Arfurter Bahnhof abgeholt..

Ein Sohn des Westerwaldes war Friedrich Wilhelm Raiffeisen, 1818 geboren.
Ihm kam als ehrenamtlicher Bürgermeister einer Westerwaldgemeinde die Idee,
die Not der Bevölkerung durch die Agrarreform und Spekulanten zu mildern,
indem er die bekannte Sparform ins Leben gerufen hat.
(jede Ähnlichkeit mit unserer jüngsten Krise wäre rein zufällig)
"menschliche Giftpflanzen, welche sich ein Geschäft daraus machen,
die Not ihrer Mitmenschen in der herzlosesten Weise zu ihrer Bereicherung zu benutzen"
Der neue Ausdruck wäre dafür : Toxische Menschen und Spekulanten..

Die Land- und Forstwirtschaften entwickelten sich ähnlich wie überall in der Gegend.
In der Chronik ist zu lesen, daß vor 110 Jahren "ein beträchtlicher Weinbau" betrieben worden ist:
Noch in der 2. Hälfte des 19.Jhds. wollte der gute Pfarrer Hoppe seine Ersparnisse in einem Weinberg anlegen-
die Mauern und das ordentliche Portal hat er geschafft,
die tolle Jagdhütte und ein paar kümmerliche Zwetschgenbäume auch-
(Stand 1955)- dann zog er es vor nach Amerika auszuwandern..
Heute wird der verhinderte Weinberg "Hoppwigs Garten" genannt.

***

An meine Leser: Es ist nun so gewesen, daß die Bücher nach und nach zu mir kamen und nach und nach
- ungeordnet, weil diese immer zufällig gefunden wurden und ebenso gelesen worden sind.
Deshalb wiederholen sich einige Dinge, weil die Quellen eben andere waren..

***

Wie so oft, war ein Streit der Grund, daß in den Archiven etwas aus alten Tagen zu lesen ist:
1575: Der Heimberger Seelbachs gab vor, daß der Kellner des Stiftes St. Matthias
zu Villmar die Anordnung gegeben hätte,
daß diesmal keine Meldung vom Beginn der Weinlese stattfinden soll..
In der Beschwerde stand, daß sich die Seelbacher geweigert hätten,
jede 10. Bütte der Lese den Klosterleuten abzuliefern.
Die Zehntknechte waren aber schnell dabei - keine Frage -
denn diese Schlawiner haben immer schon gerne genommen ohne zuvor das Feld zu bestellen.
Man nimmt an, daß zwischen 15 und 40 Morgen Weinstöcke in Seelbach und Aumenau bestanden haben-
zumindest steht in den Staatsarchiven, daß 1337 Weingärten in Speyche
(bei Arfurt) und Dodenhausen (heute Wüstungen) waren.

Der Weinbau des beliebten "Runkeler Roten" soll 1270 bis zuletzt 1933 bestanden haben.

Die Seelbacher Chronik kann sich -bezüglich der Gewerbe und des Handels-
oft nur auf Erzählungen der Ältern berufen, vieles ist nicht festgehalten worden.
Es war ein steter Wandel und viel Nebenerwerb,
ob im landwirtschaftlichen oder handwerklichen oder Handelssektor, mit stetem Trend zur "grünen Wiese", wie überall im Land.
1970 oraktelte der "C lub of R ome" bereits das "Ende der Wachstums- und Mobilitätsgesellschaft" an,
was heute schon wieder 40 Jahre her ist,
ohne dass diese Prognose irgendwie eingetroffen wäre.
Mir kommt der Trend eher gegenteilig vor !

Zurück zum Dorf, zum Thema "Backes".
Die vor 1900 geborenen Frauen beherrschten noch die Kunst, die großen und schweren Kuchenbleche
mit Hilfe des "Kretzel" (einem Kränzchen) auf dem Kopf zu balancieren.
Hierzu ein altes heimisches Rezept: "Äbbelranze", - Brotteig wird ausgerollt
und dick mit Apfelstücken belegt, zusammengeklappt und gebacken..
Diese Spezialität liebte wohl der Seelbacher Lehrer August Stamm ganz besonders.
Aus dem Sammelsurium der Geschichte und Geschichten erinnere ich mich an die erste Eismaschine,
die noch mit Stangeneis betrieben wurden.
(geholt aus der Wirtschaft vor Ort, die das Eis mit dem Bierlastwagen von der Brauerei bezogen)
Zusammen mit guter Milch, Sahne und zuweilen Eispulver oder auch mit frischen Erdbeeren war diese Schleckerei hochbeliebt..
Nach dem Backes kamen die Bäcker in Mode, man brachte zu Feierlichkeiten die Kuchen zum Backen
oder die Zutaten zum Bäcker, der dann alles fertigte.
Wer weiß heute noch, daß der Reihenweck seit langen Zeiten bei Beerdigungen gebacken wurde,
mit zuvor erhitzten Fetten, Schmalz,
Speckfett, Rinderfett, Butter und später auch Margarine - zusammen geschmolzen.
Noch zu Beginn der 1990iger Jahre brachten Verwandte,
Nachbarn und Freunde die Backzutaten für den Reihenweck ins Trauerhaus,
was eine aktive Trauerarbeit und Schmerzbewältigung war -
man sprach miteinander, war im Schmerz nicht so allein,
wenn über den Verstorbenen gesprochen wurde.
Diese ins Haus gebrachten Back-Zutaten waren ein Zeichen der Verbundenheit und des Zusammenstehens,
was ganz anders war als in der großen Stadt.

Heute verstädtern die Dörfer sehr schnell, weil längst die Pendler dominieren.

1934 gab es in Seelbach schon den ersten Kindergarten,
der 1975 durch einen großzügigen Neubau abgelöst wurde,
dessen Leiterin (lt. Dorfchronik) -bis 1978- meine Frau war.
Der Dialekt folgt eigentlich keinen festen Regeln, die Worte sind ein Mix aus Hochdeutsch,
Französisch oder Altfränkisch und Häbräisch, etwas Latein -
von allen Durch- und Einwanderern geprägter Mischmasch aus gelebter Kommunikation,
lange bevor die Deutsche Grammatik über das Land kam:
Wer handeln wollte, mußte mit jedem reden- ganz einfach so..

Heute kaum vorstellbar:
Die Hebamme aus dem Nachbarort Aumenau soll mehrmals täglich über einige Tage
bei den Wöchnerinnen nachgeschaut haben-
zu Fuß und das bei jedem Wetter!
Verschiedene umliegende Orte wurden so betreut.
Die Frau Lange hat von 1912-1956 ihren schweren und verantwortungsvollen Dienst
bei 1300 Geburten geleistet, so die Chronik..
sie hätte es sich nicht nehmen lassen, bei den Taufen anwesend zu sein.
Die Wiege und das Taufkleidchen waren damals in Familienbesitz
und wurden von Generation zu Generation weitervererbt.
Im Jahr 1819 steht die Akte des Herzöglich Nassauischen Amtes in der Chronik zu lesen,
bei der es um die Wahl einer Hebamme geht:
"Zukünftigen Hebammen und deren Stellvertreterinnen sind in Zukunft nur weibliche Personen,
welche so viel als möglich folgende Eigenschaften besitzen, von den Ortsvorständen in Aussicht zu nehmen:
1. Die auszusehende Frauenperson kann ledig oder verheiratet oder Witwe seyn,
nur da wo an einem Orte mehrere übrigens gleich gut geeignete Frauen sich befinden,
wovon die eine ledig, die andere aber verheiratet oder Witwe ist,
und schon ein- oder mehrmal geboren hat,
ist einer der letzteren der Vorzug zu geben;
es versteht sich übrigens von selbst, daß Mütter, die eine schwere Haushaltung
oder sehr viel noch recht kleine Kinder haben, so viel immer tunlichst, übergangen werden müssen.
2. Die künftige Hebamme oder Stellvertreterin darf in der Regel nicht unter 30
und nicht über 40 Jahre alt seyn;
Nur in Notfällen ist besonders bey den Stellvertreterinnen
hiervon die Ausnahme zu machen und eine zwischen 20 und 30 Jahre alte Person ,
wenn sie übrigens qualifiziert ist,
nie aber eine Ältere in die Wahl nehmen.
3. Der zu wählende Frauensperson
darf ein guter offener Verstand und die Fähigkeit etwas zu erlernen und zu begreifen
wowie die erforderliche Geistesgegenwart nicht abgehen.
Sie muß auf jeden Fall Gedrucktes fertig lesen und wo möglich leserlich schreiben können.
4. Die in Aussicht genommene Person muß einen guten,
sanften, tadellosen, sittlichen Charakter haben,
gottesfürchtig, gewissenhaft, gefällig und unverdrossen, reinlich,
dem Trunk durchaus nicht ergeben und nicht abergläubisch seyn,
auch überhaupt das Vertrauen
der Mehrzahl des weiblichen Theils der Gemeinde, wofür sie gewählt wird, genießen.
5. Die gewählte Person muß gutes Gehör und Gesicht besitzen,
überhaupt einer festen dauerhaften Gesundheit genießen, mithin nicht kränkliche,
wirklich nervenschwach, gebrechlich, lahm, mit Geschwüren,
offenen Schäden, riechendem Atem, stinkenden Füßen,
häßlichem Haarausschlag im Gesicht behaftet seyn;
ihre Hände dürfen nicht zu groß, breit oder rauh,
oder zu kurz oder steife Finger haben, vielmehr solche gehörig lang, gelenkig
und in ihnen ein möglichst feines Gefühl besitzen.
6. Zu künftigen Hebammen ausersehene übrigens qualifizierte Weiber,
welche entweder die zweite Hälfte ihrer Schwangerschaft überschritten haben,
oder welche einen nicht 8 bis 9 Monate alten Säugling selbst stillen,
sind entweder für jetzt mit der Übernahme des Hebammendienstes
ganz zu verschonen, oder solche, wenn kein anderes taugliches Subjekt alsdann,
wenn ein angeordneter Hebammen Lehrcurs beginnet,
in der Gemeinde vorfindlich ist, auf den nachfolgenden Lehrcurs zu verweisen.
Der Herr Stadtschultheiß hat sich in den vorkommenden Fällen bey der Wahl darnach zu richten."

Soviel zum Wortlaut aus dieser Verordnung jener Zeit-
der Tonfall oder Ductus kommt mir recht bekannt und noch immer geläufig vor..
hat zu sein, ist zu tun!
(Exakt so "ordnen" das die heutigen Behörden die Dinge so "an", garstig, ruppig, frech und eingebildet.)

Zurück zu den "gemeinen Leut":
Der Braut wurde um Mitternacht der Schleier
und und der Kranz abgenommen und eine Haube aufgesetzt-
"unter die Haube bringen" ist ein Sprichwort, das aus dieser Zeit kommt.
Was die Runkeler Fürsten an "Freizügigkeit" in der Ansiedlung von "Neubürgern" taten,
um möglichst viele Untertanen anzulocken -
wo plötzlich die Religion ganz egal war - kam um so klingeliger (hess. klingelisch) herüber,
wenn es um strikte Anordnungen zur Verhinderung
von "Ausuferungen bei Feierlichkeiten und Verschwendungssucht" ging.
Die Leute bekamen haarklein diktiert,
wieviel bei welcher Feier aufzutischen war und was verboten ist.
Der Hintergrund ist klar:
Niemand sollte sich bei den Hochzeiten,
Beerdigungen und anderen Feierlichkeiten verschulden,
damit der Graf seine Abgaben erhielt, die willkürlich genug festgesetzt wurden.
Die Halunken in feiner Kluft wollten lediglich zahlungskräftige Steuerzahler in den Orten haben...
auch da kommt so manche Parallele im Kopf.
(Wahn- und aberwitzige "Edikte" während der Corona "Pandemie" 2020/22)

Der Sellbächer Debbekuche:
2 Kilo Kartoffel, 1 dicke Zwiebel, 2 Eier, 1 EL Mehl, 1 EL Haferflocken,
ca 1 1/2 TL Salz, Pfeffer, Öl, 200gr geräucherten Speck (in ca 1/2 cm dicken Scheiben)
Zubereitung:
Kartoffeln und Zwiebeln schälen und reiben.
Die weiteren Zutaten unter die Masse rühren.
1 Tasse Öl in einem Bräter erhitzen, Kartoffelteig dazugeben und rühren,
bis sich die Masse vom Rand löst.
Die Masse in eine Schüssel füllen, Bräter reinigen.
Nochmals 2-3 EL Öl in den Bräter geben, Boden mit Speck auslegen,
Kartoffelteig darauf verteilen und mit dem restlichen Speck belegen.
Den "Deppekuche" ca. 1 1/2 Std bei 200 Grad im Backofen mit Umluft braten,
danach ca 15 Min bei 150 Grad stehen lassen, bis er schön knusprig ist.

Sauer Brüh:
In einen großen Topf kommen ca 10 Liter Fleischbrühe,
10 kleingeschnittene Brötchen, 6 große Zwiebeln, 6 Knoblauchzehen, 5 Lorbeerblätter,
1 Teelöffel Nelken, 10 Pfund Schweinehack, 15 Eier, Salz und Essig.

Diese Version aus alten Tagen unterscheidet sich von meiner dadurch,
daß kein Maioran, aber Fleischbrühe genommen wird.

Bevor die Wasserleitung ins Dorf kam, gingen die Frauen mit dem Joch,
an dem Ketten mit zwei Eimern daran hingen,
zum Brunnen um Wasser für den Waschtag zu holen.
Manche Häuser hatten einen "Pitz", ein gemauerter Brunnen, der vom Grundwasser gespeist wurde -
dessen Wasser wurde mit einer Handpumpe in der Küche hochgepumpt.
(Vermutlich nur zum Waschen und Spülen verwendet, nicht zum trinken..

Die Lahn hatte damals noch viele Fische - so lag es nahe,
die Karfreitag-Speise dort zu holen:
Der Fisch wurde in Mehl gewälzt, ein wenig gesalzen,
in der Pfanne gebraten und in einem Gurkentopf ähnlichen Ansatz säuerlich mit Zwiebelringen eingelegt.
Der Steintopf mit Holzdeckel hielt den Fisch einige Zeit frisch.
Es handelte sich meistens um "Rotaugen",
einem grätenreichen Fisch, der etwa handflächengroß und schmackhaft war.
Nach der Wiederaufbauzeit der 50iger bis 90iger Jahre des letzten Jahrhunderts
haben sich die Fischbestände in der Lahn wieder gut erholt,
weil dank vieler Wasser - Aufbereitungsanlagen die Gewässerqualität viel besser geworden ist.

Die Angelvereine sind rührig um neuen Besatz und den Erhalt typischer Fischgewässer bemüht.
Interessant finde ich, daß ganz früher keine Kläranlagen -
aber trotzdem viele Fische vorhanden waren.

Zum Osterfest gab es oft Ziegenlämmchen, gefüllt.
Für die Kinder eine schlimme Angelegenheit -
aber was will man machen, wenn Fleisch selten und teuer ist?
Die Ostereier färbte man mit Spinatwasser zu grünen,
mit Zwiebelschalensud zu gelben
und mit roter Bete-Saft zu roten Exemplaren,
die dann mit einer Speckschwarte abgerieben wurden, damit sie gut glänzten.
Das Fett hat die Poren verschlossen und die Eier so haltbarer gemacht.

Im Herbst, wenn die Kirmes bevorstand, wurde Hausputz gemacht,
- falls auswärtige Verwandte zu Besuch kamen -
viele gingen so zu einigen Leuten rund um den Ort gelegenen Kirchweihen.
Die Sonntagsklamotten wurden mit Kaffee aufgebürstet, die Schuhe zum Schuster gebracht..
Die Kriege ließen das Vereinsleben immer wieder erliegen.
Nicht nur zur Zeit des "tausendjährigen Reichs" kamen immer wieder die Kontrollfreaks
offen aus ihren Löchern und machten Vorschriften und trugen jeden an, der dagegen wirkte.
(Das spürt man in der 2020/21 Corona Pandemie ähnlich)
Sie waren die wahren Ursachen vieler Zwiste
und sie wirken heute noch fort - meist im Hintergrund und gegen die Bevölkerung,
der sie sich vorgesetzt fühlen.

Soweit zur Ortsgeschichte Seelbachs, das heute ein Ortsteil von Villmar ist,
dem noch die Orte Aumenau, Falkenbach, Langhecke und Weyer angehören,
oder besser zwangseingemeindet wurden.
Wie weit sich diese sehr willkürlichen und menschenfremden Konstrukte,
die der Großgemeinden an sich,
mit einem vielbeschworenen Zusammengehörigkeitsgefühl verbinden lassen,
muß jeder selbst beurteilen.
Bei meinen historischen Auslesen halte ich mich klar an den einzelnen Ort und klammere das obige Thema lieber aus.
(Wie etliche Jahre nach dieser geschichtlichen Exkursion jedwede Politik / Nachrichten von uns nicht mehr angeschaut oder gehört werden.)

Villmar.

Auch dieser Ort ist bereits über 1200 Jahre alt und mit historischen Spuren über und über voll.
Funde aus der Jungsteinzeit an belegen das:
1935 fanden Schüler ein 19,6 cm langen Schuhleistenkeil aus Grünstein.
So manches Gräberfeld in der unmittelbaren Umgebung hat bis zu 40 und mehr Hügelgräber,
rund um den Galgenberg sind -wen wunderts?- besonders viele.

Meine weiteren geschichtlichen Schilderungen wollten sich nicht mehr mit Kirchen,
Schenkungen, Fürsten, Schultheißen und Pfarrern etc. beschäftigen,
sondern mehr und als Kür das Leben der "gemeinen Leute" beleuchten,
nicht die Villen Reicher bewundern,
das haben die schon selbst oder untereinander getan, wie zu allen Zeiten!
Es ist für meine Seite unerheblich,
zu welchem Cent (Zehnt) ein Ort oder eine Gemarkung, ein Hof gehört hat.
Wen interessieren "Huldigungsurkunden", "Kirchspiele" oder Pfarrbezirke?
Von urzeitlichen Funden braucht nichts weiter ausgeführt zu werden,
weil in der Gegend ähnliche Vorkommen zu finden sind,

Folgende Begebenheit gibt meiner obigen Einschätzung recht,
daß davon genug berichtet worden ist:

"Ein Jahr zuvor, im November 1562, setzten die Villmarer
Vogteiinhaber Reinhart von Isenburg-Büdingen und Ernst von Solms-Münzenberg
die Verbrennung dreier Hexen
an der ehemaligen Gerichtsstätte der Cent Niederselters auf dem Galgenberg
-bei dem Schlag der Langen Hecke- durch,
obwohl der Herr von Runkel hier den Villmarern die Exekution
als ein Recht des Landesherrn nicht zugestehen wollte
und die bereits bei einer Hütte an je eine Säule gebundenen gewesenen
und nachts durch Feuer erstickten Frauen von der Gerichtsstätte
entfernen und vor Villmar schleifen ließ.
Daraufhin wurden nämlich die versengten Leichen unter Anführung des Isenburger Vogts
von einem Villmarer Landesaufgebot
von insgesamt 52 Reisigen auf zwei Wagen und einem Schlitten zum Galgenberg unters Hochgericht zurückgeschafft,
und die dort postierten 3 Runkeler Wachknechte gefesselt,
und zwar solange bis die 3 Leichen völlig durch Feuer eingeäschert waren.
Unbestrittenes Villmarer Blut- und Hochgericht wurde der Galgenberg jedoch erst nach 1596,
so daß an der dortigen Richtstätte im Jahre 1603
zwei und am 11.September 1618 nochmal 3 Hexen verbrannt werden konnten,
während eine letzte wegen Hexerei im Jahre 1652 enthauptete Hebamme
unter dem dort befindlichen Galgen begraben wurde"
Da kann man deutlich sehen, wohin die Hetze der Kirche mit ihren seltsamen Teufeln führte.

Der Name des Ortsteils "Weyer" soll von "Wiler" kommen, von einem Einzelgehöft oder Weiler.
Der Name Villmar kommt von "vilimer" oder "vilmare",
was so viel wie reichlich Wasser bedeutet.
Der Ortteil Langhecke wuchs aus Gruben und deren Zechenhäusern "lange Hecke",
langer Wald, wo der beste Schiefer
Deutschlands zu finden war, 1270 "Duneberg" genannt, wohl nach dem Gott Donar.
"Amana" war urkundlich Aumenau, ein Ort in den Auen der Lahn.

Villmar brannte 1536 fast vollständig ab, was sich 1608 und 1697 wiederholte.
(trotz der vielen Heiligenhäuschen an allen Ecken und Enden der Gegend,
trotz der "schmerzhaften Gottesmutter" in der Kirche.)
Der Ort war wohlhabend, hatte eine flächige Landwirtschaft,
viele Gruben und entsprechend viele Handwerker.
Bekannt geworden ist der Villmarer Marmor.

Chroniken sind zuweilen widersprüchlich, so wird 1791 davon berichtet,
daß bestenfalls 10 Bauern als wohlhabend,
die anderen 90 aber als so arm angesehen werden konnten,
daß Güterversteigerungen und Auswanderungen nach Ungarn an der Tagesordnung gewesen waren..
Danach wurde Raps, Ölwicken, Tabak, Hopfen und Kohlrabenzucht betrieben,
was die Brachflächen minderte und durchgehendere Erträge lieferte.
Ein beliebtes Bauern-Hobby war die Obstbaumveredlung und spezielle Viehzuchten, die endlich zu besserem
und vermehrten Erträgen führten- gestützt von der damaligen Regierung.
Damals war die Fülle der unterschiedlichsten Sonderabgaben enorm,
sogar Weinpflocksteuern und Eckernmastgeld gab es in der "guten alten Zeit".
Viel später, in den 1950er Jahren, wurde die bäuerlichen Betriebe auf ein Mindestmaß von 30 Morgen aufgestockt
und neue Wirtschaftswege angelegt,
damit man nicht immer über den Nachbaracker fahren mußte, um das Feld zu bestellen.

Aus Wildäpfeln wurde Essig gewonnen, Obst- und Kornbrände waren modern- Bier-Brauereien kamen verstärkt hinzu -
das machte von den schwankenden Erträgen des Weinbaus unabhängiger.

Ein Waldaufseher von Langhecke (OT) gestand 1793, daß er 14 Raubmorde begangen hatte
und wurde anschließend gehenkt.
Er ist wohl bei der Verfolgung von Holzdieben, die in dieser Gemarkung,
wo sich die 31 Häuser auf 4 Herrschaftsgebiete aufteilten,
über die Stränge geschlagen und dabei selbst zum Räuber und Mörder geworden.
Zur Zehntabgabe fuhren die Bauern nach Villmar, sie trafen sich dort auf einem zentralen Platz,
wo 1495 ein großer Landmarkt entstand.
Man darf sich das wie eine Messe vorstellen, wo allerlei Dinge gekauft werden konnten:
Sonntagmorgens um 9 Uhr des Jahres 1561 sollen schon 500 Landleute dort versammelt gewesen sein,
99 Wein- und Bierwirte, Kannengießer für Zinngeschirr, acht Juden mit Handelsständen aller Art kamen
bis aus Wetzlar angereist, 18 Wirte sorgten für Speis und Trank,
Tanzveranstaltungen und Scheibenschießen gab es -
wie auf einer Kirmes größerer Ausprägung.
Die Standrechte und Ausschankgenehmigungen etc. führten oft zu erbitterten,
handfesten Auseinandersetzungen unter den Teilnehmern, so die Chronik.

1876 erhielt der Aumenauer Fährmann (OT) von jedem der 602 Aumenauer Einwohner jedes Jahr einen 2 Kilo-Laib
Brot und von jedem, der übergesetzt wurde 3 Pf an Fährlohn.
Bis in die 1920er Jahre gab es nur wenige massive Brücken über die Lahn, Fährleute waren die Regel,
selbst in Villmar zu Zeiten der Lahntalbahn,
wo nur mit einem Kahn der Bahnhof erreicht werden konnte.
Erst 1894 bekam Villmar die neue Marmorbrücke,
(das Material kam ganz aus der Nähe) die 100.000 RM gekostet hat.
Zu dieser Zeit befuhren noch bis zu 2.000 Lastkähne die Schleusenanlagen der Lahn.
Die 188 Grubenfelder in der Gemarkung und 7 Kalksteinbrüche,
7 davon waren Blei- und Silberminen- luden ihre Frachten
auf Lahnkähne zum Abtransport zur Verhüttung.

Der Run auf die Eizenerz- und Manganvorkommen ließ
den Trierer Kurfürsten Johann Hugo von Orsbeck die "Schutzjuden"
"Judenregal"
Moyses aus Niedernhausen und Süßkind aus Limburg das Recht zukommen,
12 Jahre im Bezirk Runkel nach Eisenstein
graben zu lassen, wobei die Felder bis zur Sohle ausgebeutet werden sollten..
Für diese Lizenz verlangte der Fürst jährlich 200 Reichstaler.
Bis 1689 verbauten die Beiden 4000 Frankfurter Gulden ihrer Geldgeber -
und gingen dann in Konkurs - damals wie heute ähneln sich die Zustände verzweifelt.
In den Gemeinden blieb nur der Lohn der Bergleute, der ferne Fürst bekam die Lehen,
die von den fernen Geldgebern und Eignern erbeuteten Bodenschätze wurden wohl in den Kriegen verdorben,
die Herrschaften und die Investoren wechselten fröhlich,
die zerschundene Landschaft bleibt bis heute.

Die Orte Aumenau und Langhecke waren typische Bergmannsdörfer.

Der Langhecker Schiefer war weithin bekannt, er hielt 200 Jahre das Dach wetterfest -
er war so hart, daß selbst das grubenfeuchte Material
beim beschlagen mit dem Stahlhammer Funken gab.
Der Schiefer wurde in Kauten abgebaut, deshalb nannten sich die Hauer "Käutner" -
jene waren bis zu 21% von der Staublunge, der Silikose, der "Langhecker Krankheit", dahin gerafft worden.
(Viele Familien standen bald ohne Ernährer da)

Das Ende der französischen Revolutionskriege 1799
gab das Ende der Bergaufsicht und so kam allerei Gesindel nach Langhecke-
vom Georg Zerfaß, Schwarzer Jonas, Johannes Bückler,
letzterer der bekannte Räuber Schinderhannes war,
gaben sich die Klinke in die Hand und machten die ganze Gegend unsicher -
dabei durfte der "Dicherfürst" Goethe nicht fehlen, der sich dort die Gruben zeigen lassen hat.

Villmarer Marmor ist kristalliner Massenkalk, in verschiedenen Farben und mit Einschlüssen von Armfüßlern,
Schnecken und Muscheln und Pflanzen-Abdrücken.
Der Weilburger Schiffstunnel, Schleusenanlagen, unzählige Schlösser in Europa
und Kirchen waren mit Villmarer oder Arfurter oder Seelbacher Marmor ausgeschmückt oder gebaut.
(Heißt es nicht im Alten Testament: Ihr sollt euch keine Altäre aus behauenen Steinen machen?)
Luxushotels, Indische Paläste, das Theater von Rio, das Empire State Building,
die Eremitage in Moskau bis zu wohlhabenden Geschäftshäusern
Belgiens schmückten sich damit, ganau wie Edelkaufhäuser und illustre Brunnenanlagen
oder große Bahnhofs-Bauten.

Früher brauchte man eine Stunde um einen Zentimeter Marmor zu sägen,
später kam man 15cm tief in das Material,-
6-8qm waren die Tages- Schleif- und Polierleistung, später kamen Maschinen,
mit denen bis zu 150qm geschafft werden konnten.

Nach Villmar soll ein wenig aus der Dietkircher Chronik geplaudert sein, der Ort,
wo die bekannte Lubentius-Kirche auf dem Felsen an der Lahn steht.
"90% der Gesamtbevölkerung lebte im Mittelalter noch auf dem Land.
Das Landleben war dem zufolge die typische Lebensform,
auch wenn sich das in den historischen Quellen kaum niederschlug".
So beginnt die Dorfchronik zu erzählen - Karl der Große (768-814)
benannte die Kalendermonate nach diesen Gegebenheiten um..

Die Kleriker und die Adeligen umgaben sich mit dicken Mauern,
trennten sich von den ackertreibenden "Geringen" ab.

Deren Bauwut sorgte für "Konjunktur" und so kamen Handwerker
und Gewerbetreibende und Verkäufer von Landerzeugnissen,
die für die notwendige Ernährung sorgten,
die von den bäuerlichen Betrieben auf dem Land ihre Waren erhielten.
Mittelalterliche Dörfer haben aus ca 3-10 Gehöften bestanden,
bis zu 70 Einwohner lebten in diesen Gemeinschaften.
Ein kleiner Lebenskreis!
1542 waren gerade mal 23 Steuerbürger wohnhaft,
1564 zählte man 18 Häuser.
1644-56 schrieb der Pfarrer jährlich eine Geburt ins Buch.
Ein dramatischer Rückgang durch den 30j. Krieg mit seinen Seuchen?
Genaueres ist nicht berichtet,
nur daß in diesem Buch die Einträge von weiteren Pfarrfilialen geschrieben standen:
Dehrn, Lindenholzhausen und Eschhofen, sowie div. Mühlen.
Vermutlich hielten sich noch einige Familien in den Wäldern verborgen,
wo sie seit den Kriegswirren ihr Versteck suchten.
1730 huldigten 44 Männer (das war ein Zwang, keine Freiwilligkeit) und zwei Witwen
aus Dietkirchen der "Churfürstlichen Gnaden
Frank Goerg von Schönborn"
"Schirmgulden" zahlten vorübergehend Anwesende,
Verwandte und wohl auch Händler und Reisende qua Edict an die fürstliche Rentkammer, -
was einer Schutzgeld-Erpressung gleich kam.
Armut prägte bis Ende des 18Jhds. das Geschehen im Dorf
und seiner Umgebung, während die hohen Stände prassten
und Hof hielten - wie überall in Europa.
"1780 wurde die Gemeinde angemahnt, die seit drei Jahren fällige Bezahlung
des Lehrers endlich zu begleichen, doch die Gemeinde war zu unvermögend."
1806 antwortete Pfarrer Römer auf die Frage:
"stehen die einzelnen Untertanen wohl?"
..mit "die Dietkircher sind durchgehend bettelarm, sind arme (Schul) Kinder da,
die nichts zahlen können, 18 dermalen."
Legt man 40 Schüler zugrunde, wäre das ein hoher Anteil.
1874 wurde eine zweite Hilfslehrerstelle eingerichtet-
obwohl man sagte, Dietkirchen sei eine der ärmsten Gemeinden im Schulbezirk.
Im Jahr 1790 "werden daselbst 36 Bürger, 8 Beisassen in 48 Häusern gezählt,
sodann sind allda 21 Scheuern und 29 Ställe.
Die Einwohler sind theils Ackersleuthe, teils Handwerker,
welche von dem daselbst befindlichen Collegiat-Stift ihre gute Nahrung beziehen"
An anderer Stelle liest man 300 Seelen des Dorfes..
Zur Gründung des Deutschen Reiches 1871 waren es bereits 658 Personen, die dort wohnten.

Der Fährmann im Lehen war gut angesehen im Stand,
er erhielt am Lubentiustag "drei Brote, ein Viertel Wein,
einen Braten im Wert von drei leichten Denaren und eine Schüssel mit gekochtem Fleisch,
wie es auch für die Stiftsherren im Refektorium zubereitet wurde"
Bis 1980 wurde der Fährbetrieb gehalten, trotz vieler Streitigkeiten wegen des Seils -
weswegen die Schiffe und Boote anhalten mußten, bis dieses wieder eingeholt worden war.

Der Pfarrer Caspar Schorn plante, als er 1683 sein Amt begann, eine Schule einzurichten:
"da die Bewohner sind so schlecht erzogen waren, plane ich die Jugend anders zu erziehen"
So mancher Schullehrer versuchte mit allerlei Nebentätigkeit
-sogar Maurertätigkeiten- über die Runden zu kommen,
weil das Salär sehr gering gewesen sein muß -
was den hochnäsigen Pfarrer zu folgender Bemerkung veranlasste:
"allerdings schreibe er (der Lehrer) wohl hier und dort Briefe,
da dafür aber nichts als Branntwein gewöhnlich gegeben werde,
ist es mehr Schaden als Nutzen für den Schullehrer"
(Der Pfarrer betrachtet sich als Lehrer für alle,
während der Lehrer nur für die Kinder zuständig ist)

1823 fand man keinen einzigen Einwohner in Dietkirchen, der soweit des Schreibens mächtig war,
um der Gemeinde als Rechner dienen zu können..
Über dem Backhaus war eine Stube, in der jener Lehrer wohnte und unterrichten mußte !
Erst 1809 wurde ein geeignetes Gebäude angekauft, das zur Schule eingerichtet wurde.
Streitigkeiten ab es immer und so wurde vom Pfarrer der Bürgermeister als "zwar talentiert,
aber ohne Fähigkeiten" eingestuft wurde -
alles gut dokumentiert in Büchern, die außer ihm keiner las.
Schon früh, 1292 stand am Lubentiustag,
also da wo das Lehen von allen Bauern angefahren wurde, den Zöllnern aus Limburg
von den Stiftsherren gegeben
"6 Weißbrote, ein Viertel Wein, drei Braten zu je einem leichten Denar, 3 Schüssel mit gekochtem Fleisch zu."
Dafür waren die Stiftsherren vom Zoll befreit!
Der gleiche Festschmaus stand auch den Schöffen im Hof des Archidiakons zu, ein echtes Herrenmahl.
Der Dietkircher Markt erwuchs wohl aus diesem Tag des Lubentius.
So kam bald die "Hänsegebühr" auf,
(Hanse, Handel, Hänse)
so eine Art Standplatzgebühr, wie beim Flohmarkt der heutigen Tage.
Rundum gelegene Orte neideten diesen Aufschwung,
so sann der Fürst geschwind Wegenutzunggelder und danach,
wie der Markt in einen anderen Ort zu ziehen wäre..
so wurde für "Schutzjuden" die Hänse ausgesetzt,
damit sie sich mit ihren Handelswaren einfanden.
Die jungen Männer nutzten den großen Markt für Zwistigkeiten und Schlägereien,
Rabattschlachten wurden schon damals gehalten,
um den Käufer zu mehr Konsum anzutreiben:

Es wurde überliefert, daß 7 Metzger, 11 Wollweber, 3 Eisenkrämer,
2 Nagelschmiede, 2 Weißgerber, 7 Strumpfweber, 14 Wirte,
27 Krämer, und 28 Bäcker gezählt wurden.

1853: "Die rauften sich nicht um eine Dirne, um einen Tanz, um ein paar Kreuzer,
die rauften sich hier in den baierischen Wackerl vergleichbar,
um das Vergnügens willen zu raufen.
Erinnere ich mich doch des einzigen Dietkirchener Marktes,
den ich besuchte und wie da gleich im Anfang die Zollbude umgeworfen wurde -
der gräflich Walderdorfische Kellner (Verwalter) hatte gewisse Zollgebühren zu erheben -
und wie der Kellner und seine Gäste
kümmerlich durch die Fensterlucke der Bude fernerer Drangsal entrannen.
Die Flucht blieb aber ohne Einfluß auf den Gang der Schlacht,
bei der sich sofort das ganze Marktpublikum beteiligte.
Unvergleichliche Hiebe sind da ausgeteilt worden, absonderlich von einem Kittelbauer,
der alles, was ihm vorkam, ohne Unterschied niederschmetterte.
Seinem Wüthen entlief, Bude, Casse, Gäste im Stiche lassend,
der Kellner, neu in seinem Amte - hatte der arme Mann Ähnliches noch nicht erlebt.
Kopfüber rannte er der Fähre zu um die Lahn zwischen sich und den Prügeln zu setzen,
indem er aber den Nachen bestieg, fand sich zu ihm jener schreckliche Kittelmann,
für jetzt zwar scheinbar ruhig und gelassen.
In der friedlichen Stimmung ihn zu befestigen, versuchte der Kellner ein Gespräch anzuknüpfen
"das war ja ein fürchterliches Gemenge" -
"Spaß" entgegnete der Andere,
"lauter Spaß, sonst hätte ich mich nicht neutral gehalten".

Ansonsten herrschte ein friedliches Miteinander auf dem Vieh- und Kram-Markt und Schaubuden-Betreibern.

Viel später, unter den Nationalsozialisten wurde in Limburg eine Gegenkirmes befohlen, ein Oktoberfest-
damit die dem System gewogeneren Teile auch etwas vom Treiben abgekamen.

Durch diesen größeren Markt kam die "Dikkericher Mädes" langsam ins Hintertreffen,
das Oktoberfest gewann ständig an Bedeutung.
Die "Kraft durch Freude" wollte das wieder ein Stück umkehren,
als 1939 der deutsche Angriff auf Polen dazwischen kam.
Es folgte ein lange Unterbrechung bis 1991 - wo der Ortsvorsteher van der Burg
unter Mitwirkung aller Dietkircher Vereine wieder einen "Dikkerischen Markt" startete.

In Dietkirchen ging es nicht anders zu als in anderen Orten der Gegend,
wo durchziehende Truppen aller möglichen Arten
und Herkünften marodierten und plünderten, raubten und mordeten.
Verwundete, Vertriebene, Geflüchtete und Gefangene kamen und gingen.
Seuchen, Hunger und Religion drückten, Fürsten pressten
und versklavten durch Frohn und viele sonderbare Steuern.

Meinung:
Nach meinen Beobachtungen blieben die Wohlhabenden stets unter sich,
sie waren eine geschlossene Gesellschaft, während heute "das Bad in der Menge" erfrischt
und den herrlichen Neid erst so richtig genußvoll werden läßt..
..wer das anders sieht, darf mir gerne mailen.
Ehedem fuhren die Feinen 2,4 oder 6-Spännig mit Kutscher vor, die "Gemeinen" waren buchstäblich das Fußvolk.
Heute hebt man sich von der Massenmotorisierung eher mit riesigen SUVs,
Oberklasse-Automobilen, Wohnmobilen, Yachten oder Privatflugzeugen ab.
Wie wird man reich, außer durch einen Lottogewinn?
Nun, durch entsprechende Seilschaften -oft genug durch seltsame Geheimbünde, durch Pressen und Ausbeuten,
Erbschaften, durch Abstammung oder Heirat, wenige durch echte Begabung.
Reich ist nicht nur eine Frage des Geldes, sondern auch eine der inneren Zufriedenheit
-zumindest wenn die Grundbedürfnisse gesichert sind-
was z.T. immer eine Domaine der Religion war, der spirituelle Schnuller für Erwachsene.
Gut, ich bin nie mit "hohen Tieren" in Kontakt gekommen, erlebe aber doch, daß sich Wohlhabende ärgern,
wenn "Proleten" mit nicht gerade billigen Fahrzeugen und Häusern zeigen was sie können -
schlicht um "mitschwimmen zu können".
Handwerker sind ein typisches Beispiel dafür.
(Die Arbeit dahinter sieht niemand)
Die Werbung forciert allerorten die Gier etwas Neues haben zu müssen, darauf fußt das ganze Wirtschaftssystem.

Wer ist nun "reich"? Ich meine es ist derjenige, der genug ÜBRIG hat
um über nötige Rücklagen hinaus zu sparen und dazu noch Geld anlegen kann.
Im Gegensatz dazu die breiten Massen, die mit "Minijobs" klar kommen müssen,
weil die wirklich Reichen die normalen Berufseinkommen
-aus schierer Gier- über die Politik zerdeppert haben.
(Lobbyismus heißt dieser Hebel)
Schwache Einkünfte breiter Massen an Konsumenten- bei gleichzeitiger Teil-Alimentation
(Miete, Aufstockerlöhne) wird uns das Rückgrat brechen,
wenn der Export längere Zeit schwächelt.
Ein solider Binnenmarkt wird immer noch hartnäckig gemieden, weil ehedem von den oberen Zehntausend,
heute von einer Geld-Anleger-Schicht gerafft und geramscht wird..

Soweit mein Zwischenruf, weiter gehts mit der gelesenen oder auserlesenen Historie
aus meinen dicken Wälzern - nachfolgend werde ich weniger ortsbezogen berichten.

Die Verquickungen und Gewogenheiten, Abhängigkeiten und Zweckverbindungen zwischen den Adelshäusern
und den Klerikern waren einzig zur Vermehrung von Macht und Geld angelegt -
stets auf dem Rücken des Volkes und Jahrhunderte lang geschickt gestrickt worden..
letztlich fußt aller Reichtum auf Beutezügen,
Plünderungen, Zweck-Heiraten, Schutzgeld-Erpressung unter div. Namen und Bezeichnungen und Unterwerfung, Wucher -
aber auch mit dem Druck des "Seelenheils", Wegezölle und Kaperfahrten.

Interessant:
Über den Kirchen-Kanzeln war ein "Schalldeckel" angebracht, praktischer Nutzen mit Verzierung als Baldachin.

Nach einigen Chroniken ekelt mich das Lesen der Fakten und Historien
über die Mächtigen der Zeiten regelrecht an,
die Hoffnung auf ein paar Details aus dem Leben der einfachen Leute hält mich an der Lektüre.

Wir erinnern uns:
Die wenigsten einfachen Menschen waren des Lesens oder Schreibens mächtig,
folglich ist von dieser Seite wenig an Überlieferungen zu erwarten.
Was bleibt, sind Kirchenbücher und Frohn-Bücher und Besitz-Beschreibungen-
ab und zu mal eine kontinuierliche Chronik der Stadt-Schreiber.
Nur durch die Technik des Querlesens ist eine derartige Durchforstung von Überlieferungen denkbar,
die ich in div. lat. Lektüren erworben habe:
So lernt man die Spreu ganz gut vom Weizen zu trennen, wenn Professoren meinen,
mit 13 zeiligen Sätzen "Bildung" zu Papier bringen zu müssen..

***

"Wie von Pfarrer Schmitt berichtet, wurden in den ersten Amtsjahren seit 1702
umfangreiche Reparaturen am Pfarrgebäude durchgeführt.
Außer den Treppen- Keller- und Fenstererneuerungen wurde auch eine Studierstube eingerichtet."
Der Pfarrer sagte weiter, daß er bei seiner Ankunft die unterste Stube im Pfarrhaus
so schwarz wie ein Schornstein vorgefunden hätte.
An den Wänden seien tausende von Waldläusen gewesen.
Es sollte frisch ausgefacht und mit Kalk neu gebunden werden,
damit die Waldläuse sterben sollten..
"Aber ich habe bis dato 1714 dies nicht erlangen können,
daher sich nun dieses Ungeziefer in den 12 Jahren so vermehrt,
daß wir die Läuse tagsüber in den Kleidern und nachts in den Betten hatten. "
Die Stube war bei seiner Ankunft mit Stein gepflastert,
und an derselben war eine Kammer mit Lehm, der aber so durchgetreten war,
daß man in den Keller sehen konnte..
Die Küche war nicht gepflastert, ganz dunkel, ohne Fenster und Läden.
Der Keller war 2 Schritt breit und 4 lang, so niedrig, daß man nicht darin stehen konnte.
Die Hühner hockten unten im Gang, und machten das Haus voll Ungeziefer.
Der Pfarrhof ist ein Wasserloch,
so daß man das ganze Jahr nicht trockenen Fußes hindurchgehen kann.
Das Dach der Kirche ist so schlecht, daß es mir und meiner Frau auf den Kopf regnet,
der Boden vom Regen durchweicht, vielleicht bald einbricht.
Die schweren Uhrensteine sind schon zweimal runtergefallen
und haben den Deckel des Taufsteins zerschlagen - auch das Pfarrgut war sehr verwahrlost.
Der Wein muß in steinernen Krügen auf den Altar gestellt werden,
weil die alte adelige Frau uns die zinnernen Kannen entzog."

1757 verleiht Serenissimus Graf von Nassau das Pfarrgut an das Walburgisstift in Weilburg für 7000 fl.
Das Pfarrhaus war wohl noch immer in desolatem Zustand,
man hatte den Keller 2 Schuh tief ausgegraben und darin stand jetzt das Wasser.
Kein Abtritt (Toilette) und die Stuben und Kammern waren noch immer viel zu klein und zu niedrig-
so daß der Pfarrer seinen Hausrat nicht unterbringen konnte..
1788 sollen die Schulkinder sehr zurück gewesen sein, der Schulmeister beim Hausieren mit selbstgefertigten
Wagnerarbeiten unterwegs gewesen sein, um sich den Branntwein zu verdienen..
1797, den 22. August: Die Abstützungen der maroden Kirche polterten plötzlich auf die Männertribünen,
die Seitenmauern bildeten Buckel, der Turm war schon lange abgestützt
und senkte sich immer mehr im Gebälk.
1886 wurde das alte Pfarrhaus versteigert, für 5640 Mark vom Bürgermeister Friedrich erworben.

1893 war eine große Dürre, die Bauern schlachteten ihre Kühe und verkauften das Fleisch zu 30 Pf das Pfund.
In den Jahren 1898 und 1900 brachte der Pfarrgarten jeweils 25 Zentner an Pflaumen,
die zu 4 Mark der Zentner verkauft werden konnten..
Im Jahr 1900 schrieb der Elkerhäuser Pfarrer Freudenberg:
"Die Frau des Pfarrers Müller aus Weinbach und meine Frau zogen es vor,
während des Gottesdienstes in meinem Studierzimmer zu schnüffeln."
1901 jammerte er, daß die Jauche durch die Gassen fließt,
der Gestank und der Lärm der Eisenräder bis in das Pfarrhaus dringen.
1902 wollte der Weilburger Amtsrichter Heymann (der das Amt wohl dazu mißbrauchte,
mit wertvollen alten Sachen Geschäfte zu machen)
mit Überredungskunst für 35 Mark die alten Sakralgefäße schnorren,
die später mit 450 Mark getaxt wurden..

Die Geschichte der Schule begann im 16.Jhd.- die Reformatoren wollten,
daß jeder das Wort Gottes aus freien Stücken lesen können sollte.
1854 wanderten 3555 nassauische Bauern nach Texas aus,
weil die Böden zu stark ausgelaugt waren und kaum noch etwas hergaben.

Die chemische Düngemittelproduktion begann mit allerlei Rohstoffen:
Horn, Haare, Leder, Lumpen, Knochen und Klauen.
Phosphorit wurde aufgeschlossen und als Kunstdünger nutzbar gemacht.

Um jeden Herrenhof bildeten sich kleine Ansiedlungen von einfachen Katen,
in denen die Unfreien wohnten, die zur Bewirtschaftung des Hofes nötig waren.
Der Bauernstand besteht nach den heutigen Erkenntnissen erst seit dem 11.Jhd. als soziale Gruppe.
Bei 2-3 Gehöften einer Siedlung kann man von 30-50 Einwohnern ausgehen.

Besonders interessant finde ich die etymologische Herleitung alter Ortsnamen-
eine spannende Sache, die gerne mal akademisch klemmen mag...
Das Beispiel des Weilburger Ortsteils Kubach liegt vor mir, in Gestalt einer Ortschronik..
In einer Urkunde aus dem Jahr 1000 heißt es "Coubach".
(Wie übrigens in der Mundart ausgesprochen)
Im Althochdeutschen "Bach" "bah", Germanisch "beki",
im Mittelhochdeutschen "bach" - in allen drei Entwicklungsstufen
unserer Sprache ist dieses Wort männlich, also "der Bach", in der hiesigen Mundart "die Bach".
In der alten Urkunde wird die weibliche Endung verwendet
,d.h. statt "parvulum" (für einen der drei angenommenen Teile
dieses Ortes - Pfaffenhausen, Groß-Kubach, Wenigenkubach)
ist in der Urkunde "parvulam" geschrieben worden.
Einige meinen, daß es sich um einen Abschreibefehler von "rivulum" -
Akkusativ lat. von Flüsschen handeln könnte.
Der zweite Bestandteil des Ortsnamens könnte auf das althochdeutsche "kuo" oder "cho",
germanisch dann "k(w)o" -mittelhochdeutsch "kuo" hinweisen -
und das bedeutet "Kuh", weiblich.
Andere reden von der Herleitung aus "Quell-Bach" zu Kullbach und Kubach-
es könne aber auch eine Dialektform sein.

Die Anfangssilbe ist halt ein wenig kurz geraten, um eindeutige Schlüsse zu ziehen.

Wieder andere Annahmen meinen, daß "cu" etwas mit "zwischen" oder "zwei" zu tun habe.

Die orohydrographische Karte von Kubach zeigt,
daß zahlreichen Bäche sich dort gegen das Weiltal richten - das wäre schon mal ein Indiz.
Die Herleitung aus dem Keltischen wäre zu kurz, obwohl überall Kelten siedelten,
was an den Flußnamen heute noch zu ersehen ist.
In Kubach gibt es genug Quellen, was auch noch eine Herkunftsannahme sein könnte.
Somit käme der Name von "Quellbach"?
Oder ist das Wort "Kuhle" oder Senke oder Grube dafür ursächlich?
Die Wissenschaft sträubt sich gerne gegen einfache Sachen - so paßt die mundartliche Aussprache (kou-)
zu einem Ort, an dem bevorzugt Kühe gehalten worden sein könnten..
Diese ominöse Abschreibung "rivulum" oder "parvulum" zu dem Teil des Ortes
könnte eine Latinisierung von "klein, geringfügig, armselig"
gewesen sein und würde wieder in eine andere Ecke lenken.
(lütze wäre da angeratener gewesen, hätte man "klein" gemeint)
- Eine weniger glückliche Lage dieser Siedlung vermutlich?
(nordisch lütt)
Die Ableitung von der Kuh erschien ein wenig zu "bäuerlich", um korrekt anzumuten.
Die offizielle Schreibweise war bis 1935 "Cubach",
wo per Rundschreiben an die Landräte ging, daß der Ort künftig mit "K" zu schreiben sei:
"Ich ersuche sie daher dringend, sich dafür einsetzen zu wollen,
daß die Schreibweise des Anfangsbuchstabens des Ortes Cubach auf das deutsche K umgesellt wird!"
So ist es bin heute geblieben, Proteste aus der Bevölkerung kamen wohl keine, weil in den Zeiten der Romanisierung das "c" statt dem "k" bevorzugt wurde. Hier fand wohl ein Rückbau statt.

Soviel zu den Grabenkämpfen der Aufarbeitung von alten Namen.

Ein Beispiel, wie Kirchenvermögen entstanden sind, ist hier beim Kloster Pfannstiel zu lesen:
Die Einkünfte und Schenkungen von Cubacher Einwohnern- Clessgin Lower
aus Weilmünster und seine Hausfrau Katharina,
Schwester des vorgenannten Henn, und ihre Miterben geben zu ihrem Seelenheil der Kirche
"Unserer lieben Frau im Pfannstiel"
zwei Drittel von folgenden Gülten: 1/2 Malter Hafer, 1 Malter Korn nach Weilburger Maß,
vom Heynen-Hof zu Cubach.
Dafür soll man ihre Namen in das Seelenbuch der Kirche schreiben
und ihnen eine Messe lesen, Anno 1469 Juni 14.

Das Kloster betätigte sich als Lehnsherr, Geldverleiher, Pfandleihe und als Anlagebank für Renten !
Richtig fromm waren diese Johanniter..
Der Name Pfannstiel leitet sich von einer der Reliquien ab, dem "Stiels der Breipfanne Jesu, dem Jesukind."
(Ohne Witz!)
Dabei war die Rede von einem Marienbild, das in einem Baum gefunden worden sein soll
und das später in der Klosterkirche verehrt wurde.
Als die Kirche abbrannte, soll dieses Marienbild als einziges Stück übrig geblieben sein- wie damals,
als der Baum abbrannte, brannte auch das Kloster bis auf die Grundmauern nieder.
Die Reformation, die vom Klosterprior als "Baals-Dienst" verunglimpft wurde,
obsiegte durch den bekehrten Weilburger
Fürsten, der sodann das Kloster nach und nach "beerbte" und abreißen ließ.

Die Flurnamen des Ortes Kubach sind freilich auch schon tausend Jahre alt und z.T. noch heute in Gebrauch.
Briebach - (mundartl. von Brüh-Bach) ockerhaltiges Wasser -
von den vielen Gruben eingefärbt, ist ein Beispiel.
Pfaffen oder Paffen: Erst seit der Reformation mit pejorativer Bedeutung. (schlechter Bedeutung)
Schindgraben:
Schinden, enthäuten, schlachten.
Aus der Haut wurde Leder gegerbt, vom Rest wurde Seife gemacht,
was nicht zu verwerten war, wurde vergraben.
Alte Erzählungen oder Sagen vom Kloster Pfannstiel:
Das Kühchen im Pansel.
Als einst der Hirte von Drommershausen im Pansel seine Herde hütete, sah er,
wie ein weißgeschecktes Kühchen aus dem Wald kam,
sich unter seine Herde mischte und mit dieser weidete.
Am Abend lief es wieder in den Wald, und das wiederholte sich jeden Tag,
bis die Zeit des Weidetriebes zu Ende war.
Am letzten Weidetag sagte der Hirt zu seinem Buben:
Fahr du mit der Herde heim.
Ich will einmal dem Scheckchen nachgehen und sehen, wohin es geht und wem es gehört.
So tat er denn auch und folgte dem Tier bis zu einer Bergschlucht, in der es verschwand.
Er ging ebenfalls in die Schlucht hinein und kam in die Nähe einer Höhle.
Vor der standen zwei Männer in altertümlicher Tracht, die eifrig mit Schaufeln Sand durch ein Sieb warfen..
Ist das gescheckte Kühchen euer, fragte er sie.
Jawohl, hörte er als Antwort.
Dann bekomme ich wohl auch einen Hütelohn, frage der Hirte weiter.
Komm her und halte deine Kappe auf, brummte einer der beiden.
Das tat er und sogleich schöpfte der andere ihm die Kappe voll Sand.
Dann ging der Hirte - unterwegs dachte er sich:
Warum soll ich den schweren Sand heimschleppen?
Er drehte die Kappe um und schüttete den Sand aus.
Als er aber zu Hause die Kappe an den Nagel hängte,
da rieselte heraus, was im Kappenrand hängengeblieben war.
Doch das waren keine Sandkörner, sondern pure Goldkörner!
Er lief zurück in den Pansel, aber er fand den ausgeschütteten Sand nicht mehr,
und die Höhle und die Männer waren verschwunden...

***

Vergiß das Beste nit.
Es ging einmal ein Mann aus dem Weiltal nach Drommershausen.
Als er in den Pansel kam, saß oben im Baum ein Rabe, der rief ihm zu:
Vergiß s Beste nit!
Als er weiterging, stand da ein Hahn vor einem Häufchen Weizenkörner.
Der krähte und mahnte ihn:
Vergiß 's Beste nit!
Endlich sah er am Weg einen großen Eisenring liegen.
Er wollte ihn aufheben, aber das ging nicht.
Als er ihn packte und kräftig daran zog, tat sich eine schwere Falltür auf,
an welcher der Ring befestigt war.
Eine Treppe führte hinunter.
Die betrat unser Mann, und drunten kam er in ein Gemach,
in dem ein schwarzer Mann an einem steinernen Tisch saß.
Auf dem Tisch standen eine brennende Kerze und ein Kästchen.
Der Weiltaler schaute sich das staunend an.
Dann nickte er dem schwarzen Mann zu und ging wieder zur Treppe.
Da rief ihm der nach:
Vergiß s Beste nit!
Wäre der Weiltaler schlau gewesen, und das Kästchen voller Gold wäre sein gewesen.
Doch er war ein Dummkopf und beherzigte die dreifache Mahnung nicht.
Als er droben war, klappte die eiserne Falltür von selbst zu und schlug ihm beide Fersen ab..

***

Das Pfannstieler Wunder.
Als das Gotteshaus kurz nach seiner Fertigstellung im Jahre 1489 abbrannte,
schickt Graf Philipp II Kollektanten in die Weilburger und Saarbrücker Lande.
Den Bittbrief schrieb Elisabeth, seine Schwiegertochter.
In diesem Brief berichtet sie über die Wunder, die von dem Bilde im Pfannstiel ausgehen:

Elisabeth von Gottes Gnaden Landgräfin von Hessen, Gräfin von Nassau und Saarbrücken
(Witwe des Grafen Johann III)
und Graf Philipp von Nassau und Saarbrücken, Herr zu Weilburg
tun jedermann allen und iclichen fürsten geystlichen und werntlichen, prelaten, graven, frihen,
rittern, ettelen, knechten, strengen, vesten, irbern, wirdigen,
unßirn lieben herren und aller mennuiclich Kund:
In Gottes Namen amen.
Durch hochgelobteb Königinn, und in Ehren des Himmelsfürsten Sanct Johannis des Täufers,
da ein Bild der hochgelobten Jungfrauen Marien in einem Baum gestanden,
durch welches Bild Maria merkliche Wunderzeichen gethan,
und noch Scheinbarlich täglich thut, im sambt dem Baum, Glocken, Meßgewandten, unverletzt blieben,
und das Bild der Jungfrauen Marien, so in der Erd lebendig gefunden worden,
vom Feuer unversehrt blieb, auch ein Priester.
Und die weil haben maria durch das Bild viel Wunder wirket, als:
Erstlich, ein Kind, so in ein Feuer gefallen und fast sehr vom Feuer beschädigt,
daß die Eltern dem Kind die Hirnschale aus seinem Haupt genommen,
und dieselbige Hirnschall hanget noch heut zu tag vor dem Bild unserer lieben Frauen
im Panstill, und das Kind noch beym leben.
Zweitens ein Frau wollt ein Kind geberen, konnt ihr von den Frauen nit geholfen werden,
daß si vom Leben kam, und war todt.
Da ging derselben Frauen mann in ein ander Schloß und wolt Regeln holen zu der Laden.
Unter der Hand kam ein Bruder in dasselbig Hauß,
und sprach, wa sie da vor ein wesen betten:
da antworteten ihm die frauen, daß solch frau mit einem Kind blieben wäre;
da sprach der Bruder, das sie die frau gelobten zu der himmlischen Königin zum Pannstill,
das geschah also, die Frau von Stund ward wieder lebendig und gebar einen jungen Sohn,
und noch byde am leben sindt.
So haben Elisabeth Lantgrefin und Pilppsgrav zu Nassau-Saarbrücken solchs Gottshaus
mit fünf Altären sambt neuen Glocken, kilchen, Monstranzen wieder angefangen zu erbauen und um heilig Almosen
und Steuer gebeten, mit Vertröstung 1. daß sie in eine heilige wunderliche Bruderschaft der heiligen Jungfrauen Marien
kommen sollen, und alle jar uf fronhaften mit Vigilien, Seelmessen;
brennenden Kerzen vor sie,
lebendige und todte, eine Mess soll gehalten werden.
Solcher Brief ist versiegelt worden von Elisabeth der Lantgrefin, von Philippsen Grafen zu N.S.
und von Kormann zu Catzenfurt, Statthalter des Gottshauss im Panstill.

Der Brunnen im Dorf war nahe beim ältesten Hofgut Kubachs,
dort wurden Abends die von den Weiden heimkehrenden Tiere getränkt, bevor sie in den Stall gingen.
Dieser Brunnen war auch ein beliebter Treffpunkt für alle Leute.
Diese Hofgüter unterlagen nicht dem landesherrlichen Befehl, sondern waren frei,
sie waren nur dem Kaiser direkt weisungspflichtig, wie schon erwähnt -
und zur äußeren Landesverteidigung gedachte Rittergüter oder Burgen.
Die Leute darin waren ganz pedantisch mit genauem Ahnennachweis ausgesucht und kontrolliert.
Der Kaiser wollte unbedingte Verläßlichkeit bei diesen Erbtiteln haben,
damit Heerfahrts- und Münzprivilegien nicht in falsche Hände kamen.
Noch während des zweiten Weltkrieges hatte Kubach einen Schweinehirten,
der diese gemeinschaftliche Aufgabe wahrnahm:
Er tutete in sein Horn und die Schweine versammelten sich zu einer ansehnlichen Rotte auf der Straße,
mit der jener Hirte dann in den Wald zog, wo sich die Tiere mit Eicheln und Bucheckern, Wurzeln, Pilzen
und Engerlingen mästeten - ganz offenbar blieben sie dadurch gesund.
Na ja, die Tiere wurden damals noch nicht künstliche befruchtet
und bekamen auch keine Medikamente oder Wachstumsbeschleuniger..
Interessant war, daß man sich damals das Anrecht auf einen Kirchenstuhl erkaufen konnte.

1806 brach im Zuge der napoleanischen Eroberungen das Deutsche Kaiserreich zusammen,
so auch die Rechtsgrundlage der freien Höfe und Güter, Burgen und ählicher Anlagen, um die sich damals die kleinen Katen
der Unfreien sammelten, die dort Arbeit fanden..
diese Güter waren meistens der Ursprung eines Dorfes.
Kubach ist einer der wenigen Orte, wo Kirchenbücher bereits vor dem 30j. Krieg
geführt und sogar erhalten geblieben sind:
Der Zustand ist freilich schlecht, schlechtes Papier, Flecken, Risse, vergilbt und beschädigt.
(Damals ist fast alles ein Raub der Flammen geworden)
Das Staatsarchiv in Wiesbaden versucht nun aufzuzeigen, welche Namen bereits vor dem 30j. Krieg vorhanden waren,
diese extrem schweren Zeiten mit ihren Übergriffen und Seuchen überlebt haben,
und welche neu dazu gekommen sind.
Es sind wohl viele Ungenauigkeiten vorhanden, weil noch nicht alle Familien feste Nachnamen hatten.
Der ehemalige Pfarrer und Pfarrerssohn und spätere Kirchenpräsident Hild
schrieb über die die Zeit im Jahr 1929:

Die Lebensverhältnisse 1929 waren der Reformationszeit ähnlicher gewesen, als in der Gegenwart..
Der Rhythmus der Leute war noch ganz von der Landwirtschaft geprägt,
Einflüsse von außen spielten kaum eine Rolle.
Zwei Autos und ein Lastwagen gab es damals in Kubach, selbst Radios waren noch selten -
so drängten sich schnell mal 20 Buben im Wohnzimmer des Radiobesitzers,
wenn ein Fußball-Länderspiel übertragen wurde, so Hild.
Im Dorf sprach man Platt, wer Hochdeutsch sprach, galt als eingebildet.
Hild meinte, daß der Dialekt die moderne Entwicklung nicht fassen könne - die Jahre nach Hild zeigten,
daß das nicht der Fall war und sehr wohl Aktualisierungen in das Plattdeutsch eingeflossen sind,
die Dorfsprache noch immer recht lebendig gehalten wird, wenn man unter sich ist.
Zu jener Zeit bis in die 1960ige Jahre erwartete die Kinder bei der Einschulung ein echter Sprachschock,
weil eine Fremdsprache gelernt werden mußte:
Hochdeutsch.
Damals waren nur wenige Fernstraßen geteert,
die Kubacher Straßen waren mit dem heimischen Kalkstein geschottert und gewalzt.
Bei starkem Regen weichte die obere Schicht zu einem zähen Schlamm auf,
deshalb hatten alle Familien einen Schieber, um diesen Schlamm zu beseitigen.
Die Frauen trugen - wie die Männer - derbe genagelte Lederschuhe.
Reiche Bauern hatten Zugpferde, ärmere Bauern hatten Kühe als Zugtiere, die dann freilich weniger Milch gaben.
20-30 Morgen Land waren schon viel- nach den heutigen Ansprüchen wäre ein solcher Hof nicht überlebensfähig.
(Weil teuere Maschinen zu erhalten sind und EU-Vorgaben zu beachten und der Kreditdienst zu leisten ist.)
"har" (links), "heut" (rechts) und "hüh" (halt) schallte es durch das Dorf,
wenn die hochbeladenen, eisenbereiften Wagen vom Feld kommend in die Höfe einzogen ..
Hild erzählt von den Hausschlachtungen, die ich auch noch selbst erlebt habe und von der "sauer Brüh",
deren Rezept seinen Niederschlag auf meinen Seiten gefunden hat.
Die Lehrer leisteten in der damals noch zweistufigen Schulform noch richtige Fundamental- und Schwerstarbeit,
weswegen ihnen der Respekt sicher war - 40 Kinder in einem engen, mit Gussofen beheizten Raum, das ist schon was!
Wie selbstverständlich wurden den Kindern, die zu den weiterführenden Schulen gingen,
der Fußweg nach Weilburg (einfache Strecke 3 Km) zugemutet.
Schlecht bekommen sei das nicht, so Hild, der weiter erzählt,
"daß die Straßen damals noch nicht von Autos bedroht gewesen waren".
(Das halte ich für eine sehr interessante Aussage:
In den Autos sitzen zumeist die Eltern, heute die Mütter der Kinder-
dennoch wird ziemlich rücksichtslos und auch noch unaufmerksam gefahren)
Die Kinder hätten sich auf den Straßen noch richtig austoben können, so Hild-
wenn sie nicht "in der Bach" oder im Wald gespielt hätten..
Das Einkaufen in den kleinen Tante-Emma-Läden ging auch anders als heute-
man kaufte nur das, was nicht selbst angebaut werden konnte:
Zucker, Mehl, Hülsenfrüchte, Öl und Essig waren lose
in großen Behältnissen im Laden und mußten abgepackt oder abgefüllt werden.
Nähzubehör und Gerät gab es damals auch dort zu kaufen.
Im "Köppche" wurde Geld für den Einkauf gesammelt-
(Vorläufer der Zuckerdosen-Sparkasse) oft wurden Kinder geschickt,
um Besorgungen zu machen - zur Belohnung gab es im Laden ein Bonbon..
Der Erzähler hat sich im Winter als Bub mit dem Holzhacken warm gehalten- eine dauerhafte Beschäftigung,
denn Holz war meist das einzige Brennmaterial, das zur Verfügung stand.
Hild schrieb, er hätte von dem Vater eines Schulkameraden mal eine schallende Ohrfeige bekommen,
weil er sich abschätzig gegen Thälmann äußerte:
"Ein Transportarbeiter kann doch nicht Reichspräsident werden, der hat gar nicht das Zeug dazu!"
Weniger die geschimpfte Person, als vielmehr die gekränkte Ehre als Arbeiter hat diesen Mann dazu gebracht,
diese Lehre zu erteilen, die der spätere Pfarrer nie wieder vergessen hat:
"es war ein Zeichen von Charakterschwäche" und wohl verdient."
Er schilderte das, was mir selbst noch in guter Erinnerung ist:
Die Handwerksbetriebe des Dorfes störten sich keinesfalls an den Fragen der Kinder,
die mal eben ungehindert Zutritt hatten..
es war eine arme, aber keine schlechte Zeit,
die praktische Erfahrungen ganz konkret "umsetzte" und so weltfremde Theoretiker erst gar nicht aufkommen ließ:
Auf dem Land mußte jeder anpacken und mithelfen - "haptische Intelligenz"
oder "learning by doing" würde man heute dazu sagen.

Kurt Tucholsky:
"Die Leute blicken immer so verächtlich auf vergangene Zeiten,
weil sie dies und jenes -noch- nicht besaßen, was wir heute besitzen.
Dabei setzen sie stillschweigend voraus, daß die neue Epoche alles das habe,
was man früher gehabt hat plus dem neuen.
Das ist ein Denkfehler.
Es ist nicht nur vieles hinzugekommen, es ist auch vieles verloren gegangen, im guten und bösen.
Die von damals hatten vieles noch nicht, aber wir haben vieles nicht mehr."

"der heutige Technikstand in der Landwirtschaft ist ohne Computer-
und Satellitentechnik kaum mehr denkbar" - so die Chronik,
ich denke aber, daß spätestens nach dem ersten größeren Sonnen- oder Magnetsturm,
der die Leiterbahn- Speicher- und Nanotechniken allesamt betrifft oder ausfallen läßt,
sich vieles auf frühere Zeiten besinnen muß um zu überleben..
(Hochmut kommt vor dem Fall -
man kann nicht weiter die Atmophäre mit der Vielfliegerei ruinieren und hoffen, daß die Schutzwirkung
der Erdhüllenschichten erhalten bleiben wird)
In der alten Zeit jedoch, die mit dieser Seite ein wenig beleuchtet werden soll,
hat man aus Asche und Eichenrinde Felle gegerbt,
die Nutztiere waren noch ein Drittel kleiner ..
..die Kühe geben heute 100x mehr Milch.
Eine Art Spitz war Jagd- und Hütehund.
Jahrhunderte herrschte in der keltischen Zeit Friede- man hatte genug mit der Feld- und Hausarbeit zu tun-
wuchs die Bevölkerung, wurde ein Stück Wald gerodet- die "Gewann" gewonnen.
Als die Franken zuwanderten, begann man unter die Holzhäuser Bruchsteinfundamente zu setzen,
unter dem Einfluß der Römer kam das Wissen um die Kalkmergeldüngung auf und die Überproduktion -
dh. die Bauern lernten, daß man verkaufen konnte, was nicht zum Leben gebraucht wurde.
Die Römer brachten auch neue Obst/Gemüsesorten mit!
Zum Beispiel Kirsche, Aprikose, Pfirsich, Pflaume, Walnuß, Sellerie, Rettich, Zwiebel und Kopfsalat,
Kräuter wie Dill, Majoran und Petersilie wuchsen nun in heimischer Erde..
Im Weinbau waren Fässer aus Holz eine germanische Erfindung.
Viele denken, daß das Läuten der Glocken um 11.00 Uhr nur wegen des Mittagstisches war-
weit gefehlt, man sollte sich -fürstl. Ediktes halber- von 11-13 Uhr nicht mehr auf dem Feld aufhalten.
So sollte verhindert werden, daß etwas an den Frohn-Abgaben-Zählern vorbei geschmuggelt wird.
Genau wie der Tabakanbau 1747, wo haarklein Felder und Personen dafür ausgewählt wurden,
ist alles peinlich genau abgerechnet worden.
Dieser Anbau ist bis 1808 in Kubach belegt.
1824 schaute man noch immer skeptisch auf die Jauchedüngung und ließ bis dahin lieber die Gülle
in den Walzbach laufen - 1873 waren das -lt. amtl. Zählung- immerhin 16 Pferde, 448 Stück Großvieh,
317 Schafe, 161 Schweine, 61 Ziegen, 27 steuerpflichtige Hunde und 22 Bienenstöcke-
das Federvieh war wohl nicht aufgeführt..

Später kam dann doch der Durchbruch, daß die Gülle auf die Felder verbracht wurde- Justus Liebig (1803-1873)
hat für die Menschen mehr bewirkt, als alle Feldherren aller Zeiten zusammen,
indem er sich um die Düngung kümmerte:
Die Erträge haben sich danach verdoppelt !
1843 zählte man 5133 Obstbäume im Bezirk, keine kleinen Plantagenkrüppel, nee, richtige Obstbäume..
Wer die Bilder in der Dorfchronik aufmerksam betrachtet, kommt ins Grübeln:
Da sieht man Schmiedemeister und Gesellen,
Bauern und Bergleute, die eher schmächtig sind und ganz anders ausschauen,
als die heutigen Bodybuilder, die wie Bären dagegen wirken-
die Menschen damals haben aber hart gearbeitet,
die Schmiede haben bestimmt fest und auch ausdauernd genug zuschlagen können..
..während die Bodystudio-Besucher Angst um ihre Handgelenke haben! Das Wasser war immer ein brennenden Thema, nicht nur bei Feuer, sondern immer-
es mußte für die Menschen und das liebe Vieh reichen, -
wobei eine Kuh im Sommer gut 60 Liter brauchte.
So wurden immer neue Brunnen gesucht oder gegraben,
Hochbehälter angelegt und Leitungen gelegt.
Das dürfte gewiß eine Menge gekostet und beschäftigt haben.
In eben dieser Chronik ist ein Bild, wo links und rechts eines zu bauenden Feldwegs je ein dicker Herr mit Anzug
und Hut steht, die Hände in die Seiten gestemmt- auf dem rohen Weg lagen Feldsteine,
die von drei gebückten Arbeitern gesetzt wurden..
Im Bergbau Kubachs, der manigfaltigst war,
kamen einige Höhlen zum Vorschein, wobei die sagenumwobene Polsterhöhle
nur entdeckt, dann aber nicht wiederzufinden gewesen ist.
Zwei Seiten des damaligen Berichtes fehlten- ob es jene waren, wo die Lage verzeichnet war?
(2019 noch immer unentdeckt, trotz zig Suchbohrungen, 2023 immer noch nicht..)
Eine andere- die bekannte Kubacher Kristallhöhle ist dabei entdeckt und touristisch erschlossen worden !
Der stark zerkarstete Untergrund wird noch einige Geheimnisse für die Nachwelt aufgehoben haben,
da sind sich viele begeisterte Höhlenvereinsmitglieder einig.

Nochmal:
Geschichte ist ein abgeschlossener Zeitraum bis zum Jetzt,
was wir daraus lernen und machen, wird die Zukunft zeigen.
Das Wort "Kirche" kommt aus dem Griechischen Kyriake, "dem Herrn zugehörig".
Die Christianisierung kam wenig durch persönliche Missionierung oder Eifer,
als vielmehr durch den örtlichen jeweiligen Adeligen,
der sich zumeist aus taktischen Gründen für diese oder jene Religion entschied,
der dann alle Untertanen zu folgen hatten. (Gefolgstreue)
Kirche wurde immer als ein Teil des staatlichen Systems oder als Amtskirche empfunden,
die Pfarrer waren eine Art Ersatz- und Volkslehrer oder Hilfserzieher.
Ein frühes Sprichwort aus Kubach:
Dr Pärrner schäht dr n Nahl en Kopp!
Schule mußte bezahlt werden, was zum Ausfall der Kinder als Arbeitskraft-
die Familien zuweilen deutlich belastete.
In der Kubacher Chronik ist man der Meinung, daß der 30j. Krieg nichts mit Religion zu tun hatte
- ich bin zum Glück - damals nicht dabei gewesen!
Der Weilburger Graf hielt sein Land zwar lange neutral, was aber nicht viel nützte:
So war die Gier nach dem Hab und Gut,
nach der Ernte und den Vorräten bei den herum vagabundierenden Truppen
aller Art noch größer- ohne Essen und Futter kein Feldzug!
Deshalb wurde auch hier geraubt, geplündert und gebranntschatzt -
von evangelischen Truppen, von katholischen Truppen.
Es wurde alles radikal unter das Messer genommen und so kam es in Kubach zu Seuchen, durch Hunger
ausgelöst oder übertragen durch die Fremden - und das in einem eigentlich reichen Bauerndorf!
Nach diesen langen Jahren folgte der Pietismus,
eine besondere Form der Frömmigkeit, die heute noch in manchen Orten zu erleben ist.
Die Religion hat sich schon immer wie eine Schlange gewunden
und mit Worten gesülzt um zu verschleiern, was sie eigentlich wollte:
Mitregieren, Rahm abschöpfen! Nach gewonnener Schlacht "mit Gottes Kraft", mal spendete Gott Trost nach der Niederlage.
Wie es gerade paßte, Hauptsache die Leute blieben fromm und dumm.
Im Jahr 1870 gab es in Deutschland noch 5 Münzsysteme!

"Die Verwendung modernistischer Bauelemente ist auszuschalten,
vorhandene derartige Bauelemente sind wieder zu entfernen"
Dieser von mir bei jeder Gelegenheit reklamierte -ungehörliche-
Sprachduktus des Kaiserreichs in Anordnungen und Verwaltungsbescheiden zeigt,
wie wenig die Demokratie dort Einzug gehalten hat, wie das Obrigkeitsdenken dort noch verhaftet ist.
Wissenschaftler und Verwalter heutiger Tage in den Ministerien sind gleichermaßen damit beseelt,
die das Volk wie einen Wurm im Reagenzglas betrachten.
Dieses Reservat der Selbstherrlichkeit sollte zurückgefahren werden, am besten in allen Parlamenten gleich mit:
Die Hälfte der Teilnehmer mit der Hälfte an Einkommen ist immer noch viel mehr,
als weite Teile der Bevölkerung zur Verfügung haben- das bringt Bodenhaftung..

***

In dem Buch "Das hessische Dorf" aus dem F rankfurter I nselverlag von 1982 zeigt sehr schön,
wie dort oben gedacht wird,
wie studentisches Denken funktioniert, wenn sich dieses austoben kann.
Heute noch - werden Anordnungen "erlassen", die Baum - Inseln auf belebte Straßen stellen,
um den "Induvidualverkehr" zu mindern,
dabei fahren die selbst jeden Meter- privat und dienstlich.
Dabei wurde gefordert, auf jedem Marburger Dach Solaranlagen zu installieren -
egal, ob sich das finanziell trägt,
ob die Struktur des Daches und der optische Anblick dadurch leidet,
ob sich dadurch die Brandgefahrt (Kurzschlüsse sind z.Zt. die Ursache
von so manchem Scheunen- und Lagerhausbrand)
erhöht, ob sich dadurch die Hausbrandversicherung enorm verteuern wird..
Durch massive Bürgerproteste wurde obiges Vorhaben jedoch abgeschmettert.

In dem Buch wird klar- daß eine Art "Hessenpark" für alle angedacht wird,
wo "alte Gemeinschaftseinrichtungen für Einheimische und Gäste
wiederbelebt werden sollen, Backhäuser, Nähstuben,
Tanzsäle, Altentreffs, Bastelstuben ggf. wieder eingerichtet werden sollen"

Das Buch "Hessische Dörfer" von 1982, wie oben bereits erwähnt,
ist mit seiner Statistik freilich längst veraltert,
weil sich nicht nur die innerdeutsche Grenze,
sondern auch die europ. Freizügigkeit gründlich verändert hat.
Das betrifft somit auch Sozialkontakte, die immer mehr in Gruppendynamiken versanden,
die sich aus der Herkunft der Einwanderer - aber auch die der sozialen Stände - ergibt,
selbstredend auch die ganze Kultur, nicht nur den Dialekt der Gegend, den Baustil usw.
So lag 1982 der Anteil "nichterwerbstätiger Hausfrauen" (lt. Buch) bei 20-30%,
heute dürfte dieser wohl 5-10% kaum überschreiten.
(2019 vermutlich schon bei unter 5% im Jahr 2020 wohl nahe 0%
2021 arbeiten schon etliche Renter "zu", die Tendenz ist stark steigend.
Die Autoren des Buches hielten die befragten Dorfbewohner
"beim Kärtchenspiel und den umfangreichen Bilder-Tests - zumeist aus Altersgründen -
psychisch und physisch für überfordert"!
Deswegen seien die Antworten der "soziologischen Befragung"
(wo auch "Kulturanthropologen" zugegen waren) auch nur unvollständig ausgefallen..
"Zweifelsohne wurden durch die Vorinformationen beim Bürgerabend (Einführungsvorträge der Professoren)
bereits Denkprozesse in Gang gebracht.
Sie entwickelten sich während unserer Erhebung weiter, sowohl in den ersten Gesprächen mit den Befragern,
die dabei bewußt oder unbewußt ihre Vorverständnisse mit eintrugen,
als auch durch fortschreitende Kontakte
und immer intensiveren Austausch - auch der Bevölkerung untereinander"
Die besonders augenfällige Hochmut akademischer Einfalt in diesem Werk halte ich für kaum noch steigerbar,
deshalb genügten mir hernach die Bilder alter Fachwerkhäuser im Anhang vollkommen:
Der Besuch im Zoo, getarnt als wissenschaftliche Arbeit.
(Das war mir Grund genug, das Werk zuzuschlagen und als abgehandelt zu betrachten)

So gehe ich besser nur nächsten Dorfchronik, die von Drommershausen über.
Dieser Ort war - wie Kubach und Hirschhausen nahe am Kloster Pfannstil,
somit ähneln sich die Schilderungen ziemlich.
Der kleine Ort hatte keine guten Böden und folglich waren nur mäßige Ernteerträge zu verzeichnen -
die Eisengruben waren deshalb eine willkommene Einkommensquelle.

Interessant: Faselochse, Faselvieh: Zuchttiere.

1895 lebten 454 Personen in 89 Haushalten in Drommershausen, 16 Gewerbetreibende, 14 Knechte/Mägde,
20 haben sich nur von der Ackerwirtschaft ernährt,
29 Haushalte mit Nebenerwerben, 45 sollen wohl nebenher noch etwas Ackerbau gemacht haben.

***

Alte Maße und Gewichte und Münzen:
Simmer: Trockenmaß, 1 Simmer= 1/4 Malter, die Größe wechselte zwischen 12,5 und 113 Liter.
Schuh/Fuß: Maßeinheit vor Einführung des Meter-Systems. Zwischen 0,25 und 0,34 Meter.
Malter: Hohlmaß, insbesondere für Getreide und Kartoffeln.
In Hessen 1 Malter = 4 Simmer = 128 Liter.
Morgen: Feldmaß, 1 Morgen =25 Ar, 1 Ar = 100 Quadratmeter.
Albus: Rheinisch-Westf. Silbergroschen, bis 1842 in Umlauf.
Fuder: Festkörpermaß besonders für Erz; "was ein Wagen aufnimmt";
1 Fuder = 60 Zentner oder eine Wagenladung, eine Fuhre.
Viertel: Flächen - und Hohlmaß, als Flächenmaß = 1/4 Morgen,
schwankte von 625 bis 900 Quadratmeter, als Trockenmaß 1/4 Malter,
als Flüssigmaß 7-43 Liter.
Rute: Längenmaß, zwischen 2,8 und 5,3 Meter, unterteilt in Fuß, Zoll und Linien.
Ohm: Flüssigmaß in Nassau 160 Liter.

Gulden: Goldmünze des Münzvereins der vier rheinischen Kurfürsten, erstmals Mitte des 14. Jhds.
Heller: Vergleichbar mit dem Pfennig, im 12. Jhd. erstmals erwähnt,
ab dem 18. Jhd. Kupfermünze als kleinste Münzeinheit.
Taler: Von Ende des 15. bis ins 19. Jhd. wichtigste Silbermünze,
ursprünglich gleicher Wert wie Gulden, später 1 Gulden= 2/3 Taler.
Turnose: Silbermünze, wichtige Handelsmünze mit Ursprung im franz. Tour des 13.Jhds.
Schilling: Rechnungsmünze im karolingischen Münzsystem,
zuerst unter Ludwig IX, nach dem Reichsmünzfuß 1 Schilling = 1/32 Taler.
Pfennig: Seit dem 8. Jhd. - taucht auch als Heller oder Kreuzer auf,
1 Pf = 1/12 Schilling, seit 1871 gilt 1Pf= 1/100 Mark.

In der Grenzgemarkung Drommershausens liegt der 1197 erstmals erwähnte Hof "Steinzler Hof"
der noch heute - als einziger der drei Nasssau-Weilburger Hofgüter,
Windhausen, Wehrholz und Steinzler Hof - bewirtschaftet wird.
Die Geschichten erzählen, daß dereinst ein Dorf dort gewesen sei,
wo dieser Steinzler Hof nun ist, belegt konnte das nicht werden -
die Pest wird alles ausgelöscht haben, wie so viele in dieser Zeit.
Diese drei Höfe jedoch dienten einzig des Grafen von Weilburg für deren Speisekammer..
1369 wurde der Hof als "herrschaftliches Hofgut" nochmals besonders erwähnt,
weil wohl die Erträge nicht so ganz den Erwartungen der hohen Herren entsprachen,
weshalb es fortan in Lehen und Erblehen in den Jahrhunderten in zig Hände ging, mehr oder weniger glücklich.
1665 umfasste der Hof 90 Morgen Land,
1688 bezog die Gräfin Maria Polyxena lange Jahre ihre Rente aus dieser Verpachtung als Privateinkunft.
1692-1701 kam die Brannweinbrennerei und das Braurecht dazu, das Glück auf bessere Ernten jedoch nicht,
es gab sogar einige Pfändungen bei den Pächtern.
1779 brannte fast der ganze Hof ab - die geschnappten jungen Landstreicher konnten nicht überführt werden,
deshalb gab man ihnen ein paar Brote und schickte sie über die Landesgrenze weg.
1813-15 hausten 691 Soldaten auf dem Gelände, die alle versorgt und verköstigt werden mußten -
und zudem noch 608 Gulden für ihre Kriegszüge forderten..
Für die 18 fache Summe einer Jahreseinnahme (3000Mark) wurde der Hof von der Pacht abgelöst, dh. gekauft.
Von nun an war ein privater Bauer Eigentümer,
dessen Nachfahren den Hof biologisch orientiert betreiben.

1917 war die Stimmung auf einem Familientreffen so, daß das Land gebeten wurde, alles bereitzustellen,
um durchzuhalten (den 1.Weltkrieg) beizutragen, die Städter wurden ermahnt,
nicht gering oder verächtlich auf die Arbeit der Bauern herabzusehen..
Interessant finde ich den Stil und Ton, der im Kaiserreich in öffentlichen Amtsbekanntmachungen
anhob und im "Dritten Reich" seine Blüte
-besonders in der unnachsichten Durchsetzung - fand,
welcher heute gerade wieder von "Linken" oder "Alternativen" getan wird-
ob aus Absicht oder Fahrlässigkeit,
kann ich nicht sagen, vermutlich ist dieser Ton eher akademisch als kommunistisch oder ideologisch zu sehen..

***

Auf einem Grubenbild standen gut hundert Bergleute vor einem derben bruchsteinernen Grubeneingang,
einige hockten obenauf,
vor dem Munt stand ein Tisch, an dem 4 wichtig aussehende Personen waren.
Das erinnert mich an ältere amerikanische Filme, wo die Taglöhner gemustert, kontrolliert und bezahlt wurden..

Wie überall im Taunus gaben die Gruben Jahrhunderte lang Arbeit im Bergbau, Transport, Schmelze und Hammerwerken.

Interessant:
1959 schrieb die Drommershäuser Schülerin Ursula Glöckler
in ihrer Arbeit über das Johanniterhaus und gab so den Anstoß für Ausgrabungsarbeiten am Pfannstil !

Die alten Fernstrassen sind in der Gegend schon seit der Bronzezeit in Gebrauch,
die Namen sind gerne dem Nutzen entnommen -
Wingert, Hohl, Totenweg, Leiner-Weg (am Hang entlang), die Heide oder Hinweise zum nächsten Ort- z.B. Braunfelser Weg, Weilburger Straße - wie überall.
Drommershausen hat 496 Hektar Land, wovon 200 Hektar landwirtschaftlich genutzt werden,
224 Hektar sind Wald, 3,4 Hektar Wasser,
der Rest ist Bebauung und Straßen/Wege.
Der Waldanteil liegt noch über dem hessischen Schnitt.
Hafer und Gerste gehen weit in die Vergangenheit zurück, Kohl,
Hanf und Hülsenfrüchte ergänzten - auf kleiner Anbaufläche-
vor der Klee/Kartoffel/Hackfrüchte/Mais-Epoche
das Angebot, das sonst nur noch Heu lieferte, um die Tiere zu versorgen.
Die alte Landwirtschaft bestellte die Felder mit selbstgemachtem Gerät, Holzpflug, Holzegge und Sähsack**.
**Mir ist die Schreibweise mit "h" sinniger.
Für die Ernte war die Sichel, das Reff, der Rechen, die Harke, Karst und Gabel wichtig- auch selbstgemacht.
Die hügelige Mittelgebirgslandschaft war schon zum "Fitness" angetan,
weil die Felder und Gewanne erst einmal erklommen werden mußten- die Orte waren oft im Tal.

Wo Schafe über Nacht eingepfercht waren, entstand wertvoller Dung für die Felder- so begehrt,
daß eine Versteigerung am folgenden Tag stattfand -
der Meistbietende mußte dabei noch den Schäfer und seine Hunde beköstigen!
Überhaupt waren Schafe ein wichtiger Einkommenszweig,
die Wolle war für Strümpfe und Pullover nötig und begehrt.
Damals waren die Kühe noch nicht so ertragreich und viel kleiner als heute- sie gaben auch weniger Milch- (Faktor 1:60 im Jahr 2019, im Jahr 2022 habe ich 1:100 gelesen)
aus diesem Grunde hatten die meisten Familien eine oder mehrere Ziegen, die "Kuh des kleinen Mannes".
(Nicht zu verwechseln mit den kleinen Zwergziegen- die alten Rassen waren richtig groß..)
Die von der Käsebereitung oder vom Butterstoßen übrige Magermilch oder Molke
wurde für die Schweinezucht gebraucht-
es wurde nichts weggeschüttet oder weggeworfen !
Ich kenne das noch gut von der kleinen Lohnkelterei im uralten Bauernhaus am Ortsrand,
wo die Hausfrau jeden Apfel und jede herabgefallene Birne
sorgfältig schälte und die schlechten Stellen heraus schnitt, um das Obst weiter zu verarbeiten.
Dort kam bestimmt kein Obst oder Gemüse so einfach auf den Mist (Kompost),
wenn es ein wenig "angegammelt" war !
Die Gastronomie arbeitet ähnlich und verwendet "Karkassen" und Gemüseabfälle zu lang gekochtem Soßenfond.
Mit den Maschinen in der Landwirtschaft ist wohl auch die Nachbarschaftshilfe eingeschlafen,
die fröhlichen Runden gleich mit,
sieht man mal vom Vereinsleben ab, das doch eher recht speziell ist.
Man traf sich zum Spinnen, Stricken und Schwätzchen -
Letzteres ist auf dem Land heute noch immer und überall gegeben..
"Einen guten Nachbarn an der Hand, ist besser als ein Bruder über Land!"
(Ein alter Spruch)
Im Taunus wimmelte es nur so von Mühlenbetrieben, Schlag- und Mahlmühlen,
die sich gegenseitig Konkurrenz und somit das Leben schwer machten,
als der alte Mühlenbann fiel.
Die Abgaben für Mahlrechte und Wasserrechte waren immer noch da,
selbst wenn die Pacht durch eine Ablösesumme abgegolten wurde.
So starb eine Mühle nach der anderen- einige wenige sind heute noch in Betrieb und haben expandiert,
andere haben auf die Stromerzeugung umgerüstet.

Die Schulvisitation von 1803 zeigt:
" Wer je die Schulstube betreten hat, muß nothwendig erstaunt seyn,
wie doch in einer solchen Spelunke,
unter Ausdunstung vieler unreinlicher Kinder, ein Mann über 70 Jahre haben können.
Eins drückt hier das andre Kind, so enge ist der Raum, und außer der erbärmlichen Stube,
worin auch das Beth stehen muß,
hat die gantze Familie des Lehrers keinen Platz, ja selbst die Küche ist nur ein Erker von der Schulstube.
Soll es besser werden, so muß die Gemeinde zur Erbauung eines neuen Hauses angehalten werden."

1829 berichtete der Geheime Regierungsrat Pagenstecher:
"Das bisherige Schulhaus zu Drommershausen ist ein altes kleines Gebäude.
Die nach Norden gelegene Schulstube ist für die 43 Schulkinder zu klein,
und ebenso wie die Wohnstube in demselben feucht.
Es haben daher die bisherigen Schulvicarien meistens nicht in derselben, sondern auswärts gewohnt."
Der Lehrer Kretzer schonte sein Zugtier, indem er die Schüler den Acker bearbeiten ließ -
was zu heftigen Protesten der Elternschaft führte - trotzdem blieb er bis zur Pensionierung im Amt
und sanktionierte fleißig durch willkürliche Beurteilungen..

1734 erließ Graf Karl Augus von Nassau Weilburg eine Bauverordnung,
die den Holzverbrauch einschränken sollte, um die arg dezimierten Wälder zu retten.
Die Not im 30j. Krieg hatte sehr viele Wüstungen entstehen lassen und viele Schäden.
Die stattlichen Fachwerkhäuser mit ihren überdimensionierten Eichenbalken
(das schreibt ein anerkannter Fachmann für Fachwerkhäuser, der aus unserem Dorf stammt)
sollten nicht mehr sein.
Es werden also alle derartigen Bauten VOR dieser Zeit -bis 1707,
wo der Beginn dieser Überlegung war- zuzuordnen sein,
alle verputzten Fachwerke aus Nadelholz der späteren Zeit.
Not macht erfinderisch, so schreibt der U do S atorius weiter, was nach neuen Baustoffen suchen ließ:
Berglehm, ein Ton-Sand-Schluff-Gemisch, das mit bis zu faustgroßen Steinen versetzt ist.
Solche Vorkommen gibt es auch in Frankreich bei Grenoble.
(Wo diese Bautechnik Piseebau erstmals entstand)
1796 wurde in Weilburg das Kanapee, eine bekannte Kneipe als erster derartiger Bau gewagt,
dem bald eine ganze Reihe stattlicher Gebäude folgte-
diese Kneipe ist das älteste und ein 5 stöckiges Wohnhaus in der Hainallee
ist das höchste Bauwerk dieser Art in Deutschland.
Nun folgten einige dieser Häuser in den umliegenden Orten.
1850 waren wieder genug Nadelhölzer zur Verfügung und so verschwand diese Bauweise wieder-
nur die Eckständer wurden in Eiche ausgeführt, die anderen Balken aus Nadelholz.
Die zeitliche Zuordnung von Fachwerkbauten ist somit leicht machbar.
Wer in Weilburg weilt, sollte sich die Piseebauten anschauen-
es sind dort überall gläserne Info-Tafeln angebracht!

Weiter geht die Dorf-Chronik nach Hirschhausen, einem Nachbarort von Drommershausen, geographisch oberhalb
und bei dem bekannten Weilburger Tierpark gelegen.
1327 ist Hirschhausen erstmalig erwähnt - wobei das Dorf schon sehr viel älter sein dürfte -
was bei den meisten Dörfern
der Gegend der Fall sein wird, weil kaum jemand auf den Gedanken kam schreiben und lesen zu lernen.
Zumindest vor dem 30j. Krieg sind historische Überlieferungen
fast nur in Kirchenbüchern und fürstl. Akten vermerkt.
Der König Konrad gründete 912 neben seiner Burg in Weilburg
das Stift St. Walburgis, begüterte es reich und schuf damit die spätere Herrschaft Weilburg.
Im 10.Jhd. nahmen die Bischöfe zu Worms das Reich zum Lehen, sie bekamen nie genug,
später kam durch div. Schenkungen alles in deren Besitz.
So auch das Dorf Hirschhausen in die Zehntabhängigkeit dieser seltsamen Wormser "Heiligen".
Im 12.Jhd. wurden die Grafen von Laurenburg (die sich später einfach
in "Grafen von Nassau" umbenannten) als Vögte
(Verwalter) in dem Weilburger Gebiet eingesetzt.

Noch 1574 hatte Hirschhausen nur 18 Haushalte, 1629 waren es ganze 24-
der Ort war also nur ein kleines, unbedeutendes Lehen.
Durch die einquartierten kaiserlichen Truppen im 30j. Krieg mußte sich der Ort extrem überschulden,
weil -wie fast überall in dieser Zeit- alle Soldaten und Anhänge ernährt werden mußten.
Danach zählte man nur noch 16 Häuser, die übrig blieben.
1634 wurde allein Weilburg dreimal vollständig geplündert, den anderen Orten ging es nicht besser
in dieser Zeit der marodierenden Soldaten und Dieben, die sich alles nahmen, was sie wollten.
1648 soll die ganze Gegend einer Wüstenei geglichen haben - was bis zum Westfälischen Frieden so blieb,
nach dem sich Leute aller Herren Länder (Deutsche) trauten zuzuziehen und das Land wieder gedeihen ließen,
neues Leben begann und der Aufschwung.

Der Schultheiß wurde vom Landesherren ausgesucht und nicht von der Gemeinde -
er fungierte als Vertreter des Landesherrn und als Ortspolizei.
Ihm standen 2-4 Vertreter und ein gewählter Bürgermeister zur Seite.
Die Schultheiße hafteten mit ihrem Vermögen,
deshalb wurden eigentlich immer die wohlhabensten Leute ausgesucht,
die dieses Amt zu begleiten hatten, der Zweck war die Überwachung der steuerlichen Abgabenehrlichkeit,
die Festsetzungen dazu und auch wie sorgfältig die Felder bestellt wurden.
Die Märzrevolution 1848 hob dieses Amt auf.
Der Vogelfänger war ein Ausbildungsberuf, der jahrelang gelernt werden mußte-
damals mit einer heute kaum vorstellbaren Intensität betrieben,
bereicherte er den Tisch der Obrigkeiten.
Tauben, Haselhühner, Goldammern, Finken u.a.
bis zum im Dutzend gezählten kleinen Singvögeln war einiges als jagdliche Beute freigegeben.
1910 war die Hygieneverordnung durchgesetzt, die fünf Jahre zuvor begonnen wurde.
Von nun an liefen- so die Chronik- keine Gülle- und Jaucheabwässer aus den Mistkauten auf die Straße.
(Sonderbar, denn noch gut in die 1960iger Jahre hinein liefen links und rechts der alten Hauptstraße
in Gräveneck die Güllebäche entlang- weil die Mistgruben
in den bäuerlichen Innenhöfen immer überliefen,
weil sie in schlechtem Zustand waren oder zu selten geleert wurden.)
Wie auch immer- von "Oberflächenwässern", die in die Trinkwasserbrunnen liefen, sprach man 1905 schon
und versuchte mit allen Mitteln dieses krankmachende Ding abzuschaffen.

Noch 1939 schauten die Frauen auf einem alten Foto aus, als wären sie aus Anatolien, schwarz verschleiert,
mit Sensen und Rechen in der Hand, die Kuh an der Leine,
den Schuppen aus grob gezimmertem Holz im Hintergrund.
Die Männer waren zwischen den Weltkriegen meistenteils arbeitslos und bezogen "Stempelgeld"
und taten gemeinnützige Arbeiten im Straßenbau und andere Hilfsleistungen für die Gemeinde.
1849: Der Lehrer soll nicht nur Wissen vermitteln, sondern auch erziehen.
1825: Fünf der besten SchülerInnen starben am Scharlachfieber,
der Unterricht fiel wochenlang in Hirschhausen aus.
1862: Viele Kinder erkrankten an Röteln, es starben 3 Knaben und 2 Mädchen
und noch viele Kinder unter 6 Jahren.
1893/94: An den Krankheiten Diphtherie, Masern,
Influenza und Lungenentzündung sterben 16 Kinder!
(Von 491 Einwohner im Jahr 1885)
Interessant: In den kleinen, ein- und zweiklassigen Schulen hockten die Schüler, die Nachzügler waren,
zwischen den Jüngeren, dem Leistungsstand entsprechend.
Interessant: "Affolder" geht auf das alte Wort für Apfelbaum zurück,
alte Flurnamen folgen gerne der Bestimmung und des Nutzens.

"Krieg 1870/1- Auszug aus der Schulchronik Hirschhausens.
Das Jahr 1870 begann friedlich.
Der unfriedliche Nachbar an der Saine, Frankreich, der Erbfeind Deutschlands,
welcher schon soviel Elend über unser Land gebracht, suchte eine Ursache zum Krieg und fand sie.
Er konnte Deutschland nicht einig und emporblühen sehen
und im Juli, als der König von Preußen in Bad Ems weilte,
erscholl das schreckliche Wort Krieg in ganz Deutschland und versetzte Jung
und Alt in Schrecken und Aufregung.
Doch Napoleon hatte sich verrechnet.
Ganz Deutschland stand auf und in wenigen Tagen stand ein kampfbereites Heer
und mehrere hunderttausend Mann am Rhein
um Wacht zu halten und den Eindringling abzuwehren.
Am 4. August erfolgte der erste Hauptzusammenstoß bei Weißenburg, einer alten französischen Festung.
Die Franzosen wurden zurückgeschlagen und die Stadt im Sturm genommen.
Am 6. August wurde bei Wörth eine Hauptschlacht geschlagen, wobei die Franzosen vollständig unterlagen.
Gott war sichtlich mit der gerechten Sache Deutschlands,
denn Sieg auf Sieg erfolgte und am 2. September gab sich Napoleon
nach mehrtägigem Kampf bei Sedan mit seinem ganzen Heer gefangen.
Frankreich sagte sich von Napoleon los, setzte eine republikanische Regierung ein
und setzte den schauderhaften Krieg fort.
Die verbündeten oder alliierten Deutschen zogen nach der Hauptstadt Paris,
schlossen diese ein und eine fast den ganzen Winter dauernde Belagerung erfolgte.
Nach allen Anstrengungen konnte Paris sich nicht befreien.
Eine Hungersnot wütete und Paris mußte sich ergeben.
Die Deutschen zogen in die Riesenstadt ein.
Ein Friedensengel begann sein Werk. Die Friedensverhandlungen begannen
und nachdem sich Frankreich zu einer Kriegsentschädigung von 5 Milliarden Franken
bequemen und die vor beinahe 200 Jahren geraubten Deutschen Reichslande Elsaß
und Lothringen wieder an Deutschland zurückgeben mußte,
wurde Friede geschlossen.
Was nun die elf aus hiesigem Ort mit in den Kampf gezogenen Krieger betrifft,
so ist die schützende Hand Gottes recht sichtbar mit denselben gewesen.
Sie sind alle, trotz der großen Anstrengungen und des Schlachtgewühls gesund zurückgekehrt.
Nur Hermann Lieser, Sohn des Tierarztes Lieser
wurde in der Schlacht bei Wörth durch die Brust geschossen,
trotzdem hat sein Leben keinen Schaden gelitten.
Möge aus der blutigen Saat eine recht gesegnete Ernte erblühen.
Und sie erblühte, denn das so lange zerrissene Deutschland ist geeinigt,
die verbündeten Deutschen Regierungen haben unseren ruhmgekrönten König
zum Deutschen Kaiser gewählt und seiner Führung die Geschichte Deutschlands anvertraut.
Möge unter seiner noch langen Regierung Deutschland groß und gesegnet werden."

***

Soviel die Chronik zu einer sichtlichen Lücke im schulischen Unterrichtsstoff der neuen Nachkriegszeit,
die -zumindest einen Teil- jener Hintergründe erklären helfen könnten,
die zu dem 1. und 2. Weltkrieg geführt haben.
Ganz offenbar muß dieser Aspekt -der auch mir nicht bekannt war-
eines Tages zu den bekannten Fakten hinzugerechnet werden,
damit eine ideologischer Verbrämung nach dem verlorenen 2.WK irgendwann mal ein Ende hat.

***

Hirschhausen hat auch einen Tierpark, der in Nachfolge zur Dammwildzucht des Grafen Albrecht 1590
von dem Grafen Johann Ernst zu Nassau-Weilburg im Jahr 1732-36 angelegt wurde- bzw. hat anlegen lassen,
er wird wohl kaum Hand angelegt haben,
um diesen Baller-Park für Besserverdiener zu bepflanzen.
In diesem Park gab es ein Lustpark mit Jagdhaus - 8 eckig mit Pilastern
und Deckengemälde des Malers Seekatz mit Jagdmotiven.
Die Schneisen waren so angelegt, daß man das Wild, wenn es aus der Schonung kam,
direkt aus den Fenstern abballern konnte- wie bequem!
(Später kam an diese Stelle das Forsthaus)
Eine Fischzucht und eine dicke Bruchsteinmauer rund um den Park gab es auch-
freilich netterweise in Frohnarbeit angelegt.
Dort konnte hoch zu Roß und mit der Meute Jagdhunde die Freizeit gut totgeschlagen werden.
Div. Gebäude halfen später, den Park als Hofgut zu verpachten- wo außerhalb noch viele Felder - wohl außerhalb- zugehörten.
Eine Zeit war ein Gestüt dort angesiedelt, 1934 wurde der Gutshof abgerissen und erst 1969
gründete die Hessische Landesforstverwaltung den heute so bekannten Tierpark,
der eine Attraktion für Familien mit Kindern geworden ist.

Bei Hirschhausen ist auch ein Märchensee, 6mtr tief,
der aus einem eingestürzten Schacht Grube Anna gespeist wird.
Darin haben viele das Schwimmen gelernt..

In der Gemarkung des Ortes waren 34 Gruben und Schürfstellen verzeichnet -
die Rechte an allen Eisengruben der Lahn wurde von der Firma Krupp 1864 gekauft.

Die Grube "Florentine" wurde 1949 geschlossen, später als Lebenshilfezentrum für Behinderte ausgebaut.

***

Eine schöne Geschichte:
Im Tiergarten war ein Pächter, dessen Sohn Hermann Friedrich August Lieser kam 1846 zur Welt -
und wurde zu einem stattlichen jungen Mann, so die Chronik.
Eines Tages wollte er in die große weite Welt, der Krieg 1870/71 gab die Gelegenheit dazu
- er wurde Lieutnant, verwundet und erhielt das eiserne Kreuz.
Damals kamen nach Langenschwalbach Kurgäste von weit her-
einen internationalen Badeort würde man das heute nennen.
Sogar aus Rußland kamen Leute angereist, die Familie deren von Löwenthal
mit Sohn und zwei Töchtern war auch dabei.
Man geht spazieren, reitet und trifft sich beim Kuren - so geschah es denn,
daß die junge Tochter Marie Emilie (Mascha) von Löwenthal
(geb. 1850 zu St. Petersburg) sich verliebte und den ebenso jungen Hermann Lieser aus dem Weilburger Tiergarten.
Der Chronist ist der Meinung, daß es sich hierbei um einen Fall
der sogenannten "Liebe auf den ersten Blick" gehandelt haben muß..
Aber Hermann behielt einen klaren Kopf,
die Löwenthals zählten zu den ersten Familien von St. Petersburg- wer war er schon, der Sohn einfacher Herkunft?
Wollte man etwa mit ihm einen Scherz treiben?
Mascha schickte ihre Schwester als Unterhändlerin - ohne Erfolg - im Gegenteil,
Hermann erkannte den Ernst der Lage,
setzte sich von Langenschwalbach ab und ging ins Elternhaus nach Weilburg zurück.
Darin sah er eine vernünftige Lösung- aber die Liebe geht oft seltsame Wege:
Mascha entwarf einen Plan, sie ging damit aufs Ganze.
Was ihrer Schwester nicht gelungen war, mußte ihrem Bruder gelingen!
Eine vierspännige Kutsche - wie auch anders- wurde hergerichtet
und los ging die Fahrt, der Bruder allein zum Tiergarten..
Seine Order lautete klipp und klar und unmißverständlich:
"Wenn nicht kommt Hermann - Mascha geht kaputt!"
(Der Text ist authentisch)
Wer sollte dabei noch fest bleiben?
Mascha hatte gesiegt - die Kutsche wurde auf der Stelle vollgepackt
mit allem Hab und Gut Hermanns, dann wurde Abschied genommen von Eltern und Geschwistern,
vom Hof und den geliebten Ställen
- in eine ungewisse Zukunft..
Von hier an kam nur Gutes, Schönes, Erfreuliches - zwei Menschen hatten zueinander gefunden!
Mit allem Prunk und Glanz fand die Hochzeit statt, 1883 - nach nur 14 Tagen.
Es wird überliefert, daß sich der Hermann durchaus zu benehmen verstand, auch wenn er geringerer Herkunft war.
Dann ging es zurück nach Deutschland, wo Hermann Amtsbürgermeister wurde in Dierdorf und Unkel/Rhein.
Später fand ein Wechsel nach Goslar statt.
Dort starb Hermann 1928 und seine Mascha 1944.
Ihr einziger Sohn -Manni genannt- starb als Oberst in Goslar 1963.

Der versunkene Ort Rabenscheid, der wüst gegangen ist,
soll zwischen Hirschhausen und Tiefenbach in der Waldparzelle "Im Wolfsboden" gelegen haben.
Niemand weiß, wo diese Siedlung genau lag - 1271 erscheint das Dorf
noch in den Mittelrheinischen Regesten als Rabenscheid bei Schönwerk.
Der Zehnt gehörte den Herren von Mudersbach, war aber 1450 solmsisch (Braunfels)
- zu dieser Zeit könnte das Dorf schon verlassen gewesen sein,
die Felder wurden der Grafschaft zugeteilt, wenige gingen an Nachbarorte mit dem Besitz und mit den Leuten über.
Der Wißbach floß durch das kleine Tal, wo der Ort gelegen haben muß oder könnte-
dort war aber auch die Grube Anna mit viele Abraumhalden,
die den Bach ein anderes Bett nehmen ließ- er mündet nun in den Lindelbach.
Die Felder waren ohnedies nicht sonderlich ertragreich und so wird der Wegzug nicht allzu schwer gefallen sein.

1886 kostete der Dauborner Kornschnaps gerade mal 79 Pfg. der Liter!

Nach der Chronik Hirschhausens geht es zur selbigen des Marktfleckens Weilmünster..

Im idyllischen Weiltal gelegen, liegt der Flecken verkehrsgünstig
an der Weilstraße L3025 zwischen Weilburg und Oberreifenberg/Königstein.

Die Inschrift auf einem alten Haus lautet:
"Ein jeder kehr vor seiner Thür, so werden die Straßen alle rein" -
aus dem Jahr 1610, kurz vor dem 30j. Krieg..

In Weilmünster wurden seit 1601 Märkte abgehalten, zuerst zwei, dann bis zu 13 im Jahr.

Vorgeschichtliche Fahrwege führten von südlich Gießens an den Römer-Kastellen entlang bis Nastätten.
Drei Türme, Mauern und zwei Tore schützten die Stadt,
die eine der ältesten Kirchen der Gegend hat- aus dem 9.Jhd.
Mittelalterliche Wege sind die Hessenstraße und die Limburg-Usinger-Straße.
Erstere verband die Grafschaft Katzellnbogen und die Residenz Rheinfels-St.Goar
am Rhein mit der Landgrafschaft Hessen-Kassel.
Die Limburger-Usinger-Straße verbindet das Altsiedelland um Limburg mit Usingen-Taunus.

Das Gasthaus "Einhaus" war ein beliebter Treff- und Rastpunkt an der Kreuzung
Hessenstraße und der alten Frankfurter-Straße,
die L3025, die über Oberreifenberg nach Königstein führt.
Auch in Weilmünster waren viele Gruben und Eisen/Metallbetriebe angesiedelt, die z.T. noch heute bestehen.
Ein großer Steinbruch mit der Zementwarenfabrikation ist ebenfalls hier noch aktiv.
Um den Riesenkopf sind Steinwallanlagen zu finden, die Förderung von Silber,
Blei, Kupfer, Eisen und Dachschiefer
sind die Grundlage für den wirtschaftlichen Aufschwung des Fleckens.
Wer genau schaut, wird in manchem Dickicht noch Muntlöcher der alten Gruben entdecken.

Die trotzdem noch reine Natur ist mit seltenen Blumen/Pflanzen dabei-
Fichtenspargel, Geflecktes Knabenkraut, Geflecker Aronstab, Vielblütige Weißwurz,
Männliches Knabenkraut, Seidelbast, Gelber Fingerhut,
Zweiblättrige Schattenblume, Wasser-Schwertlilie, Wasser-Hahnenfuß,
Dunkle Akelei, Borsten-Glockenblume, Tauben-Skabiose und das Berg-Sandglöckchen!

Bei Dietenhausen, das zu Weilmünster gehört,
fand man bei Ausgrabungen eines Hügelgrabes u.a. das "Idol von Dietenhausen",
eine stilisierte Menschenfigur, wohl eine Fruchtbarkeitsgöttin
aus der Zeit der Bandkeramiker, 3000-2000 v.Chr. so der Grabungsleiter.

Die vielen durchlesenen Ortschroniken zeigen viele Bilder, erste fotografische Aufnahmen aus alter Zeit,
die Dorfansichten zeigten, schulische Ereignisse,
Feierlichkeiten, Hochzeitsbilder und ähnliches - auffallen ist,
daß der heutige Pflegezustand von Straßen und Plätzen, Höfen
und -zumindest einfacheren Wohnhäuser und Bauernhöfe-
recht "gammelig" aussahen, mit fehlenden Putz-Stellen, schadhaften Zäunen und wenig schmückenden Zutaten,
wie Holzstapel nahe dem Eingang, Misthaufen oder Milchkannen..
..die Männer hatten eine ziemliche "Macho"-Haltung,
zumindest diejenigen, die offenbar etwas Besseres waren oder etwas zu sagen hatten.
(Die Bergleute bildeten einen ganz anderen optischen Eindruck)
Auf Schönheit des Ortsbildes wurde weniger geachtet,
Funktionalität und finanzielle Machbarkeit bestimmten das Bild.
Die schönen Pflaster von heute sind nur in wenigen Höfen zu sehen gewesen.
Sicher nur bei höfischen Anlagen und Besitzen.

***

Die Löhnberger Chronik der 20iger und 30iger Jahre folgt nun:
Im Vorwort ist die Rede von Heimau-Laneburg-Löhnberg an der Lahn.
Die Laneburg ist 1324 erstmalig erwähnt, 524 nach der Siedlung Heimau.
Die Burg war 240 Jahre lang bewohnt- bis zum 30j. Krieg.
1321 bekam Löhnberg die Stadtrechte verliehen - somit waren die Bürger ihre Leibeigenschaft los.
Der Sauerborn soll schon 1553 bekannt gewesen sein und sein erfrischendes Wasser allen Bürgern gespendet haben-
das in Tonkrügen nach Hause und mit ins Feld oder zur Grube genommen wurde.
Die Kinder tranken dieses billige und beliebte Wasser gerne mit Himbeersaft, so wird berichtet.
Die rundumliegenden Eisengruben gaben vielen Männern Arbeit und Brot, später kam die Eisenbahn,
die eine schnelle Verbindung nach Wetzlar brachte-
dort gab es viele große Unternehmen- wie Leitz, Buderus, Röchling und sogar etliche Kaufhäuser und Fachgeschäfte.
Aus den nördlich gelegenen Westerwaldgemeinden kamen die Leute zu Fuß oder mit dem Rad zum Löhnberger Bahnhof.

Bis Mitte der 20iger Jahre soll es zwei Hundegespanne gegeben haben,
die ihre gehbehinderten Besitzer transportierten..
Die größeren Bauern bearbeiteten die Felder der kleinen Nebenerwerbsbauern,
deren Frauen dafür mit auf den Feldern helfen mußten.
So konnte es passieren, daß der Abends von der Grube heimkommende Vater einen Zettel
mit solchem Wortlaut vorfand:
"Des Esse stieht of em Herd. Flaasch gibts haut kans, dau host jo wurscht off deim Brut gehoat.
Wann de gegesse host, kimmste en die Wasserdell, do mache mer Gedoffel aus.
Eil dich, dej Zeiring kannste de de Oawend lese. Mach vieru!"

Ansonsten gingen die Schnitter zwischen Tau und Tag in die Wiesen,
sie mähten in einer Reihe bis die Wiese fertig war.
Daß kostete nicht nur viel Zeit, sondern auch viel Kraft.
Zum anschließenden Frühstück gab es frisch angeschnittenen Schinken
(der erste für dieses Jahr), dazu Bier und Äppelwoi.

Die 20iger Jahre auf dem Land waren durch extreme Wetter und dem zufolge durch schlechte Ernten gekennzeichnet.
Schmalhans war fast überall Küchenmeister!
Damals waren in Wandnischen die Küchenschränke eingebaut,
die Ziegel für den Hausbau, der damals oft 3 Jahre dauerte,
wurden direkt am Bauplatz gebrannt und vermauert !
(Die Häuser stehen heute noch)
Die Wände waren innen mit Kalk und Leinöl getüncht, der Fußboden war aus Fliesen oder Holzdielen.
Das Mobiliar war spärlich, 1-2 Betten reichten für 4-5 Kinder!
Die nach 1925 gebauten Häuser hatten schon eine Toilette mit Wasserspülung IM Haus.
Das Geld für hochwertige Haushaltsgegenstände war bei den allermeisten Leuten schlicht nicht da.
Dafür gab es bei den meisten Häusern einen Apfel- Birn- Pflaumenbaum,
wobei die "Honikbir", eine kleine süße Birne,
die mit den Pflaumen reif wurde, als Zuckerersatz herhalten mußte.
Ansonsten nahm man Zuckerrüben, aus denen ebenfalls ein guter Sirup gekocht werden konnte.
Diese zäh-klebrige, dunkelbraune und wenig durchsichtige Masse
lief wie Honig und konnte vielseitig genommen werden- zum Backen, Kochen.
(Dieses Zeug gibt es heute noch in Papp-Bechern zu kaufen -
es schmeckt, ganz ohne Frage !)

In der Chronik steht ein guter Artikel über das erste Radio:
Drei Bewohnern wurde 1924 seitens der Ortspolizeibehörde - der Bürgermeister - die Genehmigung erteilt,
von Oktober an täglich zwischen 7 und 11 Uhr am Abend einen Radioapparat zu betreiben..

Man hatte Angst vor Explosionen und dadurch ausbrechende Panik unter der Bevölkerung.
Dieses neue Medium trat dann seinen Siegeszug an- ach ja,
10 Mark war für die Bescheinigung an "Lustbarkeitssteuer" zu zahlen..
..damals eine Menge Geld, denn nach der Inflation war alles knapp.
Damals verdiente man im Durchschnitt in der Woche 22 Mark, die Arbeitslosenunterstützung betrug 11 Mark.
Es pfiff und knatterte, 20-30mtr lange Antennen waren nötig, um überhaupt etwas zu hören..
1924 kam das erste Radio mit Lautsprecher, das die Dedectorgeräte (mit Kopfhörer) ersetzte.
Nach 1933 hatte jeder Haushalt einen "Volksempfänger" und war mit der Welt verbunden-
das nützte das damalige System
freilich für Propaganda aus- heute (wohl ab dem Jahr 2000) manipuliert man Nachrichten durch Auslassungen, faktisch eine Gleichschaltung,
welche sich nur ganz wenige Presseorgane widersetzen
und die werden wohl aus anderen Quellen bezahlt..
2022 ist die Politik den Wählern entfremdet und meistenteils inhaltslos geworden.
(Ich traue diesen nicht mehr)
Der 1. Weltkrieg war sehr teuer- wie jeder Krieg, der sich flächig ausdehnt-
dadurch werden Waren und Dienstleistungen entzogen,
der Geldwert steht ohne Deckung im Raum: Inflation.

Wenn nach einer langen Arbeitslosigkeit und Hunger jemand kommt,
der Besserung der Lage verspricht, ist das immer gefährlich,
wie wir in der Zeit der 20iger und 30iger Jahre als Volk erleiden mußten.

***

Dazu paßt das Buch "Verdammte See" von Cajus Bekker aus dem Jahr 1971.
Eine historische Aufhellung, allemal!
Es ist am Anfang steinig zu lesen, es lohnt sich aber, den ganzen wirren Irrwitz
dieser Zeit und vor allem dem der Führung zu verstehen.
(Es geht um die Deutsche Kriegsmarine)

***

Die Löhnberger Chronik schrieb:
"In Dachau richtete man das erste Konzentrationslager ein" -
Was so nicht stimmt-
denn nicht nur in der unsäglich gemeinen Ideologie des Volksverführers
gab es solche verbrecherischen Einrichtungen,
sondern schon lange zuvor in anderen Staaten!
( In etlichen Ländern schon lange vor Deutschland: Konzentrationslager )
D R A M A T I S C H finde ich, daß eine Diktatur aus demokratischen Wahlen hervor ging:
Das könnte meine neueste These (2018) bestätigen, nach welcher besser ein
demokratisches, -mit freien und geheimen Abstimmung- und paritätisch besetztes Gremium permanent tagen könnte.
(Statt durch Wahlen kämen Abgeordnete aus allen Organisationen des Landes dort hin delegiert,
die nur von den jeweiligen Organisationen, Vereinen oder Glaubensgemeinschaften etc. abberufen werden könnten)

"Wer die Vergangenheit leugnet, ist in Gefahr, sie zu wiederholen" (Georg Santayana 1863-1952)
Deshalb nenne ich die Dinge hier beim Namen: Ich halte nichts vom Wahlkampfgetöse,
das nur eine "Dekorationsempfehlung" sein kann,
wenn man an Koalitionen und besonders an den Lobbyismus denkt, den latenten Bestecher!

***

Ein Thema ist die "Käsfra", das Hessekät'che, aus Hochelheim bei Hüttenberg,
die von Haus zu Haus ging und ihren eigens hergestellten Handkäs verkaufte.
Im Löhnberger Gasthaus "Zum Lahntal" übernachtete sie, mit vielen anderen Kaufleuten und Monteuren,
Herren der Bergaufsicht, Besucher der Löhnberger Mühle -
sie tranken Apfelwein aus dem großen Holzfaß im Keller des Gasthauses..
Der Wirt holte jedes Glas frisch aus dem Keller.
Er war nebenbei Landwirt und großer Bienenzüchter, weshalb sich die Bienenfachleute von weit her hier trafen.
Viele Wirte hatten noch einen Biergarten und eine Tanzbühne, eine Brennerei etc. als Zubrot dabei.

Mit seiner kleinen Kutsche mit kleinen Pferden davor (Welschponys?) fuhr der Bäcker seine Brötchen aus -
auch diese Bäckerei mit Gaststätte war nahe dem Bahnhof gelegen - sehr praktisch.
Fuhrleute brachten zu dortigen Bahnverladestelle Basalt und Holz
aus dem Westerwald und übernachteten in Löhnberg.
Die Kutschen konnten bei Dunkelheit nicht fahren- so wurde übernachtet.
Eine Laterne am ersten und am letzten parkenden Fuhrwerk bildete den Sicherheitsaspekt,
so daß auch der Polizist zufrieden war.
1,90 Mark kostete in den 30igern der Liter Dauborner Schnaps-
wovon einige Flaschen mit nach Hause und in die Nachbarschaft mitgenommen wurden-
freilich wurde auch genug verkostet- das treue Pferd fand den Weg nach Hause auch allein:
So manchesmal suchte man den Kutscher, der hinten auf der Ladefläche seinen Rausch ausschlief!
Die vielen Pferde gaben viele Pferdeäppel ab-
die fleißig von den Kindern aufgesammelt und zu Taschengeld gemacht wurden:
Guter Dung für den Garten!

Der selten gute und sonstwo kaum so frisch zu findende Hopfengeschmack
des "Waldschlößchen" Bieres des Ortsteils Niedershausen,
das man unter vielen Bieren sofort heraus schmecken konnte, kam später unter anderer, überregionaler Brauerei zu Fall,
heute haust ein Trödler in dem mit herrlichen Kupferkesseln ausgestatteten Räumen.
(Nachtrag: Die Kupferkessel und Ausstattungen wurden wohl verhökert, das Kleinod an der Ortseinfahrt ist weg)

Sonntagsmorgens, zwischen 7-9 konnte man bei einem kleinen Metzger frische Fleischwurst holen:
Kartoffelsalat und Fleischwurst sind eines der Traditionsessen in unserem Gebiet!
(Meine Eltern sagten noch in den End-Fünfzigern, als unser Haus gebaut wurde:
"Wenn wir uns jeden Samstag Kartoffelsalat und Fleischwurst leisten können, sind wir reich!")
Wohlgemerkt 1 Fleischwurst für 5 Personen..
Überhaupt hatte Löhnberg sehr viele Gastwirtschaften,
die noch nicht mit Burger, Döner, Pizza, Pommes oder Zatziki etc. zugange waren,
die noch richtig einheimische, bäuerliche Frühstücke bereiten konnten,
wo Schnaps gebrannt wurde, waren begehrt.
Der Wirt der "Krone" fuhr vor Pfingsten seine Mistkaute leer, die mitten im großen Hof lag -
darauf wurde der Tanzboden aufgeschlagen,
auf dem mindestens 2 Tage lang nach der Musik der Löhnberger- und Weilburger- Bürgergarde getanzt wurde.

1928/29 konnte an in den Duschräumen der erweiterten Schule Wannenbäder für eine halbe Stunde mieten
- wo sich regelmäßig Warte-Schlangen bildeten -
wohl auch um zu tratschen, was heute noch gerne auf dem Land, bei jeder Gelegenheit gemacht wird..
Der Chronist schreibt:
Man kann gar nicht glauben, wie viele Familien in so wenigen Räumen der eng stehenden,
schmalen Häusern wohnten.
"Interessantes erfährt man über die Bewohner der Kreuzgaß
aus der Zeit vor dem Brand des Schlosses am 5. September 1900,
soweit es um das erforderliche Wäschewaschen ging.
Gewaschen wurde alle halbe Jahre.
Waschmittel waren nur wenige im Angebot und teuer.
Man mahm im allgemeinen Kernseife und Holzasche, (Pottasche - in der Regel aus Buchenholz)
die ja zur Genüge zur Verfügung stand. 5-6 Eimer in einen Leinensack gefüllt.
Die Wäsche kam in einen hohen schmalen Kübel, der unten einen Abfüllstutzen hatte.
Obendrauf kam der Sack mit der Asche.
Dann wurde der Kübel mit Regenwasser gefüllt.
Alle 2 Stunden wurde das Wasser unten abgelassen und oben wieder drüber gegossen.
Das ging 2-3 Tage, je nach Verschmutzungsgrad.
Anschließend wurde die Wäsche heraus genommen, ausgewaschen, ausgewrungen und zum Trocknen hergerichtet.
Ein Teil der Kreuzplatzbewohner jedenfalls hatte Gelegenheit,
sie auf dem Speicherboden des Schlosses aufzuhängen.
Die Waschfrau (meistens die Hausfrau) setzte das Kitzel (ein ca 5 cm dickes rundes Polster) auf den Kopf,
die Wanne mit der naßen Wäsche drauf und trug das Ganze auf den Schloß-Speicher,
um sie zum Trocknen aufzuhängen.

"Endlich war er da, der "Eisenkönig Heros",
Er kam mit Pferd und Wagen und war ein Einmannbetrieb.
Ein großer, kräftiger Mann mit sichtbar starken Muskeln.
4 der stärksten Pferde des Dorfes wurden herangeführt.
Je 2 auf jeder Seite, Heros in der Mitte, das Zuggeschirr in den Armen -
hielt er die Pferde am Platz.
Nach vereinbarter, kurzer Zeit mußten die Fuhrleute mit den Pferden aufgeben.
Wie immer, Heros hatte gewonnen.
Er zeigte noch weitere 4-5 Kraftakte, die besonders uns Kinder in Erstaunen versetzten.
Dann ging er mit dem Hut rund und sammelte Geld. Im nächsten Jahr kam er wieder.

Der Name "Backstania" in Weilburg, das in unmittelbarer Nachbarschaft liegt,
kommt tatsächlich von den dort gebrannten Back- oder Ziegelsteinen.
1923/24 nannte man das Neubaugebiet Fellersborn "Milliona" -
es war Inflation, wer ein Grundstück kaufen wollte,
ging schon mal mit einer Million Mark bezahlen,
- geschwind, denn morgen war alles noch viel teuerer!
Weiter berichtet die Chronik:
"Wo ist Kamerun? Eine Frage des Hauptlehrers Frey im Geographieunterricht wurde
von einer Schülerin wie folgt beantwortet:
Beim Wasserbassin, Herr Lehrer!
In Gedanken war sie in der Waldhäuser Straße, denn da stand eine Reihe von kleinen Häusern.
In Löhnberg wurde dieser Ortsteil im Sprachgebrauch "die Kamerun" genannt.
Im allgemeinen hatten diese Häuser im Erdgeschoß ein Zimmer und eine Küche,
im Dachgeschoß war noch eine Kammer.
Einige dieser Häuser hatten im Keller, der von außen begehbar war, ein kleines Nebengebäude.
Da befand sich auch der "Ab", der Abort oder Trockenklosett, mit dem in der Tür ausgeschnittenen Herzchen.
Im Sommer waren es die Fliegen, im Winter die Kälte, die einem verleideten, diesen Ort aufzusuchen..
Bei annehmbaren Temperaturen war es der Ort, wo man die Zeitung fertig lesen konnte -
bevor sie für "hinterlistige" Zwecke verbraucht wurde.
Wenn die gefüllte Jauchegrube, meist im Herbst, leer gefahren werden sollte,
wurde 2-3 Tage vorher gekörntes Kupfervitriol eingestreut, damit sich das Papier auflöste.
In vielen Fällen wurde die Jauche in einem kleinen Jauchefaß (ca 150 Liter)
auf dem Handwagen in den Garten gefahren.
Eine Jauchepumpe hatten die kleinen Nebenerwerbsbauern nicht.
Die ganze Brühe wurde mit dem "Puddelschepper" unter Zuhilfenahme eines Trichters in das Puddelfaß gefüllt.
Anfang der 20iger Jahre waren nur wenige Häuser in der Straße,
die zum großen Teil großzügig umgebaut wurden.

Anfang des Krieges, 1939, waren freilich viele private Häuser noch nicht bezahlt-
die Landwirtschaft jedoch erhielt 90% der Schulden erlassen - staatliche Hilfe "Entschuldung".
Handwerkern verblieben nur 10% ihrer Forderungen, der Rest war futsch- sie schauten in die Röhre,
wie die privaten Leute ohne Landwirtschaft.
Schon damals herrschte Subventionswirtschaft - ungerecht, aber wahr.
"Der Winter 1928 war unheimlich kalt. Alles, aber auch alles war steinhart gefroren.
In den meisten Häusern gabe es nur eine Feuerstelle und die war in der Küche.
Abends ging man mit der Wärmflasche bzw. mit einem im Küchenherd aufgeheizten Ziegelstein zu Bett.
Morgens waren die Fenster mit millimeterdicken Eisblumen verziert.
Die Wasserleitungen waren alle zugefroren.
Probleme gab es vor allen Dingen bei den Bauern, die das Vieh tränken mußten.
Glücklich der, der am oder im Haus noch eine funktionierende Pumpe hatte.
In unserer Straße ging nichts mehr, nur vor Jungs Haus im Graben
- aus einer Tiefe von 70cm - quoll Quellwasser, etwa in Bleistiftdicke hervor.
.. so konnten alle nacheinander die Kaffeekessel füllen."

Eine sonderbare Zeit, wo man nur Kredit bekam, wenn die Fahne des 3. Reichs aus dem Fenster gehängt wurde,
die man kurioserweise nur beim jüdischen Händler in Weilburg bekam-
ein Jahr später und man wäre fotografiert worden,
wer das Geschäft wagte zu betreten..

Viel früher war es auch nicht besser:
Wer jäh an der Pest starb, den glaubte man durch Gottes Finger als einen Schuldigen abgeurteilt,-
ja, man ließ die Pestkranken verschmachten (W.H.Riehl, Werke der Barmherzigkeit)

Der kleine Nachbarort Hundsbach starb 1461 mit denen "von Hundsbach" am Hundsbach gelegenen Gutshof aus.
Was folgte, war ein erbitterter Streit um die Nutzungsrechte der Ländereien und Wiesen, der bis 1787 ging-
bis die Weilburger Herren entnervt die Nutzung den Streithähnen überließ,
ohne sich weiter einzumischen.

Die Lahn war damals die einzige Möglichkeit schwimmen zu lernen -
so hatten viele Orte Freiluft-Schwimmbäder eingerichtet,
teil sogar mit Umkleidekabinen und mit abgetrennten Nichtschwimmer-Zonen.
(Mittels Schwimm-Tonnen, die im Eck 15x20mtr mit Planken verbunden waren, über die man laufen konnte.
Nach unten und nach den abfallenden Seiten mit Latten abgesichert. So wurde niemand weggetrieben.)
So mancher sprang zwischen der Heuernte geschwind mal in die Lahn, um sich zu erfrischen.
Schwimmer trafen sich, um in Pulks nach Ahausen oder bis nach Weilburg zu schwimmen,
um dann stolz über den Leinpfad wieder nach Hause zu gehen.
Einige "Eiferer" freuten sich, als das Hochwasser nach dem 2. Weltkrieg die Anlagen fortgerissen hat.

Der Lumpensammler zog durch die Straßen: "Lumpen, Alteisen, Knochen,
Papier- wir zahlen die besten Preise dafür !"
Er zog den Handkarren hinter sich her und gab am ehesten Naturalien
für die abgelieferten Dinge - Tassen, mit und ohne Henkel,
die konnte jeder gebrauchen.
Wer oder was zog noch umher?
Musiker und auch Zigeuner mit Tanzbären, die auf ein paar Münzen aus waren.

Die Kinder spielten damals mit dem Springseil, machten Ball- und Ringewerfen, Versteckspiele,
Schubkarrenrennen, Sackhüpfen, Messerspiele, Klickerwerfen (Murmelspiel)
Fußball kam erst später, in den 20iger Jahren auf- nach den Schlittschuhen
und lange nach dem beliebten Schittenfahren.

Solange man denken kann, sorgte der Nachtwächter mit Hund, Stock und Horn für Sicherheit,
der achtete auch darauf,
dass alles gut verschlossen war und meldete evtl. Brände durch die Feuerglocke.
Was Tags der Feldschütz, war Nachts der Nachtwächter.

Hühner in dem Gemeinde-Blumenbeet gesichtet!
"Sie werden angezeigt, da sie am 6.4.1935 um 11.00 Uhr ein Huhn auf der Anlage haben weiden lassen.
Die Übertretung gemäß § 9 STGB des Feld- und Forstgesetzes vom 1.4.1880,
in der Fassung vom 21.1.1906, ist gegeben.
Unterschrift: Der Feldhüter Krauskopf, hier.
Strafgebühr 2 Mark + 10 Pfg. Gebühr und bare Auslagen.
Ersatzweise 1 Tag Haft"

Vor der Schur mußten die widerspenstigen Schafe im Bach gewaschen werden, damit die Wolle spinnbar war.
Kräftige junge Burschen machten sich eine Gaudi daraus- auch die Scheren war eine Tortur, nicht so einfach.

Als Max, der schwere Kaltblüter die schweren Arbeiten nicht mehr machen konnte,
bekam er von seinem Besitzer, dem Sägewerksbetreiber eine Weide, auf die er gestellt wurde.
Die Löhnberger Kinder, so die Chronik, hatten einen Mordsspaß mit dem mächtigen Tier,
das einst die schweren Baumstämme aus dem Wald gezogen hat.

Ein Dachdeckermeister machte eigene Hohlblocksteine mit zwei Luftkammern,
aus eisenhaltigem Schlacke-Abraum der Gruben- pfiffig.
Nach und nach setzten sich die Ziegel durch, die schwerer und stabiler waren- die den teueren Schiefer
und den zwischenzeitlichen Kunstschiefer und die Ton-Ziegel ablösten-
selbst im Westerwald gab es danach immer weniger Reed-Dächer.

5-6 Schuster gab es in Löhnberg, die wohl alle leben konnten - so waren auch "Frühstücksmeister" dabei,
die mit den anderen Zunftsmeistern gerne mal einen Nachmittag
in der verschwiegenen Wirtschaft "blau" machten, um Skat zu spielen.

An der Lahn waren einige Berufsfischer, die feste Streckenabschnitte befischten.
Barben, Aale, Rotaugen, Plötze, Nasen, Schleien, und Hechte
wurden in recht beachtlichen Mengen gefangen
- bis zu 65Pfg kostete das Pfund Fisch.
So mancher hat in der "armen Zeit" seinen Tabak im Garten oder Feld angebaut-
das war beliebt und lohnte sich wohl.
Mein Urgroßvater gehörte auch zu diesen Leuten:
Lange fleischige Blätter, die getrocknet und zusammengelegt wurden.
Von den Stielen befreit, dick in Zeitungspapier eingewickelt
und zugeschnürt, in Blöcken im Mist vergraben,
harrten sie ein paar Wochen aus, bis sie -warm war es ja- fermentiert waren.
Danach wurde ausgepackt, auf dem Holzbrett sauber in feine Streifen geschnitten und in alte Tabaksdosen gestopft.
Mancher hatte so sein "Geheimrezept", um den Geschmack aufzupeppen- was immer das auch war- ich denke mal,
es werden Wachholder- oder Holunderbeeren etc. gewesen sein, die den besonderen Geschmack gaben.

Im Märzen der Bauer sein Pferdchen anspannt-
das paßt nicht in unsere Gegend, wo das meistens Mitte April los ging..
Die Wasserrüben, "Ramschen" oder "Dickwurz" genannt, waren eines der Grundfuttermittel für die Stalltiere-
die frischen Blätter wurden gleich verfüttert,
die Rüben wurden in Mieten in der Erde eingegraben und gut zugedeckt.
Im Winter wurden sie nach und nach ausgegraben, im Bach gewaschen
und gehäckselt verfüttert- oft mit Kleie und Heu zusammen.
Irgendwann in den 1970iger Jahren wurde diese Futterfrucht durch den Mais abgelöst,
der geschrotet und eingemietet oder frisch verfüttert wird.

Wenn die große Dreschmaschine weg war, wurde Winterfutter für die Vögel eingesammelt,
weil dabei große Mengen Wickensamen ausfielen- die sich auch im Kallenbach wiederfanden-
was die Rotaugen (Fische) in Mengen anlockte.

Die Löhnberg-Chronik ist noch nicht ganz fertig:
1896 war der Selters-Sprudel ein wichtiger Arbeitgeber- heute,
unter dem Dach eines Konkurrenten mit ähnlichem Namen, besteht die Quelle noch heute.
In Löhnberg gab es ein paar Transportseilbahnen, die mal Erz,
mal Basaltsteine aus den Bergwerken/Brüchen zur Bahnverladestation fuhren.
Eine der Bahnen schaffte pro Stunde bis zu 30 Tonnen Material zur Eisenbahn.
Erst in den 1970ier Jahren wurde diese Epoche der Entwicklung abgebaut,
mit den Drahtnetzen, die über die Straßen und Schienen gingen,
damit niemand von Steinen getroffen wurde.

Heftig: Wenn einer gestorben war, wurde er von den Frauen aus der Nachbarschaft gewaschen
und hinterher mit seinen besten Klamotten angezogen, für den letzten "Gang".
Ende der 20iger Jahre kam man vom Eisenkreuz mit der Emaille-Tafel ab und ließ Grabsteine setzen.

Ein Schild an einer damaligen Tür: "Bock, Spatz, Maus wohne all in ahm Haus" - die Leute hießen wirklich so..

Noch einen Spruch aus der Löhnberger Chronik: "Der frißt ja wie ein Scheunendrescher!"

Nach den Orts-Chroniken folgen alte Geschichten und Erzählungen,
aus denen die Lebensumstände der einfachen Leute damals-
extrahiert und hier auf dieser Seite eingepflegt werden, was mir interessant oder wissenswert erscheint:
Auch diese Bücher werden eine ganze Menge bringen.
(5 Titel liegen schon vor, parat um durchgeforstet zu werden)

1797 brauchte Goethe noch 26 1/2 Stunden, um mit der Kutsche von Fritzlar nach Frankfurt zu fahren.
Der Intercity braucht heute nur eine knappe halbe Stunde dafür. (Wenn er nicht wieder für 20 Min. liegen bleibt)

"Das lag zum einen an dem Beförderungsmittel selbst, und zum anderen an dem jämmerlichen Zustand der Straßen.
Gepflastert waren die meisten Wege, auch die vielbefahrenen, in der Regel nur mit Schlaglöchern..
Richtige Chausseen, die ein halbwegs zügiges Fortkommen gewährleisteten, konnte man nur selten antreffen;
selbst in größeren Städten gehörten Staub im Sommer und Morast im Winter zur Standardausstattung.
Die Wirte der Herbergen und Gasthäuser hatten kein Interesse daran,
die Reisenden möglichst schnell aus ihrer Stadt verschwinden zu sehen,
und so versuchten sie alles, um die Fahrt zu verzögern.
Wie Bettina von Arnim in "Ilius Pamphilius" berichtet, schreckten sie sogar nicht davor zurück,
die Kutschen bei kleinen Aufenthalten heimlich so zu manipulieren,
daß sie schon bald ein Rad verloren oder nur noch eine Achse hatten.
Die Insassen mußten dann zerknirscht in ihre alte Herberge zurückkehren.
Was Bettina von Armim auf Gelnhausen bezog, galt auch für viele andere Städte.
Damit niemand auf die Idee kommen konnte, die Nepphöhlen zu meiden,
regelten landesherrliche Verordnungen im allgemeinen ganz genau,
wo die Kutschen in dem jeweiligen Gebiet zu fahren hatten.
Die offizielle Begründung dafür lautete, die Nebenwege seien zu gefährlich- das stimmt schon:
Räuberbanden gab es überall, vornehmlich in den großen Waldgebieten, wie dem Spessart und im Taunus,
aber wer schon eine längere Fahrt hinter sich hatte,
den konnten die verwegenen Gestalten kaum noch schrecken.
Denn staatliche Zolleinnehmer und private Wirte waren ihm schon so an die Börse gegangen,
daß sich nicht mehr viel darin befunden haben dürfte!
Reisende Privatleute zählten zu den beliebtesten Opfern.
Sie mußten essen und schlafen, auch wenn die Speisen
und die Betten nicht nur schlecht, sondern auch teuer waren;
und sie mußten, wenn sie ihr eigenes Gefährt benutzten, an jedem Schlagbaum Wegzoll zahlen.
Allein das konnte schon eine mühselige und kostspielige Beschäftigung sein,
denn bis 1803 regierten noch über 300 Fürsten
und Herren in Deutschland, deren Besitz zumeist weit verstreut lag.
(Diese Herren waren eher Halunken, die sich ihre Gesetze selber schrieben)
Aber auch wer Glück hatte und durch ein größeres, zusammenhängendes Territorium kam,
wurde immer wieder zur Kasse gebeten.
Angeblich dienten die so gewonnenen Einnahmen dazu, die Straßen instand zu halten,
aber davon merkten die Reisenden wenig.."
Der letzte Satz kommt mir doch sehr bekannt vor, der in dem Buch "so sahen sie Hessen" zu finden war.

Von Frankfurt nach Stuttgart dauerte die Fahrt 40 Std, wo 15 Std. auf Zwischenaufenthalte kam. (1821)
Durch Hilfsverträge mit England gingen oder wurden gegangen-
um 1780 ca 20.000 Männer nach den Nordstaaten der USA,
nur die Hälfte der Geschanghaiten oder Überlisteten kehrten zurück, die andere Hälfte ist "gefallen",
verkauft von den hinterlistigen Werbern von den noch hinterlistigeren Fürsten,
die mit den 20 Millionen Taler durch den Verkauf der Soldaten ihren Luxus finanzierten.
Die Ausrüstung der Soldaten mußten -lt. Vertrag- in Hessen gekauft werden,
was für einen Aufschwung sorgte.
Derzeit sammelten sich in Kassel "Bettler, Diebe, Künstler und Dichter"
zu dem zweitgelangweiltesten Fürsten der Welt, nach dem in Versailles..
"Ich war in Kassel, meiner Karoline wegen:
In Tonklumpen wohnten die Bauern.."
Oder:
"in der Stadt gibt es wenige Ellenbogen, die nicht eine bettelnde Hand aufmachten, statt (mir) zu helfen!"

Die gute alte Zeit war vermutlich nur für wenige Leute "gut", für die allermeisten eher "alte Zeit".

Jacob Grimm in einem Brief an Ludowine von Haxthausen:
"Ein Wasserfall, von Menschenhand gemacht, kann uns nicht befriedigen.
Alle Wilhelmshöher Fontänen setzen uns zwar in Erstaunen,
daß die bloße Kunst dergleichen unternimmt und ausrichtet.
Bei näherer Überlegung spüren wir aber doch etwas Leeres in der Sache.
Das rührt daher, weil nichts an seiner wahren natürlichen Stelle ist.
Ein kleiner Wiesenbach enthält viel mehr Wahrheit und Poesie,
und nun gar ein herrlicher Strom wie der Rhein und sein Fall, wie bei Schaffhausen.."

In den vielen Erzählungen div. Leute kommt zum tragen,
dass Kassel und Darmstadt eigentlich künstliche Orte sind und für reiche,
eigentlich nutzlose Nichtstuer mit Geld gemacht und für Tagträumer worden sind, die schon recht hochnäsig
bis zynisch die "Bauern" und Bediensten kommentierten- wenn überhaupt..
Börne schrieb von der Ruhe in Darmstadt, wo die Leute "nicht lauter auftraten wie die Schnecken".

Damals im "Hessischen Landboten":
"Darmstadt im Juli 1834
Friede den Hütten! Krieg den Palästen!
Im Jahr 1834 siehet es aus, als würde die Bibel Lügen gestraft.
Es sieht aus, als hätte Gott die Bauern und Handwerker am 5ten Tage,
und die Fürsten und Vornehmen am 6ten gemacht,
und als hätte der Herr zu diesen gesagt:
Herrschet über alles Getier, das auf Erden kriecht, und hätte die Bauern und Bürger zum Gewürm gezählt.
Das Leben der Vornehmen ist ein langer Sonntag, sie wohnen in schönen Häusern, sie tragen zierliche Kleider,
sie haben feiste Gesichter und reden eine eigene Sprache;
das Volk aber liegt vor ihnen wie Dünger auf dem Acker.
Der Bauer geht hinter dem Pflug, der Vornehme aber geht hinter ihm
und dem Pflug und treibt ihn mit den Ochsen am Pflug,
er nimmt das Korn und läßt ihm die Stoppeln.
Das Leben des Bauern ist ein langer Werktag;
Fremde verzehren seine Äcker vor seinen Augen, sein Leib ist eine Schwiele,
sein Schweiß ist das Salz auf dem Tisch des Vornehmen...
Geht einmal nach Darmstadt und seht, wie die Herren sich für euer Geld dort lustig machen,
und erzählt dann eueren hungernden Weibern und Kindern,
daß ihr Brot an fremden Bäuchen herrlich angeschlagen sei,
erzählt ihnen von den schönen Kleidern, die in ihrem Schweiß gefärbt,
und von den zierlichen Bändern, die aus den Schwielen ihrer Hände geschnitten sind,
erzählt von den stattlichen Häusern,
die aus den Knochen des Volkes gebaut sind;
und dann kriecht in euere rauchigen Hütten und bückt euch auf eueren steinigen Äckern,
damit euere Kinder auch mal hingehen können,
wenn ein Erbprinz Rat schaffen will,
und durch die geöffneten Glastüren das Tischtuch sehen,
wovon die Herren speisen und die Lampen riechen, aus denen man mit dem Fett der Bauern illuminiert.
Das alles duldet ihr, weil euch Schurken sagen:
Diese Regierung sei von Gott.
Diese Regierung ist nicht von Gott, sondern vom Vater der Lügen."

Eine bittere Klage, der nichts mehr zuzufügen sein dürfte.

Goethe in Biebrich:
"Im Schlosse sah ich den Hof speisen, welcher Aufwand,
so viele Diener als Tischgenossen und der Letzteren waren es wohl vierzig.
Sie essen wie wir mit dem Mund"
Heute wissen wir, daß er sich nur zu gerne von reichen Gönnern einladen ließ..

Der Schriftsteller, Demokrat und Leiter der landgräflichen Regierung,
Isaak von Sinclair, beschrieb die (Bad) Homburger Verhältnisse 1793 so:
"Homburg ist immer der Ort, der einzig in seiner Art ist:
denn er ist vielleicht der einzige a proportion seiner Größe,
wo so wenig Aborigines und so viele Fremdlinge aus allen Zonen sind,
die oft das Spiel des Schicksals waren und alle sehr heterogen und oft originell sind.
Das Schönste dabei ist, daß das Staatsband, das sie zusammenhält,
so lax ist, daß sie sich nicht aneinander abschleifen;
jeder dünkt sich sein eigener Herr und behält seine Ecken und Eigenheiten bei!"

Karl August Varnhagen von Ense prangerte 1845 in seinem Tagebuch die Abhängigkeit an,
die erst mit dem Tod des letzten Landgrafen, 1866 beendet wurde:
"Über die homburgischen Verhältnisse; liederliche Wirtschaft, Willkür, Gewaltsamkeit,
offenbare Rechtsverweigerung, der Landgraf unkundig und schwach,
man achtet seiner nicht, kriecht aber doch vor ihm und seinen Brüdern, strebt mit dem Hof in Verbindung zu sein.
Die Spielbank macht Homburg zu einem Nest von Gesindel, Abenteurern, Beutelschneidern, liederlichen Weibern,
besonders im Winter, wo einige englische Familien, die hier überwintern,
gewöhnlich das Opfer der Ränke und Betrügereien werden."

Der Schriftsteller Friedrich Christian Laukhard machte sich in seinen Lebenserinnerungen lustig:
"Zu Frankfurt am Main sind viele Bordelle, aber keins ist öffentlich privilegiert.
Der Magistrat schickt eben darum zuweilen die Häscher hin,
welche visitieren und die Mädchen wegbringen müssen;
die Visitationen bleiben ohne Folgen, die zweibeinigen ausgenommen."

Für den jungen Goethe war die Judengasse zu Frankfurt eine fremde und unheimliche Welt:
"Zu den ahnungsvollen Dingen, die den Knaben und auch wohl den Jüngling bedrängen,
gehörte besonders der Zustand der Judenstadt,
eigentlich die Judengasse genannt, weil sie kaum aus etwas mehr als einer einzigen Straße besteht,
welche in frühen Zeiten zwischen Stadtmauer und Graben
wie in einen Zwinger mochte eingeklemmt worden sein.
Die Enge, der Schmutz, das Gewimmel, der Akzent einer unerfreulichen Sprache,
alles zusammen machte den unangenehmsten Eindruck,
wenn man auch nur am Tor vorbeigehend hineinsah.
Es dauerte lange, bis ich alleine mich hineinwagte, und ich kehrte nicht leicht wieder dahin zurück,
wenn ich einmal den Zudringleichkeiten so vieler etwas zu schachern
unermüdet fordernder oder anbietender Menschen entgangen war."

Auch Friedrich Hegel, der von 1797 bis 1800 Hauslehrer am Roßmarkt war, gestand seiner Freundin Nanette Endel:
"Bei mir brauchte es einige Zeit, ehe ich mich von den Schlacken, die die Gesellschaft, das Stadtleben,
die daraus entspringende Zerstreuungssucht in uns einmischt,
von der Sehnsucht danach, die sich durch Langeweile äußert, ein wenig reinigen konnte.
Aus Frankfurt treibt mich jetzt immer das Andenken an jene auf dem Lande verlebten Tage."

Der Wiener Literat Johann Ludwig Deinhardstein 1831 in seinen Reiseskizzen:
"Die Reicheren gehen an Sonntagen auf ihre Villen, die ärmere Klasse geht ins Forsthaus, um Kaffee,
oder nach Bornheim und Bockenheim, um Apfelmost zu trinken.
Die strenge Trennung der Reicheren von den Ärmeren fällt hier unangenehm auf
und stört die eigentlich gesellige Unterhaltung.
Das Geld spielt überhaupt in Frankfurt eine große Rolle."
"Große und herrliche, im modernsten Stile erbaute Häuser wechseln
auf die auffallendste Weise mit den kleinsten,
schmutzigsten und elendsten, die man sich denken kann:
Breite, lichte Straßen mit unflätigen und so engen Gäßchen,
daß in manchen derselben kaum zwei Menschen nebeneinander gehen können.
Die schönsten Gebäude Frankfurts sind in der Regel die Gasthöfe."

Auch der Komponist Felix Mendelssohn-Bartholdy, der gerne die Umgebung Frankfurts aufsuchte,
schätzte den Sachsenhäuser Berg mit seinen reifen Kirschen
und den blühenden Weinstöcken..
1828 hatte der Dauerreisende Karl Julius Weber ein Loblied auf die Sachsenhäuser gesungen,
die einen bescheidenen Lebensunterhalt nicht als Händler,
sondern als Gärtner, Fischer, Schiffer oder Tagelöhner verdienten:
"Oft habe ich ihre Kraft bewundert- mir nichts dir nichts hebt der Krämer
seinen beladenen Karren mit den Schultern aus tiefem Geleise;
unter einer Ledermasse keuchend, die ein Pferd erforderte,
drängt sich der Lastenträger durch das Messegewühl
und klimmt in der größeren Hitze die steilsten Weinbergpfade hinauf
mit einer schweren Düngerbütte auf dem Rücken -
wie ein Vieh arbeitet er auf dem Felde, und wer wollte ihm nicht verzeihen,
wenn er beim Äpfelwein mehr als ein Vieh tut?
Vor lauter Fleiß und Arbeit vergessen sie ihre Armut.
Die Weiber sind meist Gemüse-, Obst- und Fischhändlerinnen, und was bei ihren Männern die Faust,
ist bei ihnen die Zunge.
Ihre Sitten sind besser als ihre Manieren, ihre tätige Moral beschämt viele Reiche jenseits der Brücke,
wer verzeiht ihnen nicht lächelnd alle Weisheiten,
zumal wenn sie ein -nix für ungut- vorausschicken?"

Johann Kaspar Riesbecks 1783 Reiseschilderung:
"Als wir unsere Augen auf dem prächtigen und lachenden Rheinbau geweidet hatten,
fuhren wir in das Dunkel des engen Tales hin,
welches sich unter Bingen öffnet und dessen ganzen Boden der gedrängte Rhein einnimmt.
Der Kontrast tat unseren Augen unbeschreiblich wohl.
Die Berge, welche sturzdrohend in diesem Tal über dem Fluß hängen,
sind bald mit dem mannigfaltigsten Grün bedeckt,
bald nackte Felsen, hier und da blauer oder roter Schiefer und oft auch harter Urfels.
Ihre Gestalten, ihre Einschnitte, ihre Verkettung, ihre Bekleidung, ihr verschiedener und seltsamer Anbau
hier und da und die geständigen Krümmungen des Stroms machen die Aussichten alle Augenblicke abwechseln.
Ungeachtet der größeren Beschwerden, sind die Ufer dieses Tales doch ungleich stärker angebaut
und bewohnt als die Ufer der Donau in irgendeiner Gegend.
Fast alle Stunde hat man eine Stadt vor sich.
Fast jeder Berg ist mit den Trümmern eines alten Schlosses gekrönt,
worin ehedem ein deutscher Ritter hauste.
Die Lage dieser Städte und Flecken hätte die erhabenste Phantasie
nicht romantischer und malerischer angeben können."

(Man bedenke, daß diese Schilderung noch vor der Eisenbahn und Uferstraße her rührte -
Vater Rhein war noch nicht im Korsett)
Jens Baggesen verliebte sich in das Marktschiff von Frankfurt nach Wiesbaden (1789),
er nannte das Schiff "Schmacke":
"Diese Schmacke ist überaus merkwürdig gebaut und eingerichtet, sie ist außerordentlich lang und schmal
und hat einen kleinen Mast und ein Rahsegel am Bug.
Sie wird mit einem ungeheueren Holzlöffel gesteuert und von Pferden gezogen,
die bald auf dem Land, bald im Wasser gehen.
Unter einem Oberdeck, wie in einer Art Deckskajüte,
sitzen die Passagiere holterdiepolter zwischen Kohl, Erbsen,
Rüben und allen Arten von Obst, Hühnern und anderen ähnlichen Dingen.
Die Gesellschaft bestand aus etwa zweihundert Personen beiderlei Geschlechts,
aus verschiedenen Völkerschaften, allen Ständen und allen Religionen.
Deputierte, Kaufleute, Soldaten, Bauern, Juden, Rattenfänger, Pfarrer, Werber, Handwerker, Komödianten,
Frauen, Mädchen und Kebsweiber (Mätressen, Konkubinen) waren durcheinander verstaut.
Das Fahrzeug glitt von der Brücke ab, die Stadt, die Gärten, die Weinberge verschwanden.
Wie in einer Zauberlaterne eilten an den entgegenkommenden Ufern
die abwechslungsreichsten Landschaften an uns vorüber.
Zu Anfang war alles still, der eine kannte den anderen nicht;
man suchte sich Plätze, sonderte sich ab, bildete Gruppen.
Die Materie ordnete sich, unser Chaos wurde eine kleine Welt.
Sie war jedoch noch weit von einer vollkommenen Konstitution entfernt -
wir kamen nach Mainz, ohne es so weit gebracht zu haben,
daß wir unsere eigentliche Regierungsform hätten angeben können.
Die Menge war für die Demokratische gestimmt.

Ähnliche Erfahrungen machte Ludwig Börne, genau 30 Jahre später, im September 1819:
"Die Gesellschaft im Marktschiffe war so auserlesen, daß ich kaum in das Schiff eingetreten,
eine Pfeife in die Hand nahm, weniger um zu rauchen,
als um zu räuchern" schrieb er an Jeanette Wohl.
"Die Vornehmen saßen oben auf dem Vordecke, das gemeine Volk unten,
und so bildeten wir ein wahres Ober- und Unterhaus."
Obligatorische Zwischenstationen auf der Fahrt von Mainz nach Frankfurt war
das damals noch selbständige Höchst,
das von dem regen Pendelverkehr zu profitieren wußte:
"In Höchst lauerten ein Karpfen und ein schwarzer Bär, um die aussteigende Schiffsmannschaft zu verschlingen.
Es gibt nichts Komischeres als die beiden Wirtinnen, deren Gasthäuser gegen einander über liegen,
an der Türe stehen und sich, je nach ihrer Gäste Zahl,
neidische oder schadenfrohe Blicke zuwerfen zu sehen.
Mich verschlang der Bär, der aber so fromm war,
mir für den nicht getrunkenen Wein keine Bezahlung abzunehmen;
das erste Beispiel solcher Großmut, das ich in einem Gasthause je erfahren."

Trotz der nicht geringen Nebenkosten blieb das Marktschiff,
das später auch mit Dampf fuhr und luxuriös ausgestattet war,
bis zum Bau der Taunuseisenbahn eine preiswerte Alternative zur Postkutsche.

(Auch für den Main galt: Der Fluß hatte sein Korsett noch nicht..)

Hölderlin 1794 hat eine kleine Exkursion übers Rhöngebirge hinein ins Fuldarer Land unternommen:
"Man glaubt, auf den Schweizer Bergen zu sein, den kolossalischen Höhen und fruchtbaren reizenden Tälern nach,
wo die zerstreuten Häuserchen am Fuße der Berge, im Schatten der Tannen,
unter Herden und Bächen liegen.
Fulda selbst hat auch eine recht liebliche Lage.
Die Bergbewohner sind wie überall etwas barsch und einfältig."

Wilhelm Heinrich Riehl, dem eher konservativen Volkskundler, drängten sich die Bilder des Elends so auf,
daß er ihnen 1856 eine eigene Abhandlung widmente,
in der er u.a. auch über die Bettelei auf der Kinzigstraße berichtete:
"Ich bin auf der ganzen Hohen Rhön von keinem Menschen angebettelt worden.
Ich habe ganz allein, lediglich mit einem tüchtigen Eichenstock,
flinken Beinen und einem frischen Wandermut bewaffnet,
die weitgedehnten Wälder und die schaurig-öden Hochflächen durchwandert.
In der tiefen Einsamkeit bei wildem Schneesturm und bei sinkender Nacht
sind mir oft seltsam zerlumpte, verwogene Gestalten begegnet.
Aber es hat mir niemand ein Leids getan.
Und doch würde meine geringe Reisebarschaft für eine hungrige Rhöner Familie ein Kapital gewesen sein,
von dem sie flott hätte leben können bis zur Kartoffelernte.
Erst als ich in die begünstigteren Täler der Fulda und Kinzig niederstieg,
strömten mir Bettelleute in Scharen entgegen.
Hier hebt die moderne Not an. Hier wird die Armut selbstbewußt,
der Arme bespiegelt sich in seinem Elende, trotzt und spekuliert auf dasselbe.
Er könnte einer gegenwärtig über die ganze Hohe Rhön reisen,
ohne den erhöhten Notstand überhaupt wahrzunehmen,
während er nicht einmal im Postwagen von Fulda nach Hanau fahren kann,
ohne daß ihm allenthalben das düstere Bild der Armut entgegentritt.
Neben den Bettelleuten flutet auf dieser Straße jetzt ein wahrer Strom von Auswanderern.
Bei Hanau begegne ich einem Weibe aus dem Fulderland,
welches als einziges Reisegepäck ein etwa vierteljähriges Kind auf dem Arme trug.
Und in dieser Verfassung hatte sie sich zu Fuß nach einem Seehafen auf den Weg gemacht!"
(Viele Rhönbauern sahen die letzte Möglichkeit zum Überleben darin, ihre Heimat zu verlassen,
z.B. nach Ungarn (Fünfkirchen), wo eine starke deutsche Kolonie die Fuldarer Tradition bewahrt hat. )

1793 schieb Adolf von Knigge in seinen "Briefen, auf einer Reise aus Lothringen nach Niedersachsen geschrieben":
"Die kleinen Städtchen im Hessen-Kasselschen haben ein trauriges, ödes, schmutziges Ansehn.
Armut und Gewerbelosigkeit blicken aller Orten hervor;
nicht die geringste Spur von Wohlstand und fröhlicher Betriebsamkeit!
Wie sehr verschieden von dem zustande der lachenden, freundlichen Dörfer am Rhein, in der Pfalz,
in der Bergstraße und um Frankfurt und Hanau herum, die,
mit ihren steinernen weißen Häusern
und regelmäßigen Straßen, kleinen Städtchen gleichen!
Es gibt Gegenden in Hessen, wie z.B. die von Eschwege und Wanfried an der Werra,
wo uns weniger das Bild der Dürftigkeit und Niedergeschlagenheit auffällt
und wo auch Gewerbe, Handel und Schiffahrt
mit einigem Erfolg getrieben zu werden scheinen; aber hier an der Fulda,
besonders je weiter man sich vom Strome entfernt,
erblickt man nur mühselige und unlustige Anstrengung des Landmanns,
gegen die natürlichen und auferlegten Lasten zu kämpfen."

Aus dem Lebenswerk eines Pfarrers las ich folgendes:
"B lasius kann kein Latein!
Die Kirche war voll mit Gläubigen in der Erwartung des Empfanges des damals beliebten Blasius-Segens.
Da sparte man den Weg zur Apotheke und auch zum Doktor, braucht keine Zunge herauszustrecken,
nur den Hals hinhalten und hoffen, daß die Hutkrempe oder die Haare, kein Feuer fangen.
Die geweihte Kerze soll ja nach Dr. Jone, einem Kirchenlehrer, an den Hals angelegt werden
-natürlich brennend und dabei soll ein langer Vers
gesprochen werden - lateinisch klingt es überzeugender,
deutsch ist es verständlicher.
Pfarrer und Kaplan gehen mutig an das Werk.
Der Pfarrer mit seinen 222 Pfund Lebendgewicht sagt inhaltsschwere Worte bei der Predigt,
wie wirksam dieser Segen ist, dem folgt ein Gebet begleitet mit einem Lied,
so kommen die ersten Gläubigen zur Kommunionsbank.
Sie knien und beide Geistliche teilen sich ihr göttliches Arbeitsfeld, murmeln ihr Gebet,
der bewährte Pfarrer perfekt im vollendendem Latein -
aber für den Kaplan war es das erste mal und bei ihm haperte es im ersten Teil,
so sagte er es etwas leiser deutsch,
aber dann trug er stets den letzten Abschnitt in Latein vor.
Dem heiligen Stankt Blasius schien es zu gefallen, dem Pfarrer weniger,
denn als er es bemerkte, brüllte er dem Kaplan laut vernehmbar zu: Latein!
Aber so schnell lernt man das nicht.
Die Gläubigen machten dabei ein fröhliches Gesicht:
Sie konnten wenigstens beim Kaplan etwas verstehen.
Was sie begehrten, bekamen sie hörbar um Hals und Ohren.
Sehr lange dauerte die Zeremonie und immer,
wenn der Zufall beide Geistliche in die Mitte der Kommunionbank brachte,
klang des Pfarrers strenge Bitte:
Latein!
Der Kaplan schwitze etwas, aber bitte, die Gemeinde soll es nun genau erfahren.
Der beleibte Pfarrer kniete sich vor dem Altar nieder -
und im klassischen Latein gab er nun um den Blasiussegen.
Hilfreich wie er war, sagte er nun Wort für Wort die Segnungsformel in Latein auf,
der Kaplan mußte Wort für Wort, wie ein Papagei noch aufsagen - dann wechselte das Segnungspersonal.
Der Kaplan kniete nieder und nun wurde ihm die Schönheit der lateinischen Sprache bewußt,
und unser Pfarrer sagte es für alle hörbar mit mächtiger Stimme,
so geht man mit Lehrbuben Gottes um, das wäre ja noch schöner.
Damit brauste die Orgel zum Schlußlied auf und beide verschwanden nach einer guten Kniebeuge in der Sakristei.
Keine der Apotheken ging pleite, man lutschte Malz, trank Honigtee und auch der Doktor konnte überleben.
Es war acht Tage später in der Pfarrhausküche.
Zwei geistliche Herren, einer mit 222 Pfund Gewicht, der andere jünger und leichter schlechthin,
saßen tief gebeugt über einem Rextopf aus dem der Dampf quoll.
Jeder ein Handtuch vom Kopf herabhängend bis zum Topfesrand.
Sie saßen sich gegenüber, meditierend über Gott und seine Halskrankheiten.
Einmal traf sich der gegenseitige Blick, man sah die Schweißtropfen rinnen.
Der Pfarrer fragte den Kaplan dabei: Womit haben wir das verdient?
Da antwortete der Kaplan spontan: Herr Pfarrer, St. Blasius kann sicher kein Latein!
Schmunzelnd gingen die Vorhänge zu -
Ein Blick seitwärts ließ erkennen, daß dieser Satz selbst den 222 pfündigen Herrn erschütterte,
ja, er lachte.
Immerhin durch Schaden wird man klug, wie auch die Kirche,
die daraus gelernt hat und so dürfen wir heute das Gebet ungestraft in deutsch sprechen.
Ja, der heilige Geist geht auch über Handlungen der Kapläne."

***

Gefährliche Segnung.
"Sonntags, im feierlichen Amt, wurde am Anfang,
unter Intonierung des -vidi aquam- das Kirchenvolk in den Bänken mit Weihwasser besprengt.
Der Pfarrer mit dem Weihwassersprenger in der Hand, sein Kaplan zur Seite
seinen Segensmantel haltend, gehen durch die Kirche.
Die 222 Pfund kommen zum Tragen und die Weihwassertropfen fliegen zu den äußeren Gläubigen
in den Kirchenbänken.
Mitten im Volk, flog beim Schwengen der nasse Kopf des Schwengels
durch die Luft und direkt in das Dekollete einer Dame.
Jene Frau erschrank bei Singen und wußte gar nicht woher diese seltsame Erfrischung kam,
aber der Pfarrer hatte den Lauf verfolgt.
Er ging durch die Bank zu dieser Frau: Geben sie das her!
Und sehr verschämt holte die Dame den göttlichen Erfrischer aus ihrem Busen, fast zitternd.
Sie hatte gar nicht die Absicht ihn zu behalten -
der Pfarrer machte ihn am Schwengel fest und setzte seine Liturgie fort..

***

Eine Schneckensgeschichte 1961
"Ab und zu gibt es ein Zusammenkommen von Pfarrern, man nennt es Conveniat.
Man bietet an, womit man überraschen kann.
Als ehemaliger Bäcker und Conditor hat man die Wahl."
(Pfarrer Jamin war zuerst Bäcker - viel später Priester)
"Ich backte Torteletts aus Blätterteig und füllte sie mit einem Schneckenragout.
Es sah in der Tat aus wie ein Kalbsragout.
Als es auf den Tisch gebracht wurde, ach wie gierig waren da die Augen und dann ging man an die Speise heran.
Man fühlte sich an eine Königstafel versetzt, nur einer,
Pfarrer Freiburg aus Weilburg, mußte einen Argwohn gehabt haben
oder eine Vorahnung.
Er schaute nur zu, wie man mit Heißhunger die appetitlichen Torteletts verschlang.
Als dann der Tisch geputzt war, fragte man rundum: Das war alles?
Pfarrer Hans meinte, bei seiner Primiz solches schon gegessen zu haben.
Auch Monsignore Professor Gerhardt sprach das Wort -herrlich- gleichsam als ob er es im Himmel wieder bekommt.
Ich sage, ihr habt recht, ein Genuß, ein Vorgeschmack des Himmels, wenn auch auf der Erde gefunden.
Und nun offenbarte ich das Geheimnis-
Ihr habt heute ehemals kriechende und schleimende Schnecken gegessen.
Die ersten gingen schon zur Toilette, nur Pfr. Freiburg lachte aus vollem Hals.
Monsignore fragte nach: Welche Schnecken?
Weinbergschnecken, aber wegen ihrem roten Mäntelchen gab ich ihrer Portion noch zwei rote Schnecken bei..
Auch er verließ für eine kurze Zeit den Tisch.
Nachher beim Wein haben alle kräftig gespült. Aber die Rache kam.
Ein Brief vom Ordinariat.
Der Pfarrer aus Waldernbach hatte seine falsche Darstellung gegeben und ich gab Antwort an das Ordinariat.
Im nächsten Conveniat gab es ein großes Lachen, denn Freiburg hatte eine Schneckenouvertüre gedichtet..

Der eine ißt gern Kaviar
der andere Sardellen
der trinkt den Schnaps am liebsten klar
und der liebt Frikadellen.
Der ißt gern Erbsen mit Püree,
und jener Schweinebraten,
der schwört auf Aale in Gelee
und jener auf Poularden.
In Thule ißt man Walfischfleisch,
in Saigon Schwalbennester
der ißt die Eier lieber weich
der Käse, wenn verwest er,
die Masai trinken Milch mit Blut
die Inder Tee mit Butter,
und dem schmeckt ein Kotelett so gut
als wie dem Doktor Luther.
In Hamburg ißt man Kabeljau
in Bayern Leberknödel
in Frankfurt Rippchen von der Sau
auf Jawa Palmenwedel
In Probbach ißt man Ei mit Speck
im Orient Heuschrecken
der Jäger liebt gar Schnepfendreck
Pfui Deuwel, - muß das schmecken.
Wir kultiviert, sogar bei Tisch,
ernähren uns manierlich
von Brot und Butter, Fleisch und Fisch
so ist es auch natürlich!
Jedoch von ekler Viehcherei
da wollen wir nichts wissen
im höchsten Fall die Schweinerei
gibt ab einen guten Bissen!
Doch was da kriecht auf dieser Welt
hebt uns nur hoch den Magen
und wer sich für gesittet hält
kann sowas nicht vertragen.
Im Zorn hat Gott dies Zeug gemacht
und um uns zu erschrecken,
hat er nie daran gedacht,
daß man auch ißt; die Schnecken.
Wenn unser Garten voll von Schleim
und weißlich - ekler Soße
dann geht man angewidert heim
zieht an die Arbeitshose
kauft Gifte in der Drogerie
bestreut dieses wiederwärt'ge Vieh,
soll möglichst rasch verrecken!
So war es Brauch in unserem Land
der Himmel sei gepriesen
bis einer dann Geschmack dran fand
und sammelt auf den Wiesen
die Schnecken und die Schneckenbrut
in Eimern, Schüsseln, Säcken.
Er fand das Zeug phantastisch gut,
es würde prima schmecken.
Erst werden sie mit Salz bestreut
daß sie den Schleim verlieren
den Tierschutz, der das Vieh betreut,
müßte man alarmieren.
Dann nimmt er sie mit spitzer Hand
trennt ab die Eingeweide
Wenn er sie auf dem Friedhof fand,
hatt er besondre Freude!
Dann brät er sie im eigenen Saft
und einer Knoblauchzehe
das letzte zwar Beschwerden macht
bringt oft Magenwehe.
Doch nimmet er dieses gern in kauf
weil er total besessen,
von früh bis spät nur wartet
auf sein Weinbergschnecken-Essen.
Drum Schnecken spät und Schnecken
früh und Schnecken aller Enden
selbst vor der Predigt ißt er sie
er will sie auch versenden:
erst neulich ging sein Angebot
an höchste Kirchenkreise
bis man den Handel ihm verbot:
er nahm ja Wucherpreise!!!"

Die Antwort jener Zeilen an das Bischöfliche Ordinariat zu Limburg kam vom Pfarrer auch prompt:

" ..Sie schrieben -von Seiten der Gläubigen ist ihnen mitgeteilt worden,
daß ich mich neben den Seelsorgspflichten der Zucht von Weinbergschnecken hingebe.
Solange diese etwas eigenartige Beschäftigung nur dem eigenen Hausgebrauch dient, haben wir nichts einzuwenden.
Wir würden es nur nicht gerne sehen, wenn diese Zucht zu einem Nebenerwerb wird- das heißt,
wenn Schnecken gekauft und zu höheren Preisen weiterverkauft würden.
Wir bitten um Mitteilung, was an diesen Berichten seitens ihrer Gläubigen wahr ist.."
Jamin: " Nun Gottes Güte hat es so eingerichtet,
daß ich in der Pfarrei, neben üblichen Sündern und Heiligen
auch reichlich Schnecken vorgefunden habe, mit denen meine Gläubigen bisher nichts anzufangen wußten.
Man nannte diese Tiere unnütz und ekelerregend.
Im Zeitalter der Genuß-Sucht sah ich in diesen Tieren einen Wink Gottes,-
durch den Genuß derselben wird die Tugend des Starkmutes und der Selbstüberwindung geübt.
Wenn in den Behausungen anderer Geistlicher der Duft
eines saftigen Schmorbratens das ganze Haus erfüllt und zur Gaumenlust reizt,
so empfindet er bei mir noch den kräftigen erdhaften Duft einer garenden Schnecke,
welche zur Tugendübung ansport und an die Erdverweisung erinnert.
Man muß um das Geheimnis des Schneckenwunders wissen.
Mancher Geistliche, dem meine Gastfreundschaft Schnecken servierte, sichtbar oder unsichtbar,
glaubt zunächst vor einem Bußgericht zu stehen.
Ißt er aber tapfer nach einer tugendhaften Überwindung dieselben, läßt der Lohn nicht auf sich warten.
Das Bußgericht wird in seinem Munde zu einer Delikatesse.
Um so froher lobt er Gott ob dieser Güte.
Von einer Zucht zu sprechen ist ebenso abwegig.
Diese Tiere sind friedlich und kennen keine Zucht.
Sie legen ohne jegliches Tun meinerseits Eier,
und nach vier bis sechs Wochen sind junge Schnecken vorhanden.
Natürlich müssen sie gefüttert werden.
Auch brauche ich die Schnecken nicht zu kaufen, sondern sie werden von mir auf Pfarrgrundstücken abgelesen.
Besonders die Hecken unseres Friedhofs, auch jede von Priestergräber,
wie in Probbach, sind eine Quelle von Qualitätswaren.
Sie sind besonders fett.
An einen Wiederverkauf ist nicht gedacht. Ich kaufe sie ja nicht.
Bin aber gerne bereit, dem Bischöfl. Ordinariat eine Kostprobe meiner selbst
eingeweckten Weinbergschnecken, hergestellt nur unter Verwendung natürlicher Zusätze,
wie Zwiebeln und reichlich Knoblauch, kostenlos zuzusenden.
Dosen zu 25 und 50 Stück stehen auf Abruf bereit.
Da die Tiere Kaltblütler sind, können sie auch Freitags und an Fasttagen gereicht werden.
In der Hoffnung, sie eingehend informiert zu haben,
sehe ich einer Auftragslieferung für die Küche des Priesterseminars
auch der Bischofsküche mit Freude entgegen.
Für Rückfragen steht ich ihnen stets zu Diensten - hochachtungsvoll .."

***

Mein lieber Schwan, der hat Mut und Stil- das mußte ganz einfach hier auf diese Seite,
auch wenn ich der Meinung bin,
daß die Kirche ihre Darseinsberechtigung darin findet,
den "Schäfchen" glauben zu machen, nur durch deren hinzuerfundenen "liturgischen" Dinge
das göttliche Wohlwollen vermitteln zu können.
Wer "austritt", wird dennoch seinem Gott nahe sein- in jedem hohen Wald näher als in den "Gotteshäusern":
Wie schreibt das alte Testament so schön?
Ihr sollt euch keine Altäre machen aus behauenen Steinen und meinen Namen nicht unnütz im Mund führen..
Das soll in dieser Sache erst einmal genug sein!

In einer lebendig geschriebenen Familiengeschichte konnte ich lesen,
daß die Fuhrleute in Gasthäusern nächtigten,
dabei die Pferde getränkt, gefüttert,
evtl. gestriegelt oder gar neu beschlagen wurden, der Wagen repariert,
mit neuen Eisen auf den Rädern oder dieselben gerichtet, Achsen etc.
repariert, das Pferdegeschirr geflickt werden konnte,
haben die Fuhrleute gegessen, getrunken und ihr Zimmer genommen.
Am andern Tag ging es durch das andere Tor aus dem Hof- so mußte keiner wenden.
Als die Eisenbahn kam, sind dabei viele Arbeitsplätze weggefallen!
Dienstmädchen und Köchinnen hat heute auch kaum noch ein edler Haushalt
- ggf. noch mal eine "400-Euro-Kraft", das wars dann auch schon.
Vermutlich läßt auch kaum jemand seine Schuhe in Handwerksarbeit herrichten
oder gar herstellen, wenn nicht gerade ein orthopädischer Fall vorliegt- aber:
Wir Wanderfreunde haben tatsächlich noch Schuhwerk, das in aufwändiger Handarbeit hergestellt worden ist..
Damals liefen alle gleich, ob Frau ob Mann oder Kind- in derben Lederschuhen herum,
die mit Nägeln an den Sohlen und mit Metallspitze genagelt waren.
So schlecht waren die Wege, daß nur derartige Schuhe ein rutschfestes Fortkommen garantieren konnten.
Es war überall usus, dass vor dem Essen gebetet wurde und nach dem Essen ein Dankesspruch gesetzt wurde-
niemand hätte sich getraut, bei Tisch zu reden oder aufzustehen,
bevor nicht alle fertig und das Prozedere des Hausherren beendet war.
Selbstredend konnte sich auch niemand vor dem sonntäglichen Gottesdienst drücken, außer er war sehr krank.
Sparsamkeit war eine hohe Tugend, "Selbstverwirklichung",
"Emanzipation" oder "Freizeit" etc. waren Fremdwörter, die nicht mal in der Zeitung vorkamen.
Der Pfarrer sorgte schon dafür, dass solche "sozialistischen Ideen" nicht zu sehr um sich griffen-
die Kanzel war so manchesmal ein kleines göttliches Strafgericht für die Gemeinde -
und freilich auch politische Einflußnahme.
Na ja, die Kirche hat gewiß das Patent auf Gott und so sagt sie auch, was jener von und will..

Auf meiner Seite "Alte Rezepte" sind nochmal ein paar Dinge aus alter Zeit an euch,
geneigte Leser und gerne auch Leserinnen- "vererbt",
bei denen auch die Kritik nicht zu kurz kommen darf.

***

Bei aller Freude über "neue" Dinge aus der Vergangenheit sind heute fundamentale Mühen von ehedem so leicht überwindbar geworden,
daß der Ursprung oftmals bereits verloren ging.
In dem Buch "Der Schusterjakob" von Ottilie Martin, Brunnenverlag 2003 -
das ich in diesem Zusammenhang und in dem der sehr guten Darstellung
der Lebensumstände damals - ans Herz legen möchte,
wird sich eine Fülle an Dingen finden.
(Mehr will ich nicht verraten, damit die Spannung bleibt- soviel bleibt versprochen:
Langweilig ist dieses Buch mit Sicherheit nicht!)

Ein Beispiel der frühen Rechtschreibung, anhand einer Glockeninschrift:
die sünder schreck ich
die schlafenden weck ich
die toden bewein ich
zum gebet ruf ich
des jümten gericht erinnere ich
zu der circh tho ich aufmahnen
die wetzflarer underthanen
in gottes namen flos ich
dilman schmid von aslar gos mich 1686
(Vater Unser - Glocke zu dem Dom in Wetzlar)

Noch zu Anfang des 19.Jhds, waren die Häuser der Stadt Wetzlar zumeist schlecht gebaut, schmal,
4 Stockwerke hoch- so fiel wenig Sonnenlicht nach unten, in die düsteren winkeligen steilen Gassen.
Übel roch es damals, überall lag Mist und Dreck-
die Einwohner schütten die Abwässer und Fäkalen auf die Straße-
die dort verrotteten - was auch die Handwerker taten:
Metzger und andere Gefache ließen ihren Unrat und Abwässer einfach aus dem Hof laufen -
der Regen trug alles von der Ober- in die Unterstadt- prompt kamen im Sommer die ansteckenden Krankheiten.
Die Hebammen trugen - unwissend, das Kindbettfieber von Frau zu Frau.

Häufig traten bei der Geburt Schwierigkeiten auf - Rachitis war in Wetzlar eine weitverbreitete Krankheit,
die meist auf "natürlichem Wege" den Tod der Mütter brachte.
(Die Rachitischen Verkrüppelungen waren wohl in der Schuhgasse besonders- Fehlernährung,
Mangel an Sonnenlicht und Bewegungsarmut waren die Ursachen.
Die Geburten erfolgen noch gegen Ende des 18. Jhds. auf dem Boden, später im Gebärstuhl.
Der Stadtarzt half bei Problemen und machte einen Kaiserschnitt -
was bei diesen rachitischen Beckenveränderungen meist lapidar lautete:
"Durch Kaiserschnitt entbunden, Mutter starb 7 Stunden nach der Operation, Kind auch tot."
An ein Krankenhaus war noch nicht zu denken- ein Hospital hatte Räume für lebensbedrohlich Erkrankte,
einen Raum für "Wutbefallene", ein Zimmer und eine Kammer für Besucher der Stadt-
auswärtige Kranke wurden nicht aufgenommen.

Typische Berufskrankheiten für Wetzlar waren im Sinne der Entstehung genannt:
Lungenentzündung und Lungentuberkulose der Perückenmacher, Strumpfwirker und Wollkämmerer
führte man auf das Einatmen von Haaren und Staub zurück.
Müller und Steinmetze wurden asthmatisch durch Mehl- und Steinstaub.
Schuhmacher und Schneider hatten Wirbelsäulen- und Hüftgelenksveränderungen.
Im Alter hatten sie Wassersucht und Brustbeklemmungen - Schreiber und Gelehrte wurden Hypochonder-
sie galten als Geisel der Ärzte!
Erkältungsinfekte gingen ephidemisch daher, wie Leberentzündungen mit Gelbsucht
oder die Gicht mit ihren Gelenkveränderungen und Fieberschüben,
auch Typhus trat so auf.
Die Tuberkulose wurde erst bei Blutstürzen bemerkt..
Wegen der Tollwutgefahr wurden zu Beginn des 19.Jhds. viele Hunde getötet.

Die Lebensmittel ließen oft die einfachsten hygienischen Grundsätze vermissen.
In Wetzlar gab es zwar ein Schachthaus, aber noch keine Fleischbeschau-
der Marktmeister konnte sich gegen die Interessen der Zünfte nicht durchsetzen.
So waren Lebensmittelvergiftungen nicht selten!
Heute sind die Zustände zwar besser- die Zünfte wurden durch die Industrie abgelöst,
die aber durchaus ähnlich reagiert und durch sogenannte "Lobbyisten"
mehr als die ganze Bevölkerung, mitsamt den Volksvertretern Europas bewirken kann -
hier wird mehr heimlich regiert als vernünftig reagiert.

Dramatisch:
Die Kinder waren noch im 17.Jhd durch Wölfe (die im Taunus noch häufig waren) in ernster Gefahr,
wenn sie in den Nachbarort zur Schule gehen mußten!

Denkwürdig ist, daß auch heute noch ausgebaute Verkehrsstraßen "Wege" genannt werden,
Ein abgelegener Holzrückweg wurde jedoch seit Menschengedenken den Ausdruck "Straße" bedacht.
(Trompeterstraße als Beispiel)
Der Begriff "Straße" heißt "verbreitert, planiert, befestigt"
Diese Merkmale waren Fern- Handels- und Heeres-Straßen vorbehalten,
(lat. Stratum, Plural Strata, "Schicht, Decke"- vermutlich ist der Begriff noch älter)
die in der Gegend Hessens schon 7-8000 Jahre in Gebrauch sind- die mittlere Steinzeit läßt grüßen.
Damals noch in feuchtwarmen Klima- ähnlich des heutigen Mittelmeeres- mit Haselnuß-Wald
und unglaublich vielen Seen, Teichen, Sümpfen- weshalb die Straßen und Wege
über die Höhen folgten, weil die Flußniederungen viel zu sumpfig gewesen sein müssen.

Im Weiltal soll noch im 30j. Krieg viel Wein gezogen worden sein!

Zusammenfassend läßt sich schon einmal sagen,
daß in den kleinen Siedlungen sich immer ein Schamane fand,
das war einer, der etwas heller war und sich komplexere Strukturen heraus arbeiten konnte.
Anfangs machten diese Schamanen Heilversuche, Metallgewinnung,
Jagdwaffenverbesserungen bis Eheschließungen,
sie sprachen Recht und hielten das Thing ab, die Versammlung.
Die "Ausbildung" zum Schamanen für einen begabten Nachwuchs dauerte viele Jahre -
So bildete sich schnell die spezielle Neigung heraus,
wo sich ein Schamane mehr auf die Heilungkunst konzentrierte,
der andere war begabter in der Erklärung übernatürlicher Dinge,
der nächste war gut in der Verwaltung/Jurisprudenz/Metallurgie etc.
Diese neuen Stände entsprachen den Badern und Barbieren, den späteren Ärzten und Chirurgen,
dem verwaltenden und rechtsprechenden Adel, der auch die Verteidigung hielt,
sowie denen, die dann Alchemisten genannt wurden - die heutigen Wissenschaftler oder Forscher
und denen, die Übernatürliches erklärten, den späteren Priestern und Religionsführern.

Das "peinliche Halsgericht" behandelte keine zivilrechtlichen Dinge, sondern mehr strafrechtliche:
Es gab noch kein Strafgesetzbuch, sondern die sogenannte "Carolina", die Constitutio Criminalis Carolina,
die zugleich Strafgesetzbuch, wie auch Strafprozeßordnung war.
Vom Kaiser Karl V. 1532 zum allgemein gültigen Reichsgesetz erhoben,
in welchem auch die Begriffe "Teilnahme", "Versuch" und "Nothwehr" festgelegt waren.
Die Strafen waren extrem:
Durch den Strang, mit dem Richtschwert, Vierteilung, Lebendigbegraben oder Feuertod auf dem Scheiterhaufen..

Der "Stab wurde gebrochen", wenn das Urteil gefällt war, dann wurde der "Nachrichter" (Scharfrichter) gerufen,
der den Sünder zum Pfarrer führte, der Trost spenden sollte.
Dann ging der Büttel vorweg um Platz durch die Menge zu schaffen-
mit Geleit ging der Schultheiß hinterher, der Scharfrichter und der Delinquent auf dem Weg zum Galgen.
Oberster Richter und Instanz war der Landesherr,
Einsprüche waren schon aus der Kürze der Abläufe schwer denkbar.
"so man den armen Mensch zu der Gerichtsstatt bringet,
soll er mit ernstem Fleiß an das Leiden Christi vermahnet werden"
Der Schultheiß hatte dafür Sorge zu tragen,
daß er "darselbst einen gerauten Kreis macht, damit der Meister an seinem Werk nit gehindert werd"
(Die Galgensäule oberhalb Oberndorfs bei Braunfels ist die ehemalige Gerichtsstätte derer von Solms)

***

Die "Landgängerei" der armen Leute aus dem Westerwald war eine Mischung aus Betteln,
Hausieren und Verkaufen von selbst gemachten Sachen, vom Tand bis zu praktischen und wertvollen Utensilien.
Die Leute versuchten aus ihrer Not eine Tugend zu machen und zogen singend einher,
vom Frühjahr bis zum Herbst auf weite Tour - manchmal bis nach Rußland und nach Holland,
manche machten Geschäfte mit jungen Mädchen und Buben bis in den Orient.
So manche arme Familie verhökerte die Tochter oder den Sohn,
viele landeten pulkweise in Amerika als Tanzmädchen und "Deutsche Sklaven" im Ausland.
Aus diesen Sachen entwickelte sich eine Art Geheimsprache und Kauderwelsch, das aus Rotwelsch,
Englisch, Platt, Französisch und Zigeunersprachen zusammensetzte-
das Ziel war, nur untereinander verstanden zu werden.
Sie trugen von 1820-1900 (bis das Land preußisch wurde und diesem Treiben Einhalt geboten wurde
ihre Lieder und Dinge weit aus dem Westerwald weg und kamen mit Geld,
manchmal sogar mit recht viel Geld zurück ins Dorf,
um den Winter über in Sauß und Braus zu leben, ausgelassen zu feiern..
"Hurdy-Gurdy-Girls" waren damals ein weit bekannter Begriff,
besonders bei feinen Herren der Oberschicht, welche die Unerfahrenheit der Bauernmädchen ausnützten.

Ein Beispiel des Einkommens eines Dorfpfarrers habe ich in Büchern über Geschichten
aus unserer Vergangenheit gelesen,
das ich euch nicht vorenthalten möchte:

Im Jahre 1730 sah der Jahreslohn so aus - Korn 8 Achtel,
Gerste 2 Achtel, Weizen 1 Achtel, an Brot von jedem Mann in der Gemeinde
ein Laib, an Geld 14 Gulden, an Holz 2 Klafter.
Dazu brachten die Kinder "Schul-Scheiter" zum Heizen mit,
fehlendes Holz durfte im Wald geholt werden.
Die Benutzung an 12 Morgen Acker, 19 Ruthen und 4 Schuh, an Wiese 1 Morgen 29 Ruthen.
Von jedem Kind, das zur Schule geht, bekam er nochmal 15 Kreuzer, von jeder Kindtaufe 2 Kreuzer.
Eine Leiche brachte 10 Kreuzer, bei jeder Hochzeit gab es eine freie Mahlzeit.
Die Äpfel und Birnen und das Gras, das auf dem Kirchhof wuchs gehörte auch dem Pfarrer.
Im Schulbrief war außerdem festgelegt, daß er 2 Schweine halten, eines davon im Wald mästen durfte.
Die Umrechnung auf heutige Verhältnisse gestaltet sich in mehrfacher Hinsicht schwierig,
weil die Lebensmittelpreise und die Einkommen anders waren, die Gulden hatten 240 Pfennige,
ein Kreuzer hatte 4 Pfennige an Wert,
Nun kostete ein Pfund Rindfleisch nur 4 Kreuzer,
ein Pfund Butter 10 Kreuzer und ein größeres Huhn 18 Kreuzer.
Wenn er pro Kindtaufe 2 Kreuzer erhielt, konnte er sich immerhin 1/2 Pfund Fleisch,
für die 10 Kreuzer für eine Beerdigung 2 1/2 Pfund Fleisch
oder ein ganzes Pfund Butter kaufen, letzteres stand besonders hoch im Kurs.
Die ihm zustehenden 2 Klafter Holz wären heute 8 Festmeter- heute kostet der Festmeter 65-70 Euro..
Das Korn gewichtet in heutigen Einheiten:
Roggen 640 Kilogramm (1 Achtel = 80kg) Also 14 Zentner-Säcke!
Die 2 Achtel Gerste wären über 3 Zentner schwer und an Weizen auch noch mal 1 1/2 Zentner.
Die 14 Gulden "Festgehalt" waren schon nicht wenig,
wenn man sich die Durchschnittsbevölkerung ansah- trotzdem jammerten die Pfarrer..

***

Zum Thema Bierbrauen:
Im Jahr 1749 ist genau umrissen, welche Ingredienzen** in Marburg zum Biersieden verwendet werden durften:
"Die erforderliche Qualität Gerste oder Malz, sodann guter und unverlegener Hopfen und Wacholderbeeren."

**Pseudoakademisch für "Zutaten". (Das schreibe ich als jemand, der viele Jahre Latein als Steckenpferd gewählt hatte..)

***

1750 erließ Weilburg ein "Landesherrlicher Spezialbefehl",
der jeweils Ende März, Juli, September und Dezember das "Rügegericht" tagen ließ.

Einzelne Bestimmung daraus sind lesenwert:
"Wer aus Bosheit oder Muthweillen Obst- und Waiden-Bäume umhauet,
soll ein halbes Jahr geschlossen im Schubkarren arbeiten"
"Wer von seinem Nächsten übel redet oder ihn gar in das Gesicht lästert, soll solches mit 3 Gulden büßen."
"Wer den anderen gelind oder mit der Faust schläget, soll 5 Gulden erlegen"
"Wer aber den andern mit einem Stock oder andern Instrument hefftig oder gar blutrünstig schläget,
soll nach Befinden mit 10,20 bis 30 Gulden bestrafet werden."
"Wer kein Wasser in einr Bütte oder Faß vor den Thüren hat, soll 15 Weißpfennige erlegen;
wer aber einen Brunnen vor dem Haus hat, ist hiervon befreiet."
"So jemand auf den Höfen, Straßen, in Scheuer oder Ställen Taback rauchet,
soll das erstemal 5 Gulden angesehen werden,
das zweitemal aber ein Vierteljahr im Schubkarrn arbeiten."
"Soll derjenige, der sich nach der Abendstunde badet, an Straf erlegen 2 Gulden."
"Die Spiel- und Spinnstuben, wie auch alle übrigen unordentlichen Zusammenkünfte
bleiben bei 5 Gulden Strafe verboten"
"Wer mehr als einen oder zwei seiner Nachbarn zur Nachtzeit in seinem Hause duldet,
soll allemal erlegen 10 Gulden."
"Das abergläubische Umbinden der Bäume mit Strohwinden in der Neujahrsnacht
bleibt ebenmäßig bei 5 Gulden Strafe verboten"
"Wenn Kinder aus Nascherei oder Unverstand Gartenfrüchte abbrechen und entwenden,
soll deren Züchtigung den Eltern aufgegeben werden.
Wären sie aber der Pubertät nahe, sollen sie in den Schulen öffentlich gepeitscht,
auch wohl durch den Büttel auf dem Rathaus in die Futter-Wanne
gespannet und mäßig gepeitscht oder aber in den Triller gestecket werden.
Reifen Burschen und Mädchen aber soll von den gestohlenen Sachen
etwas aufgestecket und selbige solchergestalten durch den Büttel
mit vorgehender Trommel durch die Straßen geführet,
oder aber statt des Umführens eine oder mehrere Stunden an das Hals-
oder Fußeisen gestellt und angeschlossen werden."

***

Goethe meinte "ich ging im Walde so für mich hin, und nichts zu suchen, das war mein Sinn.."
- er konnte das auch, denn er war der Herr Minister in Weimar:
Der einfache Mann jedoch war der Zugang zum Wald
in bestimmten Zeiten des Jahres verschlossen, wenigstens in Hessen..
"einige Unserer Unterthanen zur Unzeit in die Wälder gekommen"
So befahl der Landgraf dem Schultheißen
"an alle und jeden zu dem Euch anvertrauttem Ambt
gehörigen Orten öffentlich verkünden zu lassen,
daß forthin die Waldungen in Unserem Lande und Angehörungen im Frühling
fünff Tag vor Pohien- biß auf Medardi Tag im Herbst aber von Mariae Geburth
an biß fünff Tag nach Galli alles nach dem jetzigen neuen beschlossen gehalten
und diejenige sich ohne sonderbahre erlangte Erlaubnis
zu gedachten Zeiten darinnen betreten lassen
mit der darauf gesetzten Straff ohnnachlässig belegt werden sollen"
Somit war die Zeit vom 10. Mai bis 8. Juni und vom 8. September bis 21. Oktober
für die Bevölkerung verboten, (71 Tage) damit der Fürst
und ihro Gnaden nicht bei der Jagdausübung gestört wurden.

Die rote Kornrade ist längst ausgerottet- damals hat man deren giftige Samen noch mitgemahlen,
genau wie das Mutterkorn, das im Korn verborgen
für Erkrankungen sorgte, die bis dato keiner kannte.

Die Spinnstube im Westerwald war wohl eine wunderbare Einrichtung,
die bei dem eisigen und schneidenden Wind und zugeschneiten Zeiten für ein wenig Abwechslung sorgte-
viele dieser Erinnerungen sind längst verschüttet.
Ab und an stoße ich nochmal auf ein paar Schilderungen,
die hier freilich ihren Niederschlag finden dürfen und sollen:
"Auf den Höhen des Vogelsberges", so sagt die Überlieferung,
sei es "ein dreiviertel Jahr Winter und ein viertel Jahr kalt gewesen.."
In einer langgestreckten Hofraite (heute Hofreite) befand sich die ganze Familie am gußeisernen, mannshohen Ofen,
der auf vier Füssen stand und eine behagliche Wärme verströmte..
Ein alter Bauernschrank, der mit Schnitzereien verziert war, ein großer eichener Tisch mit Stühlen,
eine kleine Kommode und der unvermeidliche Blumenständer
aus alten Tagen waren die Einrichtung.
Im Lehnstuhl hockte die uralte Großmutter, die gerne erzählte, was sie erlebt hat.
So einfach kommen Fremde mit dem wortkargen Menschenschlag nicht klar,
wenn das Eis aber erst einmal gebrochen ist..
Die alte Petroleum-Lampe mit ihrem warmen, gelben Schein leuchtete das Surren und Schnurren
des Spinnrads mischte sich in das Lachen der Burschen und Mädchen,
Lieder wurden gesungen, während die Mädchen spannen.
Die Alte erzählt weiter, wie die Burschen nicht scheu oder tatenlos auf der Ofenbank blieben,
sondern sich die Zeit mit Neckereien vertrieben.
Man schnitzte Löffel und Rechen oder hübsche Kuchenteller- geschickte Hände flochten bunte Körbe.
Um die 10. oder 11. Stunde erklang dann die Ziehharmonika und alles, ob alt oder jung drehte sich im Kreis.
Ans Arbeiten dachte bis zum Heimgehen dann niemand mehr, so sinnierte sie.
Ja, es war eine schöne Zeit damals, für uns war der Walzer das Schönste- meint die Alte,
Sehen sie das Bild auf der Kommode- das ist mein verstorbener Mann.
Den habe ich in einer Spinnstube kennengelernt.
Vor über 60 Jahren.
Ich war damals als 19j. Mädel zu Gast, als mich die ältere Cousine dort hin schleppte.
Als wir damals ins Haus traten, scholl uns helles Lachen entgegen -
auf dem Tisch türmten sich Berge von Kuchen und in der Ecke standen
weitbauchige Korbflaschen mit selbstgemachtem Apfel- und Johannesbeerwein..
(Das ist übrigens auch einer der Gründe, weshalb ich meine Wein - Rezepte ins Web gestellt habe - übrigens kann man sich wohl kaum noch vorstellen, daß diese Arbeiten in den heutigen Wohnungen.. man dünkt sich heute gebildet und zivilisiert, aber das Eis ist dünn..)
Fast die ganze Dorfjugend hatte sich versammelt-
etwas schüchtern und verlegen erzählt sie weiter, drehte ich an meinem Taschentuch.
Als Städterin fühlte ich mich recht verlassen, aber nach einer halben Stunde war das Eis geschmolzen,
lachend und scherzend saß ich unter den anderen.
Gesponnen wurde an diesem Abend nicht, man war zusammen gekommen, um das Spinnjahr anzutrinken-
es war Brauch, daß nach getaner Feldarbeit die Spinnstube "angetrunken" wurde.
Als einen schönen Brauch wurden die AbgängerInnen des letzten Schuljahres in die Spinnstube aufgenommen.
Die 14-15 Jährigen versammelten sich mit dem Spruch "Die Buben und Mädchen,
die dieses Jahr aus der Schule gekommen, und wollen zu euch in die Spinnstube rein..
so fragen wir euch, kann das jetzt sein?"
Die Antwort kam sogleich:
"Gewiß, gewiß, sie sind willkommen und in die Spinnstube aufgenommen.."
Danach zahlten die Jüngsten ihren Einstand in Form von Geld oder Getränken.
Der Obstwein lockerte bald die Gemüter und schließlich schwangen
sich alle im Tanz, der bis in die späte Nacht dauerte.
Auch an die Armen des Dorfes wurde gedacht und manches Paar Strümpfe gestrickt,
die dann zu Weihnacht verteilt wurden.
Damals litten noch viele unter der Not.

https://www.you tube.com/watch?v=su7IECXoKLg

Die "Lange Nacht" des 21. Dezember, die alt und jung auf die Beine brachte-
da schleppte man Kuchen über Kuchen zum Backhaus.
Bis zum nächsten Tag wurde durchgetanzt, dann gingen die Burschen von Haus zu Haus um zu prüfen,
welche von Mädchen den besten Kuchen gebacken habe..
Die Siegerin wurde dann zur "Spinnstuben Königin" erkoren -
diese Spinnstuben und Bräuche brachten viel Freude im Dorf.

Dazu meinte der "Großherzogliche Hessische Kreisrath":
"Es ist zu meiner Kenntnis gekommen, dass in allen Ortschaften des Kreises Gießen,
in der einen mehr wie in der anderen, auf Fastnacht und in der ganzen Woche,
in welche die Fastnacht fällt,
von der erwachsenen Jugend der Gemeinden durch Schmausereien,
Trinkgelage und rohe Belustigungen mancherlei Art
vieler Unfug betrieben wird, daß namentlich von sämtlichen,
eine s.g. Spinn-Gesellschaft bildenen Mädchen
Viktualien in großer Masse zusammengebracht und gemeinschaftlich
mit den hinzugekommenen Burschen, welche den Branntwein stellen,
verzehrt werden, daß solche Gelage meistentheils bis tief in die Nacht fortgesetzt werden,
hierdurch häufig die öffentliche Ruhe gestört und der Unfug sogar mehrere Tage hintereinander
von denselben Gesellschaften fortgesetzt wird.
So wenig man auch die Absicht hegt, der Jugend ein erlaubtes
und anständiges Vergnügen zu versagen, so muß doch Excessen dieser Art,
welche zu groben Unsittlichkeiten Veranlassung geben und den eingekommenen Berichten
bereits vielfach wirklich gegeben haben, nach Möglichkeit entgegengewirkt werden."
Davon mal abgesehen, daß die wildesten "Excesse" bei den Oberen und Adligen stattfanden,
wozu die Dorfbevölkerung kaum die Phantasie hatte-
ging es den Herrschaften doch nur um die Sorge, daß die "Gemeinen"
oder "Unterthanen" genug übrig hatten,
um die Abgaben an den -nichts-tuenden-Adels-Klüngel und seine oft perversen Vasallen abzudrücken..
"Indem ich ihnen daher, mit Bezug auf die wegen dieses Gegenstandes Statt gefundenen,
ihnen bekannten, Erörterungen,
dringend empfehle, vor Allem durch die geeigneten Belehrungen und durch
ernstliche Ermahnungen, namentlich der Eltern,
Wiederholungen und dergleichen Ungehörigkeiten zu verhindern zu suchen
und das Verbot der öffentlichen Ruhestörungen
in der Fastnachtswoche mit besonderer Aufmerksamkeit und Strenge handhaben,
weise ich sie noch besondere an:
(nana, wer hat denn da immer Carneval und mit Masken gespielt, in "Lustgärten" und "Lusthäusern"
die Zeit mit schrägen Damen und sogar mit Gleichen zugebracht, was man sonst nur bei Schnecken vermutet?)
Weiter im Text der hohen Belehrung und wilden Anordnungen:
"1. die Bestimmung der Verordnung von 1812, wonach bei Zusammenkünften
in den Spinnstuben keine unsittlichen Lieder gesungen,
keine Gastereien gehalten, keine berauschenden Getränke genossen,
und die Hausväter und Hausmütter,
welche diesen Bestimmungen entgegenhandeln, mit angemessener Strafe belegt werden sollen -
sogleich durch wiederholte Publication einzuschärfen,
sodann darauf zu halten, daß dieser Verordnung nachgelebt wird.
Übertretungen dieses Verbots aber zur Anzeige zu bringen, überdies:
2. solche Zusammenkünfte, bei welchen die erwähnten verbotenen Handlungen
der öffentlichen Ruhestörung vorkommen, alsbald zu schließen und diejenigen Betheiligten,
welche Ihrer oder des Ortsdieners Aufforderung zur Entfernung nicht Folge leisten,
zu arretieren und in ihre Wohnungen zu verweisen"
(Der Bischof und der Graf hatte freilich unterirdische Gänge zu den Frauenhäusern,
oft genug auch zum Nonnenkloster, wenn sie nicht herumgeschwuchtelt haben,
was heute wohl wieder modern ist- kein Wunder, bei diesen "Vorbildern"!
Sie hoben sich selbst in die Sessel und ihresgleichen folgten- sie maßen sich an,
über andere Menschen zu herrschen und waren doch keine Götter. Wie heute wieder:
Selbstredend - bis heute - basteln sich diese Herrschaften die Gesetze selbst und so, wie sie es gerne hätten.
Das ist meine feste Überzeugung noch im Jahre 2023)
Weiter im Text:
"3. Keinem Wirthe in der Fastnachtswoche Erlaubniß zur Verlängerung der Feierabendstunde zu ertheilen,
vielmehr die Wirtshäuser pünktlich zur bestimmten Stunde schließen zu lassen.."
Die häßlichen Eigenschaften, die man uns Deutschen nachsagt, entstammen diesem Denken und Sprachduktus der "Obrigkeit",
das heute noch deutlich (verbessert in den Corona-Jahen) spürbar ist.. "die da oben" - den notorischen Vorschriftenmachern -
von den Dorfbewohnern kommen solche "Vorschriften" bestimmt nicht,
die stammen von den Kontrollfreaks!
Weiter im Text:
"endlich: 4. Umzüge in den Straßen zur Nachtzeit durchaus nicht zu dulden.
Ich hoffe, daß sie sich jetzt und in Zukunft ernstlichst angelegen sein lassen,
dem bezeichneten sittenverderblichen Unfuge zu steuern und daß es ihren Bemühungen gelingen wird,
denselben für jetzt wenigstens zu vermindern,
sowie für die Folgezeit ganz zu beseitigen."

***

Nassauer "Brocksel"
In Dehrn an der Lahn, durch Schnaps bekannt,
entstand lange vor der vorletzten Jahrhundertwende die "Nassauer Brocksel".
Die schwer arbeitenden Leute trafen sich nach der Schicht oder der Feldarbeit in der Gastwirtschaft
zu einem Klaren mit Lebkuchen, der an Ort und Stelle gebacken wurde.
Ebendieser Lebkuchen war knallhart, weil er nicht so lange mürbe liegen lassen wurde-
deshalb tauchte man jenen in den Schnaps, um weicher beißen zu können..
Irgendwann fiel der Wirtin etwas dazu ein und so schnitt sie den Lebkuchen in kleine Stückchen,
überzuckerte diese und goß Dauborner Schnaps drüber-
daß die Lebkuchen gerade so schwimmen konnten.
Das muß ein Erstaunen gewesen sein, das den Wirtsgängern an Überraschung an den Tisch getragen wurde-
mit Löffel in einer großen Schüssel serviert!
Das war neu und hat sich wohl als Sylvestertradition in vielen Orten Hessens eingebürgert..
und ist bis heute anzutreffen.

***

Ab und an treffe ich bei meinen Streifzügen durch die Voilanten der städtischen Bücherei
auf Werke feinsinniger Schwermut "ausgestiegener" Söhne reicher Eltern,
die in ihrem Selbstmitleid eine dichterische Zukunft hervorbrachten,
die nutzloser und düsterer kaum sein konnte.
Sie schufen eine verquarste Geisteselite, die spießiger war als die Alten und die Eltern,
auf die sie nur solange herab sahen, bis deren Beziehungen
(geldlich) interessant wurden, der brotlosen Kunst den Bauch zu füllen.
Dabei kam der Bückling weitaus tiefer, als das erhobene Kinn,
der trutzig zurückgeworfene Kopf des um Anerkennung ringenden Sprosses
vor dem -oft unkommentierten, ja unbemerkten Stolperns vor dem eigenen Ego.

Was schert uns "Heimatkundler", was Dichter dachten, wie sie nach oben buckelten,
um aus der Schatulle der Mächtigen etwas zu erbeuten, wie ein Hund,
der Männchen macht?
Mich interessiert nur das, was die einfache Bevölkerung damals kümmerte..

In jedem Dorf war eine Geräuschkulisse aus Hahnengeschrei, Hundegebell,
Gemuhe der Kühe, Klappern von Milchkannen, Hammerschläge aus der Schmiede,
das Schleifen und Sägen des Tischlers und ähnliche Eindrücke-
untermalt von gelegentlichem Glockenschlag der kleinen Kirche.
Hier in Hessen kann man solche Dinge noch erleben, wenn auch mit Motorenlärm uebertüncht-
so mancher hält sich wieder Hühner, kann sich an den Küken erfreuen,
die wie goldgelbe Bällchen hinter der Glucke herlaufen,
unter ihr Gefieder klettern, wenn diese in der Erdkuhle hockt.
Die Großvieh- und Schweinehaltung ist aus den Ortskernen gewichen und in abgelegene Gehöfte zentralisiert,
die alten Bauernhäuser sind aber vom Leerstand bedroht,
die Scheunen sind schon lange leer und stehen nutzlos herum.
Das Backhaus ist schon weit früher abgerissen und in den Hessenpark verbracht worden,
das Spritzenhaus ist auch nicht mehr das, was es mal war.
Dörfer wurden zu Trabantenstädten und Schlaf- und Wohnstätten der Pendler und zum Wohnort von Rentnern.

Anno dunnemals - nach dem 30j. Krieg, kam die Backesverordnung,
weil sehr viel weniger Holz durch gemeinsames Backen verbraucht wurde
- noch davor hatte jedes Haus einen Backofen.
Wir erinnern uns, dass "Backwellen" (Reisig-Bündel) den Backes durch die große Ofenklappe aufheizte-
der Grannen (Halm mit Getreidekörnern) zeigte, ob die Backtemperatur stimmte,
schier anhand der Farbe, wenn jener kurz in den Backraum gehalten wurde.
Anschließend wurde der Ofen ausgeräumt und die Holzkohle gelöscht und gesammelt,
weggeworfen wurde nichts, sondern alles wurde anderweitig weiter verwendet.
Selbst die Ofenasche diente noch einem guten Zweck- zum Verbessern der Gartenerde.
Neben der Ofenklappe war ein kl. quadratisches Loch mit Schieber, dort kamen ein paar Holzspäne hinein,
die hell aufloderten- so konnte man den Backraum beleuchten:
Leuchtspäne!
Links angefangen, wurden die Brote zu viert neben- und zu viert voreinander eingeschossen
und die Ofenklappe geschlossen- für eine Stunde- dann kamen die Brote wieder heraus,
wurden mit Wasser eingepinselt und wieder für ca 15 Minuten eingeschossen.
Schön braun sollten sie sein und vor allen Dingen haltbar!
Gebacken wurde nur alle 14 Tage- das letzte Brot soll ziemlich hart gewesen sein.
(Altes Brot ist nicht hart, KEIN Brot, das ist hart!)
Nach dem Brot kam der Kuchen dran- der nur 20 Minuten benötigte.
Pflaumen- und Riwwelkuchen- der zum Abkühlen mit dem Blech auf die nahe Wiese gestellt wurde-
was die Kinder zum Stibizen einlud ..

Unser selbstgebauter Pizzaofen im Garten schafft locker 550 Grad Celsius-
auf die gleiche Weise wie die alten Backesöfen..
..aber nicht mit Backeswellen, sondern mit gespaltenem Nadelholz.

Bei dieser Gelegenheit darf ich mein Rezept
"Kuhfladen"
empfehlen- beim Genuß dieses Essens ist die alte Zeit recht nahe,
zumindest gedanklich - geschmacklich - haptisch und sättigend.

Das selbstgebackene Brot - ganz ohne Chemie - ist heute bei uns wieder da:
Brotbacken

Weiter in der Historie:
1601 erhielt Weilmünster das Marktrecht.
Der Oberschultheiß und der Unterschultheiß als Marktvogt und der Marktmeister,
sein Gehilfe überwachten das Marktgeschehen.
Der Marktbeginn wurde durch das Hissen der Marktfahne angezeigt.
Ein Aufgebot der Landmiliz unter Führung des Bürgerleutnants
kontrollierten die Straßen und sorgten für Ruhe und Ordnung.
Die Zunftmeister achteten ihrerseits darauf, daß nichts aus dem Ruder lief-
das Ziel war freilich, dass möglichst viele einheimische Bauern und Händler unterstützt wurden.
Fremde Händler wurden von Märkten in Schwärmen angezogen- sie nächtigten in den Gasthäusern,
die wiederum strenge Vorlagen der preislichen Gestaltung hatten,
sonst hätten sie die Situation über Gebühr ausgenutzt-
wie das heute bei großen Messen zu sehen ist. (unkontrolliert, sozusagen ein freier Preis)
Bis zu hundert Stände wurden gezählt am Neumarkt am Sand, als der Viehmarkt hinzu kam.
Kühe, Rinder und "Anbinder", Jungrinder oder Färsen wurden am Geländer der Weil festgebunden,
dann wurde gefeilscht was das Zeug hielt.
Bis zu 3 Tage lief das "Widerrufsrecht"- der Vertrag wurde per Handschlag gemacht.
Nebenan war der Ferkelmarkt, die Tiere waren in Kastenwagen verbracht, die dick mit Stroh ausgestreut waren-
damit alles weiß und rosig aussah.
Die Schweinchen wurden am Pfingstmarkt gekauft um bis zum Winter schlachtreif zu werden.
Damals wurde ein Schwein ein Jahr alt und mußte dicken Speck angesetzt haben.
(Heute werden die Schweine 100-120kg schwer gemästet- und innerhalb von nur 6 Monaten geschlachtet)
Auf dem Markt wurden allerlei Waren verkauft und keiner ging von dort weg,
ohne wenigstens ein Stück gekauft zu haben -
und anschließend noch ein Viertel warme Fleischwurst verzehrt,
ein Bier und einen Korn dazu getrunken zu haben.
Der Markt war schließlich auch Treffpunkt von entfernt wohnenden Verwandten und Bekannten,
dort wurden auch Freundschaften geknüpft und -
wie besonders auf dem Land üblich, jede Menge spontanen Tratsch gehalten.
Jeder große Markttag endete mit einem Tanzvergnügen im Rathaus-Saal oder unter der Linde.
Später kamen noch Kettenkarussell, Kinderkarussell, Schiffschaukel,
Schießbuden, Glücksräder, Schau- und Losbuden dazu.
Heute werden 14 Kram-Märkte im Jahr abgehalten, der Viehmarkt ist in die ferne Markthalle abgezogen.

(War ein Patient im Krankenhaus verstorben,
wurde der Sarg mit dem Pferdewagen zurück in das Heimatdorf gefahren;
in den am Weg gelegenen Dörfern mußte aber vom Bürgermeister die Durchfahrt genehmigt werden,
ansonsten wären sehr beschwerliche Umwege nötig..)

***

Ein heißes Bügeleisen auf dem Bauch hat es wieder gut gemacht..
Alte Hausmittel aus uralten Zeiten sollen nicht vergessen sein!
Von Generation zu Generation mündlich weitererzählt, will ich hier einmal ein paar nennen:
Die Heilmittel wurden in den Klöstern erprobt und dann an die Bevölkerung weitergegeben.
Heilpflanzen brachten in Form von Tee oder in Salben Hilfe und Linderung.
Die gebräuchlichsen waren:
Bei Grippe wurde Lindenblütentee getrunken und das Bett mit einem heißen Backstein,
den man in Zeitungen oder Lappen packte, vorgewärmt.
Dann mußte der Kranke tüchtig schwitzen.

Fieber senkte man mit Wadenwickeln. Dafür benutzte man nasse Tücher,
machte kalte Quarkumschläge oder legte einen aus Lehm und Essig gemischen Brei auf.

Bei Husten gabe es vielerei Rezepturen:
Man höhlte eine Dickwurz oder einen Rettich aus,
streute braunen Kandiszucker hinein und ließ das Ganze über Nacht stehen.
Es bildete sich ein Saft, der dann löffelweise eingenommen wurde.
Auch rohe Zwiebeln konnte man so in einen Hustensaft ansetzen.
Heute noch gebräuchlich ist der Zwiebeltee..
Dafür werden rohe Zwiebeln mit braunem Kandiszucker und Wasser dicklich eingekocht, abgeseiht und getrunken.
Hinzu kamen noch die Brustwickel.
Es wurde ein Leinentuch angewärmt, auf dieses gab man Schweineschmalz oder geriebenen Speck,
streute geriebene Muskatnuß darüber - das kam auf die Brust gelegt.

Halsschmerzen linderte man ebenfalls mit Umschlägen, aus geriebenem Speck oder heißen,
zerdrückten Pellkartoffeln.
Mit Salzwasser, Salzheringswasser oder Branntwein wurde gegurgelt.
Manche banden sich "einen linken Strumpf um den Hals" !

Geschwärmt wurde bei Schnupfen- in einem Topf wurde Kamillentee gekocht,
man hielt den Kopf drüber und bedeckte alles mit einem großen Tuch.
So atmete man den Dampf durch die Nase ein, schwitzte und machte so die Neben- und Stirnhöhlen frei.

Ohrenschmerzen linderte ein Leinensäckchen, das mit heißen Kartoffeln gefüllt war,
auf das man sich mit dem Ohr legte- den ganzen Kopf mit ungewaschener Schafswolle eingepackt,
wurde ein Tuch um die Sache gebunden.

Blasentee kochte man vom Schachtelhalm.

Blähungen und Magenschmerzen: Fencheltee, Kümmeltee oder Holundergelee.

Furunkel oder Abzess kamen zur Öffnung,
indem man Blätter des Römisch Kohls und gekochten Leinsamen in einem Säckchen auflegte.
Heiße Kartoffeln sollen auch geholfen haben.

Warzen wurden mit dem gelben Saft des Schöllkrauts oder durch Einreiben mit Schulkreide !
vertrieben worden sein.

Mit getrockneten Pflaumen, die eingeweicht und gegessen wurden, ging man gegen Darmträgheit an.
Bei Verstopfungen führten Zäpfchen aus Kernseife zum Erfolg.

In Kernseife badete man entzündete Finger, auch Umlauf genannt.

Bei Lungenkrankheiten wurde Hundefett empfohlen.

Bei Zahnschmerzen wurde mit Branntwein gespült und das Köpfchen einer Nelke in den hohlen Zahn verbracht,
Zähne putze man damals mit Salz oder Schlemmkreide.

Das "Kopfwehtuch" wurde fest um den Kopf gebunden und so lange getragen, bis man keine Schmerzen mehr hatte.

Erfrierungen an den Füßen -oft durch schlechtes Schuhwerk entstanden-
wurden mit Dachsfett behandelt oder mit einem Sud aus Eichenrinde oder Efeu.

Lebende Schafsläuse in einem Butterbrot versteckt, sollen gegen Gelbsucht helfen.

Bei Rheuma wurde ein schwarzes Katzenfell,
warme Pellkartoffeln oder Kastanien an die erkrankten Stellen gebunden-
der sogenannte "Vorlauf" des ersten Destillats beim Schnapsbrennen anfällt,
mit jungen Fichtenzweigen angesetzt- zur Anwendung gebracht.

Bei heißem Wetter legten sie die Frauen bei der Feldarbeit große naße Blätter auf den Kopf,
unter das Kopftuch.

Wöchnerinnen mußten 9 Tage "platt, wie gebügelt" liegen.
Sie durften erst "übers Floss" (Straßenrinne), dh. das Haus verlassen,
wenn sie den Gottesdienst besuchen oder das Kind taufen lassen wollten..
Als Essen gab es nur die Kindbettsopp (Suppe, die aus gerösteten Weckbröckchen,
Wasser, Milch und Butter gekocht wurde).

Seit ungefähr 1747 wird in unserem Land die Runkelrübe angebaut, die unter vielen Bezeichnungen bekannt ist.
Runkelrübe
Anspruchsvoll im Boden, mußten Salpeter, Phosphor, Kali und Kalk - heute Kunstdünger -
zugesetzt werden, damit diese Pflanze gut wuchs.
Zuerst wurden die Pflänzen vorgezogen, dann der Acker vorbereitet und Dämme angelegt,
auf die dann die jungen Pfänzchen gelegt wurden.
Frauen oder Lohnarbeiter pflanzten diese dann ein und gossen sie an.
Später kam die Kopfdüngung, ggf. auch noch weitere Wässerungen dran,
Unkraut mußte ausgestochen werden, damit die Pflanzen genug Licht zum Gedeihen bekamen.
Alles war mühsame Handarbeit- bis die Maschinen einen großen Teil (zumindest die Erntearbeit) abnahmen.
Ehedem mit der Hacke ausgehackt, von den Blättern befreit,
wurden die in langen Reihen liegenden Rüben auf den Wagen geladen,
um in einer speziellen Anlage im Bach gewaschen und nach Hause gefahren zu werden.
Meistens wurden die Rüben gehäckselt und verfüttert,
in Mieten -mit Erde abgedeckt- über den Winter eingelagert.
Die frischen Rübenblätter waren willkommenes Viehfutter-
Kinder höhlen noch heute die Rüben aus, schnitzen gruselige Gesichter heraus,
stellen eine Kerze hinein, um ihren Schabernack in der Dunkelheit zu machen,
kleinere Exemplare als Gruselgesichter auszuschneiden - mit einer Kerze darin
auf einen Stock gepflanzt hielten sie das vor die Fenster..
..heute sind überall Roll-Läden davor, Rüben werden auch keine mehr angepflanzt
und kein Kind wird im Dunkeln auf die Straße gelassen.

Der Ortsdiener schellte aus, wenn die Heuernte anstand.
Zu der Zeit, daß die Grassamen beim Schnitt ausfallen konnten,
damit sich das Gras selbst wieder regenerieren konnte.
Bis dahin hatten die Bauern die Gerätschaften wieder repariert und klar gemacht-
und so ging es zwischen 3 und 4 Uhr morgens in die Wiesen..
..um 7 verließ einer aus der Familie die Heuernte und ging zum Hof
um das Vieh zu versorgen und Frühstück zu machen.
(Das Gras läßt sich leichter schneiden, wenn es noch feucht vom Tau ist)
So hörte man schon sehr früh das Schärfen der Sensen und Sicheln im Dorf -
bis zu 3 Wochen lang ging man bis es dunkel wurde in die Wiesen.

So manches Ding kam in später gelesenen Büchern / Chroniken nochmal vor - zuweilen sind also ein paar Gegebenheiten "doppelt".
So ist das eben, wenn ein derart langer geschichtlicher Abriss getan wird.
Der Jahrgang 1860 erzählt:
Angebaut wurden Korn (Roggen), Weizen, Hafer, Gerste, Raps,
Lein und Linsen, Klee, Kohlraben und Dickwurz (Rüben),
Lein- auch Flachs genannt und Linsen.

Das "Kaffeebrennen" war eine Sache der Notzeit-
manche hatten noch lange so ein gutes Stück an Röstpfanne auf dem Speicher aufgehoben-
In vielen Haushalten wurde aus Gerste, Korn oder Weizen gebrannt-
was zum Teil auch in einem gußeisernen Bräter mit Deckel und Rührwerk
oder in eisernen Pfannen geschah.
Emsig mußten die Körner ueber lebhaftem Holzfeuer gerührt werden.
Ab und zu wurde der Deckel geöffnet, damit der beißende Röstdampf abziehen konnte,
sonst wurde der Kaffee bitter im Geschmack.
War der Inhalt schön braun geröstet, wurde mit einem breiten Holzlöffel gerührt und zum Erkalten gebracht.
Ohne das Kaltrühren nahm die ganze Nachbarschaft den beißenden Geruch wahr, der drei Tage durchhielt.

Das Bucheckern-Sammeln war in Notzeiten eine gute Möglichkeit für die ganze Familie,
gemeinsam säckeweise sorgfältig saubere Früchte einzusammeln, getrocknet,
die dann in der Schlagmühle abgegeben und in einem Büchlein vermerkt wurde.
War das Kontigent gemahlen und gepreßt, wurde das Öl -entsprechend der gesammelten Menge- verteilt:
Aus einem großen Faß wurde in mitgebrachte Gefäße abgefüllt.
Das gab ein feines, klares Öl, das vielfältig eingesetzt werden konnte.
(Die Buchen tragen leider nur alle 7 Jahre Bucheckern)

Die Menschen der Dörfer waren mit Reichtümern wahrlich nicht gesegnet,
sie hatten ein bescheidenes Auskommen,wozu oft eine kleine Landwirtschaft beitrug.
Ihre Ernährung war der Lebensweise angepaßt und deftig.
Die selbstgestoßene Butter wurde beim Gemischtwarenhändler gegen Graupen, Zucker Essig usw. eingetauscht.
Die Zwetschen- und Birnenernte war ein arbeitsreicher Einsatz,
der für das ganze Jahr einen guten Brotbelag sicherte.

Einige Leute hielten Gänse- die zweimal im Jahr gerupft wurden:
Der Kopf der Gans unter dem Arm, mit einer Hand die Füße festgehalten,
mit der anderen Hand wurden die lockeren Pflaumfedern ausgerupft.
Die Federn wurden in einem Kessel unter Rühren keimfrei gemacht
und in einem großen Bettbezug auf dem Speicher getrocknet.
Um Maria Lichtmeß (2.Februar), wenn die Tage länger wurden und es draußen recht kalt war,
traf man sich in der warmen Wohnung zum Federschleißen.
Das war eine Sache, die erst mit den Heimatvertriebenen zu uns kam.
Die Hausfrau hatte zuvor für Kaffee und Kuchen gesorgt, genügend Inlett besorgt,
so konnten die Frauen loslegen.
(So kamen die Nachbarn zusammen, bis zu 10 Frauen nahmen am großen Tisch Platz,
der auf beiden Seiten ausgezogen war.)
Während die Feder an der Spitze festgehalten und links und rechts des Kiels der Flaum abgezogen wurde,
hatten die Kinder ihren Spaß, wenn sie in die Federn bliesen,
während die Frauen Neuigkeiten und Rezepte tauschten,
Erziehungsprobleme besprachen etc.

Wer weiß heute noch, daß Flachs den beliebten Leinsamen bringt, der im Gesundheitsbrot steckt?
In Hessen wurde noch bis in die 1940iger Jahre Flachs angebaut, der mühsam und in vielen Arbeitsschritten
geerntet, getrocknet, gebrochen, gesplissen, gehechtelt, gesponnen, gewebt und gefärbt wurden -
das konnte schon mal bis zu zwei Jahre dauern - von der Aussaat an gerechnet, bis alles verarbeitet war.
Von grobem Sackleinen, derben Schürzen bis zur feinen Bettwäsche wurde aus Leinen so ziemlich alles gemacht,
wovon auch in der Aussteuerkiste vieles zu finden war,
die jedes Mädchen ab 14 Jahren bekam.
Als absolutes Muß fuer die Aussteuer galten je denn ein dutzend Hemden,
Hosen, Handtücher, Trockentücher, Bettlaken- und Bezüge,
Kopfkissen und Tischtücher- Ballen von unverarbeitetem groben und feinem Leinen.
Der Stolz war, seine Aussteuer selbst zu erarbeiten und sie mit Stickerei und Häkelspitzen zu verzieren.
Das gestickte Monogramm in den Wäschestücken war selbstverständlich.
Zuweilen war der volle Name und das Geburtsdatum eingestickt.
Die Heiratskissen enthielten auch eine fest eingearbeitete, abgedeckte Leiste für das Bargeld.
Die zu Weihnachten und ähnlichen Anlässen gegebenen "Paten-Thaler" wurden dort aufgehoben.
(An "Zinsen" dachte dabei wohl keiner - was gut war:
Zinsen bringen größere Geldmengen als ausgegeben wurden, einer der Gründe
für Inflation und Krisen - ich halte gute Gold- und Silbermünzen für sinnvoller als Scheine.)
Mädchen aus wohlhabenden Kreisen hatten mehrere gut gefüllte Aussteuer-Truhen, auch Brandtruhen genannt.
Diese Truhen wurden übereinander zusammen gefügt.
Es versteht sich von selbst, daß außerdem noch Silber,
Möbel, Federbetten, Geschirr und Hausrat dazu gehörte.
Manche bekamen auch ein paar Kirschbaumstämme mit zur Ehe-
davon wurden später die gewünschten Möbel gemacht.
Daß zwischen den Elternpaaren auch über das Heiratsgut gesprochen wurde, war klar -
Die Stellung der jungen Frau in ihrer neuen Familie wurde auch vom Wert ihrer Mitgift bestimmt.
"Sie sind gekommen, um den Mist abzuschreiten!"
Damals war die Liebe wohl zweitrangig,
aber damals wie heute heirateten sich nur Gleichrangige, nie ein Armer eine Wohlhabende und umgekehrt,
man heiratete "unter seinesgleichen".
War alles klar geregelt, wurde der "Hochzeits-Bitter" bestellt, der in weitem Umkreis die Gäste einlud
und sich dabei den "Kuppel-Pelz" oder die "Stiwwelcher" verdiente.

***

Wer weiß heute noch, wie damals Waschmittel hergestellt wurden?
(In den vielen Büchern über und aus alten Tagen taucht immer mal wieder was auf, was unbekannt
oder aus anderer Quelle etwas einleuchtender klingt, deshalb kommt manches Thema auf diesen Seiten
wiederholt vor - wie eben die Bücher auf den Lesetisch kamen..)
Buchenholzasche siebte man duch ein feines Drahtsieb und füllte sie in einen Sack,
der nun in einem mit Wasser gefüllten Waschtopf oder Waschkessel lange gekocht werden mußte,
damit eine brauchbare Waschlauge entstand..
Ein anderes Waschmittel war das Wasser, in dem Wirsing, Grünkohl oder Spinat abgekocht wurde.
Diese Brühe eignete sich gut zum Waschen von Leinenschürzen, Männerkitteln und dunklen Wollstrümpfen.
Überbrühte man kleingeschnittene Efeublätter, erhielt man ein anderes Waschmittel,
mit dem Tuchkleidung ausgebürstet wurde- etwas für alle dunklen Textilien.
Wenn weiße Bohnen 24 Stunden in kaltem Wasser eingeweicht wurden, erhielt man ein weiteres Waschmittel-
das abgesiebte Bohnenwasser eignete sich gut zum Reinigen von weißen Spitzenkragen und feine helle Sachen.
Zum Einweichen der Wäsche benutzte man Soda, das es beim Kaufmann gab.
Schmierseife gab es dort auch zu kaufen, die in ein mitgebrachtes Gefäß abgewogen wurde.
Diese Schmierseife verwendete man für die Koch- und Buntwäsche.

In den langen Wintermonaten wurde nicht gehetzt oder gedrängt-
alte Männer reparierten die Geräte, alte Frauen die Wäschestücke-
andere strickten, häkelten, haben gesponnen, gewebt und ähnliche Dinge mehr,
wozu auch das Korbflechten gehörte.
Haselsträucher fand man überall, wie heute auch noch.
Die langen Äste wurden abgeschnitten, gespalten, gebogen, abgezogen, gekocht, genagelt und geflochten..
..derbe Körbe und Rispen, ein kleinerer ovaler, flacher Korb mit zwei Griffmulden -
sehr praktisch für die Obsternte, zum Aufsammeln,
für Strickzeug oder wozu auch immer, Körbe brauchte praktisch jeder und überall.

Die meisten Höfe hatten ihre Holzschuppen, einfache Leute an ihren kleinen Häusern auch,
die dann in Pultdach-Form drangesetzt wurden.
Dort war der Hackklotz, das Beil, ggf. auch Axt und Säge untergebracht-
hohe Stapel von fertig geschnittenen Holzstücken umsäumten die Wände,
die meistens aus Latten bestanden, damit das Holz gut trocknen konnte.
Viele Gegenstände des täglichen Lebens wurden aus Holz gemacht,
es war der wichtigste nachwachsende Rohstoff.

Das Fronleichnamsfest (Fron - dienen) ist ein wundersames Ding,
das noch heute in recht seltsam anmutendem Mummenschanz gefeiert wird-
der Ursprung war 1246, als eine Ordensschwester Namens Juliana in Lüttich eine Vision hatte:
"Der verklärte Leib Jesu sei der Nonne in unbeschreiblicher Schönheit erschienen,
und eine Stimme habe sie beauftragt, alles zu tun, damit das einmalige Vermächtnis Jesu
im Abendmahlsaal in Jerusalem zu einer günstigen Zeit gebührend gefeiert werde,
weil es am Gründonnerstag wegen des bevorstehenden Kreuzestodes Christi, nicht möglich sei"
Von da ab wurde Fronleichnam zunächst in der Umgebung Lüttichs
"mit feierlicher Prozession zur Huldigung des in der Monstranz
mitgetragenen eucharistischen Gottes alljährlich gefeiert."
Die später irrwitzig ausgeschmückten Formen erspare ich uns, die kann man überall nachlesen.
Passend zum Thema "Tod und Beerdigungen" noch dies:
"Pfarrer und Leichenträger bekamen, bevor sich der Trauerzug in Bewegung setzte,
von einer JUNGEN FRAU EIN GRÜNES ZWEIGLEIN - auch Keime genannt, überreicht.."
(Warum auch nicht?!)

***

"Einige Wochen vor Pfingsten gingen alle Kinder jeden Mittag nach der Schule gemeinsam in den Wald,
um das Pfingsthüttchen zu bauen.
Der Platz zur Errichtung des Hüttchens mußte etwa sechs mal acht Meter groß sein.
Die Buben nagelten dünnte Stangen an die Buchen,
wir Mädchen mußten den Boden säubern und eventuell eben machen.
Auch ein Tanzplatz wurde hergerichtet und bis zu dem nächsten Waldweg ein Pfädchen gekehrt werden.
Im Innern des Hüttchens wurden ringsum Holzpflöcke eingeklopft, darauf wurden Bretter genagelt.
Dies diente als Sitzgelegenheit.
In der Mitte des Raumes wurde auf die gleiche Art und Weise ein Tisch errichtet.
Pfingstsamstag mußten große Äste Buchenlaub herbei geschafft werden.
Damit wurden die Wände und das Dach ganz dicht geflochten.
Am ersten Pfingsttag trafen sich alle Kinder im Schulhof.
Eine Birke wurde mit bunten Bändern geschmückt.
Die Kinder stellten sich zwei und zwei auf.
Am Arm jedes Kindes hing eine kleine Brezel oder Kranz, die die Mutter aus Hefeteig selbst gebacken hatte.
Weiterhin hatte jedes Kind noch ein kleines Fläschchen mit Maiwein in der Hand.
Mit dem Maibaum zogen wir dann singend durch das Dorf zum Pfingsthüttchen.
Alle Erwachsene, die noch gut zu Fuß waren, kamen zu den Kindern in das Hüttchen.
Auf einer Mundharmonikka wurde gespielt und auf dem Tanzplatz tanzten die Kinder Reigen.
Auch meine Großmutter erzählte vom Pfingsthüttchen."
Seit vielen Jahren gibt es diesen Brauch nicht mehr,
der an das biblische Laubhüttenfest erinnert und das auch in Gräveneck im Bauwald gefeiert wurde.

***

Es war das Jahr 1606, nach dem Tode des Grafen Johann VI.
Das reiche Nassau zerfiel in 5 Teile, zu Gunsten seiner 5 Söhne-
der eine war reformiert, der andere katholisch.
Als im 30j. Krieg der schwarze Tod kam, hoffte man mit Hilfe von 60 Heiligen
der Seuche Herr zu werden, die grausam wütete.
Die von allen Seiten einfallenden Soldaten konnten von den Zwergstaaten nicht aufgehalten,
geschweige denn zurück gedrängt werden.
Die Massenhysterie brachte vom De­nun­zi­an­ten­tum seitens der Gläubigen
gegen die jeweils Andergläubigen bis zum Kanibalismus - unsägliches Leid.
Das wurde auch durch grausame Züchtigungen durch die Machthaber nicht besser.
Wer sich der Kirche widersetzte, war ein Ketzer, Zauberer oder Hexer.
Üble Nachrede endete schnell auf dem Scheiterhaufen - so schnell war man den Nachbarn los..
Durch Eintrichtern von Jauche folterte man die Herausgabe der Geldverstecke herbei.
Der Boden lag brach, der Wald verwilderte, Häuser und Straßen zerfielen, Brunnen versumpfte-
alles, auch Kadaver wurden gegessen, die Menschen gebährdeten sich wie wilde Tiere.
Vandalierende Soldaten und Räuberbanden nahmen sich alles, was die Abstands- und Präparations-
und Beistandsleistungen der feindlichen und verbündeten Truppen übrig ließen, -
wie ich schon zuvor mehrfach habe schreiben müssen.
Unheilvolle Zeichen kamen: Colera, Pestilenz und große Scharen unbekannter Vögel,
große Wolfsrudel rissen die Schafsherden.
Allein im Dillenburger Gebiet wurden 400 Wölfe erlegt.
Bei den Soldaten soll sich "viel liederliches Gesindel beiderlei Geschlechts" herumgetrieben haben.
So mancher wurde von Soldaten in den Rauchfang über seinem eigenen Feuer hineingehängt,
damit er sein Geldversteck verriet.
Seiner Frau ging es nicht viel besser.
Einen marodierenden Obristen hat man mit dem Schwert enthauptet,
seinen Körper auf ein Rad gelegt, den Kopf auf einen Pfahl gespießt.
Viele Menschen sterben den Hungertod, Brot hat man aus Eicheln,
Hanfkörnern und Wurzeln gebacken, so groß war die Verzweiflung.
Ein hexengläubiger Vater ließ seine eigene Tochter verbrennen, solch unheiligen Einfluß übte die Religion aus.
Zuerst zwang man die Menschen zum Christentum, dann zwang die Reformation sie zu deren Bekenntnis,
dann kamen wieder andere, die das Spiel umdrehten und zum Katholizismus in die Liga führten,
die wiederum von den Herrschern des Nachbarstaates befehdet wurde.
Aus taktischen Gründen wechselten die Herrscher ihre Konfession, jeweils mit dem Druck,
der alle Landesbewohner betraf sich diesem neuen Glauben anzuschließen -
notfalls auch durch Ausweisung oder Folter.
Man schreckte nicht davor zurück, alte Frauen als Hexe verbrennen zu lassen, Vieh wurde erschlagen,
Hab und Gut angezündet oder sonstwie zerstört, Lebensmittel,
die nicht mitgenommen werden konnten, wurden mit Kot unbrauchbar gemacht.
"Kein Haus blieb ungeschoren, und die Bürgersweiber mit ihren Kindern wurden aufs Grausamste tyrannisiert."

***

"1635 septembris 23, abendts um 6 uhr Joh. Bernhard Gottsleben pastorn ein töchterlein,
Anna Margreth genannt, gestorben.
1635 octobris 12. ist Magdalena, mein des pastors Joh. Bernhard Gotslebii hertzliebe haußfraw sel.,
alss eben die glock eylf geschlagen, sanfft und seliglich im herren entschlafen,
und folgenden tag mit ziemlicher frequentz und vieler gutherziger frommer leuth weinen und klagen begraben.
Gott verleyhe ihr eine fröhliche uferstehung.
1635 oktobris 16. morgens um 6 uhr ist mein sohn sel. Joh. Philipps .. gestorben
und den 17. morgens um 8 uhr begraben.
1635 octobris 17. abends ein viertel stundt nach 5 uhr ist mein noch
übriges einziges hertzliebes töchterlein Maria Magdalena,..
sanfft und ruhig im herren entschlafen und am folgenden tag begraben.
Also habe ich dem lieben gott in diesem Sterben innerhalb dreyen wochen vier seelen geschicket,
die mutter mit drey kinder, sonsten noch zeit unseres währenden ehstandes fünf Kinder,
und ist also das reich meines gottes im Himmel durch mich mit neuen Seelen vermehret worden.
Die leichnam wird der fromme gott ahm jüngsten tag frölich auferwecken,
mit ihren seelen vereinigen und sie also mit leib und seel zu sich in sein ewiges reich nehmen"

Der schwer geprüfte Seelsorger hat sein entsetzliches Unglück nicht lange überlebt.
Durch die stetige Berührung mit seiner pestkranken Familie
wurde er selbst angesteckt und starb am 1. November 1635.
10 Tage nach seiner letzten Tochter wurde Gottslebius bei Weib und Kindern begraben-
sein Familienname ist erloschen.

***

1643 - kein Mensch wußte mehr, wer Freund, wer Feind war, so verworren waren die Umstände,
als starke Unwetter die Grafschaft Diez überfluteten.
Mannshoch gingen die Wassermassen über die Stadtmauer, riß die Brücke weg,
aus Runkel und Weilburg kamen Häuser die Lahn herab geschwommen.
Niemand konnte sich an eine vergleichbare Flut erinnern.
Zusätzlich verbreiteten Wölfe die "Wutkrankheit" bei Mensch und Tier.

"Überhaupt ist auf den herrschaftlichen Höfen, deßgleichen in den Kirchspielen,
wie auch dem Amt Mengerskirchen, nicht das allermindeste, von Korn, Heu, Stroh,
Gerste, Hafer, Erbsen, Linsen, Speck, Federvieh, Haußrat, Kleidung,
Vieh oder war nur der Unterthan in seinem Hause haben mag, übrig geblieben.
Die Wagen, Karren, Pflüge, hölzerne Bänke, Thüren und Kasten
wurden in das Lager gefahren und darselbst verbrannt.
Die Früchten wurden in solchem zum Theil ausgedroschen, und der Unterthan, der schon soviel
und noch erst ganz kürzlich von dem Weimarischen Öhnischen Regiment, welches viel Vieh weggeholet,
erlitten hatte, wurde in ein solches Elend gestürtzt, bey welchem ihm fast keine Aussicht übrig bliebe,
wie er sein Leben ferner durchbringen sollte.
Nach einem ganz geringen Anschlag betrug nur allein der Schaden an Vieh, Frucht und Fourage 161.848 1/2 fl.
Bey solcher noch nie erlebten Verwüstung mußte er daher dem Lande wohl zu einem geringen Trost gereichen,
wann Kayser Ferdinand III. hierauf nochmahls befahl Graf Johann Ludwig von Nassau-Hadamar, sein Land zu schonen."

Vom Kriegsjahr 1618 an reduzierte sich die Deutsche Bevölkerung von 18 auf 7 Millionen.
Verwüstet wurden 1600 Städte, 18310 Dörfer, 2000 Schlösser und 1000 Klöster.

***

Ein fester Bestandteil der Hexenprozesse war, nach "Mit-Hexern" zu fragen -
Geständnisse und Verrat halfen, das Urteil "Verbrennen" in das bessere "Einsperren" zu mindern-
selbst wenn danach der Scharfrichter kam und den Kopf abschlug.
So mancher redliche Bürger, jeder x-beliebige konnte so zum Opfer einer "Hexe" werden.
So mancher soll ich noch mal geschwind an seinem Nachbarn,
seiner ungeliebten Nachbarin oder an sonstigen Widersachern rächen.
80-90% der Verurteilten sollen Frauen gewesen sein, gegen Ende des 17.Jhds. auch Kinder.
Der Flammentod wurde allgemein als der "reinigende" angesehen.
Der Hexenwahn war auch Machtinstrument zur Gehorsamkeitspflicht der Machthaber,
die sich gerne an den Kirchenwahn hängten-
und dabei sehr sorgfältige Dokumentationen und Prozessakten führten.
Das Ritual des Strafvollzuges fand vor einer jubelnden Menge statt.
Am liebsten wurden wohlhabende Witwen beschuldigt,
zumal nicht unerhebliche Gerichts- und Bewirtungskosten für Schöffen, Richter und Zeugen
anfielen, Scharfrichter, Henker und Pfarrer bezahlt werden mußten.
Das wurde akribisch dokumentiert und aufgelistet, das ist heute noch archiviert.

***

Alleine diese Dinge, also Religionswahn und Kriegslüsternheit sollten
zur Umkehr mahnen: Weg mit Militär, weg mit Fürsten und Kriegstreibern, weg mit Religion,
weg mit der Anmaßung, anderen Leuten Befehle geben zu wollen !
(Das ist meine persönliche Meinung dazu.)

Und das hat sich 2022 mit dem Überfall Putins auf die Ukraine wieder einmal mehr bewahrheitet:
Warum schreibt man kein
"Wanted, gesucht, tot oder lebendig, dead or alive"
mit einer sehr hohen Belohnung zur Ergreifung des Toxikers aus?
Lieber eine Person weg, als hunderte, tausende, Millionen Menschen?

***

Nach vierhundert Jahren ging die ländliche Umgangssprache verloren.
Aus den alten Prozessakten konnten noch alte Ausdrucksformen extrahiert werden,
was an Westerwälder Dialekt zu finden war.
(So mancher verstand nur Platt)
Die vielen gleichnamigen Leute erhielten zur Unterscheidung Beinamen manigfaltigen Ursprungs.
Meistens durch Hinzufügung des Vater-Namens oder dem des Ehemanns -z.B.:
"Barben Jung Hansen! (der Mann hieß Hans) und Barb für Barbara als Rufnamen.

Ein paar Beispiele:
geziegen - bezichtigt, grawicht - grau, Griesel - Grusel, hero - her,
leibig - zugenommen, Mawern - Mauern, mehrgen - mehreren,
Moocken - Mutterschwein, Patt - Patenonkel, Platz - flacher Kuchen,
Brotkuchen, Sagenrey - Erzählung, sahmend - insgesamt, gemeinsam,
sans - sonst, Trewen - Treiben, Undern- Nachmittag, Wasen - Rasen, Wiese,
worgt - erbrochen, angeträwerter - angedrohter, anhero - nach hier,
Bedachts - Verdacht, bedeumelt - eingedrückt, beschädigt, bedüncke - bedenke,
bemelte - bekannte, Bevelch - Befehl, Born - Brunnen, daroff - darauf,
dasmahl - diesmal, derowegen - deswegen, Dötgen - Tütchen, Dung - Brotscheibe,
düncke - denke, echtewas - etwas, erhalete - wiederholte, erschmeiße -
erschlagen, Fawr - Feuer, forchtsam - ängstlich, Fraw- Frau, gedeucht - gedacht,
gekennet - gekannt, gekieben - gezankt, geliebete - beliebt,
Gemürmel - Gerede, Gerücht, getrawet - getraut, geträwet - gedroht.

***

Das Geldwesen war kaum nachvollziehbar - so wurden seit dem Jahr 1530
die Turnos und Schillinge durch Gelden, Albus und Heller ersetzt.
1 Gulden waren 24 Albus, 1 Albus waren 12 Heller.
Ein Gulden gleich 60 Kreuzer oder 20 Blafferte oder 15 Batzen.
1631 hatte mal Reichstaler - gleich 45 Albus, ein Albus gleich 8 Heller.
1660 war der Reichstaler 48 Albus gleich 90 Kreuzer - 8 Pfennige ergaben einen Albus.

Männliche Kornschnitter erhielten 3, eine weibliche 2 1/2 Albus.
Holzhacken war 2 1/2 Albus wert.
Tagelöhner bekamen 2 Albus am Tag.
Wegen der hohen Sterberaten wollte kaum einer außerhalb arbeiten.
1648 kostete im Westerwald 1 Pfund Ochsenfleisch 2 Albus und 2 Pfennige,
Kalbfleisch 1 Albus und 4 Pfennige, Hammelfleisch 1 Albus,
Schweinefleisch 2 Albus und 2 Pfennige, Ziegenfleisch 1 Albus und 6 Pfennige.

Noch im Jahr 1782 wurde das letzte Todesurteil wegen Hexerei gesprochen - in der Schweiz.
Der Dichter und Jesuitenpater Friedrich Spee schrieb 1631 anonym die "Cautio Criminalis",
eine weit verbreitete Schrift,
in der jener Verblendungswahn des Aberglaubens und der Hexerei angeprangert wurde.
1629 wurde in Donsbach (Westerwald) einem Mann vorgeworfen, weil "Wehrwolf" zu sein - hingerichtet.
Luther hat Exodus 22,18 so übersetzt: "die Zauberer sollst du nicht leben lassen" -
In meiner Einheitsübersetzung steht :
"jeder, der mit einem Tier verkehrt, soll mit dem Tod bestraft werden."
(also wieder einmal, wie so oft, eine falsche Übersetzung und Auslegung)
Das in die richtige grammatikalische Form gebracht, käme "Zauberinnen" dabei heraus.
Frauen sollen sich dabei in Katzen, Männer in Wölfe verwandelt haben..
Maleficos non patieris vivere.
Eigentlich müßte das heißen: Schmähende (Fehlerhafte, Schlechte) sollten nicht leben.
Enger übersetzt: Schlecht redende Personen dürften dem Leben nicht teilhaftig sein.
(also wieder einmal, wie so oft, eine falsche Übersetzung und Auslegung)

Was der Luther dabei gedacht hat, entzieht sich meiner Kenntnis- vermutlich wollte er ein wenig aufmischen-
Fakt war wohl, daß in den herrschenden religiösen Systemen der Wahn, Aberglaube einen festen Platz gehabt hat.
Nebenbei waren "Disziplinarmaßnahmen" beliebt, Angst machen sozusagen.
Noch heute ist die Mißgunst, Habgier, Verleumdung und die moderne Form-
Mobbing gewiß noch immer eine Beschäftigung von Leuten,
die plattdeutsch als "überzwerch" (giftig, unleidlich) bezeichnet werden können.
Neudeutsch: Toxische Menschen !

***

Nach 1560 kam die "kleine Eiszeit", mit Mißernten, Hunger, Seuchen -
der Tod hielt reiche Ernte, genau wie der Glaube, der die Leute geiselte und verdummte.
Aber auch Wahrsager, Segner und ähnliche Scharlatane fanden genug Zuspruch.
Noch 2003 mußten zwei Frauen wegen Hexereivorwurfs sterben!
1935-44 haben die N azionalsozialisten riesige Datenmengen ver- und bearbeitet,
Karteien angelegt und "Wissenschaftler" angesetzt,
Runen und andere Geheimnisse in deren Ideologie einzubinden.
Eine Verwandte des damaligen 2. Mannes, H immler, soll 1629 in "Teufelsbuhlschaft,
Hexerei und ausgeübtem Tier" angeklagt und verbrannt worden sein:
Margarethe Himbler.
Vermutlich war der Name der Grund für diesen seltsamen Eifer,
alten Aberglauben derart aufarbeiten zu lassen?

Wie auch immer - "Gnadenerlaß" war, wenn jemand bis zur Bewußtlosigkeit gewürgt
oder gar bis zum Tode stranguliert und erst dann den zügelnden
Flammen des Scheiterhaufens übergeben wurde.
Des weiteren ist überliefert, daß in Einzelfällen den Todeskandidaten Pulversäckchen umgehängt wurden,
die explodierten, bevor die Flammen ihr Todeswerk vollenden konnten.
Das sollte uns genügen - furchtbar genug!

***

Urbar gemachtes Land wurde auch "Bifang" genannt.

Am 23. September 1841 schoß der Jäger Schmidt in Hasselborn am "Dreiherrenstein" im Brandoberndorfer Wald
den letzten Wolf im Nassauer Land,
ganz ausgehungert und dennoch 73 Pfund schwer, so wird berichtet.
".. daß die Orte mit der Endung auf -dorf, -bach oder -hausen
ihren Ursprung in der Frankenzeit gehabt haben."
Karl der Große teilte sein großes Land bereits in Verwaltungsbezirke ein, an deren Spitze Grafen standen.
Diese bildeten ihre Macht aus und so entwickelte sich der Stand der Ritter,
die nur Soldaten des Kaisers waren, mit dem Grafen als Befehlshaber.

In vorgeschichtlicher Zeit wurden Kultstätten benannt, die auch heute noch von Interesse oder Bedeutung sind.
Am Dreisbacher Hasenberg findet man einen Monolith aus Quarzitgemisch.
Dieser geheimnisvolle Stein hat den Namen "Goldkist" und ist aus "hartem, fremdartigen Material".
Das zeigt auf eine Besiedlung des Raums um etwas 800-500 v. Chr. hin.

Auch in Erda waren die Leute des Mittelalters zumeist Leibeigene, die vom Ackerbau und Viehzucht lebten-
mit dem damaligen Gerät ein hartes, bei dem Boden ein steiniges Unterfangen.
In der 2. Hälfte des 17.Jhds. versuchte man sich mit dem Kartoffelanbau -
langsam entwickelte sich der Obstanbau dazu.

Aus dem Namen des Gutshofes "Heisterberg" bei Stockhausen geht hervor,
daß "Heister" schlicht "Buche" bedeutete.
Damals muß dieser idyllische Ort noch eine kleine Ortschaft gewesen sein,
der bis auf den Hof wüst und deren Flur später aufgeforstet wurde.
Der Erhalt und die Restauration des Gutshofes hat das fürstliche Haus Braunfels wohl viel Geld gekostet.

Nach einer interessanten Volkszählung aus dem Jahr 1855 wohnten in Kraftsolms 444,
in Bonbaden 518, in Griedelbach 272, in Laufdorf 483,
in Kröffelbach 373, in Nauborn 682, in Neukirchen 187,
in Oberwetz 242 und in Schwalbach 455 Einwohner.

Der Viehbestand betrug 113 Pferde, sechs Maultiere, 25 Esel, 20 Bullen, 793 Ochsen,
1349 Kühe, 1339 Stück Jungvieh, 3704 Schafe, 132 Ziegen und 1042 Schweine.

Die Handwerker waren: 15 Schuhmacher und neuen Gesellen, 18 Schneider und zehn Gesellen,
zwei Zimmermeister und 28 Gesellen, vier Flickmeister, 18 Tischler und vier Gesellen,
fünf Flickmaurer, ein Schornsteinfeger, 29 Schmieden, ein Schlosser und ein Buchbinder.

An Gewerbetreibenden waren: 21 Krämer, 21 Hausierer, 20 Schankwirte, 256 Leinenweberstühle,
16 Wassermühlen mit 17 Mahlgängen, sechs Ölmühlen, eine Ziegelbrennerei und eine Branntweinbrennerei.
Die Kirchen des Schöffengrundes waren in 6 Pfarreien eingeteilt.

***

So gewinnt man heute noch ein wenig Einblick in die damaligen Strukturen.

In Kröffelbach gibt es mit dem koptischen Kloster eine Besonderheit:
In Deutschland und in Westeuropa wohnenden und arbeitenden Kopten
mit ihren Familien trafen sich hier zum Gottesdienst und zur Geselligkeit.
So kommen Menschen von weither ins schöne Solmsbachtal.
"Die Kopten sind christliche Ägypter und Söhne des Pharao"!
(Das hat einen kleinen Haken:
So wie die Türken keine Osmanen sind, waren die Pharaonen keine Christen..)

Die Besiedlungsgeschichte unseres Nachbarn Vogelsberg (großer alter Vulkan) zeigt,
daß in der Keltenzeit mehr Menschen dort gelebt haben müssen,
in höheren Regionen Ackerbau betrieben haben,
als nach dem 15.Jhd, als das Klima kälter wurde -
Zuvor mied man die naßen Tal - Lagen, danach wurden auch diese besiedelt.
Man gab nach dieser Zeit Dörfer auf oder rückte zusammen.
Das Siedlungsgebiet muß Ende des 15.Jhds.
ähnlich wie heute ausgesehen haben, aber mit weniger Menschen.

In der Anfangszeit der Christianisierung drängten die Germanen den Kelten nach,
der kulturell bedeutende Stamm der Chatten -lt. Julius Cäsar-
geriet unter Druck und wurde wohl überlagert.
Die Überdeckungen geschahen durch die Franken und dem Fälischen Stamm,
so trägt der heutige "Stammhesse" (also nicht generell der Einwohner des Landesgebietes Hessen) -
die beiden Merkmale der alten Hessen und der Franken noch deutlich in sich.
Man betitelt die hervorstechenden Wesens-Merkmale dieser Gruppe Menschen
als "lebensernst, nüchtern, beständig, manchmal nicht ganz ausgeglichen,
mit plötzlichem Aufbegehren, jäher Ungehaltenheit und einem typischen Geradeaus,
das sich bis zur Grobheit steigern kann"
Gut, wir wissen freilich, geneigter Leser, daß gerade unsere Akademiker
ein wenig über das Ziel hinausschießen
und sich vor jeden Karren spannen lassen, wenn dieser nur genug Geld abwirft-
was wir in der Zeit vor dem 2. WK deutlich sehen konnten.
Deshalb bin ich bei diesen Wesens-Einschätzungen auch sehr vorsichtig
und setze diese nur in Anführungszeichen.
Die näheren Schilderungen - wie "schmale Lippen", "zusammengekniffene Augen"
und ähnliche "Beobachtungen" spare ich mal ganz aus.
Die Leute in der Region sind halt ein wenig vorsichtig, wenn sie "aufgetaut" sind,
begegnen sie jedem normalen Menschen mit Herzlichkeit und Offenheit.

Das lustige Zusammensein in den Spinnstuben wird von vielen Quellen beleuchtet-
ganz anders als von den galligen Kirchenleuten kommt
hier mal eine ganz andere Betrachtung:
Hier werden die alten Volkslieder gesungen, gescherzt und geplaudert
und den anderen Teilnehmern "Märchen aufgebunden".
(wie Seemanns-Garn)
Dieses Zusammen nannte man "Spillegänger".
Als Beleuchtung diente noch vor hundert Jahren ein hoher Holzständer mit einer Gabel,
darin zwei Buchenspäne, die heller brannten als das düstere Öllicht, das sonst üblich war.

***

Nicht nur bei dem Vogelsberg mit seinen riesigen Ausdehnung,
(Es war der größte Vulkan Europas)
sondern auch in kleinräumigeren Gefilden kann man sehen,
wie der Kampf um die Höhen tobte,
wie sich die Macht buchstäblich von oben herab auf die Leute ergossen hat.
Wer von "oben herab" tronte, hatte die Herrschaft und konnte so leicht davon nicht herabgestoßen werden.
"Der stolze Herr mit Mord und Drohn
richt Dörfer und Felder zugrunde,-
Still heilt der Bauer und sein Sohn des Landes blutende Wunde"
(Ihrer, auf deren Rücken ja schon immer das ausgetragen wurde,
was man so allgemein Weltgeschichte nennt, sei hier dankbar gedacht:
hinzufügen darf ich wohl, daß nicht nur Bauern, sondern gerade diejenigen,
die Erze brachen und bearbeiteten,
die im Wald Holz holten und andere, die es formten und Häuser bauen konnten,
und ungezählte andere Gewerke dieses Tun auf dem Feld erst ermöglichten - oder den Sinn gaben -
früher war praktisch jeder auf dem Land ein Gaße-Bauer, Geiße-Bauer oder Ziegenbauer,
Nebenbei - Landwirt mit einem Äckerchen und Garten..)
Viele Ortsnamen sind auf die alten Herrscher zurückzuführen,
die sich gerne durch Gebietstausche eingerichtet haben.
Die Fuldarer Abtei mit ihrem streitsüchtigen Abt Berthold führte ein kriegerisches Schwert,
wie überliefert wurde-
mal schlug er mit dem Bischofsstab und der Schrift, dann mit dem Schwert - gegen die Landadeligen,
was ständige Verwüstungen in den Ortschaften mit sich brachte.
Was wäre der arglosen Bevölkerung erspart geblieben, wenn man solche toxischen Typen
zeitig aus dem Verkehr gezogen hätte?!
Gewissermaßen wegselektiert?
Das meine ich im Ernst, lieber einer als Tausende.

***

Die hohe Kunst des Fachwerkbaues, besonders in Eiche, war der "wilde Mann",
eine Stützkonstruktion inmitten der Fachwerk-Fassaden,
bereits eine imposante Schmuckform der zweigeschossigen Bauern-Häuser, die alles unter einem Dach vereinten.
Die damaligen Bürgerhäuser der Stadt waren mit schmaler Fassade tief nach hinten gebaut,
mittig senkrecht in der Giebelfront von oben nach unten durch
Trennwände geteilt - als Doppelhaus, das gerne 3-4 stöckig war.
Damals war der Platz knapp im Stadtzentrum,
deshalb kragten die Häuser über die Straßen- was nochmal zusätzlich Raum gab.
Man erzählt sich, daß die Nachbarn beinahe einander die Hände hätten geben können ..
Sehr freundlich waren die Fachwerkkirchen anzusehen, die ihre Glocken
in kleinen Dachreiter-Türmchen hängen hatten-
Später kamen Kirchenbauten aus Stein mit großem Turm in Mode und Wehrbauten,
die an den Fernstraßen wohl nötig waren.

Alte heidnische Bräuche suchten die Pfarrer schon von jeher zu verhindern, was aber nicht gelang-
so blieb das Osterfeuer und auch der Maibaum bis heute erhalten.
Wenn einer gestorben war, wurde die Uhr angehalten und das Fenster geöffnet, damit sie Seele hinaus konnte.
(Wenn wir ehrlich sind, wird das noch heute ganz genau so gemacht und..
ALLE Religionen sind eigentlich nur "Heidenwerk", nur Sektiererei, halt eben jedes etwas anders und mit mehr oder weniger Erfolg beseelt)
So, nun wäre dieses Phänomen mit der "stehen gebliebenen" Uhr auch geklärt..

***

Damals wurden die Geschichten und Erzählungen in den Spinn- und Wohnstuben mündlich überliefert-
es wurde auch noch viel vorgelesen- ein Brauch, der nach dem 2.WK versunken ist
in "Ich - Sucht und hilfloser Verzagtheit", wie das Heimatbuch meint.
(Mit dem Gesang ist das wohl sehr ähnlich gewesen -
wir haben als Kinder noch gesungen, in der Schule und unterwegs.
Heute macht man das wohl nicht mehr, weder zu Weihnachten noch sonstwo.
Ein paar Alte singen im Gesangverein, ganz wenige bei den Pfadfindern, das war's.
"Die Dorfgemeinschaft ist mitten ins Herz getroffen worden"
Moderne Medien, Radio und später das Fernsehen ersetzen die Zusammenkünfte obiger Art.

***

Von planmäßiger Forstwirtschaft, so wird berichtet,
konnte wohl erst seit der Mitte des 18.Jhds. ausgegangen werden.
Viele Tuchmacher, die z.B. das Schlitzer Leinen und Damast-Waren fertigten,
Köhler, Salzsieder, Korbmacher, Holzschnitzer waren am Vogelsberg tätig,
aber auch die uralte Riedeselsche Bierbrauerei, Ziegeleien
und die große bekannte Lauterbacher Käserei sind bekannte Größen.
Ganze Schiffsladungen gesponnener Flachs ging nach Irland, wo man die "Hessians" wob,
jene Sack- und Pack-Leinentücher,
die später durch das billigere Jute abgelöst wurden.

Der Ortsname "Schotten" stammt von den Iro-Schottischen Mönchen her- aus der Zeit der Christianisierung.
Unter einem Felsen fand man ein Depot eines bronzezeitlichen Händlers:
2 Bronze-Beile, die wohl vergessen wurden.
In den 1920iger Jahren fand man ganze Werkstätten in Höhlen,
wo große Mengen Werkzeuge aus Quarzit hergestellt worden waren.

***

Diese Seite wird wohl niemals fertig,
immer wieder finde ich neue Buchquellen, deren Inhalte kaum noch einer lesen wird-
weil die Titel schon uralt sind.
Was derart überkommen und grau ausschaut, muß aber nicht langweilig sein!
So manches staubige Ding aus düsterer Vorzeit ist es wert,
einer Nachwelt erhalten zu werden, die nur noch mit dem Handy daddelt-
bis zu einem gewissen Punkt im Leben, wo andere, beständigere Werte zählen..
..ach was hilft es denn, wenn ich das schreibe?

Nachtrag 2023: Diese ewig langen Seiten "Geschichtliches" werden keinesfalls selten aufgerufen:
Beharrlich und Monat für Monat 50-100x !

So waren im 17.-18Jhd. keinesfalls alle Straßen durch breite und ordentliche Wege verbunden-
wie das heute der Fall ist.
Die Heimberger achteten nicht nur darauf, daß die Abgaben an den Fürsten getan wurden,
sondern auch auf die Sittenstrenge und Arbeitsamkeit der Leute.
Wie schon erwähnt, waren Kirchenbesuche Pflicht, wer dagegen handelte und fernblieb,
mußte mit dragonischen Strafen rechnen.
Desgleichen durfte niemand "lästerliche Reden halten" - ob gegen Gott oder gegen den Fürsten.
(Der sich bekanntermaßen als von Gott eingesetzt empfand und skrupellos wider alle guten Sitten verstoßen durfte,
wenn er Steuern ausdachte und Soldaten "aushob" und oft genug wegen privater Fehden in den Kampf schickte..)

Die Orte brannten schnell und leicht, Strohdächer und die enge Bebauung,
sowie die offenen Feuer waren fast der Garant dafür.
Der Dorflehrer oder Pfarrer drosch ganz gehörig auf "Schwänzer" ein,
die Eltern um Hilfe zu bitten, war nicht denkbar - sie waren zu fromm
oder hatten die Frömmigkeit eingebläut bekommen, als sie selbst noch Kinder waren.
((Dieses Wort erinnert mich an die sogenannten "Impfschwänzer" der Corona-Jahre 2020-22 - akademische Züchtigungsversuche.))

Ein Beispiel für das Westerwälder Platt:
De Duure fo Hajer gengen duur'd Föld.
Aich honn se geseh göstern Noocht.
Se brannten wie Fackeln, se glenzten wie Güld.
Wie Geister, honn aich gedoocht.
De Menner reff: "Doot Buße ihr Sünner,
Drüd rüß, in dr Schdadt,
Dr Himmel worr, wie in Hajer, su ruud.
"Doot Buße, sonst hölltauch dr Duud."

***

Im Namen Gottes und des Herrschers wurde mancher grausamst hingerichtet,
wo z.B. eine Frau mit glühenden Zangen in die Brüste "gezwickt" bekam,
wie es der Richter wollte, und anschließend- mit schwarzen Löchern als Brüste-
auf ein Reff gebunden vor die Stadt zum Scheiterhaufen gezogen wurde,
wo sie -wieder vor aller Augen- öffentlich und lebendigen Leibes verbrannt wurde.

Das alte, einstöckige und mit Strohdach geschützte Haus hatte zwei krumme Treppenstufen,
über die man zur zweiflügligen Haustür gelangte.
Durch den breiten Türspalt -unten- zog ständig die Luft und wenn man durch die Tür eintrat,
fiel die feuchte Kühle des Hauses auf uns herab.
Im Winter legte man einen Sack vor diesen Spalt, der doch nötig war,
damit die große Esse dem Kamin den entsprechenden Abzug gab.
Geradeaus ging man in den Flur, der "Ern" genannt wurde,
dessen Fortsetzung die Küche mit dem offenen Herdfeuer war,
das auf einer großen, glatten Basaltplatte brannte oder gerade die Glut hielt.
Über dem Feuer hing ein Topf an einer Kette, die an einem schwenkbaren Eisenarm,
dem "Esel", befestigt war.
Über das Feuer konnte man auch ein niedriges, eisernes Dreibein als Pfannenuntersatz aufstellen.
Der breite Rauchfang nahm den ständigen Durchzug an und beförderte den Rauch und Dunst nach draußen.
Neben dem Herd stand eine Wasserbank mit ein paar Eimern Wasser, darüber ein Regal.
Das Wasser zum Trinken wurde am Dorfbrunnen geholt,
das für die Tiere kam aus dem niedrigen Keller mittels einer Hand - Pumpe,
zu welchem eine Falltür mit Leiter führte.
Eine Treppe führte direkt in den Stall, ein Durchgang zur Stube und zur Schlafkammer.
Oben, auf dem Speicher wurde Korn gelagert, über dem Stall das Heu.
In der Küche stand das Butterfaß und der Backtrog.

Der Fürst prasste nach Herzenslust, wenn er pleite war, wurden die Steuern erhöht und hart eingetrieben.
Er machte willkürliche Gesetze, die durch seine Richtern und Beamten rechtschaffen umgesetzt wurden.

An dieser Stelle empfehle ich den Roman "Bauernkappe und Fürstenhut",
der nach Notizen in einer sorgsam aufbewahrten Holzkiste geschrieben wurde
und welcher sehr gut geschrieben und lesenswert ist.
Romane sind sonst nicht mein Ding, dieser ist jedoch eher ein Ausnahmefall,
aus welchem ich mit eigenen Worten ein wenig -als Anreiz- erzählen will..

" 18. Jhd. im Fürstentum Oranien-Nassau, gelegen zwischen Lahn, Rhein und Sieg,
ein Jahrhundert der großen Stadt- und Dorfbrände,
der Siebenjährige Krieg, die Konflikte zwischen Frankreich und England.
Schlagworte, die in die kleine Welt des Johann Peter Haas,
genannt Hanspeter, einbrechen und sein Leben nachhaltig beeinflussen,
Ganz als Kind des 18.Jhds, in den alten "gottgewollten" Ordnungen behaftet,
macht er sich doch Gedanken ob der Richtigkeit der von Gottes-Gnaden-Herrschaft
der Fürsten und ihrer Beamtenschaft.
Auch die reformierte Kirche spielt im Machtkalkül kräftig mit;
Die Überwachung des Kirchenbesuchs, der Hochzeiten und des Privatbereichs
wird durch Organe des Staates durchgeführt;
die Bevölkerung zur Denunziation* verpflichtet.
(*Wie 2020 wieder, wo man "V olksverhetzung" nennen oder antragen soll; ein widerliches Wort und widerliche Tatanstiftung, der Teufel mit dem Belzebub - meine Anfrage diesbezüglich, ob man denn auch Dinge nennen könne oder solle, die sich wider die heimische Bevölkerung richte, kam nie eine Antwort..)

In der Charakterisierung der Dorforiginale des "Allbabbe Julius" und
des "schnappig Jul" gelingt dem Autor eine besonders lebensnahe Beschreibung,
die die Echtheit unterstreicht.
Mit Witz und Humor erzählt er Werbung und Hochzeit Hanspeters mit Ännchen,
so daß der Leser sich in die Geschehnisse gut hineinleben kann.
Durch einen zweifachen Rahmen umfaßt E.I.Betz die Lebensereignisse Hanspeters:
Die weltpolitischen Ereignisse bestimmen ein Teil seines Handelns ebenso wie
die Erzählung "über Philipp, den Liebhaber einer Kindsmörderin und späteren Brandstifterin."

Soweit die Buchbeschreibung des 215 Seiten Romanes, den ich euch anrate..

Besonders beeindruckt hat mich die Schilderung jener Zeitzeugen,
die von der Einführung der Kartoffeln berichteten:
Ein Herborner Medizin-Professor habe eine einzelne, seltene ausländische Pflanze erhalten-
im Laufe der Zeit hatte man die Kartoffeln vermehrt und baute sie nun auf Feldern an.
Zuerst für die Schlossküche, wo die geschälten Kartoffeln gekocht
und ein Salat aus Kartoffelscheiben gemacht wurde.
Mal mit zerlassenem Speck gebraten, mal zerstoßen zu Brei.
Es muß für die Bewohner unserer Region ein Erlebnis gewesen sein,
wenn die Knollen aus der Erde gegraben wurden- wo doch deren oberirdischen Früchte so schlecht schmeckten..
Die Kartoffeln verbreiteten sich als Geschenk weiter, nur wenige Knollen jeweils.
Später gab es Setzkartoffeln (Saatkartoffeln) zu kaufen und es dauerte nur wenige Jahre,
bis sich diese Frucht als wahrer Segen entpuppte, der die unbeständigen Fruchternten,
die regelmäßig zu Hungersnöten führten, besserten.
Einer brachte von seiner Grubenarbeit ein gebogenes Stück Blech mit, arbeitete eine Griffmulde ein,
schlug mit dem Hammer vierkantige Hufnägel in regelmäßigen Abständen in das Blech,
so daß eine Reibe entstand- sehr bald war der Reibekuchen geboren,
der sich -bis heute- allergrößter Wertschätzung erfreut, besonders bei jungen Männern, die ganze Berge davon verdücken können..
Mit Eiern, etwas Mehl und Salz, Muskatnuß, Zwiebeln und gut in Öl oder Fett ausgebacken,
sind diese Pfannkuchen ein Gedicht.
Wer kein Öl hatte, bestrich mit einer Speckschwarte die heiße Ofenplatte auf die dann der Pfannkuchenteig kam.

***

Aus dem Katzenellnbogischen Gerichtsordnung geht hervor:
"1567 - Verächter des Gottesdienstes sollten im Fall fruchtloser Warnung wie ein Mißetäter,
und wie das unvernünftige Vieh verscharrt werden."
(Hier spürt man die Liebe Gottes)
Die Prediger mußten klar reden und das Publikum bei Gehör halten,
"damit sie mit ihren Gedanken nicht umherschweifen und andere unziemliche Dinge treiben"

Den Gesetzen zuwider handeln, konnte in der Trillstube enden-
in einem drehbaren Käfig eingesperrt, wurde der Delinquent bis zur Bewußtlosigkeit gedreht.
Die Heimberger mußten Listen bezüglich der vielen Abgabenverordnungen führen
und mittels ihrer Polizeigewalt genau kontrollieren.
Es gab sogar besondere Steuern, die ein Ausreisewilliger zu zahlen hatte-
10% seines Vermögens und nochmal ein "Auszugsgeld" von 2%.
Zehntknechte knöpfen noch am Feld den Bauern den zehnten Teil in Naturalien ab,
die später durch Geldabgaben ersetzt wurden.
"Schatzungen" wurden fällig, wenn durchziehende Truppen ernährt werden mußten.
Der Heimberger irrte nie und wurde nicht wankend:
"Es steht im Gesetz, und wohin kaemen wir, wenn nicht jeder das von gottgegebene Gesetz befolgen würde?
Unser Fürst ist unser Herr von Gottes Gnaden, und es steht geschrieben,
gebt dem Kaiser, was des Kaisers ist und Gott, was Gottes ist."
Er hat von Kindheit an gelernt zu gehorchen,
wenn herrschaftliche Anordnungen nicht im Widerspruch zur christlichen Lehre stehen,
die der Herr Pfarrer jeden Sonntag verkündet.
"Ich erweise Gott und unserem Fürsten die zustehende Ehrfurcht,
denn ich weiß, daß zur Ehrfurcht das Wissen um den Abstand gehört,
der uns Geringere von den Größeren trennt, - ganz besonders von Gott."
Er empfand - wie alle Leute damals - Furcht den Hohen zu nahe zu treten,
"vor denen man sich zu verneigen habe"
Schlimm wäre es, wenn diese Ehrfurcht schwände..

Schnell sind wir gedanklich bei unserer Demokratie,
deren "Stimmvieh" durch eine Menge Recht-Macher in Schach gehalten wird,
deren gesetzlicher Stromzaun den Rahmen vorgibt:
Abgesteckt nach Gusto.
Selbstverständlich so formuliert, daß alles absichtlich auslegbar gehalten, demjenigen zu Diensten wird,
der das meiste Geld hat, sein Recht durchfechten zu können.
Mit Versprechungen gewählt, durch "Koalitionsverhandlungen" in ihrer Aussagekraft so entschärft,
daß man von einer Wundertüte sprechen könnte.
Wirklich wichtige Kontrakte werden wohl noch immer geheim gemacht,
wobei jeder jeden ausspioniert und ggf. auch bedrohen kann.
Noch immer sind die alten Ausreden von Religionskonflikten und politischen Systemen oder Entwicklungshilfen da,
die jene alte Jagd nach Resourcen verschleiern helfen -
wie zu den Zeiten der alten Fürsten und Feldherren-
tiefgreifend hat sich wohl nichts geändert an der Prunksucht und am Machtkalkül,
oder Gottkomplex - das betrifft religiöse Mächtige ebenso!

***

Zurück zur Geschichte, um dem Seitennamen die Ehre zu geben:
Das Straf- und Prozeßrecht war die "CCC"
Die Constitution criminalis Carolina, von Kaiser Karl V. erlassen,
sowie vom Reichstag zu Regensburg anerkannte "peinliche Gerichtsordnung.
(Dieses unpassende Wörtchen "erlassen" ist also schon früh in die Amtsstuben eingezogen)
Viele hielten nicht viel von den gelehrten Juristen:
"Den Doktoren ist das Recht härter als den Laien verschlossen und kann denen keinen Schlüssel dazu finden"
"Nach dem Gerichtsbeschluß wurden die Körper der Räuber wurden enthauptet und gerädert."
(Das hat diesen garantiert "geläutert")
Ein Richter der damaligen Zeit hierzu:
"..echtes Richtertum sei nicht nur Schulung des Verstandes,
sondern erforderte auch eine charakterliche Haltung,
in der äußerste Selbstzucht das hervorstechende Merkmal sei.
Wissenschaftliches Studium sei für die Aneignung dieser Haltung allein geeignet
und könne auch Vorbild für die Schöffen sein"
Der Gesetzgeber, der Fürst, nahm für sich und für den Adel andere Rechte in Anspruch-
begründet aus der Bibel und dem Recht, das sich der Stärkere nimmt -
wie damals ein Vater und die Mutter andere Rechte als die Kinder hatten..

Aus der gerade erst zerschossenen Ruine des Schlosses
mußten die Bürger der Dörfer rundum in Frondient die Steine
zu den Baustellen der herrschaftlichen Regierungsgebäude fahren,
die der fürstliche Bauinspektor Sckell plante.

Viele Krankheiten sind damals noch nicht heilbar gewesen,
der Gang zum Barbier oder zum Physikus war damals noch weit- und vor allem teuer..
So traf es eine junge Frau die "entsetzliche Schmerzensschreie bis in die Nachbarshäuser ausstieß,
bis das Schreien in ein Stöhnen und Jammern überging,
wo sie bald niemanden mehr erkannt hat und bald starb.."
Dieser Vorgang des heute als "finales Fieber" -zumindest in Fachkreisen- bekannt ist,
kam aus obigem Satz doch arg hervor-
ich bin kein Arzt, meine da aber gewisse Zusammenhänge erkennen zu können:
Trifft das evtl. alle Sterbenden? (mehr oder weniger stark)
Es soll sich um eine Hirnhautentzündung gehandelt haben, wie zu lesen war...
ich denke eher an einen Schlaganfall.

Reisende aus den USA, die in unserer Heimat zu Gast waren,
ärgerten sich über die vielen Kontrollen und Mautzonen,
über die strengen und ständigen Untersuchungen
und Fragen nach dem "woher und wohin" und darüber,
daß die Einwohner sich solche Restriktionen und Gängeleien gefallen ließen..
Das war damals und heute?

Das Buch schließt mit einem denkwürdigen Epilog,
der davon erzählt, daß sich der Ort sehr ausgedehnt hat,
Die "Stille des Sonntagnachmittags" sei nicht mehr zu erleben,
Unterhalb des Berges führt nun eine Straße und eine Eisenbahnstrecke entlang,
wo in kurzen Abständen die Geräusche der Fahrzeuge zu hören sind.
Nach dem Bau der neuen Verkehrswege sind wohl die Wiesen des Dorfes ausgetrocknet,
so wie am Anfang des 18.Jhds.

Betriebsamkeit ist von früh bis spät,
ohne Kirchenzwang und ohne die strenge hierarchische Ordnung der alten Tage.

Auf den wenigen noch bearbeiteten Wiesen und Feldern sieht man keine Schnitter mehr-
nur noch selten ein landwirtschaftliches Gerät.
(Im Westerwald ist die Weidewirtschaft immer mehr zur Hobbypferdehaltung mutiert)
Alte Gräber sind längst abgeräumt, nicht mal mehr die Namen derer,
die hier von Anfang an lebten, sind zu finden.
Der Friedhof wurde an den Ortsrand verlegt, alte Häuser stehen leer,
die jungen Leute haben neu gebaut und so das Dorf -nur flächenmäßig,
nicht von der Einwohnerzahl her- ausgedehnt.
Keine Kuh- und Ziegen, die gemächlich durchs Dorf getrieben werden,
selbst die Familienbande sind so viel anders als damals.
Die alten Berufsbilder sind verschwunden, so daß kaum noch einer weiß,
wie die Arbeitsabläufe damals waren.
In manchen Vorgärten oder verlassenen Scheunen findet man noch seltsame alte Geräte,
die wohl die meisten Menschen nicht mal mehr dem Namen nach kennen.
Die Dorfsprache ist eine andere geworden - der Dialekt ist fast nur noch im Zungenschlag zu hören.
"Der Dorfklatsch tritt gegenüber dem übermächtigen Schwall
von Nachrichten und Sensationen aus dem Fernseher"
Schreibt der Autor- was ich so aus unserem Dorf nicht kenne,
wo überall -wie eh und je- ausgedehnt und bei jeder Gelegenheit "Dorftratsch" gehalten wird.
Selbst in der nahen Kreisstadt Weilburg wird diese Tratschkultur gepflegt!
Zum Lärm in den Wohngebieten muß ich sagen, daß hier die Einwohner selbst schuld sind-
man muß nicht jeden Meter mit zu dicken und lauten Fahrzeugen zu schnell und mit Ellenbogen fahren-
rücksichtsvoll und mit mehr Miteinander geht auch !

Wir können aus der alten Zeit einige gute Sachen übernehmen,
ohne unserem modernen Denken abträglich zu werden.
Modernitäten sind nicht immer Fortschritt, manchmal sind sie sogar Verarmung:
Wenn jede Mutti -womöglich mit der Großraumlimousine-
jedes Kind einzeln vom Bahnhof oder von der Bushaltestelle abholt,
wenn die Schule aus ist - wo bleibt der soziale Kontakt und die Gesundheit,
wenn die Kinder nicht mehr zusammen den Weg gehen, sich dabei unterhalten und frische Luft tanken,
die Glieder nach dem stundenlangen Stillsitzen wieder bewegen können?
Die Zeit und die Lebensqualität wird auch nicht besser dadurch,
daß die Kids nach der Schule zu Events, Reiten, Musikschule, zu Sportclubs gekarrt werden-
das führt nur zur hypernervösen Zappeligkeit und dem inzwischen als Krankheit
anerkannten Aufmerksamkeitsdefizit,
wenn jenen in der Freizeit -nach den Hausaufgaben- alles verplant und verstellt wird.

***

Zur Zeit des Baues der Lahntal-Eisenbahn rief die Nassauer Herzogin Adelheid
zu wohltätigen Spenden für die hungernde Bevölkerung des Oberwesterwaldes auf.
Das große alte Nassau-Oranien war in Erbteilung zerteilt und wohl nicht mehr sonderlich zahlungskräftig.
Die ergreifenden Bitten mancher Pfarrer aus dieser Gegend suchten nach Brotgetreide und Kochmehl nach:
"um den Kleinsten wenigstens ein paarmal die Woche ein Süppchen kochen zu können!"

***

Die Sonne war eben untergegangen.
Über den flachen Westerwaldbuckeln lag noch das Abendrot.
Müde ging Anton Spiesgen heimwärts,
die schwere Hacke auf der Schulter,
und suchte stolpernd seinen Weg zwischen Wacholdergebüsch
und den gewaltigen Basalt-Blöcken, die, moosbewachsen,
weithin das Land bedeckten.
Er hatte den ganzen Tag gearbeitet, Büsche gerodet,
und Steine auf dem Rain zusammengetragen, damit das Gras
für seine Kühe und Schafe nicht gar zu spärlich bliebe.
Aber nein, es war ein Jammer mit diesem Land.
Sobald die Hacke in die Erde fuhr, traf sie auf Felsen und lockeres Gestein.
Kein Wunder, daß hier nichts wachsen wollte.
Nun blieb er stehen und nahm die Hacke von der Schulter.
Sein Blick ging hinüber auf das Dorf.
Köngshofen hieß es.
Welch ein fürstlicher Name!
Aber wie erbärmlich sah es darin aus!
Die Häuser waren zerfallen.
Der Wind strich durch offene Fenster und Türen.
Von neun Familien waren acht fortgezogen.
Nun wohnte nur noch er mit seiner Frau, den Kindern und dem alten Vater darin.
Wie lange noch?
Er setzte sich auf einen der Basaltblöcke und ließ die Hacke ins Heidekraut fallen.
"Zu wenig zum Leben und zu viel zum Sterben",
murmelte er, den Kopf gestützt, vor sich hin.
Er dachte an die Ernte dieses Jahres.
Fünf Säcke Hafer hatte er auf den Speicher gebracht,
kaum das Doppelte der Aussaat.
Und Gerste, nein, es lohnte sich nicht, davon zu reden.
Welch eine Plage war es gewesen, das Land zu pflügen!
Vier Kühe hatte er vor den Pflug gespannt, und am Abend hatte er seine Arme nicht mehr gespürt.
Und der Sumpf, dieser furchtbare Sumpf!
Jeden Herbst und jedes Frühjahr wurde er zu einem See, der die Äcker überschwemmte.
Mühsam stemmte Anton mit beiden Armen seinen Körper von dem Steine hoch
und nahm die Hacke wieder auf die Schulter.
Jeden Abend, sobald die Sonne untergegangen war, kroch die Kälte an den Gliedern empor,
und der Wind trieb es stärker als bei Tage.
Ja, immer war er da, der Wind, mitten im Sommer.
Erst recht im Winter, wenn der "Woost" über die kahlen Höhen "jaikte"
und Wege und Gräben, ja, selbst die Dörfer, mit seinem Schnee verschüttete,
so daß man wochenlang nichts tun konnte als Schnee schippen und manchmal einen Tunnel graben
vom Haus zur Scheuer oder zum Nachbarn hinüber.
Und die Kinder zitterten und beteten ein Vaterunser,
wenn der Wind und die Wölfe vor dem Dorf um die Wette heulten.
Es war ein Jammer in diesem Land!
Da drunten aber an Rhein und Lahn - so hatte er sagen hören -
wuchsen Korn und Weizen, da trugen die Bäume Früchte.
Äpfel und Birnen, da gab es keinen Woost und keine Wölfe.
Ach, wenn er sich doch vom Vater nicht hätte umstimmen lassen, damals,
als er hinunterziehen wollte ins Limburgische.
Aber auch er selbst hatte es nicht übers Herz gebracht,
alles zu verlassen, den alten Mann, das Haus, in dem er Kind gewesen war, den Hof.
"Geh, Anton," hatte der Vater gestern gesagt,
"geh ruhig, ehe deine Kinder vor Hunger umkommen.
Ich aber - ich will in Königshofen sterben".
Doch Katharina, die Frau, hatte gemeint:
"Nein, wir dürfen den Vater nicht allein lassen".
"Wir werden es müssen, wenn er nicht mit uns geht",
sprach Anton jetzt gesenkten Kopfes vor sich hin.
In der Nacht hörte er ein Klopfen an der Tür.
"Die Wölf", keuchte die heisere Stimme des Vaters,
"die Wölf sind da, im Schafspferch"
Anton sprang aus dem Bett.
Im Augenblick hatte er Kleider am Leib und Schuhe an den Füßen.
Er eilte die knarrende Treppe hinunter.
Im Dunkel des Schuppens nahm er die Axt, die jederzeit greifbar neben der Tür lehnte.
Er lief durch den Garten und sprang über den Pferchzaun.
Wie Gespenster huschten die Wölfe mit langgestreckten Leibern um ihn her und stoben davon,
nur noch als schwarze Striche im fahlen Mondlicht erkennbar.
Zwölf seiner Schafe waren gerissen.
Nur drei lagen noch lebend am Boden und er selber -
er bemerkte es erst jetzt - war an der Schulter verwundet,
daß ihm das Hemd in Fetzen herabhing und Blut am Arme niederrann.
"Nun gehts nicht mehr länger", sagte er zu Katharina,
als sie ihm mit noch zitternden Händen einen Verband um die Schulter legte.
So packten sie am nächsten Tag den Wagen.
Sie sprachen kein Wort bei dieser Arbeit.
Manchmal trat Katharina ins Dunkel unter dem Kamin und ließ den Tränen freien Lauf.
Auch Anton würgte es in der Kehle.
Martin, der Alte, hatte sich in der Aushaltkammer eingeriegelt.
Er wollte nicht sehen, was im Hause geschah.
Die Kinder liefen eifrig hin und her und halfen, was sie konnten.
Ihre weitgeöffneten Augen waren voller Erwartung.
Nur der Älteste fragte einmal die Mutter:
"Kommen wir denn gar nie mehr zurück?"
Am folgenden Morgen saßen sie noch einmal in der rauchgeschwärzten Küche
um den schweren Eichentisch zusammen und aßen den Haferbrei aus der irdenen Schüssel.
Anton hatte seine besten Kleider angezogen:
Den blauen Kittel, die blauen Kniehosen über weißen Strümpfen und Schuhe mit blanken Schnallen.
Der große Dreispitzhut hing schon am Nagel der Tür.
Ja, Anton wollte auch im Niederland ein Westerwälder bleiben.
Martin Spiesgen ging noch ein Stück Weges mit ihnen.
Vier Kühe waren vor den Wagen gespannt und eine neben den drei Schafen am Seil hinten angebunden.
Der Alte stützte sich auf den Arm des Sohnes, bis zum Salzburger Kopf.
Keiner sprach ein Wort.
Dann griff Anton den Kühen in die Zügel.
"Jetzt mußt du umkehren, Vater!" sagte er.
Die Kinder sprangen vom Wagen, und Großvater Martin umarmte sie alle,
während seine Lippen zuckten und die Enden seines Bartes über den blauen Kittel zitterten.
"Daß es euch gut gehe", murmelte er, "und Korn und Weizen..
und Apfel auf den Bäumen.. und mir ein gnädiges Ende."
Er saß noch lange auf dem moosbewachsenen Basaltblock.
Er sah, wie sie auf die feste Kölner Straße einbogen, und wollte ihnen winken.
Aber er brachte die Hand nicht mehr hoch.
Er blickte ihnen nach, so lange er sie sehen konnte.
Dann schlurfte er heimwärts.
O Gott, wie schwer ihm das Gehen wurde!
Erst nach Stunden erreiche er das Haus.
Er setzte sich auf die Bank in der Küche und ließ den Kopf langsam auf den Eichentisch sinken.
So fand ihn vier Tage später ein Bauer aus Neukirch.
Und man begrub ihn auf dem vergessenen Friedhof, ihn, Martin Spiesgen,
den letzten Einwohner von Königshofen, im Jahre 1566.

(Alte Überlieferung, gefunden im Rhein-Lahnfreund von 1962)

***

Das Reisen vergangener Tage war total anders - hier eine Beleuchtung:
Kaum ist Mattes auf der Köln-Frankfurter-Straße, wird es lebendig ringsum.
Drei, vier, nein fünf schwere Packwagen kommen von Köln und fahren nach Arnshöfen hinunter.
Vorweg zwei Reiter in bunter Kleidung, vor jedem Wagen vier schwere Pferde,
und zum Abschluß drei Reiter.
Die Wappen auf dem schwerbeladenen, knarrenden Wagen, das messingbeschlagene Lederzeug
an den gutgenährten schweren Pferden, alles das läßt auf ein reiches Unternehmen schließen.
Jetzt lenkt eine elegante Kutsche die Aufmerksamkeit von Mattes auf sich, deren Pferde in
leichtem Trab die Höhe herunterkommen.
Auf dem Bock sitzt ein vornehm gekleideter Kutscher, die Zügel lässig in den Händen haltend.
Die Fenster aber sind dicht verhangen, gewiß schläft die Reisegesellschaft.
Vor sich erblickt Mattes eine Weile später einen großen Trupp, es sind Bauern, die Kühe und Rinder
mit sich führen; sie wollen wohl nach Koblenz zum Markt.
Immer bewegter wird die Straße.
Hier kommt ihm ein Handelsmann entgegen, erkenntlich durch die hohe breite Kiepe auf seinem Rücken,
vollbepackt mit allerlei Kram, dort wandern Handwerksburschen, Zimmerleute, Maurer,
man erkennt sie an der Kleidung und an dem Werkzeug, das sie mit sich führen.
Auf der Koblenzer Straße ist der gleiche Betrieb:
Fuhrleute mit Holzladungen, Säcken, Fässern, und da sogar ein Hochzeitswagen.
Er ist mit Möbeln vollbeladen, die Brautleute obenauf,-
hier auf dieser Straße sieht man in einer Stunde mehr Leute als im Dorf in der ganzen Woche-
schon allein das ist ein Fußweg nach Koblenz und zurück wert!

Am 29. März 1853 ist ein ganzes Dorf nach Amerika ausgewandert- Sespenrod im Gelbachtal.
Ein einsames steinernes Kreuz am Wegrand im Gebüsch blieb und die alte Kirche-
der Rest wurde geschleift oder abgebaut und zu den Nachbardörfern gebracht.

***

Noch ein wenig zu den Marktpreisen:
In den Jahren zwischen 1856/66-1900 , umgemünzt auf die Mark, die noch aus Silber war -
(Vor der Reichs- und vor der D-Mark, welche 0,96 Euro entspricht)
kostete die Tonne Weizen 194 Mark, Korn 142 Mark, Gerste 135 Mark, Hafer 130 Mark.
Vom Hektar Land kam - je nach Bodengüte - 8 bis 18 Doppelzentner Weizen oder Korn,
5-15 Doppelzentner Gerste oder Hafer.
Der Tagelöhner verdiente Eine bis Zweimarkvierzig am Tag.
Ein Arbeiter beim Wasserbau bekam 1,08 Mark für seine 12 bis 14 Stunden Schicht,
ein guter Maurer bis zu 1,50 Mark.
Steinbrecher und Tunnelarbeiter kamen auf 2,40 Mark.
Frauen bekamen etwas mehr als die Hälfte der Männerlöhne.
1859 bekam der Lehrer 865 Mark im Jahr, so viel wie ein Eisenbahnführer.
Ein Pferd kostete 450-600 Mark, ein Ochse 240-375 Mark,
der Kilometerpreis in der III. Klasse betrug 3 Pfennige,
der Leutnant des Nassauischen Militärs bekam im Jahr um 1864 1100-1350 Mark.
Der Hauptmann erhielt 2500-3600, ein Tierarzt 1100-2200, ein Medizinalrat 2900-4300 Mark,
ein höherer Lehrer (Gymnasium) 1800-3600 Mark im Jahr.
Der Direktor der Nassauischen Staatsbahn bekam im Jahr 4800 Mark, ein Lokomotivführer 900-1100 Mark.
Der Zentner Kartoffeln kostete 2 Mark, das Pfund Butter 1 Mark, das 4 pfündige Brot 50 Pfennig,
Rindfleisch 60 Pfennig (Pfund) , Schweinefleisch 66 Pfennig, ein Schoppen Bier (1/2Ltr) 14 Pfennig.
Rechne ich heute (2022) 14 Euro für das Kilo Rindfleisch, kommt der Faktor 11,6 heraus.
Somit wären die 14 Pfennig gut 1,62 Euro für 1/2 ltr Bier.
Die Kartoffeln kosten heute nur 1/3 des Preises von damals.
(Weil Mark gleich Euro und Pfennig gleich Cent geworden sind)

Nach dem 2. WK bestand offiziell kein Unterschied mehr zwischen Mann und Frau, wenn es um die Löhne ging.
"Eine gute Lebensschule machen die jungen Männer mit, die auf Grund der allgemeinen Wehrpflicht,
ihres Gesundheitszustandes und ihrer Abkömlichkeit zur Bundeswehr müssen.."
"Die großen sozialen Veränderungen haben auch Schattenseiten. Da der wirtschaftliche Aufschwung
den Bedarf an Arbeitskräften so enorm gesteigert hat, ist das Reservoir völlig erschöpft.
Das führt zu unerfreulichen Situationen in vielen Betrieben, zu immer größeren Ansprüchen
auf dem Lohnsektor und zu einer immer größer werdenden materialistischen Einstellung.
Man strebt im Eiltempo einen immer besseren Lebensstandard an."
Der Autor dieser Zeilen aus dem Jahr 1965 ist sich dessen wohl nicht bewußt,
daß "Wertschöpfung" auch Teilhabe bedeutet,
daß durch den Zuzug der ersten Gastarbeiter diese Entwicklung
-zum Nachteil der einheimischen Beschäftigten- gedämpft wurde,
während der Unternehmer sich wahrhaft goldene Zeiten holte - ohne Bescheidenheit!

Doch zurück zu den Zeiten, als die Kutschen noch fuhren, an Eisenbahnen noch nicht zu denken war:
Das "Grundrührrecht" war ein Ding, das die Herrschaften erfunden haben,
um ihre Kassen durch eine Sonderabgabe zu füllen:
Wenn ein Wagen - was nicht so selten geschah, weil die Straßen in einem schlimmen Zustand waren -
ein Rad brach,
die Kutsche den Boden berührte, kamen sofort Reitersleut der Herren und beschlagnahmten den Wagen.
Nicht aus Sicherheitsgründen, sondern nur, um alles für den Fürsten zu requirieren-
was den Grund und Boden berührte, der dem Herrscher war, dem war auch alles, was darauf stand.
Windig, aber wohl wahr gewesen.
Die Pferde verblieben im Eigentum des Händlers oder Kutschers.
So manche teuere Ladung ist dabei in den Kammern der Burgen und Schlösser gelandet..

Knittrige alte Männer ohne Zähne wurden mit einem Löffel im Mund rasiert, damit die Haut straff genug war,
daß das Messer nicht einschnitt.
Über den Löffel barbieren!

1880 hatten die Läden Sonntags ab 11-16 Uhr und an Werktagen bis 21 Uhr geöffnet..

Der "feurige Elias" fuhr zwischen St. Goarshausen und dem Hinterland,
Berufspendler und Schüler fuhren in den grünen Wagen,
manchmal wurde im Schein von Kerzenstummeln die Hausaufgaben gemacht..
Der Lokführer war noch eine richtige Autorität, er rauchte sein Pfeifchen erst zu Ende,
dann ging die Fahrt los - nicht vorher!
(Später lud man zu viele und zu schwere Lasten auf die Wagen,
die mit immer stärkeren Lokomotiven gezogen wurden-
das hat das Gleisbett zerrüttet und die Schienen deformiert, die dafür nicht ausgelegt waren.
Das Ende vieler Kleinbahnen kam auf diese Weise- nicht nur durch die mangelnden Passagierzahlen.
Der Dichter H.A.Weber schildert seine Eindrücke, die ich Euch, geneigte Leser, nicht vorenthalten will.

"Ich stehe auf dem Bahnsteig zu Katzenelnbogen und warte auf den Zug.
Vielleicht hat der Name Katzenelnbogen, dem ich nachsinne,
ein wenig schuld an der Verwandlung, der in anheimfalle.
Das Stationsgebäude ist ziegelrot und vom Ruß angeschwärzt.
Ein Pfiff reißt mich aus dem Zustand zwischen Wachen und Traum.
Ich blicke auf. Ich lächele.
Ein Spielzeugbähnlein bimmelt heran, ein Bähnlein Liliput.
Man möchte sich auf den Bauch legen und wie ein Kind zu Weihnachten mit der Eisenbahn spielen.
Aber da blickt aus dem winzigen Stand der Lokomotive ein schnauzbärtiges Gesicht.
Dieses rußige Gesicht verschaffte dem Bähnlein Respekt.
Ein wenig verzaubert gehe ich über die fingerbreiten Schienen.
Ich suche die Zapfen, mit denen sie ineinandergesteckt sind.
Hinter der Lokomotive hängen zwei Wagen, zwei Wäglein.
Der eine hat kleine Fenster, das andere ist der Packwagen.
Das Wäglein mit dem Personenabteil hat bequeme kleine Trittbretter,
das unterste ist nur eine Spanne breit vom Boden entfernt.
Blecherne Türen und halbhohe Seitenteile umschließen die Plattform.
Die Verzauberung wird stärker.
Die Gestalten schrumpfen ein.
Ich selbst werde kleiner, setze mich an ein Fenster auf eine zierliche Bank.
In der Ecke steht ein viereckiger Ofen.
Es muß sehr angenehm sein, wenn im Winter das Feuer im Ofen brennt und der Pfeifendunst wölkt.
Barockengelchen halten einen Aschenbecher an der Wand unter dem Fenster fest.
Es hat den Anschein, als wollten sie durch das Fenster ins Blaue entfliegen;
aber da steht in sehr deutlicher Schrift:
Nicht hinauslehnen!
Unter dem Fenster, das nicht aufgeht, wie die aufgemalten Fenster der Spielzeugeisenbahn.
Es kommen märchenhafte Passagiere in den Wagen.
Ein Dicker mit einer Eichelhäherfeder am Hut,
eine dürre Frau mit einer Warze neben der Nase,
eine Jungfer Helene und ein strahlendes Bauernmädchengesicht.
Sie fragen sich gegenseitig nach Woher und Wohin und sind bald in einem umständlichen Gespräch.
Mit markerschütternden Pfiff setzt sich die Lokomotive in Szene.
Es gibt ein Gerucke - und wahrhaftig, da fährt das Bähnlein langsam aus der Station.
Quer durch die Äcker geht die Fahrt.
Die Furchen rennen über die Buckel in der Ferne.
Dörfer liegen im Sonnenlicht, blinkend, klein, wie nicht ganz wirklich.
Die Lokomotive Pustestark legt Tempo vor.
Es gibt verwegene Kurven, beängstigend legt man sich nachgebend ein wenig zu Seite.
Man kann ja nie wissen.
Es ist eine lärmende Fahrt, die Zähne schlagen aneinander.
Das Bähnlein hat eine gewalttätige Art, wenn es so im Rennen liegt.
Draußen gehen in ungenauen geschüttelten Linien die Höhen des Einrichs vorüber.
Wellblechstationen gebieten Halt, sie liegen ab von den Dörfern.
Eine Talsenkung ist durchfahren.
Nun kommt die Steigung zur jenseitigen Höhe.
Die Lokomotive "Ichschaffsvielleicht" strengt sich furchtbar an.
Ich bin auf die Plattform gegangen.
Die Lokomotive ächzt und stöhnt.
Der ruß-ige Lokführer schaut durch das ovale Fensterlein zu mir zurück,
er lacht mir mit blankem Gebiß und freundlichen Augen zu.
Ein Spatz flattert daher.
Er läßt sich auf den kleinen Tender nieder und macht die Reise mit, ein blinder Passagier.
Aber da hat die Lokomotive die Höhe geschafft und eilt leichtfertig zu Tal,
blickt angeberisch nach rechts, nach links.
Das Züglein klirrt und schüttelt und lärmt.
Selbst der Spatz plustert bedenklich das Gefieder, bereit zum Start vor der Gefahr.
Dann aber plötzlich zieht die Lokomotive alle ihre musikalischen Register.
Dampf zischt, die Pfeife schreit, die Glocke bimmelt.
Da entflieht der Spatz.
Ich blicke ihm nach, indessen der Zug stolz und im Endspurt Nastätten anläuft."

***

Ein alter Landrat erzählt:
"In unserer Heimatgemeinde lebten Menschen von beispielhaftem Lebensmut geprägt
und geformt von einer mehr als 1000 jährigen, wechselvollen Geschichte,
Katastrophen und Prüfungen wurden ihnen zuteil,
sie wurden mit aufgewühlt von den Erschütterungen der Jahrhunderte.
Die Männer mit wetterharten Gesichtern und klaren Augen, bekleidet mit den blauen Kitteln,
bisweilen hart wie die dürftigen Äcker, die Frauen mit ihrer schlichten Art, in sich gekehrt,
die aber am Tisch auch zu befehlen und zu regieren gewohnt waren-
sie haben das Bild unserer Heimat geformt."

Man sieht wohl, daß die Rechtschreibung eine andere war.

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"Unsere Ahnen taten ihr Werk mit Gottvertrauen.
Wenn mein Vater morgens die Kühe anspannte zum Pflügen der Flur,
dann rief ihm die Mutter nach- Gott walts! zu.
Unsere Vorfahren lebten mit der Kirche, in der Welt der Kirche vom Taufstein bis zum Friedhof"
An dieser Stelle möchte ich ein wenig einhaken und bemerken, daß Kirche stets Zwang von oben war-
eine Freiwilligkeit sehe ich dabei nicht- was nichts mit dem tiefsitzenden Glauben zu tun hat,
der wohl eher aus der Ur-Zeit stammt und mit der Natur zu tun hatte:
Von gewissenlosen, selbstsüchtigen Gaunern kanalisierter Ur-Glaube,
dem der Jesu übergestülpt wurde.

***

Noch ein paar Daten aus der Besatzungszeit und Inflation:
So kostete 1923 ein Brot von 1900gr
im April 850, im Juni 2500, im September 900.000 im Oktober 350 Millionen im November 800 Milliarden Mark!
Im April 1922 zahlte ein Werkstudent eines großen Stahlwerks
in der Kantine für ein Mittagessen ohne Fleisch 12 Mark.
Bei 8 Stunden Arbeit am Tage im Steinbruch verdiente man 1923 im März 12.000 Mark.
1923 kostete eine Tasse Kaffee 3 1/2 Milliarden Mark.
1912 kostete 1/2 Pfund Wurst -halb Leber- halb Blutwurst 35 Pfennige.

Hier sieht man den Irrwitz des Geldwertes auf Papier oder noch besser
den Irrwitz derjenigen, die das Volk an der Nase herum führen
um sich auf dessen Kosten Elfenbeintürme zu bauen und aus schierem
Übermut oder Hass "Schlachten" anzettelt.
Es fehlt schlicht die Kontrolle und die Demut, den Menschen im Land
überhaupt vorstehen zu können.

Vor 1918 waren die Orte und Straßen nachts in völliger Dunkelheit-
das elektrische Licht kam erst langsam auf.
Schlechte, nicht ausgebaute Ortsstraßen gab es da, man begann langsam in den Gassen Rinnen anzulegen.
1913 wurde in vielen Orten erstmals eine Kanalisation gebaut-
das Wasser wurde noch am Ziehbrunnen geholt und in die Küche
mit ihrem Lehmstampfboden gestellt, der oft nur zum Teil gepflastert war..
Das offene Feuer brannte und schwärzte unsere Küchen im Dorf, im Westerwald.
Der Rauch zog ab durch den Rauchfang, in dem Schinken und Würste hingen.
(Letzteres dürfte nur in Bauernhäuser der Fall gewesen sein,
die Handwerker hatten dafür kein Geld)
Das Wohnzimmer, das zugleich Schlafzimmer war, wurde spärlich beleuchtet durch eine Petroleumlampe.
Im Wohnzimmer, ausgeschmückt mit dem Kruzifix und drei Heiligenbildern, einem kleinen Schränkchen,
mit Familienerinnerungen und dem Brett, auf dem die Hl. Schrift lag, stand das elterliche Schlafbett.
Am Fußende, in der Nähe des Ofens, wie allgemein üblich (wohl nur im Westerwald),
die Bettbank- darin langen zu viert die vier Buben, wie der Landrat berichtete.
Die Wände oben in den Häusern waren dünn, die Fenster zugig und klapperten-
im Winter mit Eisblumen dran an den Scheiben.
Neugierige Mäuse äugten aus einem Loch in der Decke- dort wo Korn auf dem Boden lag.
Kinder behandelten die Igel geradezu heilig, dagegen sollen die Fledermäuse,
die zu hunderten in den Scheunen schliefen,
bei einsetzender Dämmerung mit hochgeworfenen Mützen
zu einem -unfreiwilligen Besuch bei den Buben eingeladen worden sein..

Ein alter Spruch aus einem Schloß:
"Moderata durant" (Maß und Mitte haben Bestand- oder wie ich das übersetzen würde:
In Bescheidenheit durchhalten)

Der "Kanonenkönig" und Stahlhersteller weilte gerne in seinen ausgedehnten Jagdpachten,
lud allerlei Politiker und Magnaten und Adelige und andere Prominente
zu sich ins Jagdschlösschen ein, um rauschende Feste und prunkvolle Jagden zu veranstalten.
Damals soll eine "schier endlose Reihe schwerer
feiner Gespanne" vorgefahren sein.. (wie heute auch, gerade in dem Jahr 2022, wo der Krieg in der Ukraine tobt)
Den vielen Zaungästen blieben generös wie er war, die Reste,
den Treibern ein feines Mahl, von dem die Familien noch lange erzählten..
Ich könnte mir denken, daß die wirklich wichtigen Verhandlungen
auch heute noch in ähnlicher Weise getan werden.. was absolut nichts mit Demokratie zu tun hat.
Die Jagdstrecke eines Tages betrug 50-60 Hasen, 30-40 Rehe, 20-30 Stück Flugwild,
das in einen eigens bereit gestellten Wagen zum Verkauf an die Wildbretgeschäfte der Städte gingen.
Zuvor wurde das Wild- wie heute heimlich auch getan wird-
jährlich zwischen November und April ca 250 Zentner Dickwurz,
30 Zentner Malzkeime und Kleie, - zusätzlich Mengen an Kastanien,
Eicheln und Möhren - an- und fettgefüttert.
Wie weit das "waidgerecht" genannt werden kann, obliegt freilich den hohen Herren.
Es war wie es heute noch ist- derjenige, der die Jagd hatte, besaß auch das Wild,
niemand durfte so einfach darin nach Wild suchen, ob mit oder ohne Waffenschein.
Auf diese Weise hatten die Waldeigner oder Fürsten oder heutigen Pächter immer einen fetten Braten.

Ein Bericht, der typisch für die Taten der durchziehenden Truppen war, egal ob Freund oder Feind:
"Eine schreckliche Zeit war für unsere Heimat der große Krieg, der 30 Jahre dauerte.
Damals hat Runkel an der Lahn seinen schlimmsten Tag erlebt.
Es war am 1. Oktober 1634.
Eben dämmerte der Morgen, da schreckten wiederholt Hornsignale die Runkeler aus dem Schlaf.
Die Wächter der Burg hatten verdächtige Reiter wahrgenommen,
die sich dem Ort näherten.
Der Kuhhirt vom Obertor und der Schweinehirt von der Bornpforte bliesen aus Leibeskräften Alarm.
Die aufgeschreckten Menschen in den kleinen strohgedeckten Häusern hinter der Burgmauer ahnten nichts Gutes.
Mittlerweile hatten sich die fremden Reiter dem Städtchen genähert.
Dem Vortrupp folgte bald eine größere Horde wildaussehender Gesellen zu Pferde.
Es waren Kroaten, dunkelhaarige, grausame Kerle.
(Damals Verbündete Preußens gegen Napoleon)
In der Herrgottsfrühe waren sie vom Hauptlager der kaiserlichen Truppen in Limburg aufgebrochen,
um zu rauben und zu plündern.
(Soldaten hatten sich selbst zu versorgen!)
Jetzt erreichten die Kroaten die Stadtmauer.
Wie die Wiesel kletterte ein Haufen auf mitgeführten Leitern empor.
Der Widerstand der überraschten Bewohner war bald gebrochen.
Die wilde Schar drang schreiend in den Ort.
Anderes Raubgesindel stürzte nach.
Ein Teil der Feinde stürmte zum Tor.
Wer sich ihnen in den Weg stellte, wurde niedergestochen.
Als das Stadttor von innen gewaltsam geöffnet war,
konnte die Übermacht der kroatischen Reiter in Runkel einfallen.
Bald wimmelte es von ihnen im ganzen Ort.
Laut jammerten und wehklagten die Frauen.
Junge Mädchen flüchteten eilends ins Versteck.
Angstvoll klammerten sich weinende Kinder an Vater und Mutter.
Nun hörten die Einwohner auf der Gasse lautes Fluchen.
Die Plünderer zogen truppweise vor die Häuser, während etliche bei den Pferden blieben.
Wo sich die Hausbewohner hinter verschlossenen Türen in Sicherheit glaubten,
schlugen die rohen Soldaten Fenster und Türen ein.
Erbarmungslos hieben sie auf die zu Tode Verängstigten.
Gierig durchwühlten sie in Stuben und Kammern die aufgebrochenen Truhen, Kisten und Kasten.
Geld und Schmuck, Kleider und Leinenzeug, sogar Hausgeräte holten sie da hervor und ließen alles mitgehen.
Aus den Räucherkammern stahlen sie Würste und Schinken.
Andere stürzten in die Scheunen und Ställe.
Dem aufgescheuchten Federvieh drehte man die Hälse um.
Schweine und Kälber wurden abgestochen.
Ihr Hauptbegehr aber waren Pferde, Rindvieh, Hafer, Erbsen und Korn.
Heiner Dick wollte seine zwei Pferde nicht hergeben.
Da schlug ihm einer der wüsten Kriegsleute mit dem Säbel so über den Kopf, dass er bald danach starb.
Schlimm ging es auch bei der Schankwirtschaft zu.
Die feindlichen Reiter forderten Wein, Bier und Schnaps.
Ans zahlen dachte keiner.
Und weil der Wirt und seine Wirtsfrau nicht schnell genug das Verlangte herbeischafften,
zerschlugen die Kerle Tische und Stühle und holten sich alles selbst aus dem Keller.
Das war ein Schreien, Johlen und Toben!
Betrunkene Kroaten stürzten sich auf wehrlose Bürger,
um ihnen die letzten Habseligkeiten zu erpressen.
Von etlichen alten Leuten wollten sie wissen, wo sie ihre Wertsachen vergraben hätten.
Und da sie keine mehr hatten oder einige es nicht verraten wollten,
warfen die Rohlinge sie zu Boden und fesselten sie an Händen und Füßen.
Dann legte man den Unglücklichen ein Seil um den Hals, um sie zu foltern.
Mit dieser Schlinge erwürgte man einige alte Leute ohne Barmherzigkeit.
In der Kirche zerschlugen Trunkenbolde den Sammelkasten und raubten das Almosengeld für die Armen.
Dann zog der größte Teil der Horde vor das Schloß.
Die Burgleute mußten vor der Übermacht weichen und das Schloß wurde vollständig geplündert.
Dem jungen Grafen Philipp Ludwig führten sie als Gefangenen mit.
Am schlimmsten aber trieben die Kroaten ihr Teufelswerk vor ihrem Abzug aus Runkel.
Kaum waren die Wertsachen aus der Burg fortgeschafft,
da flogen Brandfackeln in das trockene Holzgebälk und auf die Schindeldächer.
Im Nu breitete sich das Feuer aus.
Krachend brach die Decke des Rittersaales und der angrenzenden Gemächer zusammen.
Die lodernden Flammen fanden in der Burg immer neue Nahrung.
So brannte sie fast vollständig nieder.
Nicht besser erging es dem Städtchen.
Auch dort zündeten die sinnlos Wütenden viele Häuser an.
Entsetzt flohen die meisten Einwohner.
Der frische Oktoberwind entfachte die ersten Brände zu einer weithin sichtbaren Feuersbrunst.
Rauchende Trümmerhaufen, geschwärzte Mauerreste und verkohlte Balken verrieten noch lange Zeit,
wie die Kroaten in Runkel gehaust hatten.
Nur acht Häuser von etwa 50 sollen erhalten geblieben sein.
Die meisten Überlebenden suchten bei Verwandten in der Umgebung eine neue Unterkunft.
Viele waren durch die Quälereien der Fremden zum Krüppel geworden.
Brand, Raub und Plünderung hatten die Runkeler zu armen Menschen gemacht.
Deshalb vergingen viele Jahre, bis man den Ort und die untere Burg wieder aufbauen konnte."

***

Nun soll sich niemand mehr wundern, warum in Deutschland verschiedene Völker
sehr schlecht gelitten sind - lange vor dem Unrecht des 3. Reiches hat man
dem Land böse zugesetzt und das hat sich in der kollektiven Erinnerung eingeprägt,
so oft, daß irgendwann nur mal einer kommen muß, der anfacht und aufstachelt und so brennt
der Hass lichterloh - das ist wohl überall so in der Welt.

***

Soweit dieser Bericht, der so echt wie möglich sein sollte -
da gleich noch eine Geschichte, die ganz gut erklärt,
was es mit der sonderbaren Verordnung,
die oben bereits angeschnitten worden ist, auf sich hat:
Strikte Gesetze für Feierlichkeiten.

"Der Täufling ging verloren"
Von Karl Adamczak im Jahr 1964 verfasst.
"Der Herr Oberamtmann schob seinen Teller von sich, wischte sich mit dem Mundtuch über die Lippen,
und faltete es dann wieder zusammen.
Das war mal wieder ein feines Mittagessen, lobte er seine Frau, die beleibte Frau Oberamtmann,
die ihm gegenüber saß.
Geschmeichelt lächelte diese ihren Ehegemahl an und erwiderte:
Das höre ich gern, obgleich der Hauptteil des Lobes unserer Köchin gebührt.
Dennoch glaube ich, daß wir in unserem Haus ziemlich bescheiden leben!
Was mir da kürzlich wieder erzählt wurde von großen Festgelagen in unserer Gegend,
das grenzt ja förmlich an Ausschweifung!
Der Herr Oberamtmann nickte und langte nach einem Aktenstück, das auf einem kleinen Nebentisch lag.
Jaja, diese Festgelage haben in jüngster Zeit ein Ausmaß angenommen, daß ich nicht anders kann,
als von amtswegen dagegen einzuschreiten.
Ich habe hier einen von mir angefertigten Bericht an die kurtrierische Regierung
über Sitte und Charakter der Einwohner des Amtes Camberg,
den ich noch heute absenden werde.
Dieser Bericht ist mir, du kannst es mir glauben, nicht leicht gefallen.
Doch muß es sein.
Wenn es dich interessiert, will ich dir daraus vorlesen..
Ich habe in den letzten Jahren von Parrern, Lehrern, Bürgermeistern u.a. zahlreiche Mitteilungen erhalten,
wie auf unseren Dörfern die Hochzeiten und Kindtaufen begangen werden.
Selbst wenn ich zugebe, daß bei derartigen Gelegenheiten an Speise und Trunk nicht gespart wird,
schließlich will das Volk sich auch mal etwas gönnen und fröhlich sein -
so muß mich Umfang und Dauer solcher Festlichkeiten doch in allerhöchstes Erstaunen versetzen.
Ich höre da, dass Hochzeiten und auch Kindtaufen mehrere Tage und Nächte,
ja eine ganze Woche hindurch in Saus und Braus gefeiert werden.
Nicht selten nimmt mehr als die Hälfte der Dorfgemeinschaft daran teil.
Alle Gäste bringen als Geschenke Fleisch, Mehl, Eier und Butter in solchen Mengen mit,
daß das Brautpaar ein halbes Jahr und länger hätte davon leben können.
Mir wird von Tauffeierlichkeiten berichtet, es soll dabei so hoch hergegangen sein,
daß schließlich die Kindbetterinnen völlig vernachlässigt wurden.
Von einem Fall wurde mir bekannt, daß ein Täufling auf dem Wege von Camberg nach dem Filialdorf
von den Weibern unterwegs verloren wurde, nachdem die Taufpaten in Camberg
mit alkoholischen Getränken derart traktiert worden waren,
daß sie betrunken des Kindes nicht mehr ordentlich achteten.
Zum Glück war der Säugling in seinen dicken Umhüllungen weich in den Straßengraben gefallen
und darum ohne größere Beschädigungen davon gekommen.
Dieser Umstand wurde dann daheim erst recht gebührend begossen..
Der Oberamtmann unterbrach hier seinen Bericht und stärkte sich mit einem kräftigen Schluck.
Seine Frau tat es ihm nach, während ob des Gehörten schallendes Lachen aus ihr hervorbrach.
Der Herr Oberamtmann, nachdem er sein Glas auf den Tisch zurückgestellt,
hob die Hand, worauf die Frau ihr Lachen im Taschentuch erstickte.
Dann fuhr er mit ernster Stimme fort:
Noch betrüblicher sind die Nachrichten über die Begräbnisse.
Kaum, dass der Tote unter die Erde gebracht, die letzte Träne aus den Augen der Trauernden gewischt,
geht es schnurstracks vom Kirchhof in das Trauerhaus zurück,
oft auch wegen der vielen Trauergäste ins Wirtshaus.
Und dann wird geschmaust und getrunken ohne Maßen.
Von Trauer ist bald nichts mehr zu spüren, es wird gelacht und gescherzt,
schließlich getobt und gebrüllt.
Selbst von Schlägereien ist in den Berichten die Rede,
denen nicht selten Klagen bei Gericht folgten.
Der Aufwand an Trauerkleidung erregt auch verschiedentlich großes Aufsehen,
weil Erben und Schuldner sich um ihre Rechte betrogen fühlen.
Auch die Fastnacht wird von Jahr zu Jahr toller begangen.
In den Dörfern verkleiden sich Alte und Junge beiderlei Geschlechts,
ziehen unter lautem Gesang und Gejohle halbe Nächte und länger durch die Gassen
und verüben mancherlei Unfug.
Öffentliche Belustigungen bei Musik und Tanz in den Wirtschaften, aber auch private in den Häusern
ziehen sich über mehrere Tage und Nächte hin.
Was dabei gegessen und noch mehr getrunken wird, geht schon nicht mehr auf die berühmte Kuhhaut.
Desgleichen nimmt in letzter Zeit auch die Feier der Kirchweih Formen an,
die mit ihrer eigentlichen kirchlichen Bedeutung immer weniger zu tun hat.
In manchen Dörfern erstreckt sie sich über mehrere Tage.
Es wäre zu erwägen, so schlage ich vor,
das Kirchweihfest allgemein auf einen einzigen Sonntag im Herbst zu verlegen.
Soweit der Bericht, den der Oberamtmann seiner Frau vorlas.
Noch am gleichen Tage ging das Schreiben an die kurtriersche Regierung ab.
Nach einiger Zeit ergingen durch den Erzbischof von Trier etliche geistliche Verfügungen,
die das übermäßige Feiern in den Gemeinden zum Bezug hatten.
So wurden u.a. die Kirchweihen im gesamten Erzstift Trier auf den Sonntag nach Martini festgelegt.
Dammit sollte erreicht werden, daß die Dorfbewohner bei der Kirchweih unter sich blieben
und das Umherziehen auf fremden Kirchweihveranstaltungen unterbunden wurde.
Durch eine Landesherrschaftliche Verordnung vom Jahr 1773
wurde dann allgemein die Kirchweih auf einen Tag festgesetzt
und anbefohlen, diese Lustbarkeiten auf höchstens zwei Tage zu beschränken.
Gleichzeitig verbot diese Verordnung die üblen Gewohnheiten des Neujahranschießens
und des Mayensteckens an leidigen Weibspersonen und Wittiben,
wobei nicht selten nächtliche Ausschweifungen vorgekommen waren.
Auch die öffentlichen (nicht kirchlichen) Prozessionen zu Pferde,
die alljährlich von jungen Burschen abgehalten worden waren,
wurden hiermit untersagt und unter Strafe gestellt.
Auch diese waren mehr und mehr ausgeartet und hatten außer dem Namen Prozession nichts Religiöses an sich.
Zu erwähnen bleibt noch, daß bei allen Festlichkeiten, sowohl öffentlichen wie privaten,
nur Bier und Branntwein ausgeschenkt wurde.
Wein und Kaffee wurden allenfalls bei vermögenden Bürgern getrunken.
Für das Fest Christi Himmelfahrt wurde dagegen um die Kornflur eine Prozession ohne Geistlichen erlaubt.
Verantwortlich dafür blieb der Bürgermeister.
Nach Rückkehr dieser Prozession wurde in den Familien Milch mit eingebrocktem Weck verzehrt.
Daher bekam diese Prozession den Namen Weck- und Milchprozession"

Soweit diese lebendige Story aus alten Tagen,
die vom Obrigkeitsdenken mit dem seltsamen Sprachduktus berichtet,
der allenthalben anzutreffen war, wenn es um "Verordnungen und Verfügungen" ging.
Deren "Denke" - so würde man heute mancherorts sagen, war schon ziemlich schräg..

Zweihundert Jahre später zogen die Kosaken und Kalmücken und Husaren
als halbwilde Vaterlandsbefreier und trieben die Franzosen vor sich her,
die ihre Schlacht verloren hatten, durch Hadamar.
Die Chronik schreibt von grausamen Verstümmelungen, schreienden Menschen,
von denen 2/3 bald starben und wie Klafterholz aufeinander geschichtet wurden.
Die "Honoratioren" der Stadt hatten sich geschwind ein schlichtes bäuerliches Gewand gekleidet-
was nicht mal Feigheit genannt worden ist, weil jeder mit sich selbst genug zu tun hatte,
bei diesen Horden nicht unter die Räder zu kommen.. und das waren die angeblichen
Verbündeten und nicht die Feinde, von denen sie sich nicht so sehr unterschieden haben.

Bereits 1585 fand man in den Bachbetten und Hängen der Großen
und Schwarzen Nister (Um Hachenburg) Kohlenstücke,
Mit denen aber niemand was rechtes anzufangen wußte.
Man sprach von "unterirdischem Wald" - über den Verdacht, daß diese Braunkohle nur eine Deckschicht
über der eigentlichen Steinkohle wäre und deshalb nutzlos.
So verbrannte man die Braunkohle am Feld und gab die Asche als Dünger auf die Äcker,
bis sich dieses Brennmaterial als eine wertvolle und sichere Energiequelle entpuppte.
Die Förderung war allerdings sehr schwer und nur von kurzer Dauer, weil die Gruben schnell voll Wasser liefen.
Das Abtäufen des Wassers kam erst später auf, erst recht die Pumpwerke, die zuerst mit Pferden betrieben wurden.
Erst 1900 konnte von einem ordentlichen Abbau gesprochen werden.
Die Entdeckung der Kohle hat wohl - glaubt man den alten Aussagen-
gut ein Drittel der Bewohner des Westerwaldes in der Heimat gelassen,
die sonst hätten auswandern müssen, um zu überleben.

Der "Rhein-Lahnfreund" hat ab hier noch 11 Exemplare für mich,
die von den 1960iger bis zu den 1980iger Jahre führen und so manche Kuriosität
oder manches Wissenswerte in sich bergen, was entdeckt werden will.
Diese alten Hefte sind schnell verschwunden und unrettbar verloren,
sollte diese Bücherei einmal von der Stadt Weilburg (aus Kostengründen) aufgegeben werden.
Da von den Autoren keiner mehr lebt - was auf alle Zitate und Berichte auf dieser Seite zutreffen wird,
bin ich mir sicher, sie wären mir nicht böse, daß ich keine besondere Erlaubnis angefügen konnte.
An dieser Stelle sei ihrer guten Arbeit gedacht und eine Weile innegehalten:
In dem Mühen in der heutigen Multimedia-Zeit ein wenig aus den alten Tagen zu erzählen,
wird diese Seite wohl selbst zum Kuriosum, modern hin, digital her.
(Wer das selbst nachlesen möchte, dem kann ich nur das Buchantiquariat empfehlen,
der Druck ist längst eingestellt, soweit ich herausfinden konnte
und die alten Autoren sind - wie erwähnt - auch nicht mehr am Leben.)
Weiter gehts mit interessanten Dingen aus dem Rhein-Lahnfreund:

Trotz ständig wachsender Industrialisierung waren - zumindest bis zum ersten Weltkrieg
die Bewohner des Westerwaldes keine reinen Proletarier, sondern im Gewerk auch meistens
"Geisenbauer" und Kleinlandwirt - in welcher Form auch immer.
So blühte der Hopfenanbau und erreichte erstaunliche Größenordnungen.
Gemeinsam nahm man die bis zu 15mtr langen Stangen,
die alle zusammengebunden in einer Art Pyramide am Acker standen
und den Orten ihren Winter-Touch gaben,
im Frühjahr, spitzte sie, tauschte morsche gegen frische aus und stellte sie in Reihen auf.
Fleiß und Zähigkeit waren gefordert, denn der Hopfen "wollte jeden Tag seinen Herren sehen",
wie ein altes Sprichwort sagt.
Zur Ernte wurden die Stangen mit speziellen Hebetechniken abgesenkt
und die langen Ranken (Mahn) geschnitten und in Bündeln nach Hause transportiert.
Drei dieser Mahnen konnte eine fleißige Schnitterin am Tag schneiden.
Anschließend wurde der Hopfen gedörrt und verkauft.
Der Zentnerpreis lag zwischen 40-120 Mark.
Im Jahr 1911 war eine so gute Ernte im Westerwald, eine so schlechte in Bayern,
daß der Preis auf 330 Mark ging.
Den mittleren Hopfenbauern kamen 15, den besten 30 Zentner zur Ernte.
1941 wurden durch einen "Erlaß" die Stöcke vernichtet und eine Entschädigung gezahlt.
Seit dem sieht man nur noch vereinzelt wild wachsenden Hopfen.
Und wieder sieht man, daß in dem angeblich neuen Reich die alte Willkür loderte..

***

Gegen Ende des 16.Jhds. zogen zwei Junker des Limburger Schlosses regelmäßig plündernd in die Stadt,
nachdem diese sich einmal "blutige Köpfe geholt" hatten, hörte das auf und eine seltsamer Spuk begann:
Das "Muhkalb", ein Gespenst, setzte den Reisenden und Einwohnern zu.
Vorratskammern wurden geplündert, wobei es immer sehr derb zuging-
das Gespenst sprang auf den Rücken derer,
die gerade die Brücke überqueren wollten und nahm ihnen das Geld ab.
Die Leute verwünschten und reckten drohend die Faust zum Schloß - beweisen konnte man aber nichts.
Ein Amtman ließ einen Trupp ins Schloß nachgehen,
als vermummte Gestalten schwer beladen dort
hin zogen und so wurden die Täter überführt und später gerädert.
Es muß wohl 1850 gewesen sein, als plötzlich mit Gebrüll das "Muhkalb" erneut erschien,
und sich auf den Rücken eines Passanten schwang-
das Opfer war aber einer der stärksten Männer aus Limburg,
welcher beherzt zugriff und wie mit Eisenzangen das Gespenst mit beiden Händen fest hielt
- im Galopp auf die Wirtschaft zusteuerte, in der sich die übliche Runde zum Runkeler Roten traf..
er warf das Gespenst auf den Tisch..
Selbiges soll noch lange sehr krank gewesen sein, bevor es für immer verschwand..

***

Euler = Töpfermeister.

1478, so wird berichtet, sollen Störe noch häufiger,
ab 1786 jedoch keine mehr in der Lahn, ganz selten noch im Rhein gesichtet worden sein.
1567 soll ein Stör mit 83 Pfund Gewicht und 6-7 Fuß Länge gefangen worden sein.
(Selbstverständlich gehörte der Edelfisch sofort dem Landesherrn, keine Frage..)

So mancher holte sein "Preimchen" aus dem kleinen Laden,
wo auf der einfachen Holztheke ein handhoher, eherner Topf mit Deckel stand-
mit einem Holzgreifer wurden die in kleine Rollen gedrehter Kautabak
aus der Tabaksbrühe gefischt,
der dadurch feucht und frisch und mundgerecht gekauft werden konnte.
Daher wurden damals die "Spucknäpfe" gebraucht-
weil wohl die meisten den Tabak nach dem Genuß ausgespuckt haben.
Es sollen aber auch genug Leute den Tabak anschließend geschluckt haben.
"H annewacker" hieß der Hersteller dieses Tabaks, das war allgemein bekannt.
Als aus hygienischen Gründen immer mehr gegen die Spucknäpfe waren
und gleichzeitig die Zigarre und Zigarette aufkam,
hat man vom Prim gelassen, die Ausrede, daß dadurch die Zähne keimfrei würden, war dahin.
Nur noch bei den Bergleuten, die bekanntlich wegen dem Schlagwetter (Explosionsgefahr) nicht rauchen durften,
hielt sich die alte Gewohnheit noch länger.

***

Item - itemer - iddim.
In alten Urkunden werden Verzeichnisse gerne mit "item" fortgesetzt oder eingeleitet.
"item ein Morgen Land bei.. item ein halber Tag am Bach.. "
"Die drei Bernbacher Itemer kommen auch noch zur Messe"
Bei diesem Eintrag des Pfarrers, der eigentlich Latein konnte, wurde das Binde- zum Hauptwort.
(item, lat. ebenso, auch als desgleichen oder ferner übersetzt)
"Iddim of de Stockmauer" wurde in der Mundart gesprochen, was des öfteren überliefert wurde.
Die jüngere Generation nutzt dieses Wort, dessen Bedeutung kaum noch jemand kennt, nicht mehr.

***

Im 16.Jhd. hielt man nichts von Konfessionskämpfen -
die Untertanen mußten den Glauben des jeweiligen Landesherrn annehmen.
So wird von einem besonders pragmatischen Pfarrer erzählt, der 4 x die Konfession gewechselt hat,
mehrfach verheiratet war, div. Kinder hatte.
Als jener Kaplan Jakob Ebersbach in Breitscheid starb,
war er gut 85 Jahr alt und hatte über 60 Jahre lang in den Pfarrgemeinden
Siegen, Haiger, und Breitscheid als katholischer,
lutherischer, nochmals katholischer, wieder lutherischer
und schließlich reformierter Geistlicher gewirkt!
Viel Handschriftliches hat er nicht hinterlassen,
seine "Herde" war mit dem "Hirten" wohl zufrieden.
Die Christenpflicht nach Roemer 13,1 "Jedermann sei untertan der Obrigkeit"
hat er als Vorbild für seine Gemeinde erfüllt:
Der Nachsatz zum Apostelwort war in jener Zeit
-zumindest bei diesem Kaplan- nicht umstritten.
"..denn es ist keine Obrigkeit, ohne von Gott.."

***

Das erklärt das oftmals hochnäsige Verhalten mancher Dienststellen
und sogar bei gewählten "Volksvertretern" der heutigen Zeit..

***

Im Jahr 1527 schrieb der Pfarrer in Hundsangen ins Taufbuch,
daß er zwei Kinder getauft habe, mit "gutchristlichen Namen".
Die Zigeuner sind nicht immer "Haareleut" gewesen, wie es scheint.
(Haare - Heiden, Haruspex, lat. Wahrsager, Handleser)

Sonderbar, daß niemand dem Joseph Niepce gedenkt,
der das erste Negativ zeigte, das leider noch nicht fixierbar war.
Desgleichen ist der Physiker Carl August von Steinheil ziemlich unbekannt, der den "Aplanat",
ein photographisch-symmetrischer Linsensatz erfand,
der das Bild unverzerrt bei kleiner Blendenöffnung (große Blendenzahl) auch bis zum Rand scharf wiedergab..
Linse

***

In alten Fachwerkhäusern ist oben am Giebel manchmal ein "Jahreszeitenrad" aus Holzgewerk eingelassen.
Die Bedeutung wird vielfältig mit den Jahreszeiten gesetzt,
ein oder zwei Balken inmitten als die vier Jahreszeiten gedeutet.
Zeitgleich ist das eines der ältesten Symbole die man kennt.

Betrat man ein Westerwälder-Haus, so befand man sich gleich im Hauptraum,
dem "Ehrn" oder "Ern".
Sein wichtigstes Stück war der Herd, der ursprünglich aus einer niedrigen,
viereckigen Basaltsteinmauerung bestand.
Später machte er dem eisernen Herd Platz,
bzw. zuerst einmal nur einer gußeisernen Herdplatte mit herausnehmbaren Ringen..
welche eingemauert wurde.
Er war in der Wand zum Wohnraum eingemauert und heizte diesen mit.
Die Feuerstelle lag unter einem mächtigen Rauchfang, dem "Härf".
Der Boden des Ern bestand aus gestampftem Lehm, der vordere Teil war meist mit Basaltplatten belegt.
Über der offenen Feuerstelle hing an einer eisernen Stange der "Hehl",
ein eiserner Kochtopf mit drei Füßen, in dem die Alltagskost,
der Haferbrei "Breimelsbrei" gekocht wurde.
Eine Art "Porridge" ist der Haferbrei, Haferschleim allemal.
So berichtet die Chronik.
Das Küchengeschirr war ebenfalls sehr einfach.
Neben eisernen Töpfen und Pfannen waren hölzerne oder irdene Schüsseln in Gebrauch.
Buntes Steinzeug kam erst später hinzu, z.B. die "Stollertcher" und "Siegerländer Meckes".
Bis zum 17. Jahrhundert wurde die Stube von dem in die Wand eingebauten Herd mitgeheizt.
Nun kam ein besonderer Stubenofen aus Eisen, der "Verlorene Sohn" auf.
Er hatte als Verzierung die Darstellung des bekannten Gleichnisses aus der Bibel.
Außerdem erhielt die Wohnstube einen Tisch, eine Bank, mehrere massive Stühle,
ein Truhe, das Bett der Eltern und die Wiege der Kleinsten.
Das gesamte Mobiliar war aus Eichenholz und oft schön verziert.
Betten im heutigen Sinne gab es nicht.
Die Bettgestelle war mit Stroh gefüllt, darauf lag ein mit "Kaaf" (Haferspreu) gefüllter Sack.
Die Kopfkissen hatten dieselbe Füllung, während das Deckbett mit Stroh oder Grummet gefüllt war.
Die Einrichtung der Westerwälder wäre jedoch ohne Erwähnung des Spinnrades und des Webstuhls unvollständig,
letzterer wurde auf dem Speicher gelagert, in den Wintermonaten zusammengebaut und in der Stube aufgestellt.
Hier wurde der selbstgezogene Flachs zu Leinen gewebt.
Im Frühjahr wurde es wieder demontiert und auf den Speicher zurück gebracht.

***

Aus einem Brief eines Dorflehrers an seinen Vorgesetzten:
"..Auch habe ich anzuzeigen, daß die Leute hier große Säue sind, weil sie an der Kirche herum
Unreinlichkeiten machen, da wäre denn meine Meinung,
daß sich das Amt darein legen sollte; auch bei der Musik
tanzen die Weibsbilder so toll, daß ihnen die Kittel bis auf den Kopf schlagen,
da sollte doch die Geistlichkeit eine Ansicht von nehmen.
Die Bauern saufen sie toll und voll,
daß sie speien, da sollte doch der Richter sein Maul aufmachen
und solche Sachen dem gnädigen Herrn vortragen.
Auch wird in den Nächten so viel gestohlen, daß kein Mensch mehr etwas hat,
die Obrigkeit muß besser wirken, sonst gibts kein Ende.
Ich bitte also, hoffe auch, daß Ew. Wohlgeboren das Beste thun
und darüber einen scharfen Befehl werden ergehen lassen.
Achtungsvoll Ew. Gnaden unerthänigster Harras, Lehrer und Kantor."

***

Zu der Zeit, als jünger Menschen und Kinder ältere Personen noch mit "Tante" oder "Onkel" ansprachen,
was das noch ältere "Weß" und "Vetter" (Petter) ersetzte,
kannte sie jeder, die Klatschtanten..
Gerne mit dem Titel "Dorfzeitung" bedacht, trugen sie neugierig bis zum Abwinken,
was so weit ging, daß schon mal der Deckel des Kochtopfs gelüftet wurde,
um zu erfahren, was gerade in dem Haus gekocht wurde, wo sie gerade war..
..alles brühwarm weiter.
Da gab es solche, die richtig bissig waren und andere, die nur gute Dinge erzählten,
so wird zumindest erzählt - Fakt war, daß diese überall waren und alles mitbekamen.
Im Zweifelsfall war von diesen Frauen alles zu erfahren, was man zu wünschen begehrte:
Wer da gerade neu eingezogen war, wo ein Kind kommt, warum letzte Nacht die Sirene geheult hat usw.
Wer einmal in dieser "Abonnentenliste" der "News" aufgenommen war, sollte im Gegenzug auch bereit sein,
etwas dazu beizutragen.
Das half mit, sein entfernteres Miteinander im Dorf kennen zu lernen,
die Scheu vor dem Fremden abzulegen, mehr Menschlichkeit zu portieren.
Diese Frauen also brachten eine Perfektion der Erzählung hin, mit Gesten und Effekten,
daß man nur staunen konnte - gerne wurde Kaffee gereicht, wenn die wandelnde Spinnstube kam.
Heute fängt man in unserer Gemeinde mit einer Kaffeestube an, wo im Pfarrhaus
ein fester Treff installiert wurde,
der sich wohl wachsender Beliebtheit erfreut, wie ich höre.
Nun ist seit langem kein Geschäft mehr im Ort, wo ein täglicher Plausch gehalten werden könnte-
der Blumenladen wird halt doch nicht so oft besucht.
(Heute ist alles dicht, der Raiffeisenladen, die Blumenfrau, kein Lebensmittelgeschäft ist mehr da,
kein Bäcker, kein Metzger - nicht mal mehr ein Getränkeverkauf oder gar Kiosk, jeder kurvt
mit dem Auto für jede Kleinigkeit einfach 4km oder 10km in den jew. nächsten größeren Ort -
es laufen nur noch wenige Leute zu Fuß, selbst innerhalb des Ortes wird gefahren -
und wie (!) rücksichtslos flott und wer etwas dagegen sagt, dem wird sogleich gedroht.
Eine neue Art der Anarchie gegen zu viele Gesetze und Vorgaben?
Ich denke schon.
Der Bürgersteig wird zugeparkt, gerne gegen die Verkehrsrichtung, das gehört schon zum guten Ton.
Viele Alleinlebende oder Witwe/r sitzen in ihrem -inwischen viel zu großen alten Haus- die Kinder haben weit weg
ihre Arbeit gefunden, der Ehepartner ist längst tot, so kommt die große Einsamkeit.
Mit dieser Stube will man wieder mehr Miteinander schaffen- warten wir's ab.
Ob diese Kaffeestube der Neuzeit noch besteht, weiß ich nicht, die war auch nur einmal im Monat. (Vermutlich seit Corona weg..)

***

Ein Beitrag in der Chronik erzählt von einer vollen Brötchentüte,
die er an einer -damals noch zugänglichen- Müllanlage sah,
was ihn grämte, weil die Notzeit des Krieges noch gut in Erinnerung war.
Die Anspruchshaltung sei zu hoch geworden, sinniert er,
nur das Beste sei noch gut genug, das Zufriedenheitsgefühl nicht mehr da.
Kaum sei ein Gegenstand angeschafft, denke man wieder über das nächste "Event" nach..
An kleinen Dingen Freude haben, ist zum "no go" geworden,
als "klein-klein" oder gar als "spießig" verrufen.
Ob das wohl das sei, denkt er, was man "Fortschritt" nennt?
Die "Wegwerf-Gesellschaft"?

***

Meine Zeilen sollen auch ein wenig das Interesse am großen Ganzen wecken,
die Demokratie fördern und Mut die Meinung, so diese höflich vorgetragen ist,
zu nennen und dazu zu stehen.
Gerade heute scheint mir wieder eine Tendenz zu entstehen,
die nur noch eine bestimmte Schicht der Bestimmer oder Machtmenschen zuzuläßt.
Die neue Elite tritt bereits aus dem Elitären heraus, zu einem immer mehr
totalitären Gehabe an,
das kaum mehr eine zweite Meinung, geschweige denn Kritik zulässt,
weil -wie damals- den einfachen Leuten jeglich Kompetenz abgesprochen,
ja geradezu unwirsch weggefegt und belacht wird.
So werden Gesetze zur Keule gegen die Bevölkerung -
was dem Grundgedanken der Demokratie grundsätzlich widerspricht.
Ich bin im Jahr 2018/19 geneigt zu sagen, daß wir weiter von einer echten
Mitbestimmung entfernt sind, als kurz nach dem WKII !
(Was sich in der "Coronakrise" nochmal eindrucksvoller zeigte und das Seltsame ist, daß die Bevölkerung kaum dagegen spricht- selbst wenn die "Anordnungen" sich als einfältig und nutzlos bis korruptiv erwiesen haben.)

***

Im Jahr 1838 setzte sich Wilhelm Albrecht für diese heute so typischen Schutzhecken an den Feldern ein,
was eine spürbare Verbesserung der Ertragsergebnisse brachte.
So wurde der harte Nordostwind eingedämmt, der die zarten Pflanzen regelmäßig erfrieren ließ.

"Mancher ist arm bei großem Gut, und mancher ist reich in seiner Armut!"
350 Jahre alter Spruch eines Frankfurter Webers..

.. Über den Zeitgeist.
Von Friedrich Schult.

Die bloße Klugheit,
blank und glänzend
wie ein ärztliches Besteck,
hat erschreckend zugenommen
und steht
auf jedem Flecke
in besten Ansehn;

die Einfalt
des Herzens aber,
die sich an aller kreatürlichen Nähe
entzündet und erwärmt
und in Zeiten der Gefahr
durch Rauch
und Feuer geht,
ist überall
selten geworden
und nur noch eben
gelitten.

***

Wie wirr die Zustände in der alten Zeit (1800) waren, zeigt die Reise eines Mannes aus Rod an der Weil,
der nach Oberlahnstein und zurück wanderte.
In drei Tagen durch 18 Länder!
Durch Hasselbach einer zweiherrischen Obrigkeit zugehörig, Nassau-Usingen und Kurtrier.
Durch Haintchen, ebenfalls zweiherrisch, Nassau-Oranien (Diez) und Kurtrier.
Durch Eisenbach, das Oranien, Kurtrier und dem Freiherrn von Hohenfeld gemeinschaftlich war.
Durch Dauborn-Eufingen, zu Oranien gehörig.
Durch Kirberg, gemeinsam zu Nassau-Usingen und Nassau-Oranien gehörig.
Durch Kaltenholzhausen, das Nassau-Oranien unterstand.
Durch Burgschwalbach, das zu Nassau-Usingen gehörte.
Durch Mudershausen der Zigeunersiedlung und Allendorf nach Katzenellnbogen mit eigener Grafschaft.
Durch Zollhaus, die Zollstation des Nassau-Oranien, hinüber zu den Oraniern.
Durch Mittelfischbach und Rettert, das zu Nassau-Weilburg gehörte.
Durch Niedertiefenbach - wieder ein Ort der Grafen von Katzenellnbogen.
Durch das Kloster Arnstein, das reichsunmittelbar war, nur dem Kaiser unterstand.
Durch Langenau jenseits der Lahn, das dem Herrn von Mariot war.
Durch Nassau, mit dem gleichnamigen Grafen und vorbei an der Burg des Reichsritters vom und zum Stein,
gemeinsam den Nassau Oraniern und den Nassau - Usingern.
Durch Dausenau und Ems, das Nassau-Oranien und dem Landgrafen von Hessen-Darmstadt gehörte.
Durch das Dorf Ems und die Orte Fachbach, Nievern und Miellen,
alle drei dem Reichsritter und Grafen von der Leyen gehörig.
Durch Fücht, dem Reichsritter vom Stein gehörig
Durch Oberlahnstein, zum Kurfürsten von Mainz gehörig.
Durch das rechtslahnige Niederlahnstein, kurtrierisches Gebiet.
Durch Arzbach, Welschneudorf, Hübingen und Diez über Holzappel, der Herrschaft Schaumburg-Holzappel.
Durch Balduinstein, kurtrierisch.
Er hatte 24 Mal aus dem Gebiet eines Landesherren in das eines anderen übertreten.
Der Wanderer, hätte er diese Strecke 15 Jahre später getan,
wäre alles im Gebiet des Herzogs von Nassau passiert.
Diese Zeilen sollen zeigen, wie arg die Zersplitterung in jener Zeit war.
Die Suchmaschine errechnet ca 80 Kilometer für diese Strecke,
hin und zurück also 160 Kilometer in 3 Tagen und 3 Tagen zurück.
Über 26 Kilometer jeden Tag zu Fuß - mein lieber Schwan!
Als begeisterter Wanderer kann ich das ganz gut ermessen..

Heute "gehört" ein Ort niemandem mehr, er ge - hört zu einem Landkreis und ist nicht Besitz dieser Verwaltung,
nur muß man denen das ab und zu mal sagen, damit wieder ein wenig mehr Respekt vor den Einwohnern bei den Behörden Einzug hält.

***

"Da liegt der Hund begraben"
Dieses Sprichwort kommt von dem deutschen Wort "hunde", was Beute, Raub, Schatz bedeutet.

"Jemanden ein X für ein U vormachen"
Im lateinischen Alphabet bedeutet das X sowohl Buchstabe wie Zahl 10,
das Zeichen U wurde wie V geschrieben und bedeutete den Buchstaben, sowie die Zahl Fünf.
Wenn ein Gläubiger aus einem V ein X machte, in dem die Striche verlängert wurden,
entstand auch einer Fünf eine Zehn.

"Er ist flöten gegangen"
Das kommt vom häbraeischen "Peleta" = "Flucht des Betrügers".
(Pleite, zugrunde gegangen, ruiniert)

Nach dem Conscriptionsgesetz aus dem Jahr 1816 wurde die allgemeine Wehrpflicht
in Nassau eingeführt - jeder männliche Einwohner des Herzogtums
war verpflichtet, diesen Dienst abzuleisten.
(Sofern er körperlich tauglich war)
!! Ausnahmen bildeten die Angehörigen standesherrschaftlicher Familien !!
Wie schon erwähnt, konnte man sich mittels sogenannten "Einstehern" davon loskaufen,
die dann gegen 800-1000 Gulden dafür bereit waren.
Jene mußten ihren einen Wehrdienst bereits abgeleistet haben und nicht über 33 Jahre alt sein.
6 Jahre betrug diese Dienstzeit und ein Jahr als Reservist.
September 1846 hatte der Corporal seinen Dienst abgeleistet und 9 Gulden und 30 Kreuzer Sold ausbezahlt..
Im Ukrainekrieg soll dieses Loskaufen Wehrpflichtiger 12.000 Euro gekostet haben. Die Eltern derer sind freilich nach Deutschland geflüchtet und haben es sich hier gut gehen lassen..

***

Interessant: Die Melisse ist schon 2300 Jahre bekannt als Heilmittel für allerlei nervöse Leiden.

"Betroffenheit und waches Hinsehen um Übergriffe gegen Rassismus und die Menschlichkeit zu fördern.."
Schwurbelte die Ansprache unseres Landesoberhirten- er hat wohl noch nichts davon gehört,
wie viele Jahrhunderte im Glauben so entsetzlich viele grausame Dinge getan wurden,
die nicht besser waren, als das,
was weltliche Diktatoren und Despoten taten.
Wie vernagelt muß man sein, heute noch "predigen" zu wollen?

Die "Polizeistunde" war schon vor 400 Jahren eingeführt.
"Sonntags, den 3. Juli 1664 ist die Policeiordnung zu Weilburg von der Cantzel publicirt,
allen Gewerken und Bürgerschaften überreichet,
extractus darauß zugestellt und förderst nach und nach in die Ämter dies- und jenseits
des Rheins copaliter geschickt und zu publiciren befohlen worden"
Ein Wirt war bei Strafen von 5 Gulden gehalten,
"des Abends nach neun Uhr Wein, Bier oder Brandenwein in die Stadt geben oder folgen lassen"
Es wird dem Wirt verboten, "Gesöff und Geschwärm" nach dieser Zeit zu dulden.
"Kindbetterinnen und krancke Leuth, die nach solcher Zeit
in ihre Häuser einen Trunk zu ihrer Notturft holen lassen"
Sind wohl ausgenommen worden.

"Es soll kein Wirth auf die Sonn- und Feyertage unter den Predigten,
nach auch des Abends über acht oder neun Uhr seinen Gästen oder Zechgesellen
Wein oder Bier auftragen oder reichen, vielweniger denselbigen verbotene Spiel und
andere Üppig- und Leichtfertigkeit mit Fluchen, Tantzen, Jauchtzen und Schreyen
auch garstigen unzüchtigen Reden und Gesprächen gestatten und keineswegs
durch die Finger sehen bey zwei Gulden Straffe, welche sowohl der Wirth,
so solches gestattet als auch die Gäste so hierwieder handeln und freveln bezahlen sollen"
(Ihr seht, liebe Leserschaft, daß die Rechtschreibung nicht immer so war, wie sie hätte sein können - die "Straffe" hat wer eingesteckt?)

"Ferner soll auf Einhaltung der angemessen zu bestimmenden Polizeistunden geachtet werden.
Die Polizeistunde wird für hiesige Stadt auf 11.00 Uhr Abends,
für die übrigen Amtsgemeinden auf 10.00 Uhr Abends festgesetzt.
Gegen Wirthe, welche für Einhaltung dieser Stunde nicht durch Schließung
der Wirtschaft sorgen, wird eine Strafe von 1-10 Gulden und im Wiederholungsfällen,
nach schriftlicher Verwarnung, Entziehung der Wirthschaftsconzession,
eben so gegen Gäste, welche nach der vorbestimmten Stunde die Wirthschaftslocale nicht verlassen,
gleiche Strafe erkannt."

Na ja, die Kontrollfreaks gab es schon zu allen Zeiten,
mit denen als Bub keiner spielen wollte und die sich dann,
wenn sie zu Amt und Würden gekommen sind, sich bitter rächen ..
Das ist zumindest mein Reim auf diese Dinge!

Noch ein nettes Ding:

Die Polizeistunde. (unbekannter Verfasser)
"Wer des Berufes schwere Pflichten
Mit Fleiß und Eifer gut vollbringt,
Den wird man nicht so strenge richten,
Wenn Abends er ein Schöppchen trinkt.
Doch kaum hat man recht angefangen
Und ist damit im besten Zug,
Da kommt sein Säbelheld gegangen
Und sagt: Ihr Herrn! Es ist genug.
Die Glocke hat schon elf geschlagen
Drum trinket rasch die Gläser leer,
Und laßt es euch nicht zweimal sagen,
Sonst gebt ihr dreißig Kreuzer her.
Dagegen ist nun nichts zu machen
Obgleich man garnicht gerne aufsteht,
Und durch so ganz verkehrte Sachen
Manch schöner Durst verloren geht.
Dies Neue läßt sich schwer gewöhnen
Und wenn man die Gerügten zählt,
So sind es meistens Herren, denen
Die Frau als Polizeiwacht fehlt.
Die Menschheit hat genug der Schmerzen,
Drum laß sie doch des Nachts in Ruh,
Nehmt ihr den harten Stein vom Herzen
und drückt dabei ein Auge zu.
Denn wer den Wirthen all zum Leide
Die Polizeistund aufgebracht,
Der hat mehr an den Schlaf der Leute
Als ihren großen Durst gedacht.
Und dieser Durst! Der treue Bruder
Wie wirkt er heilsam in der Welt,
Er hält die Tätigkeit am Ruder
Und kostet uns das meiste Geld.
Drum sollte man ihn ja nicht stören,
viel besser wärs ihn noch geweckt,
Er hilft die Einnahm euch vermehren
Die als Accis die Schulden deckt.
Und drohen öfters auch Gefahren
Und es entsteht des Nachts ein Brand,
Wer ist im Löschen mehr erfahren
Und auch am Ersten bei der Hand?
Damit der Zwang des Abends falle,
So laßt die Polizeistund sein
Und führt sie mit mehr Glück für alle
zum Aufstehn lieber Morgens ein."

***

Es begab sich zu der Zeit, als ein falscher Kaiser sich in Wetzlar
als "Friedrich II" in Wetzlar ausgab und.. aushalten ließ.
Die Leute damals waren nicht so sonderlich an Zahlen und Daten interessiert- sonst hätte auffallen müssen,
daß "der falsche" noch nicht so alt war, wie der "echte" hätte sein müssen,
zudem der Friedrich II relativ früh im fernen Italien verstorben war.
Der Missetäter trat mit dieser Nummer in mehreren Städten auf- bis er mit List und Trick
unter Anwesenheit des rechtmäßigen Königs
Rudolf von Habsburg verurteilt und hingerichtet wurde..

***

Der Pfarrer F.W. 1884 in Wallmerod erzählte von "Gesundbetungen",
die gewisse Leute mit recht beachtlichem Erfolg machten.
Das wirkte freilich zwischen Glauben und Zauberspruch,
Magie und hoher Naivität der Kranken hypnotisch-suggestiv.
(Das ist heute schon wieder ein anerkannter Zweig der heilenden Zunft,
wozu auch Psychologen und Soziologen und Psychiater zählen dürften)

Das "Magenfieber" vertrieb man so, indem den meistens mit Holzasche überfüllten Aschenkasten des Herdes
hervor zog, machte in die Asche drei "Käutchen",
goss in jedes ein wenig Urin des Patienten,
kratzte sie dann andächtig und feierlich zu "im Namen des Vaters..."

Gegen Zahnweh sollte man ein Kreuzchen in eine Roßkastanie einschneiden und diese in der Tasche bei sich tragen.

Zur Blutstillung wurde der Spruch gemurmelt:
Adam und Eva gingen über einen Kirchhof, stießen wider einen Stein.
Ader zu Ader!
Ader an ihren Schoß!
Ader an unsers Herrgotts Schoß!
(3 Kreuze, die beim letzten Mal: Amen)

Gegen Schmerzen: Ich nehme den Schmerz wie ihn Gottvater seinem Sohn am Kreuz genommen hat.
Im Namen des Vaters u.d. Sohnes u.d.hl. Geistes:
Laß meine Schmerzen von mir weichen!
(Sprich dies dreimal, beim letzten Mal: Amen!)

Diese Beispiele von "Schäferline" und "Markplätzersch Philipp",
im Ort Seck (Westerwald) , sollten genügen
weitere erspare ich uns, geneigter Leser!

Gerichtsbezirke der alten Tage entstanden aus den germanischen Hon- oder Hundertschaften.
Hundert Familien oder Feuerstellen bildeten eine solche Hundertschaft-
der Ortsname "Hundsdorf" ist wohl daraus entlehnt.
Unsere Heimat war damals noch spärlich bevölkert.
Unsere Vorfahren mußten früher dreimal im Jahr zum "ungebotenen Thing" erscheinen.
Später kamen sie auf der Gerichtsstätte, der "Landesveste" zusammen.
In ihnen hat sich die germanische Gerichtsbarkeit bis ins 16. Jhd. erhalten.
Viele Mitglieder schöpften Recht aus ihrer reichen Lebenserfahrung,
die später als Urteile aufgeschrieben worden sind.
Solche Rechts-Sammlungen nannte man "Weisthümer" - aus denen vorgelesen wurde,
weil nur wenige lesen konnten.
Alte Flur- und Gemarkungsnamen erinnern noch heute an diese unter freiem Himmel angelegten Gerichtsstätten.
Ich denke, daß die US-Rechtsprechung auf solchen Dingen gegründet ist.
(Fallbeispielsammlungen)

Schon damals, so wird berichtet, gab es viele hochstudierte Leute, ja sogar Genies,
die leider jedoch ohne charakterliche Eignung oder Verantwortungsgefühl leiteten -
das ist keine Erfindung der heutigen Zeit, wo manch einer den Hals nicht voll genug bekommen kann:
Es fehlt vielen Hochgestellten die Erziehung.

***

Alte Flur- und Gemarkungsnamen sind in unserer Heimat noch zahlreich anzutreffen,
deren Erklärung mit diesen Zeilen gesagt sein soll:
Kopf oder Kopp: Die höchste Kuppe
Köppel oder Hübbel, Hügel: Kleine runde Bergkuppe.
Hardt: Steil abfallender Waldhang.
Hahn oder Hähn, Hain: Trockene Stelle, meist auf der Bergkuppe gelegener Niederwald.
Struth: Auf feuchtem Untergrund wachsender Niederwald.
Bitz: Trockenes, in der Dorfnähe gelegenes Wiesengrundstück, gerne mit Obstbäumen bepflanzt.
Au: Fruchtbarer, feuchter Wiesengrund.
Born: Ein Ort, wo eine Quelle entspringt.
Seifen: Jedes kleine Bächlein, meist auch den umgebenden Wiesengrund- viele Ortsnamen enden so.
(Besonders im Westerwald)
Heck: Ältere Bezeichnung für Wald.
Bruch oder Brühl: Ein sumpfiger Wiesengrund.
Hohl oder Hüll: Ein Hohlweg.
Helde oder Halde: Am Abhang gelegenes Feld.
Dell oder Dellchen: Eine flache Senke.
Kaut oder Kaul: Eine Grube oder ein Steinbruch.
Gewann: Ein gerodetes Stück Wald, das als Acker urbar wurde.
Rossel oder Gerissel, Gerassel: Steingeröll, trockener, magerer Acker.
Allmend oder Alm: Gemeinschaftliche Weideplätze.
Katzenstein, Katzenkopf,Katzenstrauch: Geringerwertiges Land, wo manchmal Fels hervor lugt.
Lei oder Ley, Lai: Felsvorsprung, meist am Ufer.
Stich oder Stieg, Steig: Steil ansteigender Weg, nur mit Vorspann zu befahren.
Schlag: Alte Grenzen, Schlagbaum.
Burg oder geborgen: Fliehburgenplätze, manchmal nur Wälle.
Gebück: Herabgebogen und eingewachsen ein Geflecht oder Dickicht, künstl. angelegt.
Auf dem Heljen oder Heiligen oder Haljen: Vermutlich der Ort eines alten Heiligenstocks.
Rheinstraße: Alte Durchgangsstraßen, die zum Rhein führten.
Alte Sälzerstraße: Kaum mehr erkennbare Querfeldein-Wege - Salztransporte?
Der Zehnte: Zur Zehntscheuer, Abgabeplatz für den Herrenzins.
Stock: Wegweiser, Heiligenstandbild, Bethäuschen.
Bungert oder Bangert, Bamert: Baumgarten.
Wingert: Weingarten
Hut: Viehweide (hüten)
Tränken: Vieh-Tränke
Trift: Vieh-Trieb-Weg.
Leinpfad: Ein Treidelpfad zum Ziehen von Lastkähnen.

***

Ein wenig zum Thema Aberglauben, zu dem freilich auch der Hexenglaube gehört:
Man sagt, daß die Verbreitung seltsamen Aberglaubens das Ende der Spinnstuben einläutete..
Spinnen brachten mal morgens Glück, Geringen andern Tags oder des Abends Pech..
Beim Schälen von Äpfeln sollte die Schale möglichst an einem Stück sein,
die dann hinter sich geworfen - mit etwas Phantasie - den Anfangsbuchstaben des Künftigen zeigte..
Wurden Heringe geputzt, hob man die Schwimmblase auf um diese dann gegen die Zimmerdecke zu werfen-
blieb die "Heringsseele" dort hängen, dann ging der Herzenswunsch des Mädels in Erfüllung.
Man brachte diese Blasen zuweilen auch mit in die Spinnstube, damit mehr daran teilhaben konnten.
Hatte jemand Warzen an den Händen, dann wurden diese gezählt
und die entsprechende Anzahl Knoten in einen Zwirnsfaden gemacht,
- für jeden Knoten brauchte man eine andere Person,
die auch noch nichts mit diesen Zusammenkünften zu tun hatte -
dann machte sich die Spinnstube auf und vergrub den Knotenfaden unter der Dachtraufe.
So wie der Faden verfaulte, verschwanden angeblich auch die Warzen..
War eines der Jungen oder Mädchen nicht recht gesund, das, so hieß es - es oder er hat "das Abnehmen".
Nun wurde wieder der Brauch bemüht - wobei es stets geheimnisvoll zuging.
Alle sollten daran glauben, Zweifeler durften gehen.
Ein Stück Band mit einem Ellenmaß (60cm) wurde gemessen und das Ergebnis mit Kreide auf dem Tisch vermerkt.
Das Band wurde in die Bibel gelegt, die Anwesenden murmelten vorher gelernte Sprüche.
Das "Abnehmen" war bewiesen, wenn dieses Band 2-3 cm kürzer wurde.
Sogleich wurde der oder die Befallene an die Heilerin, Braucherin oder weise Frau verwiesen.
Das Brot durfte nie auf der Obenseite liegen, sonst ging der Segen heraus..
Hufeisen wurden nie mit der Öffnung nach unten aufgehängt- sonst fiel das Glück heraus..
Das Messer lag nie mit der Schneide nach oben in der Schublade, sonst traten die Engelchen hinein..
Zu Ostern gingen Burschen und Mädchen um Mitternacht zum Brunnen oder Wasserquelle.
Dabei durfte niemand ein Wort sprechen, sonst blieb die Wirkung aus..
Dieses Osterwasser wurde zu Heilzwecken gebraucht.

Im Jahre 1775 hatte die Landesregierung von Dillenburg den Verkauf von Kaffee in den Dörfern verboten.
Unter Androhung von Strafen und Beschlagnahme, damit "Ausschweifungen"
unter der Landbevölkerung verhindert werden-
Das galt nicht für die Städte!
Die Geldsummen zum Kauf dieses Genußmittels hätte unter Umständen zu viel Geld aus dem Land gezogen,
was der Obrigkeit ggf. verlustigt gegangen wäre..
Erst als durch die im Februar 1787 einquartierten Offizieren und Husare im Dorf waren,
wurde der Kaffee in alle Häuser eingeführt, wo diese Leute untergebracht waren -
zudem müsse sich jedes Haus auf Kaffeegeschirre einstellen..

Das Wort Hexe tauchte um 1419 inder Schweiz auf und bedeutete in der fränkischen Mundart "Druden" (Druiden?)
Zauberschen oder Unholdinnen, Deiweilsweybern oder Teufelshuren genannt.
Dieser Hexenwahn war unabhängig von Bildung oder Stand, von Geistlichen,
Richtern und Männern der Wissenschaft verübt.
Man schätzt, daß im siebzehnten Jahrhundert der Höhepunkt war
und daß die Gesamtzahl der Todesopfer bei einer Million gelegen haben wird!
Das wohl schauerlichste Buch der Weltliteratur soll der "Hexenhammer" oder
"Malleus Maleficarum" von 1487 sein, das katholischen wie protestantischen Hexenverfolgern als Leitfaden diente.
Geschwind war jemand denunziert, ein paar "Zeugen" und schon war der plötzliche Tod
eines Säuglings oder die Unfruchbarkeit von Leib und Wiese "geklärt",
weil das nur eine "Verwünschung" gewesen sein konnte..
Über die armen "Weyber" saßen der Schultheiß,
sein Sohn, der Pastor, ein anderer Schultheiß aus dem Nachbarort,
ein paar Landknechte und zwei Schöffen zu Gericht..
Die Gerichtsherren eilten sich freilich nicht, "Recht zu sprechen"-
schließlich gingen 3 Mahlzeiten jeden Gerichtstag für jeden Teilnehmer
und Getränke zu Lasten der Angeklagten!
Der Amtmann fungierte als Richter- noch ein Schlemmer und Säufer mehr.
Es gesellten sich Hofprediger und Henker und Folterknechte dazu.
Am ersten Tag sollen bereits 71 Maß Bier oder Wein getrunken worden sein..

Der Hexenglaube ist wohl bis heute noch nicht so ganz ausgestorben,
fleißig von der "heiligen Schrift" geschürt, die immer noch nicht revidiert oder sozialisiert worden ist.

Ich kann mir nicht helfen, aber auch Wünschelrutengänger
und so manche Heilpraktiker machen mir einen verdächtigen Eindruck,
den sonst nur Scharlatane zu machen pflegen.

***

Mach net bluß
(von Ludwig Nies)
Mach net bluß, wat annern mache,
Tou net, wat en jeder tout!
Freieweg besorg dei Sache,
Stracks-gradaus es recht un gout!
Tou dei Ranze selwer trage,
un marschier net stets am Schwanz!
Tapper guck dem Muß en't Aage;
un was sein muß, dat tou ganz!

***

In unserer "freiheitlichen demokratischen Grundordnung" gibt es noch herrschaftliches Gehabe unter den Mächtigen,
die wir auch noch selbst gewählt haben, Volksvertreter sozusagen, die sich
zu Wahlkampfzeiten gerne etwas aus dem Fenster lehnen und sich dabei verplappern.
In Wirklichkeit haben wir es mit verkappten Despoten zu tun, überall, in jeder Partei, selbst bei Gewerkschaften und Hilfsorganisationen, Vereinen und Klubs oder Geheimbünden aller Art.
Es würde viele Themen geben, über die es sich zu streiten lohnen kann..
Mir tun die Kinder heute einfach nur leid.
Diese Randbemerkungen über die Moderne sollen nur einen kleinen Kontrast
zur Geschichte-Seite sein, ein Quentchen Salz in der Suppe.

***

Die Nagelschmiede deckte den unterschiedlichsten Bedarf an Nägeln, lange bevor die industrielle Fertigung kam.
Hufnägel, Decknägel für Dachschindeln, Nägel für hölzerne Fahrzeuge, Schuhnägel in div. Ausführungen.
Man rechnete in tausend Stück Einheiten, die zwischen 2 und 5 Pfund wogen.
Obwohl die Nagelschmiede keine so umfangreiche Ausbildung - wie Schmiede zum Beispiel -
hat man oft genug erlebt, daß sie das besser und schneller und gefühlvoller konnten, als jene.
Die Geschicklichkeit war wichtig, jeder Schlag hatte seine genaue Bestimmung
Mit den ersten zwei Schlägen auf die glühende Eisenstange wurde zugerichtet und mit weiteren
6-8 Schlägen die Spitze, die auch die immer gleiche Länge haben mußte.
Dann kam der Schlag der Abtrennung des kleinen Eisenteils für den Nagelkopf,
an dessen Ende eben die Spitze war.
Nun kam die Spitze in das Nageleisen - auf den kleinen Eisenteil kamen zwei Schläge, die den Nagelkopf formten.
Gewöhnlich führte der Nagelschmied 24 Hammerschläge für einen Nagel aus-
das sind 24.000 Schläge für 1000 Stück!
Geschick und ein gutes Auge ersetzten Maße und Gewichte.
Im ersten Weltkrieg hat ein Vater mit seinen zwei Söhnen täglich mehr als 5000 Stück geschafft..
In einer Winter-Arbeitswoche sollen in Mengerskirchen etwa 1,2 Millionen Schuhnägel hergestellt geworden sein!

Wie schon erwähnt, standen in den meisten Häusern der Westerwalddörfer noch aus Lehmsteinen
gemauerte und mit einer Eisenplatte abgedeckte Herde.
(Im Ern - der Diele - oder in der Küche)
das Feuerloch des Herdes war so gemacht, daß größere Holzscheite hinein paßten-
elektrische Sägen gab es noch nicht, alles mußte mühsam mit der Handsäge und dem Beil zerkleinert werden.
Auf dem Ofen in der Wohnstube wurde Winters gekocht, vom Flur aus wurde dieser Ofen beschickt.
In der Stube stand das elterliche Bett, wo die Kleinen -schön im Warmen- zum Einschlafen gebracht,
später zu den größeren Kindern in die unbeheizten Kammern gebracht.

Gepflasterte Straßen oder Gehwege gab es nicht.
Vor den Häusern lagen einzelne größere Steine - man kann sich vorstellen,
wie das bei Regenwetter in den Häusern aussah, obwohl bei jeder Haustür ein Reiser-Besen stand,
mit dem die Schuhe notdürftig gereinigt wurden.
Die Schuhe konnte bei dem schlechten Zustand der Straßen nicht derb genug sein!
Handgemacht, oft geflickt und neu benagelt mußten das Schuhwerk lange halten.
Der Mittelpunkt des Dorfes war der Brunnen, wo sich das Leben bei schönem Wetter abspielte.
Für die Haushalte und für das Vieh wurde dort das Wasser geholt- was im Winter bei Eis und Schnee
nicht so reibungslos ablief.
Dort wurde auch das Geschirr nachgespült, Wäsche nachgewaschen, Salat und Rüben gewaschen.

Die Straße gehörte den Kindern - Autos gab es noch keine und die wenigen Fuhrwerke waren wohl rücksichtsvoller..
15 Pfennige für einen Schoppen Bier, ein Pfund Butter für 80 Pf, ein Liter Milch kostete 2 Pf,
ein Laib Brot 40-50 Pf, ein Liter Rüböl 75Pf - ein schwerarbeitender Drescher in der Tenne
erhielt (außer der Verpflegung) 0,80-1 Mark, ein Maurer 2-3 Mark am Tag.

Schwere hölzerne einachsige Köhlerwagen zogen mit ihren 1,80mtr hohen Rädern mit Ochsen davor
über die schlechten Wege,- hinten schliff ein Brett an einer Kette her, wo der Fuhrmann drauf stand-
wenn es bergab ging. Bremsen, damals "Hemme" genannt, waren wohl keine eingebaut.
Die Fuhren dauerten oft zwei Tage, bis das Gespann wieder daheim war.
So manche Schmuggelfahrt kam dabei rum- der Lenker schlief in einer Kiste auf dem Wagen,
das tapfere Pferd fand wieder in den heimischen Stall.

Nun ist die Zeit für ein Pfeifchen gekommen:
Im Frühling, wenn der Saft in die Zweige steigt,
die Knospen springen, dann ist die Zeit für viele Buben gekommen,
Weidenpfeifchen zu machen !
Heute ist deren Herstellung weitestgehend verloren gegangen,
deshalb setze ich hier an dieser Stelle ein kleines Denkmal..
Geschicklichkeit braucht man schon dafür!
Zunächst such man sich eine gerade Weidenrute,
strohhalm- bis daumendick und etwa 15 cm lang.
Nun schneidet man dim unteren Viertel die Rinde durch.
Den übrigen Teil beklopft man mit dem Griff des Taschenmessers so lange,
bis sich die Rinde durch behutsames Drehen vom Holze lösen läßt.
Dann kerbt man am Mundstück eine Rille mit dem Luftloch ein.
Schiebt man nun den ausgezogenen Holzkern im Rindenrohr hin und her und bläst dabei,
entstehen verschieden hohe Töne.
Die Pfeifchen nannte man Fläuten, Brummer, Huppen oder Happer -
während der Bearbeitung sangen die Kinder eintönig gesungene Liedchen.
(Bastlöserreime, wie Zauberformeln der Beschwörung)

Die "Kids" sind heute zu blöd** dafür, trotz immer mehr schulischem Wissen, außerdem verbietet der Naturschutz, daß jemand Weidenstöckchen schneiden "tut"..
Die Mutter der heutigen Zeit hätte ich gerne mal gesehen, die ihrem Kind ein Taschenmesser zugestanden hätte- sowas haben heute nur die Zugewanderten, um sich "Respekt" zu verschaffen..

***

Das Zisterzienserinnenkloster Aftholderbach ist bereits im Jahr 1222
als "Versorgungsinstitut für die Töchter des nassauischen Adels"
gegründet worden - freilich mit ordentlich Pacht und Lehen als Einkommensquelle.
Übrigens betreiben manche Bruderschaften und Klöster heute noch Exorzitienhäuser.. z.B. die Franziskaner!

Der "Deutsche Michel" war wohl Michael Elias von Obentraut, geb. 2.10.1574 auf Burg Stromberg im Hunsrück-
er hat den spanischen Truppen das Fürchten gelehrt, so wird berichtet.

Ein interessante Stellenausschreibung von 1872:
"Bei dem Amtsgericht Nassau kann ein junger Mensch, der eine schöne Hand schreibt,
als Canzlist Beschäftigung finden.
Lusttragende wollen sich dieserhalb an den Unterzeichneten wenden.
Belohnung wird nach Leistung gewährt.
Nassau, den 11. Dezember 1782, Becker, Sekretär."

***

Die segensreichen Bucheckern haben um die vorletzte Jahrhundertwende
viel geholfen, wie in den Schulanalen Hachenburgs zu lesen ist.
Die Schüler sammelten fleißig - was dann an die meistbietende ÖlmÜhle verkauft wurde.
So war das Schulgeld und die Ausflüge gesichert.
Das Sammeln von Bucheckern wurde auch späterhin im Westerwald getan.
Eine Statistik im Kreis Marienberg erzählt, daß dort -im Jahr 1888-
3802 Zentner Bucheckern gesammelt umd im Wert von 19.000 Goldmark
an die aufnahmefreudigen Mühlen verkauft worden ist.
Alleine die Gemeinde Fehl-Ritzhausen hatte mehr als 500 Ztr (250 Kilogramm) gesammelt.
Dann kamen die beiden Weltkriege- mit dem Jahr 1947, in dem besonders reiche Ernte gewesen sein soll-
in einem Gebiet, wo sonst kaum noch etwas wuchs..
so manche Familie hat das Sammeln von Bucheckern über die schwere Zeit gerettet.

***

Ein Baum spart (1972) 250.000 Mark (heute wohl in Euro) -
eine Buche von 25m Höhe hat eine Krone von 15m und eine Blattoberfläche von 1600qm.
Sie produziert pro Stunde 1,7kg Sauerstoff.
Soviel benötigen drei Menschen täglich zum Leben!
Wird nun dieser Baum gefällt, müsste man 2500 junge Buchen nachpflanzen,
um den gleichen Sauerstoff-Ausstoß zu erhalten, das wäre eben 250.000 D-Mark teuer..

Ein Schelm, der fragt, wieviel Liter Luft wohl ein einziger Liter Kerosin bei der Verbrennung benötigt..

***

Ein Kardinal klagte: Die Priester in den Beichtstühlen sein kaum mehr gefragt,
und die Kirchen würden immer leerer.
Das "Sündenbewußtsein" habe sich in der letzten Zeit gewandelt.
Jedoch könne der Gläubige nur im Beichtstuhl eine Bestandsaufnahme seines Lebens machen..
(Klar, sonst könnte er ja nicht "spannen" oder mithören)

***

Die Grube Holzappel beschäftigte viele Leute und nahm starken Einfluß auf das Leben der umliegenden Orte.
Kurz nach der vorletzten Jahrhundertwende war diese schon mehr als 1000 Meter tief-
die Arbeit in den Stollen und Schächten war sehr ungesund, so wurde überliefert.
Den Jugendlichen blieb auch keine große Wahl, Arbeit war knapp.
Viele Bergleute erkrankten früh an Staublunge, die sich zur Tbc entwickeln konnte.
Mehrere Dutzend Familien, so der Chronist aus Laurenburg, hätten ihren Ernährer vorzeitig verloren.
Niemand würde es für möglich halten, mit derart geringen Hinterbliebenenrenten auskommen zu können..
Die Kinder wuchsen dennoch gesund und sauber auf.
Die Mutter des Erzählers starb zwei Jahre nach ihrem Mann, der nur 38 Jahre alt wurde.
Zurück blieben 5 Kinder zwischen 4 und 15 Jahren.
"Schnell ging es mit dem Förderkorb im Stephanschacht unter die 16. oder 18. Sohle,
von dort auf Rollwagen und zu Fuß durch lange sollen und Gänge bis vor Ort,
wo die Hauer und Schlepper arbeiteten.
Die Luft war so heiß, feucht und dumpf,
es roch nach Carbid und Sprengstoff.
Die eigentlichen Erzgänge waren so schmal und niedrig, daß die Bergleute
knieend und liegend mit Hammer und Meißel arbeiten mußten,
bevor sie die Bohrmaschine ansetzen konnten."
Er erzählt weiter: "Ich hielt es kaum für möglich,
daß man hier stundenlang arbeiten konnte und war heilfroh, als wir wieder oben waren"

***

Wie reich an Fischen der Rhein und die Lahn damals gewesen waren,
geht aus der Fischereiverpachtung der Rheinstrecke von Lahnstein bis Kamp hervor,
wobei auch der Salm erwähnt wird.
In der Lahn gab es auch noch Krebse.
Im Januar 1913 nahm man für 12 Heringe auf dem Markt 48 Pfg.
Haalgänse und Schnepfen wurden noch gejagt.

***

Seltsame Geschichten wurden überliefert..
Der "Männi", ein Braunfelser Original, dessen Schlagfertigkeit bekannt war,
mußte zum Gerichtstermin. Der Amtsrichter war gestreng und eröffnete:
"Männi, ich habe mir sagen lassen, sie wären ein ganz Gerissener!"
Darauf jener treuherzig:
"Herr Amtsrichter, ich habe mir sagen lassen, sie wärn kein Gerissener.."
Das wurde mit einer "Ordnungsstrafe" belegt.
Eine Zeit später geht Männi mit einem ausrangierten Ziegenbock die Gasse hinab,
wo der gestrenge Herr Amtsrichter geradewegs entgegen kam.
"Nun Männi, wohin damit?"
Dieser denkt an die Ordnungsstrafe und meint:
"Herr Amtsrichter, ob S' es glawe oder net, ich will en nach Marburg bringe,
e' soll Jura studieren!"
Unter dem Gelächter der Umstehenden ging der Richter zürnend seines Weges..

Noch eine Geschichte?
Diese hat allerdings, ob der jüngeren Skandale mit Jungen und Priestern, ein besonderes Geschmäckle..
Kurz vor dem ersten Weltkrieg kam der neue Pfarrer in den evangelischen Filialort,
wo ihn gleich der Kinderlärm stört - am Löschteich vergnügten sich splitternackt die Jüngsten.
Der Pfarrer runzelte die Stirn und forderte die Kinder auf,
den Teich zu verlassen und weist sie auf ihr "ungehöriges Tun" hin.
Ein paar Tage später wiederholte sich das große Baden, - nur daß diesmal alle Unterhosen trugen.
Der Pfarrer schon des Lobes voll, wollte anerkennende Worte finden,
als sich einer nackend aus dem Wasser erhob..
Herbeigerufen, meinte der Kleine:
"ich brauch kei Badehos, ich sein katholisch!"

***

Revolution auf nassauisch?
1848 war überall in deutschen Landen die freiheitliche Forderung stark,
so strömten tausende Revoluzzer nach Wiesbaden, der Landeshauptstadt.
Alle blickten grimmig drein, viele wußten wohl nicht so recht um die Sache Bescheid.
Im Schloß zu Biebrich beschwichtigte die anwesende Herzogin die Menge:
"der Sohn wird gewiß alle Forderungen erfüllen!"
Unterdessen kam der Herzog mit der Bahn von Berlin über Eisenach, Frankfurt nach Wiesbaden angereist.
Der Ruf "der Herzog kimmt" ging durch die wartenden 20.000 Menschen.
Zu Fuß vom Bahnhof kommend, stritt der damals 31j. Herzog durch die wogende Menge-
ohne militärische Begleitung, ohne Schutz.
Er ging zum Schloß, wo der mit dem Staatsminister von Dungern,
seiner Mutter und seinem Bruder auf den Balkon trat und mit seinem Federhut winkte:
"Nassauer! Was mein Minister bewilligt, was meine Mutter, was mein Bruder verbürgt haben, ich halte es!"
Die Wirkung seiner Worte zu schildern, sei unmöglich gewesen, so der Erzähler.
Urplötzlich wurde aus dem ängstlichen Spannungszustand lauter Jubel,
der Herzog hatte alle Herzen wieder erobert.
Das wars mit der nassauischen Revolution, ein neuer Bund begann.
Ich finde, daß diese Begebenheit den Charakter der Leute in meiner Gegend
ziemlich eindrucksvoll belegt..

***

Bilder von Limburg sind heute auffallend fachwerklastig,
schön anzuschauen und nicht nur vom Dom und der Lahn..
Das war nicht immer so. In den Jahren nach dem 2. Weltkrieg
hat man sich auf das kulturelle Erbe besonnen und den Putz abgeschlagen.
Restauriert und so die historische Schönheit wieder neu gemacht.
Modernität muß nicht immer seelenlos sein, hier ist sie gelungen.

***

Die weiblichen Namen im Kirchspiel Kroppach
klingen heute recht fremd: Freigen.
Freigen war die alte Schreibweise für Veronika.
(Die Einzige, die Wahrhafte oder Wahre)
Vermutlich Fruhn ausgesprochen.
Im 16. und 17. Jhd recht häufig, auch mit Anna,
mit Annefreigen oder Annefrei.
Aus Katrin wurde Freikatrin, Kürzungen wie Trin, Tringen kamen dazu.
Der Name Catharina hatte meistens noch Beinamen wie Maria, Leisa oder Elise,
auch Anna und Barbara (Barvchen).
Ferner Girta oder Girtchen,
wo leicht Gertrude zu erkennen ist.
Christine, Magdalene, Agnes und Eva, letzteres wurde Iv oder Iwelchen gesprochen.
Manche Hausnamen künden noch davon - Iwele, Iwels-Henrichs.
Der Name String ist noch unerforscht, denkbar, daß er mit Ernestine zu tun hat.
Gerufen wurde die Trägerin "Sting".
Weiter gab es Küngen, Kuni, Kunichen, was Kunigunde heißt.
Im 18. Jhd nimmt der Name Maria eine beherrschende Rolle ein,
allerdings fast immer am Ende weiterer Vornamen,
Anna, Katharina, Elisabeth, Magdalena, Eva usw.
Abarten von Maria wären Marelisabeth, Elsemarei, Annemarei und Ivmarie.
Ende des 19.Jhd lesen wir
Lina, Bertha, Emma, Paula, Pauline, Alma, Klara, Luise, Mathilde,
Helene, Hedwig und Johanna, Adele, Hilda, Ida,
Martha, Lisette, Auguste, Elli, Antonie, Hulda , Rosa und Emmy.

***

Vor vielen Jahren in Remscheid:
In ihrem beschaulichen Leben kämmte sich Philippine Meuser,
geb. Wagenbach vor dem großen schönen Spiegel ihr Haar,
als dieser plötzlich zersprang.
Das hat das Paar dem Nachbarn erzählt- er meinte, das wäre ein böses Omen.
Die Nachricht kam zwei Tage danach:
Der Tod des Schwagers ihrer Mutter starb genau in dieser Stunde in Merenberg.

***

Aus dem Strafbuch des Bürgermeisters Wilh. Adolf Vohl
erfahren wir detaillierte "Vergehen" und deren Strafgelder,
woraus einiges über die wirklichen Umstände der alten Zeit gesagt werden kann.
1893 Karl Groß, 1 Mark ruhestörender Lärm.
August Aller 3 Mark Grober Unfug gegenüber Nachtwächter Eiser
1894/95 1 Mark wegen Übertretung der Polizeistunde.
C.O. Sommer 3 Mark Übertretung der Polizeistunde.
Adolf Kahn 2 Mark Hund ohne Maulkorb beim Kälbertreiben
1895/96 Gottfried Groß 1 Mark Fahren über fremdes Eigentum
Heinrich Wilhelm Steif 1 Mark Hüten auf fremdem Eigentum
Wilhelm Heinrich 1 Mark Nachtwache nicht gehandhabt
Gustav Sayn, 3 Mark Holz zu lange liegen gelassen
Wilhelm Eiser, 1 Mark Hühner auf fremdem Eigentum
Wilhelm Ludwig 1 Mark Schaden durch Enten
Wilhelm Heidrich 2 Mark Übertretung der Polizeistunde
1896/97 Ludwig Karl Groß 5 Mark Werfen in ein Fenster
Wilhelm Heuzeroth 2 Mark Revision der Schankgefäße
Wilhelm Heuzeroth II 2 Mark Bierleitung schmutzig.
August Aller 1 Mark Streichhölzer lose in der Tasche
1898/99 Wilhelm Link 1 Mark Mähen vor Erlaubnis
Jakob Brenner, 2 Mark Verbotenen Weg gefahren
Johann Jakob Hehl 1 Mark Ohne Schild am Wagen
Gustav Schweizer 1 Mark Ohne Leitseil auf dem Wagen gesessen
Johann August Sayn, 1 Mark Zur Feuerwehrübung nicht erschienen
Johann Peter Döhmer 3 Mark Polizeiliche Anmeldung unterlassen
Gottfried Giel 2 Mark In der Hochwies Feuer angezündet
Friedrich Wilhelm Kober 1 Mark Straßenräume nicht gereinigt
1899 Ehefrau des Wilh. Ludwig 1 Mark Baum beschädigt.
Friedrich Wilhelm Sanner 1 Mark Feldschaden durch Walzen
Wagner Wüst 2 Mark Verbotenen Weg gefahren
Philipp Wilhelm Groß 1 Mark Hühner im Hafer
Wilhelm Ludwig 5 Mark Eber vorführen lassen
Karl Baldus 5 Mark Maul- und Klauenseuche-Sperre übertreten
1900/01 Anton Wilhelm Vohl 5 Mark Sonntagsarbeit
Christian Schlosser 3 Mark Viehhüten
Nathan Strauß 1 Mark Kälbertransport, Hund ohne Maulkorb
Elise Langschied 50 Pfg Schulversäumnis
Sebastian Schreiner 6 Mark Schafe weiden lassen
Johann Heinrich 1 Mark Kohlraben in der Straßenrinne gewaschen
Karl Busch 20Pfg Schulversäumnis
1901/02 Gustav Schäfer 1 Mark zur Feuerwehrübung nicht erschienen
Wilhelm Eiser 1 Mark Hühner auf fremdem Eigentum
Wilhelm Groß 10 Mark Nach Sonnenuntergang im Wald Holz geholt
Karl Theodor Heuzeroth 1 Mark Fahren über fremdes Eigentum
Heinrich Sartor 1 Mark Unterlassen des Feierabendbietens
1902/03 Gustav Hommrich 5 Mark Ruhestörender Lärm, Strafe erlassen weil kein Vermögen und Militär
1903/04 Hollerbach, Knecht bei Christian Enspel 6 Mark
Rasches Fahren und Tierquälerei - nach Widerspruch beim Amtsgericht freigesprochen
Gustav Sayn Holzhändler 6 Mark Jagd während des Gottesdienstes
1904 Karl Groß 5 Mark Ruhestörender Lärm und Steinewerfen
Nachtwächter Vohl 3 Mark Nachtwache nicht gehandhabt
Wilhelmine Fein 1 Mark durch die Wiese gegangen
Karl Julius Heuzeroth 1 Mark Feuerleiter nicht abgeliefert
Direktor Karl Link 5 Mark wegen Bauänderung
1904 Friedrich Neil 5 Mark an fremdem Obst vergriffen
1907/08 August Menges 2 Mark Fahren ohne Leitseil in den Händen
August Menger 2 Mark Ungeeichte Waage benutzt
Molkereigenossenschaft 3 Mark Lysol und giftige Farben feilgehalten
1909 Wilhelm Ludwig Heuzeroth 5 Mark Bierleitung schmutzig
Heinrich Sartor 1 Mark Plombe fehlt an der Bierleitung
1910 Johann Rink 2 Schafe über Grenze weiden lassen
1912 Ludwig Schmidt 1 Mark Hühner auf fremdem Eigentum
Sebastian Horn 10 Mark Holz abfahren ohne Schein
Max Griebling 1 Mark Jauche in Straßenrinne
Anton Wilhelm Vohl 1 Mark Drei Wagen aneinander gekoppelt
Karl Wilhelm Vohl 1 Mark Urinieren auf der Straße
Eduard Vohl 1 Mark Hundefuhrwerk ohne Laterne
Peter Heidrich 1 Mark Radfahren ohne Laterne
Ludwig Karl Groß 6 Mark Hühner in fremdem Hafer, 6 mal
Friedrich Wenter 1 Mark Mist auf der Straße
1913/14 Moritz Rother 2 Mark Tauben auf fremdem Eigentum
Ludwig Aller 1 Mark in der Fortbildungsschule gefehlt
Frau Reinheimer 2 Mark Sonntags Grummet geholt
1915 Karl Julius Heuzeroth 2 Mark Vieh gehütet
Heinrich Sartor 1,50 Mark Hundejagen
Frau K.G. Stupf 25 Mark Zuwiderhandlung gegen Bestimmungen der Fleischversorgung
Das soll genügen, um zu erfahren was früher bestraft worden ist..

***

Die "Grenzer Ami" ist Sonntags zur Kirmes, werktags zum Markt gegangen.
Eine Frau aus Grenzau, geb. 1855 in Kleinmaischeid,
heiratete 1880 den Grenzauer Maurer Peter Göbel.
Mit 40 Jahren, im Jahr 1890 erkrankte ihr Mann und blieb bis zu seinem Tode 1903 arbeitsunfähig.
Damals gab es keine finanzelle Unterstützung,
so mußte sie für ihn, als er noch lebte und für ihre zehn Kinder den Lebensunterhalt verdienen.
1884, während des Baues der Bahnstrecke Bendorf-Siershahn, als Gastarbeiter
aus Holland und Italien in das stille Dörfchen zogen,
besorgte sie ihnen einen Teil ihrer täglichen Bedarfsartikel.
Dazu mußte sie zwei mal die Woche zu Fuß die "Gumschlag" gehen.
Jene alte Handelsstraße, die schon 1347 zwischen Grenzhausen und Vallendar bestand.
Zu jener Zeit war diese Straße schon eher ein überwucherter Waldweg,
den die arme Frau gehen mußte- 20 Kilometer hin, 20 Kilometer zurück.
Sie trug auf dem Kopf und in beiden Armen weidengeflochtene Körbe-
eine beachtliche Leistung, bei der ihr ab und an eines ihrer Kinder half.
Diese Botengänge wurden bald bekannt und so kamen auch aus den Nachbarorten Aufträge.
Sie konnte bald ein Pferd für hundert Mark erstehen, eine hurtige Summe!
Nun kam vom Stellmacher ein Kastenwagen dazu, damit fuhr sie dreimal die Woche
nach Koblenz. Dienstags, Donnerstags und Samstags waren in Koblenz Markttage.
Recht früh, bereits kurz nach Mitternacht mußte sie aufbrechen,
um gegen 3 Uhr auf dem Koblenzer Marktplatz zu sein,
wo die Bauern und Händler der Umgebung ihre Waren feilboten.
"Grenzer Ami, hei, wills'te uns nix abkaafe? Guck, wat wir en fein War' han!"
Riefen sie ihr entgegen.
So kaufte die Ami ein, das Kind machte Botengänge und kleinere Besorgungen in den Geschäften.
Anschließend gingen beide in das Cafe Bubenheim und gegen 11 Uhr fuhr man zurück,
berichtet der Chronist.
An den übrigen Werktagen vertrieb sie in den Dörfern Seife,
Schuhcreme, Spielwaren, Wolle, Zucker, Kaffee, Gemüse und Heringe.
Sie war reell und ehrlich, man vertraute ihr und kaufte wohl gerne.
Sonntags ging sie zur Kirmes und baute einen kleinen Stand auf -
wo ihre Waren angeboten worden waren.
Bis ins hohe Alter, bis zu ihrem Tod 1939 übte sie das Wandergewerbe aus.
Ihre Kinder erzog sie zu ehrbaren Menschen, sie wurden Arbeiter, Handwerker und Beamte.
Inzwischen werden wohl alle gestorben sein.
Diese Geschichte soll ihr als Denkmal dienen.

***

Aus Hadern und Lumpen?
Die alte fürstliche Papiermühle zu Freiendiez bestand über 120 Jahre.
Der Papiermacher Simon Henrich Römer aus Runkel
hat 1727 der fürstlichen Rentkammer den Vorschlag gemacht diese Mühle zu errichten.
Der Bedarf an gutem Schreibpapier war groß- die Genehmigung kam also sogleich.
Aus Resten eines alten Jagdhauses wurde die neue Mühle in "Recycling" sozusagen - erbaut.
Die Mühle wurde ausgestattet mit dem sogenannten Deutschen Geschirr
(Wasserräder, Stampfwerk, Spangen, Trügger und Pumpen)
Das Mühlrad hatte 4 mtr Durchmesser und war einen Meter breit,
mit einer 50cm dicken Achse (Wellbaum) in der Mitte, die zum Kammrad im Innern der Mühle führte.
Dieses Kammrad oder Zahnrad bewegte die Daumwelle, die mit ihren Zapfen den Hämmer in Gang setzte.
"Dort stampfen die Stampfen die Hadern und Lumpen,
Dort strudeln und wudeln die plumpenden Pumpen,
Dort presset, dort lässet man leimen Papier,
Dort schälet und zählet und gibt man's herfür."
Die Grundstoffe zur Papierherstellung im 18. Jhd waren Hadern,
(leinwandreste) und Lumpen, Wollreste.)
Im Sammelmonopol gingen diese Rohstoffe zu dieser Mühle.
Diese wurden dann sortiert, zerstückelt, eingeweicht und ein eine Faulgrube gebracht.
Der leicht angefaulte Stoff kam später in Stampfmühlen, ins sogenannte Geschirr.
Im Löcherbaum dieses Werkes zerstampften eisenbeschwerte Hämmer unter Wasserzugabe die Lumpen
und Hadern in 18 stündiger Arbeit zu einer breiartigen Masse, dem sogenannten Halbzeug.
Dieses wurde nach der Trocknung in den Holländer gebracht und darin erneut zerfasert.
Aus dem Halbzeug war nunmehr Ganzzeug geworden.
Sollte nun Papier geschöpft werden, so kam das Ganzzeug mit Wasser vermischt in die große Bütte,
ein Faß mit breitem Holzrand und übergelegten Stegen.
An der mit dem Zeug gefüllten Bütte begann nun des Papierschöpfers Werk.
Der Schöpfrahmen wurde die milchige Flüssigkeit getaucht
und mit der dünnen Haut des feuchten Papierblattes herausgehoben.
Während das Wasser nach unten ablief und der Stoff sich verteilte,
wurde die Form in einer bestimmten Weise geschüttelt.
Die feinen Stoffasern setzten sich nun auf dem Sieb fest, sie lagerten sich kreuz und quer,
verfilzten miteinander und bedeckten den Rahmen mit einer Art Haut von gleichmäßiger Dicke.
Die Größe der Schöpfform, von denen für die fortlaufende Arbeit
stets ein Paar zur Verfügung gehalten wurde,
richtete sich nach dem Format des zu schöpfenden Bogens.
Dann übergab der Meister die Form dem Büttgesellen, auch Gautscher genannt,
der das feuchte Papierblatt von dem Sieb entfernte.
Ein weiterer Filz wurde auf den Papierbogen gelegt und die Form dem Meister zurückgegeben,
der inzwischen einen neuen Bogen gebildet hatte.
So wurde Papier auf Filz, Filz zu Papier gestapelt, bis ein Stoß von 181 Bogen und 182 Filzen dastand,
der in der Papiermachersprache "Pauscht" genannt wird.
Dieser Pauscht kam nun in die Presse, damit dem Papier durch Druck Wasser entzogen wurde.
Dem ausgepressten Pauscht wurden nun die Bogen entnommen und darauf durch einen weiteren Gesellen,
dem "Leger" nochmal ohne Filze zusammengelegt und erneut ausgepresst.
Der Papierbogen war nun soweit gefestigt, daß er auf dem großen Trockenboden,
dem Henkboden, über die dort gespannten Stricke gelegt werden konnte,
um endgültig auszutrocknen.
nach dem Trocknen mußte der gewellte und unebene Bogen geleimt werden,
damit auf ihm die Tinte nicht auslaufen konnte. (Verlaufen)
Die Bogen wurden also durch die Leimbrühe gezogen,
ausgepresst und zum zweiten Mal auf dem Henkboden getrocknet.
(Henk- von Hängen)
Danach wurde der Bogen geglättet, entweder mit dem eisernen Hammer,
oder von Hand auf einer Marmorplatte mit einem Achatstein.
Nun konnten die Bogen "geschält", dh. sortiert und umgelegt werden.
Die einwandfreien Bogen wurden abgezählt und zu einem "Ries" (1000 Bogen) verpackt.
Jeder Bogen war bis zu seinem Verkauf 30 Mal durch die Hand und etwa 10 Mal durch die Presse gegangen.
1751 kostete ein Ries Schreibpapier 1 fl. 15 Alb. und ein Ries Konzeptpapier 1 fl. 5 Albus.
Ein geschickter Papiermüller konnte etwa 300 Bogen pro Stunde schöpfen,
Durch das ständige Eintauchen der Hände und der Arme
in das "Zeug" entstanden mancherlei Hautkrankheiten der Papiermacher.

***

In St. Goarshausen wurde beim "peinlichen Halsgericht" durch einen Richter,
sieben Schöffen und dem Anklagevertreter 1679 die Anna Elisabeth Hager wegen Kindesmordes angeklagt.
In der "Voruntersuchung" wurde ihr das "Geständnis" unter Folter ausgepresst.
Sie bestritt die Tat, als ihr erneut Fuß-Schrauben angesetzt wurden, wimmerte sie:
"Ich habe das Kleine in den Rhein geworfen!"
Das Urteil wurde gesprochen:
"Anna soll lebendig in ein Grab, eine Dornhecke auf ihren Leib,
sie mit Erde beschütten und einen eichenen Pfahl
durch ihr Herz geschlagen werden"
Nun drängte sich die Witwe Hager, die Mutter der Verurteilten durch die Soldaten.
Sie warf sich vor dem Richter nieder und schrie:
"Uns Anna is unschuldig!"
Schluchzend gestand sie, die Tocher habe ihr Kind in Wirklichkeit zu Verwandten gebracht,
weil es der Kindesvater umbringen wollte.
Die Mutterliebe war es, die die Angeklagte schweigen und die furchtbaren Folterqualen auf sich nehmen ließ.
Der Landgraf von Hessen suchte diesen Rechtsirrtum durch Verheiratung
der Gefolterten mit ihrem Verlobten gutzumachen.
"Jedoch eine reiche Aussteuer und die Schenkung einiger Weinberge
vermochten die Braut nicht wieder heilzumachen",
schließt der Chronist seinen Bericht.

***

Ein paar Preise von 1881, Wilh. Linkenbach Ems:
Petroleum pro Liter 23 Pfg
Rüböl pro Schoppen 30 Pfg
Pro Pfund:
Gelbe Gemüsenudeln 28 Pfg
Griesbandnudeln 32 Pfg
Echte ital. Macaroni 40 Pfg
Türkische Pflaumen, kleinkernig 28 Pfg
Edelbirnschnitzen 32 Pfg
Huzeln 28 Pfg
Leicht schmelzende Würfelraffinade in Kisten 42 Pfg
Gemahlene Raffinade in Kisten 42 Pfg
Brodraffinade in Broden 44 Pfg
Sultaninen 50 Pfg
Korinthen 45 Pfg
Kaiserauszugmehl 22 Pfg
Tafelschmalz 69 Pfg
Holländ. Magarinbutter, ausgez. Schmelz und Backbutter 85 Pfg
Grobkörniger Tafelreis 18 Pfg
Grobkörnige holl. Gerste 16 Pfg
Gerösteter Hafergries 22 Pfg
Obstkraut 19 Pfg
Marmelade aus Himbeer und feinem Steinobst 45 Pfg
Reinschmeckender Kaffee ab 90 Pfg

***

Inserat vor 140 Jahren:
"Jeden Mittwoch bin ich in Ems und ziehe Zähne.
Bitte gefl. Bestellungen beim Pfälzer Hof abgeben.
Louis Bein, Zahnoperateur, Coblenz, Schloß-str 20
500 Mark zahle ich dem, der beim Gebrauch von
KOTHES ZAHNWASSER a Flacon 60 Pfennig
jemals wieder Zahnschmerzen bekommt oder aus dem Munde riecht.
Joh. Georg Kothe, Hoflieferant, Berlin; in Ems bei H. Probst Coblenzer-Str."

***

1881 Main 12. Mai
"Wie das Mainzer Tageblatt vernimmt, ist gegen verschiedene Geschäftsleute
von hier - "Cravattenfabrikanten" nennt sie das Volk -
Untersuchung wegen Abnahme wucherischer Zinsen eingeleitet worden.
Es handelt sich bei fraglichen Fällen um 50 bis 70 %, welche diese Ehrenmänner
ihren Opfern abgenommen haben.
Möge eine empfindliche Strafe ihnen die Lust verleiten, noch weitere solche Geschäfte zu machen!"

***

Einblende 7.8.21: Der Gesundheitsminister spricht:
"Impfen ist ein patriotischer Akt" (gegen Corona)
Diese Sprüche hatten wir doch schon mal?!

***

Aus dem Anzeigenteil des "Lahnboten":
"Es werden 300 Stück Wanzen zu kaufen gesucht,
um ein gemietetes Logis, das am 1. August 1881 verlassen wird,
wieder in den Zustand zu versetzen, in dem es angetroffen wurde.."

***

Der älteste Westerwälder war wohl der am 11.2.1828 in Montabaur geborene
Peter Schupp, der im 105. Lebensjahr am 20. 2. 1932 in Baumbach starb.
Er arbeitete nach den Lehr- und Wanderjahren als Wachszieher in der Kerzenfabrik.

An dieser Stelle sei dem Vorkämpfer der Volksmitbestimmung gewidmet,
Freiherr vom und zum Stein focht gegen die Allmacht des Staates.
Er würde heute wieder helfen können, das übermächtige Behördenjoch der EU zu relativieren.. aber er ist ja schon lange tot.

***

Ludwig Nies (t):
Sterbende Mühlen.
Glück zu!
So grüßten einst die Müller wider.
Ihr Bach war klar und sauber wie ihr Blick.
Romantik wob um traute Mühlenlieder.
Da brach den Stab ein irdisches Geschick.
Nun hüllen sich die Mühlen tief in Schweigen,
wo sie verdammern dort im kühlen Grund.
Bemoosten Rädern fallen aus die Speichen.
Verstummt sind Klipp-klapp-Takt und Plätschermund.
Einst waren Müller wohlbestallte Leute.
Dann fing im Wiesental der Abschied an.
Manch ehrbar Handwerk ward des Fortschritts Beute.
Schon manches hat den letzten Gang getan...

***

1889 schildert der Lehrer Kaferstein aus Marienberg;
"Einen höchst interessanten Münzfund machte am 12. August am Nachmittag der Gemeindediener Ludwig Steup II.
Als derselbe im Begriff war, im Gemeindewald, Distrikt Hähnekopf, einen Wagen Basaltsteine zu laden,
fand er unter den Basaltsteinen, nahe der Erdoberfläche,
einen großen irdenen Topf voll alter Münzen vergraben.
Ungefähr zweihundert Stück waren von der Größe einer Mark,
einige größer. Die Kleineren, ungefähr siebentausend Stück,
waren verschieden, von der Größe unserer Fünf- Zehn- und Zwanzig-Pfennigstücke.
Sämtliche Münzen waren Silbermünzen.
Nach näheren Ermittlungen befanden sich folgende Münzsorten unter dem Fund:
Prager Groschen aus der Zeit des Bömenkönigs Johann von 1310-1346.
Groschen der Stadt Tours in Frankreich (Tournosen), vorwiegend aus der Zeit Philipps IV 1285-1314.
Brakteaten (Hohlmünzen) aus dem 13. Jhd, aus Thüringen, wahrscheinlich Saalfeld stammend.
Denare aus Aachen aus der Zeit Kaiser Albrechts 1298-1308
Händelpfennige aus dem 13. Jhd (5-lothiges Silber) Münzen der Stadt Hall
in Schwaben und Frankfurt a. M.
Der Topf war leider ein Opfer der übergroßen Freude des glücklichen Finders geworden.
Die Gemeinde, die die Hälfte des Fundes beanspruchen konnte, leistete auf ihren Anteil Verzicht
und überließ den ganzen Fund dem Finder."
Die Münzen sind spurlos verschwunden.
Trotz intensiver Bemühungen gelang es nicht, ihren Verbleib aufzuspüren.
(Vielleicht wurde der Schatz wieder vergraben?)

***

Bei der Restauration eines Fachwerkhauses in der Limburger Innenstadt
hatte die Arbeitsgruppe für Bauforschung einen "Kölner Pfennig" von 1260 gefunden.
Dieser machte im Mittelalter immerhin einen Wochenlohn aus -
er klebte verbacken im Aufbau des inneren Kellerabgangs,
wo noch weitere Silber- und Kupfermünzen aus dem 16. bis 19. Jahrhundert gefunden wurden.
Seßhaft gewordene, vermögende Kaufleute gaben damals das schmale,
mehrstöckige Stadthaus in Ständerbauweise in Auftrag.
Die Restauration in den 1980iger Jahren verschlang über 2 Millionen Mark !

***

Heute nennt sich kaum noch einer "Nassauer", die alte Landesbezeichnung
ist aus dem Sprachschatz verschwunden.
Hier ist man "Westerwälder", mit gleichem Stolz, was nicht immer so war.
(Es war einmal eine arme Gegend, heute ist allerorten Industrie angesiedelt)
Selbst im Zwitterkreis Limburg-Weilburg,
(Der gegen die Bevölkerung durchgepeitscht wurde)
der Westerwald und Taunus behinhaltet,
ist das Westerwälder Gefühl stark gewachsen.
Die alten Nassauer Wurzeln sind nur noch zuweilen spürbar.
Die Städte und Dörfer des Lahntals und seiner Randhöhen
führen ein landschaftliches Eigenleben -
man ist nicht vom Taunus, nicht vom Westerwald,
man ist eben "von der Lohn" oder "vo de Luh".
Allein Limburg hat es verstanden, nach allen Seiten auszustrahlen.
Die anderen Lahnstädtchen führen eher ein heimatkulturelles Eigenleben.
(Weilburg, Diez, Nassau, Bad Ems oder Lahnstein)
Die Lage im Taunus ist noch komplizierter,
Parallelen zum Heimatgefühl des Westerwaldes sucht man hier vergeblich.
Eine eigenständige Taunus-Kultur hat sich nicht gebildet.
Frankfurt und Wiesbaden strahlen weit in diesen Raum aus,
ohne wirklich kulturell wirksam zu werden -
die Orte des Taunus wurden zu Schlafstätten und sind tagsüber recht still.
Man kommt bestenfalls aus dem Goldenen Grund,
goldenergrund. org/portal/index.htm
von der Aar,
wir-von-der-aar. info/
aus dem Einrich, (Katzenellnbogen)
termininfo- einrich.com/
aus dem Blauen Ländchen,
blaues- laendchen-info.de/
aus dem Rhein-Taunus
rheingau-taunus- info.de/
oder aus dem Rheintal.
Wir selbst wohnen hier:
Im östlichen Hintertaunus, welcher eine eigene und noch nicht so recht erfasste Region
mit kultureller Eigenständigkeit ist.

Nachtrag 2021: Heute werden alle Innenstädte überfremdet oder zeigen Leerstände in dramatischer Art.

In einer Chronik aus dem Jahr 1862 aus Arzbach nahe Bad Ems an der Lahn
kann man lesen, daß drei Brüder aus Baumbach dort den halben Ort mit dem Namen "Gerharz" gefüllt haben..
Es waren tüchtige Kannenbäcker.

***

Vor 130 Jahren fand man in Ems einen 24cm großen Krug mit tausend Silbermünzen
kurtrierischen Gepräges aus der Zeit von 1620-1670.
Weitere 25-30 große Silbermünzen Ludwig XIV und "Brabanter" aus dem Jahr 1650.
Als Kuriosum ist erwähnt, daß der Onkel des Gartenbesitzers geträumt hatte,
daß im Garten Geld vergraben sei..

***

Apfel
Besonders mit unserem Kulturkreis verbunden ist der Apfel, der in einer unglaublichen Vielfalt auftritt.
Die Zuchten des "Tafelapfels" stammen vom Adel, der sich die Natur "untertan" machen wollte
und dabei -diesmal und ausnahmsweise- etwas Bleibendes, Wertvolles schuf.
Den "feinen Apfel" für die fürstliche Tafel, -
anfänglich als Dekoration, später schnell als "marktfähige" Frucht beliebt.
Er half, als die Weinstöcke durch Krankheiten eingingen
und hat sogar zu ganz eigenem Obstwein verholfen- dem Äppelwoi,
dem Traditionsgetränk des hohen Taunus und Frankfurts,
das spritzig und süffig, sogar als Glühwein hervorragend ist.

***

Es schreibt ein Heimatfreund: "Über Ziegen (Gaase) von Elz kann ich sagen,
daß wir früher auch etwa 10 - 15 Ziegen hatten.
Vor 1920 konnte man im Goldenen Grund noch Herden von 200-300 Tiere sehen.
Der heutige Wohlstand hat den Gaase-Bauer überflüssig gemacht."

Er, der Walter Jung, dichtete dazu:
"Die Gaas.
Was gibt es all für Sache heut,
doch früher, glaubt es liebe Leut,
da stand fast überall,
bei jedem Haus en Gaasestall.
Angebunne und auf weichem Stroh,
konnt mer seh die Gaase do.
Mal eine, zwei oder auch drei,
so standen sie in einer Reih',
gaben Milch tagein, tagaus,
man machte auch oft Butter draus.
Die Not war groß, es gab nichts zu esse,
wohl dem, der da'ne Gaas besesse.
Doch heut kann mehr suche überall -
ka Gaas zu fänne ess äm Stall!
En Gaas hot auch prima Mist gemacht,
den hot mehr än de Goade gebracht.
Und nicht nur für Salat und Kraut
hot man den gute Mist gebraucht.
Ohne Gift und Umweltschmutz
brachte er den allerbesten Nutz.
Doch heut wächst Dill und Sellerie
nur mit Hilfe der Chemie.
Ohne die kein Klee, kein Gras,
es fehlt halt nur en Gaas.
Doch die kann er suche überall,
man find se net, in kanem Stall.."

***

Hier darf ich anmerken, daß geschriebene Mundart immer befremdlich ausschaut,
selbst wenn man diese Sprache spricht;
unsere Ur-Ur-Ahnen haben nicht geschrieben, sie haben NUR gesprochen..

Die Orte sind seit den 70iger Jahren des letzten Jahrhunderts einem enormen Wandlungsprozess ausgesetzt:
Es gibt weniger Kinder, die Leute pendeln weit aus in die Städte um zu arbeiten- beide Ehepartner,
die heute durch seltsame "Lebensgemeinschaften" ausgedünnt werden, müssen einer Beschäftigung nachgehen,
sonst raucht der Schornstein bald nicht mehr.
(Was freilich auch durch den Gedanken an eine spätere Rente von Mann und Frau kam; damit es reicht, müssen beide sehr lange arbeiten.)
Alte Leute bewohnen die großen alten Häuser, die einst für die Familie gebaut wurden-
oft alleine, manche stehen schon leer, Bauernhöfe sind ohne ihre Bestimmung.
Allerorten sind ehemalige "Tante Emma Läden" dicht, die Scheiben zugeklebt, leblos und tot.
Einsam hängt ein kaputter Kaugummi-Automat an der Wand, wo noch manches alte Reklameschild vergilbt.
Von den paar Alten, die noch einkaufen könnten, kann der Laden nicht leben,
die Jungen kaufen unterwegs, im Supermarkt ein.
So fahren heute noch ein paar Verkaufswagen herum-
die aber ebenfalls bald wegen Unrentabilität aufhören werden.
(Die Ankunftszeiten der Verkaufswagen sind eben nicht genau bekannt, weil mal wenig, mal mehr gekauft wird. Das dauert unterschiedlich lange. Bis die Alten angewackelt kommen, wenn der Wagen klingelt oder hupt- vergeht auch eine gewisse Zeit.. wenn also 4 Halte in einem Ort gehalten werden und pro Halt 2 Personen jeweils für 5,50 Euro einkaufen- und der nächste Ort ein paar Kilometer entfernt liegt- kann sich die Sache nicht lohnen: Der Wagen und die Kühlung kosten Geld, die Ware mußte zuvor eingekauft werden- der FahrerIn ist im Mindestlohn von 13,30 Euro -2023- wie soll da ein Gewinn entstehen?)

Die Orte gleichen am hellen Tag Geisterorten aus dem wilden Westen -
langsam aber sicher zerfällt der alte Ortskern,
der einst die Betriebsamkeit schlechthin war, wo das Zentrum und Dorfmitte war.
Im Neubaugebiet sind einige der Jungen in den Neubau gezogen- was heute auch schon wieder rückläufig ist:
Die neuen Häuser und die Grundstücke sind teuer, Erschließungskosten und Anliegergebühren sind hoch,
die Umweltvorschriften machen den Neubau kaum mehr bezahlbar.
So kommt mancher darauf, eines der alten Häuser in Augenschein zu nehmen und für ca 120.000 -190.000 Euro zuzuschlagen,
nach und nach, wie das Geld da ist, zu restaurieren.
Nun darf man nicht vergessen, daß durch die Währungsreform,
die den Euro brachte, die Löhne halbiert, die Preise aber oftmals
gleich geblieben sind - auch bei den Häusern!
2023 kommen wirre Vorschriften dazu, die sogar die modernsten Gasheizungen verbieten wollen.. kurz, die Investitionen zum Kauf hinzu, werden für viele Leute nicht mehr zu stemmen sein.
Willkürliche und -sehr wahrscheinlich unbegründete- Sondersteuern oder CO2-Abgaben verteuern alles und jedes Ding ganz enorm.
Die Autos, mit denen die Pendeltouren gemacht werden müssen, da die Öffentlichen sehr unzureichend fahren,
sind zu 9 von 10 in der Zahl auf Pump, nicht etwa bar bezahlt..
(Das hat mir ein Verkäufer eines großen Autohandels erzählt)

Nachtrag 2021: Heute kauft niemand mehr sein Auto in Barzahlung,
alles geht über "Leasing" oder über einen Kredit der Bank des Autoherstellers.
Es werden wieder neue Häuser gebaut, weil man durch die EZB die Zinsen gestohlen hat,
selbst die Sparbücher der Kinder werfen keine Zinsen mehr ab.
(Haben-Zinsen sind heute in der Hälfte der Inflationsrate angesiedelt!)
Deshalb setzen viele Leute auf "Betongold" und bauen.
Heute setzt man auf Schulden, die nimmt niemand weg - aber:
Das führte zum Immobiliencrash in den USA..
In den Corona-Jahren 2020-22 haben sich viele Preise verdoppelt, Bauherren geben vorzeitig auf, Rohstoffe werden knapp und sehr teuer.

***

Manche Stories wiederholen sich deshalb ein wenig, weil in div. Büchern div. Schreiber
sich die Themen näherten und ähnlich geklungen haben -
mir dienen die unterschiedlichen Quellen zur Bewahrheitung:
So mancher Aspekt kam dabei hinzu !

Nun zurück zu den Alten, am liebsten vor der Zeit der beiden Weltkriege:
Der "Scheuerbambeler" war der selbstgezogene Tabak, der in der Scheune trocknete..
..für den "Sonntagstabak", wie der "Werktagstabak" aussah, wollt ihr nicht wirklich wissen:
Kartoffelkraut, vermischt mit Huflattich, Buchen- und Eichenblättern,
div. Kräuter aus der Wiese, Wald und Flur..

Das Wörtchen "echt" wurde ehedem als "ächt" geschrieben, auch auf offiziellen Aushängen.

Früher gingen die Fuhren buchstäblich über Stock und Stein, Zugpferde waren nicht zum Reiten geeignet,
und mußten nach Hause geführt werden.
Überhaupt ging man meistens zu Fuß, auch weitere Strecken, von Ort zu Ort-
ganz normal, daß ein Vater mit seinem Sohn nach der Lehre eine Stellung suchen ging.
(Schon damit, daß ein Esser weniger im Haus war - das Essen für Gesinde in Arbeit
war dürftig. Drei Mann teilten sich einen Hering, Hauptnahrungsmittel waren Kartoffeln mit Salz.)

1885 Hachenburg: Die Durchschnittspreise für je 50 Kilo Weizen waren 11,59 Mark,
Weizenmehl 13,98 Mark, Roggen 9,80 Mark, Roggenmehl 12,34 Mark, Hafer 8,07 Mark,
Heu 2,78 Mark, Stroh 2,71 Mark.

***

Nun noch eine wilde Geschichte!
Ende des 16. Jhds. waren Schornsteine in den Westerwalddörfern nur selten vorhanden.
Erst nach der Jahrhundertwende kam auf obrigkeitliche Anordnung der Wandel,
oft gegen den Widerstand der Bevölkerung, die das nicht einsehen wollte, trotz der Brandgefahr.
Bei Androhung von 5 Gulden Strafe dauert die Umsetzung noch eine geraume Zeit.
Schornsteine hielten die Bauern nicht für nötig.
Die Baustoffe waren - nach heutiger Sicht- wärmedämmend aus Holz, Lehm und Stroh,
auf der Rückseite des Hauses mit "Niederlass", nur wenige und kleine Fenster,
so daß gegen Kälteeintritt genug Schutz war.
Gegen Wärmeverlust schützte das Strohdach.
Zunächst hatten die Häuser nur eine Feuerstelle im "Ern", wie oben schon mal erwähnt,
der zugleich als Flur und Küche diente.
Der gemauerte Herd stand an der Mittelwand des Hauses und wärmte durch eine Öffnung
in der Wand den Nebenraum, die Wohn- und Elternschlafstube- mit.
Der Rauch des Herdes zog durch das Dach über dem offenen Ern und durch das Oberteil
der quergeteilten Haustür ab, was der rauch - und geruchsarmen Holzfeuerung genügte.
Der bereits erwähnte breite untere Türspalt tat der Sauerstoffzufuhr gut.
Das Haus brauchte also nicht unbedingt einen Schornstein- was sich später,
als der Wohnzimmerofen kam, freilich änderte:
Ohne Kamin ging das nicht.
Lange Zeit waren diese Schornsteine nur aus Holzfachwerk mit Lehmfüllung,
allenfalls aus ungebrannten Lehmziegeln.

So mancher baute mühsam Kartoffeln von Hand an, häufelte, beseitigte Unkraut, düngte,
erntete mit vielen Helfern, lud alles in Säcke, verstaute diese auf dem Leiterwagen, spannte
die Kuh davor, manchmal auch zwei - und zockelte in mühsamer Tour die holprigen Wege zum Käufer
manchmal einen ganzen Tag Fahrt entfernt, um dann auf einen "Feilscher" zu treffen,
der so arg runterhandelte, daß dem Geplagten nichts anders übrig blieb,
als abzuladen- womöglich noch in den Keller zu tragen,
damit er endlich nach Hause konnte.. Frau und Kinder brauchten Geld für Schuhe.
Geld regierte schon damals die Welt.
So manches Mal hielten die Kühe an, wenn ihnen die Füße weh taten oder sie müde wurden-
da half nur gutes Zureden, warten, streicheln..
Abends um 9 Uhr kam er endlich nach Hause.

Fleisch gab es auch für Bergleute nur an Festtagen, der Arbeitstag war 12 Stunden,
das Rheuma war in den Braunkohlegruben garantiert, wenn nicht die Staublunge oder Tbc zuvor kam.
Quetschungen der Brust, an Knien und Ellenbogen, Rippen- und Beinbrüche waren häufig.
Diese Verletzungen führten manchmal auch erst später zu Invalidität,
die erst sehr viel später von der Knappschaftskasse anerkannt wurden.

Wenn die Glocken um 11 Uhr zum "Angelus" läuteten,
verharrten die Leute im Gebet.
Sogar die Kühe vor dem Pflug hatten sich darauf eingestellt
und waren nicht mehr bereit, auch nur noch eine Furche weiter zu ziehen.
Abends um Sieben tönte die Abendglocke,
dann durfte der Lehrer keinen seiner Schüler auf der Straße erwischen..
Palmzweige, die geweihten Kräuter "Wirzwesch" und ein Zweig vom Fronleichnamsaltar
wurde in der Wohnung in das Kruzifix gesteckt.
Bei schweren Gewittern oder jeglicher Gefahr wurde ein Zweig
in das Herdfeuer gelegt, zuweilen noch eine gesegnete Kerze angezündet.
In frühen Jahrhunderten war das Wetterläuten üblich, wenn ein Unwetter aufzog.

Ostereier wurden gefärbt und für kurze Zeit in den Ameisenhaufen gelegt-
die Säure, die dort von den Tieren antraf, gab interessante Muster.
Wenn ein Laib Brot angeschnitten werden sollte, wurde zuvor ein Kreuz eingeritzt.
An Maria Lichtmeß wurde Abends eine geweihte Kerze angezündet,
und dabei den Rosenkranz gebetet.
Nach dem Gebet machte der Vater an die Wohnstubendecke mit der Kerze ein Kreuzzeichen.
Anschließend brannte er jedem der Anwesenden mit der Kerze einige Haare am Kopf ab.
Am Heiligen Abend wurde ein Bündel Heu in den Hof gelegt und nach der Bescherung
dem Vieh in den Stall gebracht zum Verfüttern.
In der Silvesternacht sangen alle in der Gastwirtschaft Anwesenden:
"Großer Gott wir loben Dich".

Bis 1929 diente ein Pferdefuhrwerk als Leichenwagen.
Die nächsten Angehörigen des Verstorbenen gingen am Schluß des Leichenzuges-
sie trugen dunkle Trauerkleidung und als Kopfbedeckung ein weißes Spitzenhäubchen
oder zumindest ein weißes Leinentuch.
Der Sarg wurde noch in dem Haus des Verstorbenen aufgebahrt,
dabei wurde der Rosenkranz, eine Litanei und die "Fünf Wunden" gebetet.
(Vermutlich war ich der letzte Sohn, der noch Totenwache für seinen Vater in der Leichenhalle tat, alle 2 Std. nachsehen und kontrollieren)
Als Totenwache war aus jeder Familie mind. eine erwachsene Person dabei.
Nach der Beerdigung trafen sich die Trauergäste im gleichen Zimmer zum Kaffee und Kuchen wieder..
(Wer das nicht kennt: Das tröstet tatsächlich)
Nach der Beerdigung wurde das "Schaaf"- das Bettstroh und anderes Zeug in der Gemarkung,
meist auf einer Feldwegekreuzung verbrannt.
Dabei wurden wieder die "Fünf Wunden" gebetet.
Die Angehörigen eines Verstorbenen - vornehmlich Frauen -
trugen ein ganzes Jahr schwarze Trauerkleidung.
So kam es, daß Frauen schon mit 30 bis 40 Jahren nur noch Trauerkleidung trugen.
In früheren Jahrhunderten war die Trauerzeit amtlich streng geregelt,
Zuwiderhandlungen wurden sogar bestraft.
Der Ehemann hatte ein halbes Jahr, seine Frau ein ganze Jahr trauern müssen.
Bei Eltern war die Trauerzeit für ein Kind über 12J. drei Monate,
Kinder trauerten um die Mutter oder um den Vater 6 Monate,
um Stiefeltern einen Monat.

Vorschriften über Vorschriften und auf diesen Vorschriften wurden immer weitere Vorschriften
gesetzt und fleißig vorgeschrieben..
(Deshalb frage ich mich immer, welche Leute wohl eine so große Freude am Vorschriften machen haben)

Der Pfarrer Plebanus von Miehlen hat einige Dinge aus dem Dreißigjährigen Krieg überliefert.
Am Neujahrstag 1636:
"Haben wenig Pfleg und Wartung und geringe Mittel zur Nahrung haben können,
obwohl wir alles gerne zum teuersten kaufen und bezahlen wollen.
Die Feiertage über ist nicht ein Bissen Fleisch zu bekommen gewesen.
Meinem Wirt, weil er noch seine Hühner im Stall hatte,
gab ich in meiner traurigen Schwachheit für eins 18 Albus!"
Nach 5 wöchiger Krankheit ist der Pfarrer erstmal wieder vom Krankenbett aufgestanden.
"Ende Januar ist Margaretha Michel oder Bäckersfrau zu Miehlen nach ihrem Mann sechzigjährig verstorben.
Sie hat einen Tag oder etliche in Hans Schreiners Haus unbegraben gelegen,
weil sich kein Mensch im Dorf hat blicken lassen.
Der Leichnam wurde die Stiege heruntergeworfen, Hunde und Katzen haben ihn bis auf den Kopf aufgefressen.
Hunde seien mit ihren abgebissenen Händen auf den Gassen herumgelaufen.
Es seien in dieser Zeit nicht nur in Miehlen, sondern auch anderswo Menschen gestorben,
weil sie keine Nahrung, noch nicht einmal etwas Brot, beschaffen konnten.
Wegen der Kriegsvölker, die das Land durchstreifen, könnte sich kein Pfarrer
bei seinen Pfarrkindern umsehen und daher fanden auch keine Gottesdienste mehr statt."
Im Februar sei es lau gewesen, dann aber sehr kalt geworden, weshalb der Rhein Eisgang hatte
und schwer war, über den Strom zu setzen.
Dann sind von den Pfarrkindern in Miehlen, Nassau und Patersberg wieder eine ganze Anzahl
infolge Unterernährung gestorben.
Zu Beginn dieses Elendskrieges 1618 zählte Miehlen 130 Feuerstellen, im Februar notiert er:
"Zwei Weiber von Endlichhofen sind nicht weit von der Reichenberger Mühle tot aufgefunden worden.
Ohne Zweifel sind die armen Leute erfroren und von einem Fuchs oder Hund angefressen worden."
Ende Februar besuchte er Endlichhofen, traf aber dort ebenfalls Leichen an,
die von Hunden angefressen worden sind.
Wörtlich:
"Sind also in diesem Dörflein acht Menschen von den Hunden in ihr bestialisch Gedärm begraben!"
"Einen Hund hat die Kuhhirtin zu Ruppertshofen in diesen Tagen geschlachtet und verspeiset.
Wie gewiß berichtet wurde, hat die Kuhhirtin auch von ihrem toten Mann Fleisch abgeschnitten
und solches gekocht und mit ihren Kindern gegessen.
Als sie gefragt wurde, wie es geschmeckt hat, sagte sie- wenn ich ein wenig Salz dazu gehabt hätte,
hätt es ganz gut geschmeckt."

Am 4. März haben "Crabaten" (Kroaten) am Kirchhof in Ruppershofen gelegen,
die Turmwacht gehalten und die Straßen beobachteten.
Jeden, den sie erhaschten, haben sie sehr mißhandelt.
Beinahe wäre auch der Pfarrer in deren Hände gefallen.
Er erwähnt die Belagerung der Stadt Lahnstein und der Burg Stein in Nassau und
schreibt von einer schlimmen Hasen- und Füchsen-Plage, die sich über die Hausgärten her machten,
während die Bewohner sich in Hütten im Wald vor den Soldaten versteckt hielten.
Der anschließende Sommer war heiß und trocken, die Vegetation verwelkte.
Erst im Juli kam der Regen, so die Sommerfrucht noch gewachsen sei.
Er erzählt von einer gewaltigen Himmelserscheinung in St. Goar,
über der Loreley von zwei Kometen, der eine blutrot, der andere feurig, schrecklich anzusehen.
Er fürchtet, daß das kein gutes Zeichen war.
"Gott wende alles zum Besten, bekehre die, so zu bekehren sind, und verschone gnädiglich um der Unschuldigen
und Unmündigen willen die alten Bußfertigen"
Dieser Krieg, das habe ich Eingangs schon geschrieben, kam aus den Anfeindungen und Spannungen
zwischen den evangelischen und katholischen Herrschaftsgebieten in Deutschland.
Jeder noch so hartnäckige Versuch diese Tatsachen zu verleugnen,
kann nur aus religiöser Verblendung passieren.
Der Friede wurde erst 1648 zu Münster und Osnabrück geschlossen und hat
das Land in eine lange und tiefe Armut gestürzt.

***

Zum Trost noch eine lustige Geschichte:
Ein Karussellbesitzer hatte einen einäugigen Schimmel, der sein Pferdchenkarussell antrieb.
(Das Ding wurde mit einer Kette, an der ein Brems-Brett montiert war, auf dem der Bremser stand, angehalten)
Nun war nicht immer Kirmes und der Gaul mußte auf dem Feld helfen, wo er- wer hätts gedacht-
nie geradeaus lief, egal wie oft und wie laut der Herr "Haar" links rief.
Da half auch kein wildes Zerren an der Leine- der Schimmel ackerte immer Rechtskurven.
Nun lagen die Kartoffelreihen im Kreis herum und in der Mitte des Feldes war.. nichts.
Der Pferdefreund hätte sein Tier deshalb niemals abgeschafft und so gab ihm der Nachbar einen Rat:
"Pflanz doch einfach Rüben in die Mitte!"
Gesagt, getan- es muß ein ulkiges Feld gewesen sein..

Der Scholastiker Peter von Dern, erwähnt Mengerskirchen, dessen Chronik nun von mir durchgeackert wird,
bereits im Jahr 1292 als "Oppidum" (Landstädtchen, Befestigung)- dh. es waren bereits Befestigungen
oder eine Burg vorhanden.
Nassau, Greifenstein, Merenberg und Lichtenstein wurden 1303 als Streubesitzer vermerkt-
bis nach Worms gehörten in der Gemarkung Mengerskirchens die Ländereien durch div. Heiraten
und dem "Calsberger Zent" den unterschiedlichsten Herrschaften.
Ständig wirbelten die Anteile durch Erbfolgen und Schenkungen durcheinander-
aber auch durch Verpfändungen!
Schloß und Städtchen wurden im Jahr 1373 für 1400 Gulden verpfändet.
10 Jahre später:
Die Beilsteiner von den Nassauern für 4000 Gulden für sich eingenommen,
was keine 20 Jahre dauerte und neue Verpfändungen, diesmal in Anteilen- brachte,
nach Weilburg, dann nach Trier.
Bei so manchem Herren mußten in diesen Zeiten die Leute huldigen!
Einige Jahre hatten die Witwen der Verwandtschaften dort im Schloß ihren Aushalt-
den letztlich die Pächter der Äcker zahlen durfen.
1452 wurde der Seeweier angelegt- als verpachtetes Fischgewässer.
1561 kam die Pest durch Mengerskirchen, der Adel floh wie die Ratten vom sinkenden Schiff..
Dann verpfändeten die Nassauer für 22.000 Gulden ihren Anteil,
um die vom Kaiser auferlegten Kriegskosten am Niederländischen Freiheitskampf zu finanzieren,
kauften diese nach 17 Jahren 1587 wieder zurück.

"Die reinste Waidmannsfreude" war den Herrschaften vorbehalten, nicht etwa der Bevölkerung,
deren Äcker von den vielen Wildtieren in Mitleidenschaft gezogen wurden..
Die Besitzungen wurden verhökert, verpfändet, verheiratet, geteilt, als Schenkung verbracht-
ein wirres Wechselspiel mit "Salischem Recht" (männl. Erbfolge) oder durch Testamente vollstreckt.
Das "Jus Reformandi" bestimmte, daß die Menschen die Konfession des Herrschers annahmen.
Die Rechte der "geistigen Jurisdiktion" wurde hartnäckig von den Fürstbischöfen verfolgt,
selbst dann noch, wenn längst nur noch ein Teil in deren Händen war.

"Ein Grandseigneur belastete die Besitzungen mit einer massiven Hypothek"
berichten die Chroniken, gemeint war Fürst Christian, der leichtfertige Bruder Wilhelms von Dillenburg.
Als das Gerücht kam, jener Schuldenkönig sei in den Niederlanden verstorben,
schickte man in "verdächtiger Eile" aus Diez den Kapitänleutnant Siegel mit 40 Mann nach Mengerskirchen,
um Fakten zu schaffen, den Ort einzunehmen.
Die Kunde lief schnell, man verschloß die Stadttore und so mußte Siegel die Belagerung machen,
die ausgerechnet während der Erntezeit war und die Bauern vom Feld in die Stadt und
ewig langen Verhören aussetzte.
Nach ein paar Tagen rückten die Soldaten unverrichteter Dinge ab.
Die Linie drohte auszusterben, so erhielt Christian von Wilhelm ein Drittel des Vermögen um zu heiraten.
Diese Ehe bleibt leider kinderlos.
Dann starb Wilhelm und Christian erbte das nächste Drittel.
Der Leichtfuß Christian erhielt von seinem Bruder das nächste Drittel, weil Kriegslasten
vom Kaiser ausgehoben werden sollten - was eine große Bauernrevolte brachte.
In Wellen kamen Soldaten, in Wellen verstärkte sich die Revolte- bis 1700 Aufständige
und hunderte Soldaten campierten im Feld- bewaffnet mit Mistgabel, Äxten, Messern und Knüppeln
drohten sie den Soldaten, diese "in kochtopfgerechte Stücke zu zerhacken", wenn sie nicht abzögen.
Nun wurde das Wetzlarer Reichskammergericht angerufen,
weil die Städte Haiger und Driedorf von diesen Kriegslasten befreit waren,
die Städte sozusagen "freigestellt", mit eigenen Marktrechten versehen waren.
(Wie Wetzlar auch)
Das Gericht stellte auch Mengerskirchen frei, die Streiter gingen nach Hause.
1739 starb, von allen Einwohner aufrichtig bedauert- der Christian, Fürst von Dillenburg.
Das Erbe fiel an Diez.
Zwischenzeitlich war ein betagter Fürst - Wilhelm Hyazinth eingesetzt,
ein Sproß der Siegener Linie, der nicht lange lebte.
So fiel ein Teil dessen Erbes an Siegen, der andere Teil an Diez.
Infolge der dann kommenden Reorganisationen der Verwaltung stellte
"der von einem glänzenden Beamtenkörper Oranien/Nassaus regiert"
-bis 1806 alles im Großherzogtum Berg aufging.
Der Prinz von Oranien schloss sich Österreich an - den Rest kennen wir-
sodann kamen die Preußen mit ihren Hilfstruppen, die Franzosen "über den Rhein trieben".
Der Prinz von Oranien nahm den Titel des Königs der Niederlande an
und trat seine nassauischen Stammlande an Preußen ab.
Verrat am Volk war das allemal.
Während des 30j. Krieges- ich finde immer wieder neue Quellen zu diesem Thema
und immer wieder unbekannte Begebenheiten, die nie zusammen in ein paar Büchern,
geschweige denn in einem Wälzer zu finden gewesen wären!
Die Homogenität dieser Seite erzwingt, diesen Spuren in der Form nachzugehen,
wie die Fundstellen aufgetaucht sind - eine Zusammenführung wäre u.U. ein Irrweg,
zudem recht unverdaulich - so ist mehr Abwechslung oder Erholung durch andere Themen gegeben..

***

"Die Spanier zogen daher unter Flüchen und Drohungen ab (es war nichts zu holen)
In Waldernbach erschossen sie den Heimberger, wie sie auch in mehreren Weilburger Orten
ihren noch in frischem Glanze strahlenden Kriegsruhm durch blutige Gewalttaten befleckten"
Eine ganze Heerschar Reiter unter Waffen gegen eine recht armseelige Landstadt?
"Die Bewohner der Dörfer waren den unbarmherzigen Räubern völlig schutzlos preisgegeben.
Wenn sie mit ihrer Habe nicht auch noch das Leben verlieren wollten,
blieb ihnen nur die Flucht in den Wald oder hinter die Mauern eines festen Ortes übrig.
So strömten in Mengerskirchen die Geängstigten oft genug mit ihrem Vieh zusammen"
Die spanischen Eroberer kannten nicht mal Rücksicht vor Menschen gleicher Religion wie die ihre,
brandschatzten und plünderten erpressten Geld und Vieh durch ihre "zuchtlosen Horden",
wie der Chronist bitter vermerkte.
Man braucht sich also über die heute noch vorhandenen "Vorurteile" gegen Zuwanderer nicht zu wundern.
Selbst ausgehandelte Schutzbriefe wurde mißachtet - so vesuchten die Bauern mit gleicher Münze heimzuzahlen.
Einzelgänger, Kundschafter oder schwache Nachzugstruppen wurden aufs Grausamste hingemordet.
Unterdessen hockten die Frauen und Kinder in den Hecken und heimlichen Schlupfwinkeln, den Tieren gleich.
Ständig gehetzt und bedroht von einer haltlosen Soldateska, deren barbarische Roheit ein Bericht
des in Not und Gefahr unerschütterlich ausharrenden Pfarrers Laurentius zu Mengerskirchen anklagt:
"Sie gehen mit den leuthen gantz unchristlich umb, also das sich kein mensch darff sehen lassen.
Wen sie bekommen, den fesseln sie an und schlagen wie wie ein hund darnieder"
(Anklang an die Sitte des Hundeschlags. Nach zu Beginn des 17Jhds. ging im Westerwald
der Scharfrichter mit seinem Gehilfen in gewissen Zeitabständen durch die Dörfer
und erschlug die räudigen und herrenlosen Hunde mit einem Knüppel)
Der Höhepunkt der Kriegsnot kam 1635.
(Heute nennt man diese Taten "Keulen")
Zu 5000 Mann brandete die Welle den Marschwege den Mittellauf der Lahn hinauf,
gegen Löhnberg zu - unvorstellbar, eine solche Truppe verköstigen zu müssen..
Während der von der Bevölkerung aufgebrachten Mahlzeit war Ruhe,
danach wurde alles gestohlen und zerschlagen, was irgendwie von Wert war.
In den Unmengen an Einzelheiten liegen freilich die Berichte der Fürsten an oberster Stelle.

Die wirtschaftlichen Verhältnisse in den Jahren 1650-1815 waren kaum aufschreibenswert.
Alles lag in Trümmern, handtuchgroße Feldchen durch die Erbteilungen,
nur noch 12 Häuser waren in Mengerskirchen (wie auch anderswo) bewohnt,
als die schwarze Pest sich den wilden Horden angeschlossen hatte und den Rest bedrohte, der noch übrig war.
Mühsam durch Konsolidierungen und Landzusammenlegungen revidierte Böden, das Fehlen von Vieh-
das entsprechende Arbeitsleistung vor dem Pflug oder Wagen bringen würde,
keinen Dünger für die Felder, ließ nur Weidewirtschaft und das Aufziehen von Jungtieren zu-
für diejenigen, die noch etwas Geld hatten, dieses überhaupt kaufen zu können.
(Was nützten die vielen Wiesen, wenn kaum noch Heu gebraucht wird?)
Die Schafzucht nahm aus diesen Gründen stark zu und wieder ab, wenn das Rindvieh an Bestand gewann.
Besonders schlecht sah es um die Pferdehaltung aus, weil die Soldaten kaum welche übrig ließen.
Zum 17.Jhs. hin wuchs die Bevölkerung geradezu dramatisch an-
was die Felder überforderte.
(Gezielte Düngung oder gar Pflanzen - Zuchten waren noch nicht üblich)
Der kümmerliche Ertrag erforderte ständig neue Rodungen,
die heute noch das Gesicht des Westerwaldes prägen.
Die Feldbausysteme waren nicht steigerungsfähig, als zudem Mißernten und Viehseuchen kamen
und das Elend noch verstärkten- so gewann Diebstahl und Bettelei als "Erwerbsquelle" an Bedeutung.
Die Hute-Rechte verhinderten das schnelle Umsetzen der Landreform nicht unerheblich.
"Auf diesem Hintergrund der ständig wachsenden Not ist auch leicht einzusehen,
daß der im Knotengebiet (Westerwald, nahe Rennerod) um 1742 einsetzende Kartoffelanbau nach Überwindung
gewohnheitsmäßiger Vorurteile rasch Boden gewann.."
Der Chronist weiter:
Die ungeheuere Bedeutung der neuen Knollenfrucht für den armen Westerwald war zu augenfällig,
als daß sie hätte übersehen werden können.
Einige glückliche Ernten reichten aus, selbst Zweifler von ihrem Wert
zu überzeugen.
Bald ernährte sie, als Geschenk des Himmels begrüßt, Mensch und Vieh.
Die ersten Kulturversuche waren auf Gartenland erfolgt,
der feldmässige Anbau nahm zumeist das Brachfeld in Anspruch.
Mengerskirchen legte im Gegensatz zur Mehrzahl der damals beilsteinischen Dörfer
jedoch sogenannte Kartoffelbitzen im Außenfeld an und entsprach damit einem Wunsche der Rentkammer,
die mit Rücksicht auf die Einbußen an Zehnt der Kartoffel die Fruchtfelder nur widerstrebend öffnete.
Auf die Dauer ließen sich freilich die einschränkenden Bestimmungen nicht aufrecht erhalten."
Die Regierung zog die Reformen und Konsolidierungen durch und bestand auf den Anbau von Klee und Runkelrüben.
Das traf auf Widerstand der Bauern, die einen Wohlwollen nicht darin erkennen konnten.
"Die Mengerskircher Bauern waren weit davon entfernt, die wohlgemeinten Neuerungen zu fördern.
Sie standen in Opposition und suchten mit dem typischen Eigensinn des Westerwälders
die Maßnahmen zu durchkreuzen, die leidiglich ihr Bestes wollten."
Man sieht gleich, auf welcher Seite der Chronist stand- "Opposition" ist eigentlich ein Wort,
das die Masse eher nicht treffen kann, sondern der Minderheit zufallen sollte,
weil die Pyramide sonst auf dem Kopf stehen würde..
Fürst und Vasallen waren- selbst wenn hier die Absicht wohlwollend war- selbstsüchtige und geldgierige Diktatoren.
Wie auch immer- weiter mit dem Chronisten:
"Den Kleebau lehnten sie rundweg ab und bei ihrem ausgesprochenen Hang zur Widersetzlichkeit
nimmt es auch nicht Wunder, daß die unbedingt notwendige Konsolidation erst nach Überwindung
außerordentlicher Hemmungen in Fluß kam.."
Der Feldbau muß sich allerdings in jämmerlichster Verfassung befunden haben.
Trotzdem sprachen sich nur 11 von 87 Bürger der Gemeinde für die Gebietsreform aus,
wie man heute sagen würde.
"Die Mehrzahl bekämpfte das Vorhaben mit allen Mitteln,
vermochte aber seine Durchführung nicht zu verhindern,
weil die Regierung auf ihrem Standpunkt verharrte"
Das Volk scheint in der Minderheit gewesen zu sein?
Wie ist denn so etwas überhaupt möglich?
Immerhin kamen Wegeverbesserungen und Straßenzüge, die sinnvoll waren.

***

Klippe-di-Klapp.
Der Müller und seine Mühle.
Oben genannter Seeweier war freilich auch für die Mühlen da, nicht nur für das Spektakel
herrschaftlicher Fischerei, er speiste einige Mühlen.
Vor allen Dingen aber die herrschaftliche Tafel, da die Fröhner den Fisch in Fässern
anzuliefern hatten..
Ein alter Mühlenbrief ist ein Zeugnis dessen, daß der Graf die Fragen des praktischen Lebens
mit kaufmännischer Gründlichkeit verbinden konnte.
So war der Müller verpflichtet, alles Holzwerk an der -gepachteten, ratet mal wem die gehört hat?- Mühle,
Mahlwerk und Gezeug nebst Läufern auf eigenen Kosten instand zu halten.
Der Mühlenbann untersagte (das häßliche Wort wird
noch heute von unserer Justiz verwendet) den "Mahlgästen"
woanders als in den Mühlen des Banns mahlen zu lassen - Kosten hin oder her.
Die gebannten Dörfer hatten zudem die Aufgabe, den Wasserlauf sauber zu halten,
nach heftigen Gewittern etc. wieder zu reinigen -
zudem mußten sie die Mühlsteine von den Kauten- meist Dreieich oder Bingen, weit weg gelegen- holen.
Auflegen, Hauen, Zurichten und Schärfen der Steine war dagegen des Müllers Sache.
Nur den "gebührlichen" Molter, vom Malter eine Meste- durfte der Müller behalten.
Die "Pacht an Frucht" betrug 20 Malter im Jahr.
Daneben mußte alljährlich auf Weihnachten ein gemästetes Schwein
in die Beilsteiner Hofküche geliefert und die auf dem Schloß Mengerskirchen
benötigte Frucht -ohne Entschädigung- gemahlen werden..
Im Gegenzug "durfte" der Müller zwei Schweine in den Wald zur Mast führen. (Eintrieb)
Zuvor waren junge Jagdhunde aus der Rinder- und Hetzmeute des Grafen aufzuziehen.
Daher stammt auch der Ausdruck "Rüdenbrot", das noch im 18.Jhd. genommen wurde.
Der Müller konnte auch zur Pachtfestsetzung unparteiische Schätzleute heranziehen.
Es tangiert diese Seite weniger, daß später noch zwei, drei andere Mühlen folgten,
wovon eine als Ölmühle lief- die wachsende Bevölkerung verbrauchte zeitweilig mehr,
als gemahlen werden konnte.
Der Chronist weiter:
"Wenn nicht die Kammerrechnungen das ganze Elend des damaligen Mühlengewerbes aufdeckten,
könnten die niedrigen Pachtsätze davon überzeugen, die man neuerdings ersann."
Die Fürsten witterten Geld,das dringend gebraucht wurde, um die Prachtbauten und den Luxus
zu finanzieren, den jeder kleine Herrscher so sehr brauchte.
Gerne stimmten sie dem schnellen Neubau von weiteren Mühlen zu-
was zu arger Konkurrenz und Verarmung der Müller führte.
Die häuftigste "Berufskrankheit" der weißen Zunft war somit der Bankrott.
So mancher Mühlenteich wurde wieder Wiese.
Die Mühlen konnten später "abgelöst", von der Pacht befreit werden-
wenn einer das Geld dazu hatte, den beachtlichen Batzen an Hypothek zu bedienen..

Die Feudalherren waren geschützt in ihren Schlössern und Burgen, eine Schar Bewaffneter um sich herum.
So konnte Willkür blühen und über den Umweg von Ämtern, die ebenfalls in der Schutzzone lagen,
jedes selbst gebastelte Bereicherungsgesetz "erlassen".
Die Büttel konnten jederzeit Bewaffnete kommen lassen, um diese "Anordnungen" mit harten Strafen durchzusetzen.
Gewaltherrschaften und Unrechtsstaaten waren die Normalität.

Im 16.Jhd. war der Markt Mengerskirchens vor dem heute als Klippe
bezeichneten Hohlenstein und der Heiligkreuzkirche.
Von fern und nah strömten die Bauern mit ihrem Vieh herbei,
Handwerker, vor allem Wagner fehlten nicht;
Pflugräder waren eine wichtige Ware.
Um die Basaltblöcke an diesem Ort wogten Scharen wolliger Schafe
und der Hang des Knoten hallte vom Brüllen der Rinder wider.
Viehzucht war die ausschließliche Gewerbequelle,
die gut gestellte Bevölkerung hatte noch nichts mit der späteren Armut im 18.Jhd. zu erahnen.
Wer nicht im Busen den Weidner (Weidmesser) trug,
dem blinkte vom Gürtel die Axt als typische bäuerliche Wehr.
Teidingsleute (Unterhändler, Makler) halfen beim Kauf und Verkauf.
Schon damals war das ein Rechtsgeschäft, dem der Erwerb von Wein folgte-
so manches öhmig Fäßlein rheinischen oder Löhnberger Weins
rann an solchen Tagen durch die Kehlen der trinkfesten Bauern..
Wurde das zu hitzig oder der Händel geriet blutig, rief das den Büttel
mit den Gerichtsknechten auf den Plan
und vor das Marktgericht gezogen, wo der Schultheiß und Schöffen
"unbeschwert von landfremden römischen Formelkram schleunige Justiz übten"
Hatte ein "beweinter" (trunkener) Bauer seinen Widersacher "Wehrwolf" gescholten,
oder seine Anschuldigungen durch Faustschläge zu erhöhen versucht,
war die Sache einfach, die Sache mit ein paar Weißpfennigen oder Gulden zu sühnen.
Die Eigenart des "jäh aufbrausenden und zu Gewalttaten neigenden Westerwälder Volkscharakters"
brachte oft schlimmere Fälle, was den Täter nach Beilstein in den Turm brachte.
Im alten Scheidbuch, das bis ins Jahr 1530 zurück reicht,
erfährt man von der "gar locker im Gürtel sitzenden Beil oder Axt",
die schwere Verwundungen bis zu Totschlägen brachte, die nicht selten waren an Markttagen..
Sogenannte Glückshäfener suchten das leichtgläubige Landvolk zu erleichtern-
Okulisten (Augenheilkundige), brauch- und Steinschneider priesen ihre Künste an.
Störger und Therialskrämer (Pillen aus Vipernfleisch) verkünden von den Wundern an Heilkraft ihrer Pulver,
Pillen und Tränklein - es gab keine Krankheit, für welche das Zeug nicht taugen sollte.
selbst der "bresthafteste" Leib wurde in "jugendliche Schöne" gewandelt und gesund.
Auch die sündige Seele fand ihren Arzt - aus fernen Gauen kamen Heiltumführer
(Reliquienverkäufer) "Statzionierer" (So überliefert) schwatzten den "gaffenden Weibern bunte Heiligenbilder auf"
So bekam der Markt am Knotenhang etwas das farbenfrohe Bild der städtischen Messe ab.
Gaukler und Betrüger werden in der Volksdichtung in köstlischer Weise geschildert..
Der Zentgraf war in Emmerichenhain- auf der Straße zu Köln und Brabant,
die immer Vieh benötigten.
Die wirtschaftlichen Verhältnisse hielten den Markt in Mengerskirchen,
auch wenn die Herrschaft diesen nach Emmerichenhain verlegen wollte.
Die Umwallung der Marktorte war signifikant für die mittelalterliche Zeit.
Seit 1321 genügte Mengerskirchen diesen Voraussetzungen städtischer Entwicklung und Verfassung.
Die Ernennung zur Stadt war aber nur künstlich aufgepfropft und organisch nicht zu halten,
dafür war der Ort denn doch zu klein.
Eine Stadtgeschichte wäre die der Zünfte, die mit Patriziern um die Herrschaft ringen.
Mengerskirchen hatte aber nur 30 Häuser und die Landwirtschaft war die einzige Einkommensquelle.
Erst später wuchsen Handwerker hinzu, Windenmacher und Armbruster, Waffenschmiede für
die Verteidigung der Feste Mengerskirchens.
Fausthämmer und Bogen waren sehr gefragt, aus trefflichem Stahl der Waldschmieden gemacht,
die auch die Barten (Beile) und die spitzen Lothämmer ausschmiedeten.

Damals war die "Wachsabgabe" an die Kirchen üblich, die von den städtischen Zünften,
die wie Bruderschaften geführt waren, abgeführt wurde.

Die Kirche kam durch Stiftungen, Schenkungen und hochherzigen Gaben zu Geld und Macht,
waren in der Gunst der Herrscher, die dann -indirekt oder in Personalunion-
direkt IN DIE KÖPFE ihrer Unterthanen als "Schäfchen" sehen konnten..
Heute würde man sagen: "Jeden Morgen steht ein Dummer auf"
"Mit der Bestimmung Mengerskirchens zum Erbbegräbnis der damaligen Landesherrn
hängt zusammen, daß 1468 Februar 14 die Grafen Johann und Heinrich von Beilstein
eine Verordnung für die Geistlichkeit ihrer Herrschaft erlassen,
die im Lichte unserer Zeit betrachtet, ganz merkwürdig anmutet.
Die beiden Grafen, Vater und Sohn setzen dem allmächtigen Gotte zu Lobe und Ehren Mariens,
seiner lieben Mutter, und allen gläubigen Seelen zu Trost und Hülfe
und sonderlich für alle ihre Vorfahren und sich selbst ein ewig Testament und zu Westerwald
in jedem Jahre auf Sankt Agnetentag sich im Schloß zu Mengerskirchen versammeln,
dortselbst Vigilie und Messe für alle gläubigen Stellen lesen und sonderlich die hohe Messe
von der hochgelobten Maria, der Mutter Gottes, singen soll"
Den Priestern wurde nun versprochen, sie nach ihrem Tod "nicht mehr zu berauben"
und ihnen das Vermögen Weitergabe zu belassen,
die sich auf das Gotteshaus beziehen sollte.
Der Fürst köderte den Gehorsam der Geistlichen mit freiem Speis und Trank- wie praktisch.

"Daß der Glaubenswechsel nicht nur religiösen Motiven entsprang,
der Wetterauer Grafenverein, zu dem Beilstein gehörte,
sich vielmehr auch von recht realen Erwägungen leiten ließ,
ist bekannt und wird durch die Verhandlung des Wetterauer Grafentags in Butzbach bestätigt.
Aus ihnen geht nicht nur hervor, daß schon 1525 zumindest Neigung bestand,
der neuen Lehre keine Schwierigkeiten zu machen,
sie lassen such erkennten, daß man in der Besteuerung der Geistlichkeit ein bequemes Mittel sah,
die Kosten für Kriegsrüstung aufzubringen.."
1614 suchte die Pest die ganze Herrschaft Beilstein heim,
schreibt der Chronist,
Mengerskirchen blieb verschont, umso heftiger wütete sie jedoch in den Nachbargemeinden
Dillhausen und Probbach.
Man hatte die große Ansteckungsgefahr schon damals erkannt
und suchte deshalb die Ausbreitung der Seuche durch strenge Isolierung zu hemmen.
Jost Klauer, seit 1614 Schulmeister und Kaplan in Mengerskirchen,
übernahm auf Befehl des in Beilstein residierenden Grafen Georg die Seelsorge in den pestbefleckten Orten.
Er sammelte die Gemeinden vor den Dörfern auf freiem Feld
und hielt aus gewisser Entfernung Gottesdienst,
um die Unglücklichen nicht ganz ohne die Tröstungen der Religion zu lassen.
Ein über den anderen Tag erschien J. Klauer am Dorfrand, machte sich durch Rufen bemerkbar
und erkundigte sich nach dem Stand der Krankheit in den völlig abgeschlossenen Dörfern.

***

Noch ein Schmankerl aus der Vergangenheit:
Dem Mauerzug war ein Graben vorgelagert,
der den Flecken (Ort, Markt) in seiner ganzen Ausdehnung umzog.
Er wurde vom Waschweier vor dem Untertor gespeist und stand wieder mit dem Mühlenweiher
durch einen Kendel (Überlauf, Ablauf) in Verbindung.
Sein Wasser erfuhr daher eine ständige Erneuerung und ließ recht stattliche Karpfen reifen,
an denen sich meist der Mengerskircher Amtmann labte..
Der Grabenteil der Südwestseite wurde schon früh,
wahrscheinlich vor dem Dreißigjährigen Krieg, trockengelegt.
1768 befand sich nur noch der Abschnitt zwischen Schloßpforte und Untertor im Gebrauch.
In dem genannten Jahre wurde mit Einwilligung der Rentkammer eine direkte Verbindung
zwischen Wasch- und Mühlenweiher hergestellt.
(Die Ausführlichkeit dieser Schilderungen ist nötig, damit die Pointe verstanden werden kann)
Sie erfolgte, um der Dollenmühle am Südrande des Weihers auszuhelfen.
Der Schloßgraben nahm jetzt nur noch die geringen Wassermengen auf,
die aus dem Brunnen abliefen und bildete in der Hauptsache das Reservoir für die Abteiche,
die aus jedem anstoßenden Haus einmündeten..
(Aborte)
An der Südmauer des Schlosses sind noch die weit vorgekragten Tragsteine der Aborte sichtbar,
aus denen die Fäkalien direkt in den Graben geführt wurden !
Im Hochsommer verwandelte sich sein Inhalt in einen stinkenden Morast,
der pestilenzialische Düfte ausströmte..
Da die trüben Fluten die Schloßmauern auf der Sonnenseite umspülten,
litten die Bewohner des Amtsgebäudes nicht nur außerordentlich unter der Feuchtigkeit,
sondern konnte auch kaum wagen, ein Fenster zu öffnen,
ganz abgesehen davon, daß ihre Deputatkarpfen nach Sumpf und Moder schmeckten..
1776 liß der Amtmann Muzelius wieder die ursprüngliche Verbindung
zwischen Waschweiher und Schloßgraben herstellen,
ohne deswegen die gesundheitlichen Zustände völlig beseitigen zu können.
Das gelang erst seinem Nachfolger- als 1782 der Mühlenweiher
ausgeschlaemmt wurde, schlug er vor, den Schloßgraben mit dem Aushub zu füllen,
um auf diese Weise einen Garten für den Amtmann zu schaffen.
(Diese historischen Gedanken sind recht bedeutsam,
wenn man heute an die Restauration von Burgen und Schlössern geht-
aber auch um das allgemeine Verständnis, Sittengemälde und Hygiene, verstehen zu können.)
Die Ausführung scheiterte an dem Widerspruch der Gemeinde,
die mit Erfolg auf die Bedeutung des Grabens im Fall eines Brandes hingewiesen hatte.
1792 erlaubte die Dillenburger Regierung jedoch dem Amtmann Gail,
den Teil des Schloßgrabens trocken zu legen,
der unter den Fenstern des Schlosses hinzug.
Das Material wurde dem 1791 geschleiften Damm des Mühlenweihers entnommen,
der umfangreiche Steinpackungen aufwies.
Mit ihnen wurde der untere Teil des Grabens gefüllt.
Darüber kam eine Erddecke.
Die Mengerskircher hatten auch jetzt wieder versucht,
die Schleifung des letzten Grabenstückes zu hintertreiben,
waren aber von der Regierung abgewiesen worden.
So entstand der Schloßgarten, an dem sich Gail noch bis zur Aufhebung des Amtes freuen durfte.
Unter französischer Herrschaft war er verpachtet.
Seit dem Ubergang des Schlosses in Gemeindebesitz steht dem Lehrer des Ortes die Nutznießung des Gartens zu.
Soweit zu dieser Chronik, die freundlicherweise in der Bücherei zur Verfügung stand.

***

Ein immer wiederkehrendes Thema ist die Religion, die schon früh zu uns kam, -
durch die Schamanen kultiviert, wie oben bereits beschrieben.
Heute wären angeblich 80% der Jugendlichen "Heiden",
was allerdings ein herabsetzendes Wort (Verhetzung?) durch die Kirche darstellt,
die, angefeuert durch jene eigenen Aussagen, eine "Neumissionierung" ins Auge faßt und das im 21.Jahrhundert..
Jüngere, Frauen und Hochschulabsolventen glauben zur Hälfte
an Naturreligionen eher als an "die fremde Lehre aus dem Süden".
Die Zahl der Kulte und glorifizierende Feste zur Huldigung der alten Zeit ist keine Idee von heute,
Ideologen aus der Zeit des 2.WK sind Schuld daran, daß ein hartes "Denkverbot" entstand,
das sich heute niemand mehr gefallen lassen möchte.
Andere Völker kennen diese Verbote nicht und forschen weitaus weniger gehemmt nach ihren Ahnen.

***

"Plätze können nicht heilen, aber deine eigenen Heilkräfte wecken"
Das könnte der Antrieb für das neuerlich aufflammende Interesse an Okkultem und Religiösem sein,
das sich außerhalb des Zaunes der Christlichen Religionen abspielt.
Werden diese heiligen Orte körpereigene Hormone oder Drogen einen "schizophrenen Schub" bewirken?
Wieso spüren nur wenige Menschen diese "Erdstrahlen" zum Auffinden von Wasseradern und ähnlichen Dingen?
Kann man sich kultische Stätten selbst machen durch Bestattungen und Kontemplation?
Regen Denkmale eine Autosuggestion an, wenn bestimmt Komponenten, wie Duft,
Töne und Stimmungen zusammentreffen?
Ich denke, dass selbst Tier- und Menschenopfer durch Tanz, Musik, Litanei,
Beten, Beschwörung angeregt und trainiert werden KÖNNEN ..
Selbstfindung oder Wahnsinn - jeder steht vor dem Baum der Erkenntnis-
wie hoch man klettern möchte ist uns selbst überlassen.
Tauben fliegen nach dem Erdmagnetismus, welcher/es gestört wird, wenn Sonnenstürme sind,
halten sich Menschen dafür begabt, sind es Okkultisten.

Descartes: "Die Methode der Naturwissenschaft ist die Austreibung der Geister aus der Natur!"
(Das sehe ich ebenso.)

Man behauptet hartnäckig, daß an vorchristlichen Kultplätzen und unter Kirchen
(die über alte Kultstätten gebaut wurden, um diese zu eliminieren)
"signifikante Reaktionsphänomene" festgestellt werden.
Spüren nun ein paar Leute mehr als der Rest von uns Menschen,
haben wir gar einen Teil unserer Instinkte verloren?
Wer sich mit dem Magischen befaßt, sieht bald überall Phänomene und Geister, Strahlen und Geheimes.
Glaube und Gott-Tum, Marienkult und Götzenanbetung liegt wohl arg nahe beieinander.
Religion ist nicht nur nicht demokratisch, wie der Bischof Kamphaus aus Limburg dereinst formulierte,
sondern ist auch konservativ bis rechtslastig und zudem missionierend
oder besser gesagt reaktionär oder am besten ausgedrückt ideologisch verbrämt -
beharrlich und zäh,- egal um welche Religion es sich auch immer handeln mag.
Bischof Bätz meinte 2022 sinngemäß: "Kirche ist nicht Zeitgeist"
Die Misionierung durch Bonifazius ist ein übler Zwang geworden,
wo sich der Irrtum in Australien am besten zeigt:
Die Zuwanderer feierten 1988 die zweihundertjährige Inbesitznahme des fünften Kontinents.
Aber die Ureinwohner dieser Erde waren dort schon 40.000 Jahre früher, heute "Aborigines" genannt.
Diese Leute gibt es noch und wenn man denen das Land wegnimmt, ist das keine Inbesitznahme, sondern Diebstahl:
Auch wenn Landbesitz bei den Ur- oder Indianischen Völkern nicht vorkommt oder nur im Kollektiv,
wurde deren Verbreitungsfläche entwendet..
Diese alten Bewohner hatten sehr wohl ihre eigene Religion, die heute noch lebendig ist!
Heute wissen wir, daß deren Totengebräuche bis ins 19.Jhd erhalten waren,
daß Frauen vor 26.000 Jahren einen besonderen Stellenwert hatten,
und dass die Farbe roter Ocker seit 4000 Jahren eine religiöse Bedeutung besitzt.
Die Ritzungen in den Felsen sind 20.000 Jahre alt und wurden immer wieder aufgefrischt.
Würde das unterbleiben, wäre der Lauf des Jahres in den Zeichnungen gestört.
Jeder Clan hatte eigene Gesänge, die als gesungenes Geschichtsbuch galten.
Das gab hunderte von Strophen.. das Leben der Alten als Lehrstück für die Jungen.
So wird das auch im uralten Europa gewesen sein.
Land galt bei den Ureinwohnern als unveräußerliches Gut, Kriege wurden nie um Land geführt.
Das Heiligtum Ayers Rock wurde wieder zurückgegeben,
als man den Irrtum und die Fehleinschätzung an den Aborigines erkannte- immerhin!

In Indien und Korea könnten wir die Entstehung eines Heiligtums noch heute erleben:
Gibt es in der Nähe des Dorfes einen ungewöhnlichen Felsen oder Baum, hat ein Bewohner davon geträumt,
hat der darunter Schutz gefunden, kehrt er am nächsten Tag dorthin um eine Blume niederzulegen..
Das sehen andere Leute, die dort vorbei kommen, der Baum (Beispiel) erregt Aufmerksamkeit.
Der Mensch möchte sich dessen Kräfte zunutze machen - ich gebe dir was, du hilfst mir -
und so kommen kleine Gaben, die jene Bitten um Schutz, Glück und Gesundheit,
Kraft, Segen oder was auch immer mit sich bringen mögen..
Man spendet Weihrauch oder Wasser, kniet nieder, murmelt etwas, zündet Kerzen an..
Nun, denken die Nachbarn, schaden kann es ja nichts, wenn wir auch ein wenig dort opfern.
Sie behängen die Zweige mit Blumengirlanden, betasten die Wurzeln,
bemalen die Rinde mit gelb-roter Kultfarbe.
Ein Nächster macht ein kleines Dach darüber am Wegesrand,
damit alle im Trockenen stehen, der Kultbezirk wird abgegrenzt von der profanen Umwelt..
Irgendwer macht sich die Mühe und formt einen Opfertisch oder Altar aus Lehm,
einer steckt bunte Scherben dazu, eine Blumenvase, ein Götterbild.
Die nächste Stufe wäre das blutige Tieropfer - vielleicht um eine Mißernte abzuwenden..
Man gesellt sich dazu, opfert das Blut und den Kopf, brät und ißt gemeinsam das Fleisch vom Spieß.
Vorüberkommende sehen die heilige Stätte und wollen nicht "gedankenlos vorbeieilen",
halten inne in Kontemplation, bringen vielleicht fromme Lieder mit..
Bald hat jeder eine Kleinigkeit dabei, wenn der Weg dort entlang führt.
Wer nichts hat, kann beim geschäftstüchtigen Bauchladen, dann irgendwann an der Votivbude Gaben erstehen.
So entsteht ein Kultbezirk, bald ein Tempel - vom Baum wird bald nichts mehr zu sehen sein.
Mächtige Kultstätten, Wunderorte und der Vatikanstaat,
auch der Felsendom in Jerusalem wird so entstanden sein.
Wir als begeisterte Wanderer legen gerne einen Stein auf einen kleinen Steinturm,
den andere Wanderer vor uns errichtet hatten..

***

Soll die Geschichte ihre Fortsetzung erfahren, wird uns nichts anderes übrig bleiben,
als den schnellen Gewinnen auf Kosten der Umwelt und dem Ausplündern des Planeten,
dem Vergiften von Luft, Boden und Wasser die rote Karte zu zeigen -
andernfalls geht die Menschheit in den Status ausgestorbener Arten ein;
also ein neues Bewußtsein, nach dem "macht euch die Erde untertan", wird kommen müssen!
Dazu bedarf es in allen Lenkungsebenen der Welt:
Triumph"
Als Fördermitglied bei Wikipedia darf ich mal zitieren:
Der Staats-Sklave, der hinter dem Triumphator auf dem Wagen stand,
die goldene Eichenlaubkrone über jenen,
und mahnte ihn ununterbrochen:
Respice post te, hominem te esse memento !
"Sieh dich um, denke daran, daß auch du nur ein Mensch bist"
Ich würde das ein wenig anders übersetzen, was schon aus der anderen Syntax begründet ist:
Bedenke, du bist ein Mensch, berücksichte das nach dir..

Ein Berliner Religionswissenschaftler drückte es mal so aus:
"Man gewinnte eine Art Heil in ihnen, indem man mit dem Anfang der Welt,
als noch alles in Ordnung war, magisch oder auch nicht magisch in Berührung kommt.
Deshalb sind sie in einer Welt, in der nicht mehr alles in Ordnung ist,
nicht nur Kultstätten, sondern oft auch Asyle."
(Prof. Carsten Colpe)
Das magische, unnatürliche, oft auch zwitterartige Wesen war immer auch Mittelpunkt von Religionen,
Wesen zwischen Mensch und Tier, zwischen Mann und Frau, zwischen Mensch und Gott,
dem der Respekt in Stellvertretung der Natur gezollt wurde,
bis die vollständige Abstaktion die Gegenständlichkeit, das Götzenbild ablösen wollte,
durch die Vielzahl an Zugeständnissen an die alten Traditionen aber selbst in den gleichten Trott verfiel-
der Mummenschanz feiert in Prozessionen und Heiligen- und Marienverehrungen,
gegenständlichste Dinge, wie Hierarchien der klerikalen Oberschicht
bis zu den alten Wunderheilungen fröhliche Urständ..
JEDES Opfer- oder Verehrungsbild ist ein Götzenbild..
"Ihr sollt euch kein Bildnis von mir machen, ihr sollt euch keine Altäre machen aus behauenen Steinen"
Ein Beispiel soll genügen, der den signifikanten Unterschied
zwischen evangelischer und katholischer Christenreligion ausmacht:
Beim Abendmahl wird die geweihte Hostie und Wein gereicht,
der symbolisch die Geste des letzten Zusammentreffens Jesu mit seinen Jüngern zelebriert:
Tut das in meinem Gedenken.
Die Evangelen sehen das als Andenken und Symbolik, die Katholen hängen ein Tüchlein drüber
und bimmeln mit einem Glöcklein,
erzählen anschließend von der "Wandlung",
daß dies nun das Fleisch und das Blut Jesu ist, das die Gemeinde zu sich nimmt..
Diese Dinge werden ganz, ganz eng gesehen
und verhindern jedes Zusammenwachsen beider Religionen, die eigentlich einen gemeinsamen Ursprung haben.
Eigentlich sogar Juden, Christen -katholisch oder evangelisch und deren ganzen Abspaltungen und Mohamedaner oder Muslime..
Wenn das kein Opfer- oder Götzenkult ist, dann weiß ich auch nicht mehr weiter..

Das Thema ist wohl unerschöpflich:
1734 schrieb ein von Falckensstein über das Königreich Pegu / Indien über Jungfrauenopfer:
"Die Itinera berichteten.. daß sie Heyden ihren Abgöttern alle Jahre
eine reine Jungfrau wie ein Schlachtvieh mästen und auf ihr großes Fest erwürgen.
Der Götzenpfaffe schneidet ihr den Leib mit einem scharpfen Messer,
reisset das Herz aus demselben und schmeisset es dem Abgott in das Gesicht,
worauf er es zu Pulver verbrennet, die Asche in das Wasser thut
und damit den Abgott besprenget.
Das übrige Jungfernfleisch fressen nachgehnds die Pfaffen mit großem Appetit,
wobey die Eltern sich große Freude machen, daß ihre Tochter zu so großen Ehren gelanget"

Die klassische Antike kennt Menschenopfer nicht mehr, dennoch mußte im Jahre 97
der römische Senat ausdrücklich und wiederholt solches verbieten..
Welche Riten oder gar Ausschweifungen sexueller Art in den Höhlenheiligtümern
in Delphi gefeiert wurden und ob sich um "heilige Hochzeiten" handelte, kann keiner mehr sagen.
In unseren Landen war die schriftliche Weitergabe (Kelten) verboten,
die Priester oder Schamanen durften keine Notizen machen.
Erwähnenswert ist, wie gerichtsmedizinische Gutachter meinen,
"sinnlose" Handlungen rauschartige, ekstatische, orgiastische Zustände der Opfer hervorriefen.
Es wäre klar, dass bestimmte beim Fäulnisprozess einer Leiche entstehende Gifte
wie Muscarin und Muscaridin beim Verspeisen Rauschzustände herbeiführen können..
In Böhmen und Mähren nannte man Mohn-Kapseln "Schlafäpfel", wo das Märchen vom Schneewittchen,
das bekanntlich nach dem Apfel einen "kleinen Tod" hatte, klarer wird.
Ein Tafelapfel wird das wohl eher nicht gewesen sein.. aus Opferstätten erfuhr man,
dass 1500 v. Chr. in Mexiko "Pilzsteine zum Pilzkult" gehörten.
Der Stamm der Pilze trug Darstellungen von Menschengesichtern und von Tieren.
Die Pilze gelten als das "Fleisch Gottes",
das nur von einer Jungfrau bei Neumond vor Sonnenaufgang gesammelt wurde.
Die erzeugten Halluzinationen sind ähnlich wie bei dem kl. Kaktus "Peyotl" - das Mescalin,
das heute künstlich hergestellt werden kann, galt als "heilige Medizin".
Dadurch kommen seherische Fähigkeit, nur bei Schamanen bei Zeremonien verwendet.
Als Forscher davon kosteten, wurde über "optische Halluzinationen in den brillantesten Farben,
über einen ekstatischen Zustand gesteigerter Perzeption, Verlust der Zeit- und Raumkonstante
und über ein Gefühl des inneren Friedens,
als ob man in eine andere Welt gekommen sei.." berichtet.
Dererlei Pflanzen gibt es einige- die religiösen Wahnsinn bis hemmungslose Raserei und wilde Orgien bringen.
So haben wir den Fliegenpilz- der beim Berserkergang der Wikingischen Männerbünde als Ekstasemittel galt.
Der "Flugswamp" - skandinavisch für Fliegenpilz - ist dafür bekannt.
Mit Ambrosia und Nektar spülten die alten Griechen den Saft des Fliegenpilzes
als "Nahrung der Götter" hinab.
So erfuhren sie ihre "großen Visionen", die heute so gerne gelehrt werden.
Zusammen mit Bilsenkraut, Petersilie, Eisenhut, Stechapfel,
Tollkirsche wurde in den Hexenprozessen auch der Fliegenpilz genannt,
als Bestandteil der "Hexenflugsalbe", die halluzinogene Wirkung hatte.
Um Genitalien und den Innenseiten der Schenkel und Achselhöhlen gerieben,
vermittelte das wohl orgiastische Erlebnisse des Fliegens..
Es gibt wohl Rezepte zum "Hieronymus-Bosch-Trip" aus einem Drogenkochbuch,
wo verbranntes Bilsenkraut auf glühende Kohlen trifft -
dessen Wurzel, Samen und auch Blätter können vom Rausch bis Tobsucht
und Wahnsinn alles mögliche auslösen - deshalb auch Prophetenkraut genannt.
Narkotischer Schlaf mit erotischen Träumen, mystische Trunkenheit soll schon
bei den südrussischen Reiternomaden bekannt gewesen sein.
In Verbindung mit dem nachgewiesenen rituellen Kannibalismus seit der Jungsteinzeit
unserer Vorfahren eine allemal bedenkliche Sache,
wo die Opfer und die Täter unter Drogen gestanden haben müssen.
Auch auf dem amerikanischen Kontinent sind solche Dinge zu finden.
782 hat Karl der Große Sachsen gewaltsam "bekehrt"
und jeden mit dem Tode bestraft, der "Hexenfleisch ißt".

Die Sache mit den Hinkelsteinen, die eine weite Verbreitung hatten
und die heute zu 90% veschwunden sein sollen,
ist schon denkwürdig:
Viele wurden zerschlagen, gestohlen, zu Kreuzen umgeformt-
der Stein galt schon immer als heilig, wenn er ungewöhnlich genug aussah.
Keltisch: Menhir (men-Stein hir-lang).
Um 2000 v.Chr. verbreitet zog sich dieser Kult über weite Teile Europas.
Fruchtbarkeitsriten wurden noch in diesem Jahrhundert gesehen-
"im Schatten einer großen Mutter- und Todesgöttin"
Klar, daß daran sich ein Fruchtbarkeits- und Jagdzauber ergab.
Die Megalithkultur war ein Ausdruck des Ewigen, Göttlichen, der übersinnlichen Kräfte.
Die Steinanbetung wurde schon durch Moses bekämpft, der den Befehl bekam, die Kultsteine
in Kanaan zu zerstören und es heißt:
"Ihr sollt euch keine Götzen machen noch Bilder aufrichten,
noch einen heiligen Stein und ihr sollt in euerem Lande keinen Malstein setzen,
vor dem ihr euch demütigt!"
Später suchten die Römer die uralten, 4000 Jahre alten Kultstätten der Kelten zu vernichten.
Danach trachteten die Christen nach dem gleichen Ziel.
Sagen, Bräuche, Umzüge, Maitänze, Sonnenwendfeiern
und der Maibaum sind wohl Fortsetzungen des Opferpfahls und der Menhire.
In der Eifel sind Steine bekannt, auf die sich kinderlose Frauen setzten um fruchtbar zu werden.
Aus Überlieferungen ist bekannt, daß man sich die Geschlechtsteile (Frauen Leib und Brüste) daran rieb-
um mittels Kontaktzauber zum Erfolg zu gelangen.
Junge Mädchen rutschten den heißen Stein hinunter, um die Liebe eines Mannes zu gewinnen.
Möglichst sieben Mal und mit entbloßem Unterleib.
In 19.Jhd noch glitten schwangere Athenerinnen einen Felsen beim Aeropag hinab, riefen Diana an.
Die "phallischen Steine" werden deutlich, wenn junge Burschen beim Steintanz handgreiflich sind..
Die christliche Kirche in ihrem Missionswillen solche Stätten verbieten,
mit Drohungen und "Erlassen"- bis einige "Apostel" die heilige Wut packte
und die Steine zu Kreuzen umformen ließ.
So wurde die heidnische Prozession zur christlichen Wallfahrt!
In die Steine wurden kleine Opferlöcher gehackt, wo Blut, Milch, Fett und Honig geopfert wurden-
das Steinpulver galt als heilbringend.
So mancher Stein alter Kirchen hat seltsame Löcher und Abriebe.
Erhöhte Radioaktivität stellte man bei 74% dieser Steine fest,
die "weit über das normale Maß hinaus ging" -
aber nur bei 7% der gewöhnlichen Findlinge..

Nun möchte ich der Kultur, die andere Kulturen überbaut oder überfremdet oder entstellt, das Prädikat "Kultur" absprechen.
Wie auch immer:
Die gemeinsame Wurzel von Kelten und Griechen wird auch am Brandaltar deutlich,
wo bis zu 6,5mtr hohe und 37mtr breite Hügel aus Knochenasche und kleinen Vasen bestehend.
Das Fleisch der geopferten Tiere wurde im Wasser gereinigt,
bevor sie beim Festmahl verzehrt und die Knochen verbrannt wurden.
Wasser hat eine heilige, eine kultisch reinigende Wirkung.
Festliche Kleidung, Gesänge, Flöten- und Harfenmusik und Räucherwerk gehörte dazu.
Es wurde gesungen und getrunken bis die Sonne aufgeht- daran erfreut sich der Gott..

Strabo und Cäsar überlieferten:
"Das die von schweren Krankheiten befallenen
oder die von Kampf und Gefahr Bedrohten statt der Tiere geopfert wuerden -
sie sind der Ansicht, daß ein Menschenleben für ein Menschenleben gegeben werden müsse,
damit die Götter besänftigt werden."

Nun gut und was ist mit den Arenen der Römer, wo Löwen Menschen zerfleischten - nur so zur Unterhaltung?!
Opferschächte gab es, die mit allerlei Opfergaben gefüllt und verschlossen wurden.
Wenn der Rauch zum Himmel gezogen war, kam als letzter Akt,
daß der Priester einem Menschen die Kehle durchschnitt,
damit das Blut in den Opferschacht lief- bevor die Anlage verfüllt wurde.
(Was ist mit dem Opferlamm der Christen?)
Für Teutates wurden die Opfer in einem Faß ertränkt.
Diodor berichtet, daß Priesterinnen den Dolch in einen Menschen stachen,
um aus dessen Zuckungen und dem Fluß des Blutes zu weissagen.
(Ähnlich der "Vogelschau" bei den Römern)
Strenge Maßnahmen des Kaisers Tiberius Claudius gegen die Druiden
und Zauberer ließ demnach Tieropfer anstelle der Menschenopfer zu.
Dagegen bei den Inselkelten ist im 12.Jhd der achaische Ritus der Ulsterkönige überliefert:
Vor der Thronbesteigung mußte der König in aller Öffentlichkeit eine Stute befruchten.
Dann wurde das Tier geschlachtet, die Stücke in Wasser gekocht-
der König aß das Fleisch mit den Versammelten,
badete in dem Wasser und trank die Brühe als Bestätigung seiner Herkunft..

Religion war schon immer eine besondere Krankheit, Machtbesessenheit ging damit einher.

***

Verunreinigungen des Wassers konnte früher die Todesstrafe bedeuten -
als im alten Ägypten ein Pharao in frevelhaftem Übermut seinen Speer
in den Nil schleuderte, soll er "auf der Stelle erblindet" sein.
Die alten Griechen Überquerten niemals einen Fluß ohne Gebet oder mit ungewaschenen Händen.
Aus der Heilquelle wurde getrunken, im Wasser gebadet, dann kamen Terrakotten,
später Münzen als Opfer hinein.
Dieser Brauch, eine Münze in den Brunnen zu werfen, damit man wieder zurück kehrt, ist heute noch usus.
Christen haben die mystischen Orte systematisch zerstört,
die Tempel zerschlagen und von "heidnischen Bräuchen" gesprochen.
350 n.Chr. verteufelte Bischof Kyrill aus Jerusalem das Anzünden
von Lichtern und Weihrauch in den Götzentempeln,
den Wasserkult ebenso, obwohl die christliche Kirche das Gleiche tut..
ebenfalls im Wahn, im Wasser Heilung zu erlangen und von Leiden befreit.
Die Krypta in Chartres hat einen 33mtr tiefen keltischen Schachtbrunnen,
und Reste eines kleinen Heiligtums.
Die gallische Muttergöttin wurde durch eine Madonnenstatue ersetzt.
Aus heidnischem Kult wurde ein Marienkult.
Roßtäuscher? Nein, es waren nur Scharlatane, wie alle Priester aller Religionen.
In Nürnberg ist eine der Maria geweihte Kapelle bei einer Heilquelle,
wo die alte Muttergottheit ausgetauscht worden ist- wie in vielen anderen Orten.
Vermutlich Hulda.
Lourdes und seine Heilkraft, was von der Kirche offiziell anerkannt ist,
wurde 1858 entdeckt.

Rituale sind manigfaltig, heute setzt die junge Generation eher auf den Sport,
mit extremen Laufleistungen, "Iron-Man" und ähnliche Dinge,
die durchaus vergleichbare (körpereigene) Drogenräusche bringen,
wie das in den alten kultischen Bräuchen und Handlungen der Fall war.
Ob als Ablenkung von der traurigen Realität des Berufslebens, heraus-
aus privaten Unerfülltheiten oder als "Sado-Maso-Nummer" weiß ich nicht.
Immer wieder interessant ist die Tatsache, dass die alten Völker
sehr wohl zwischen Trinkwasserquellen und solche mit Heilwirkung unterscheiden konnten!
Noch nach dem 2. WK wurde eine Quelle Gutenborn zur Behandlung von Bindehautentzündungen empfohlen,
als die spätere Analyse ergab, dass diese Bor enthält- ein bekanntes Mittel zur Linderung dieser Erkrankung.
Der Gute Born im Riesengebirge enthält radiumhaltiges Wildwasser.
Die Heilige Quelle in Süderbrarup war schon vor Christi Geburt bekannt und leicht radioaktiv.
Radium wird seit einiger Zeit zu Heilzwecken eingesetzt..
In Heckenmünster ist die Schwefelquelle, die schon von den Kelten zu Badekuren genutzt wurde.
Schwefel wird heute noch zur Behandlung von Hautleiden verwendet.
In Pyrmont ist der Brodelbrunnen, wo man viele Opfergaben fand, die wohl meistens von Frauen
gebracht worden waren. Pyrmont ist noch heute ein Frauenbad.
An radioaktiven Quellen steigen heiße Dampfwolken auf, die den Schnee schmelzen lassen,
salzhaltige Quellen zogen Jagd- und Weidetiere an.
Es gibt einen deutlichen Zusammenhang zwischen Religion, Magie und Medizin, Heilkundigen und Priestern.

Zuweilen findet man in Grabbeigaben sonderbare Dinge:
In einem Frauengrab kamen in einer kleinen Dose zum Vorschein-
Schwefelkies, ein Ebereschenzweig, zwei Bruchstücke von Pferdezähnen,
ein Wieselskelett, ein Klauenstück vom Luchs,
ein Stück von einer Vogel-Luftröhre, drei Glieder eines Schlangenskeletts,
ein paar Stückchen gebrannter Knochen, ein Bronzedraht..

Ein anderes Grab hatte kleine Weidenholzstäbchen, zum Teil in Stoff steckend,
mit einer Hülle aus Pfaffenhütchenrinde umschlossen,
ein versteinerter Seeigel, ein aus Schilfblättchen geflochtener Behälter mit Pinienzapfenschuppen,
und drei Samenkörner der Pimpernell, die Spitze eines Flintspeeres,
ein Wetzstein und ein paar runde und ovale Steine.

Die Forscher gehen davon aus, daß es wohl Heilkundige, Zauberinnen, Priester oder Regenmacher,
Medizinleute oder Schamanen waren, die solche Dinge mit ins Grab bekamen.
Diese müssten über einiges an Wissen verfügt haben, soweit ist klar -
zumal bereits in der Jungsteinzeit schwere Schädeloperationen -
die überlebt wurden, nachgewiesen worden sind.
Später trennten sich die Heilberufe und die Forscher und die Priester aus dem Schamanentum heraus.
Die zunehmende Wissenfülle war schon so groß, daß zwanig Jahre "Lehrzeit" erforderlich waren-
ein wenig zu viel, Angesichts der Lebenserwartung der damaligen Zeit.
Die Spezialisierung mußte folglich unweigerlich kommen.

***

Interessant: Die alten Pfeiler der Römerbrücke in Trier - im Jahr 144 erbaut,
stehen noch immer und tragen seit 2000 Jahren den Verkehr über die Mosel.
Die Kinder tauchen zwischen den Pfeilern nach Münzen aus römischer Zeit,
die dort zu tausenden in den Fluß geworfen wurden..
Die Wasseropfer lassen grüßen, die aus Gründen der Bitte um Wohlergehen für Mensch und Fracht getan wurden.

Der Matronenkult hat in der Marienverehrung einen Nachfolger gefunden, zuweilen auch mit Dreigestaltigkeit.
In der Christianisierung lebte in den "drei Marien" und den "drei Jungfrauen"
die volkstümliche Verehrung der mütterlichen Dreiheit weiter..
Die langen Röhrenknochen des Kranichs wurden nicht nur zu Flöten bearbeitet,
der Zug dieser Tiere lenkte auch den Ackerbau und die Ernte wie ein fliegender Kalender.

Das alte zwittergeschlechtliche Matriachat lebt im Priesterrock immer noch ein wenig weiter.

Alte heidnische Umzüge hielten sich hartnäckig, deshalb übertünchte der Bischof
zu Lüttich 1246 diese mit dem "Fronleichnamsfest", das ebenso mummenschanzig um
gutes Wetter, bessere Ernte und Glück und Gesundheit flehte.
Aus einem Umzug wurde eine "Prozession" - sonst änderte sich nicht viel.

Der Grazer Religionsphilosoph Prof. Grabner:
"Es gibt keinen Aberglauben, es gibt nur Glauben, wer die Macht hat , erklärt das Andere zum Aberglauben!"

Interessant: Die Festlichkeiten, so wird berichtet, endeten spätestens dann, wenn das Bier ausgegangen war..

Halunken als Missionare getarnt oder Rowdys on Tour?
Die "Slawenchronik" der Missionare erzählt:
"Da geschah es, daß wir auf dem Zuge in einen Wald kamen, den einzigen in jenem Lande,
das sich ganz eben hinstreckt.
Dort sahen wir zwischen sehr alten Bäumen heilige Eichen,
die dem Landesgott Prove geweiht waren;
ein freier Hofraum umgab sie und ein sorgfältig von Holz gefügter Zaun mit zwei Pfosten.
Denn neben den Hausgöttern und den Ortsgötzen, von denen die einzelnen Ortschaften
voll sind, bildete dieser Ort ein Heiligtum des ganzen Landes,
für das ein eigener Priester, Festlichkeiten und verschiedene Opferhandlungen bestimmt waren.
Dort pflegte jeden Dienstag die Landesgemeinde mit Fürst und Priester zu Gericht zusammen zu kommen.
Der Eintritt in den Hofraum war allen verboten, außer dem Priester und denen, die opfern wollten,
oder von Todesgefahr bedrängt wurden; denn diesen blieb die Zuflucht niemals verwehrt."

Der Bischof Gerold und sein Chronist Helmold fanden wohl keine Götzenbilder vor;
"Die einen stellen phantastische Götzenbilder in Tempeln zu Schau, wie etwa das Plöner Idol namens Podaga, die anderen wohnen in Wäldern und Hainen, wie der Gott Prove von Oldenburg und werden nicht abgebildet.
Als wir zu jenem Hain und Hort der Unheiligkeit kamen, rief uns der Bischof zu,
tüchtig zuzupacken und das Heiligtum zu zerstören.
Er sprang auch selbst vom Pferde und zerschlug mit seinem Stabe die prächtig verzierten Vorderseiten
der Tore; wir drangen in den Hof ein, häuften alle Zäune desselben um jene heiligen Bäume auf,
warfen Feuer in den Holzstapel und machten ihn zum Scheiterhaufen,
in steter Angst, von den Eingeborenen überfallen zu werden."
(Wer hat wen überfallen?)
Hier ist kein Kläger mehr, der wegen Baumfrevel,
Brandstiftung und Sachbeschädigung, Landfriedensbruch und wer weiß was sonst noch alles-
wegen Überfalls und Rabaukentums Anzeige erstatten könnte,
keiner, der um die verlorenen Kunstschätze trauert und keiner,
der jener heute noch existenten Täterreligion eine Entschuldigung abringen könnte.
Niemand ist mehr da, an den diese Genugtuung gehen könnte.
Diese Zeilen einer extremen religiösen Intoleranz dann auch noch "Missionierung" zu nennen,
klingt irgendwie doch sehr nach Hohn und Spott und dem Recht des Stärkeren.

1948 fand man "Die Rote von Mauern", eine zwitterartige Statuette,
die der 1959 entdeckte "Venus von Tursac", die veblüffend ähnelt - gefunden im Jordantal.
Diese Darstellungen zeigen, daß der
"von hinten ausgeführte Verkehr der älteste sei, bei dem der Leib des Mannes dem Gesäß der Frau anliegt."
Klar, wenn wir das nach der Evolutiontheorie betrachten.
So Kinsey, so daß die Rote und vergleichbare Idole
"nicht nur vertikal sondern auch horizontal gelegt werden kann-
mit entsprechend hochgerecktem Gesäß."
(Diese Geste des Empfängniswillens gibt es auch im Tierreich)
Die Fruchbarkeit stand im Vordergrund, ihr galt der Kult.
Diese Figuren sind zweigeschlechtlich, so gehen manche davon aus,
daß der Archetypus des Menschen Zwitter waren,
weshalb die Schamanen Frauenkleider und lange Haare und Schmuck trugen..
Starker Tobak, gewiß.
Bei dem Thema Geschichte sollte man auch das nicht auslassen.
Vielleicht machen deshalb Prediger und Heilige "Männer" oftmals einen so halbseidenen Eindruck,
könnten es Nachkommen dieser Zwitter sein, deren Andersartigkeit keiner mochte und
die darum sich in diese Religionen hinein vertieft hatten?

In den Opferhöhlen fand man zwischen zerhauene Knochen von 20-50 Menschen.
Zahlreich sind diese Kultplätze, die heute meistens nur noch von Eingeweihten gefunden werden-
ein paar davon dienen heute schrägem neuen Hexenkult, "Esoterikern"
als Versammlungsplätze!
Die Höhlen sind glitschig, fallen zuweilen senkrecht bis 20mtr ab-
vor einem Besuch ohne entsprechende Ausrüstung und Seilschaft muß dringend abgeraten werden.
Bei unseren Wanderungen sind wir des öfteren an Haine gekommen, die vermutlich Viereck-Schanzen waren-
wir sahen darin eher Reste einer Umfriedung bäuerlicher Art.

Die Bodendenkmäler können in den großen Stadtgebieten
nur als "Notgrabungen" geschützt werden, um wenigstens das Notwendigste zu retten.
Selbst Gelände eines Markt- oder Domplatzes werden schnell wieder als Parkplatz genutzt,
oder mit Parkhäusern oder großen Schnellstraßen überbaut.

Die in den Hochwäldern des Taunus etwas versteckt gelegene Höhenkuppe
des Bleibeskopfes, mit ihrer romantischen Felsenkulisse war im 8.Jhd v. Chr.
eine befestigte Höhensiedlung, an der man den heiligen Ort noch richtig spüren kann.
Steinwälle sind noch gut zu sehen, die den Ringwall bildeten.
Dort fand man 7 Bronzedepots, die wohl Weihegaben waren.

In ganz Deutschland sind diese heiligen Orte verstreut zu finden,
heute eher nur zufällig in Wanderweg-Beschreibungen zu finden
als deutlich auszumachen - wenn nicht gerade ein Fachbuch zu Rate gezogen wird.

Der Altarstein bei Dransfeld am Hengelsberg hat Vertiefungen und Ausschabungen,
wie diese typischen langen Rillen in den Steinen von mittelalterlichen Kirchen.
Hier wurde Steinpulver gewonnen, dem man medizinische Wirkung nachsagte.

Interessant:
Anthropophagie = griech. Anthropos, Mensch und Phagein, essen.

Desgleichen seltsam mutet die Verwendung von Knochenmehl an-
das zuweilen nicht nur aus Tierknochen gewonnen worden ist.
In vielen Höhen wurden dutzende Skelettreste gefunden, oft von Kindern und Jugendlichen.

Zuweilen sollen an alten Quellenheiligtümern heute noch Frauen mit ihren Kindern zu sehen sein,
die Heilung suchen oder Dank spenden wollen.
Der alte Kult scheint noch immer - wenn auch im Verborgenen - zu glimmen.
Die Kirchenleute haben unter Androhung der Todesstrafe verboten, die "heidnischen" Gebräuche
weiter fortzuführen - dabei waren ausgerechnet sie diejenigen, die fremd waren
und für viele Leute noch immer fremd oder "orientalisch" geblieben sind..
Deren Untaten waren bestimmt nicht besser, als was diese sogenannten "Heiden" taten.
Das relativiert die seltsamen und barbarischen Dinge, die Opfersteine, die Blutrinnen daran,
die heute noch 40x mehr Phosphat haben, als die Umgebung, eher weniger.
Eine Art Amphitheater am Rande eines Moors konnte schon 500 v.Chr. eine Kultstätte für viele Zuschauer sein,
Mit einem Wasserlauf und einer Quelle, Opferstein mit Rundweg - gut gepflastert.
Die Anlage soll um 1874 zerstört worden sein.
Der älteste Bohlenweg ist im Naturschutzgebiet "Ewiges Meer"-
ein See mitten im Moor - 1984 entdeckt und freigelegt worden.
4 mtr breit und zum Durchqueren des sumpfigen Geländes, 4500 Jahre alt.
(Zu dieser Zeit haben sich noch Kain und Abel geprügelt)
.. und dann sind da noch die geographischen und astrologischen Linien,
die mit verblüffender Genauigkeit die heiligen Orte verbinden ..

Die braunen Machthaber des 2.WK oder "New-Age-Bewegung", man hat sofort versucht,
sich die "gute alte Zeit" zu eigen zu machen, auf die Fahnen zu heften.
Sonderbare Leute drängen sich am 21. Dezember - zur Wintersonnenwende -
an den Externsteinen vielen Autos auf dem Parkplatz, einige sogar aus dem Ausland.
Man duzt sich, hat eine erwartungsvolle Spannung in sich- eine schrille,
sich überschlagende Stimme schreit in die Nacht.
"Allvater, aaaah, Größter der Himmlischen, zeuge das Feuer,
ich bin bei Dir, Deine Freunde sind bei Dir, seht her, die Sonnenwende."
Wie bestellt- so der Erzähler- soll ein Käutzchen gerufen haben..
Fackelnde Lichter überall, schwankender Feuerschein.
Bereits 1564 gerieten die Externsteine in den Verdacht, eine heidnische Kultstätte gewesen zu sein,
die Karl der Große unbedingt in eine christliche umgedeutet haben wollte.
Andere denken, es wäre "Irminsul" gewesen, der Hauptgötzensitz der Deutschen.
Deshalb übernahm der Reichsführer der S S H immler den Vorsitz der Externsteinstiftung.
Der Glaubenskrieg um das Heiligtum ist trotz der braunen Vergangenheit
(die war wirklich nur sehr kurz, Angesichts der ewig langen Geschichte auf deutschem Boden)
noch heftig umstritten.
Die unterschiedlichsten Gruppen wallfahren - vor allem zu den Jahreskreisfesten dorthin:
"Man mag sich wehren und wenden, wie man will, man findet sich wie in einem magischen Kreise gefangen.."
(Goethe)
Eine Anwohnerin erzählt leise, daß die Leichenhöhlen untereinander verbunden seien,
und man nur kriechender Weise durch die Gänge käme-
auf dem Bauch rutschend - sie selbst wäre nie darin gewesen.
Die anderen Dorfbewohner gehen auch nicht dorthin..
Es sei gefährlich die Höhlen zu betreten, es wären dort schon einige gestürzt und zu Tode gekommen.
Ohne Seilschaft und Taschenlampen lieber nicht versuchen..
Diese Höhlen dienten nicht der Bestattung, sondern eher religioes motivierten Deponierungen.
Fruchtbarkeit von Mensch und Tier anflehend.
Das gesamte Hönnetal ist wie das Tal von Delphi ein großes Kultgelände und Tempelgebiet.
Die Reckenhöhle ist heute eine Schauhöhle, in der Leichenhöhle oder Grabhöhle
führt oberhalb eines 4mtr hohen Felsens ein niedriger, enger Gang 23mtr tief in den Fels.
500 Jahre vor Christus fanden hier Opfermahlzeiten statt- gefunden wurde dort:
Ein Herdstelle für Holzkohle, Kochtöpfe, menschliche Oberschenkel und Kiefer, geröstetes Getreide,
Teile von 12 Schädeln, zwölf Fingerglieder und 400 menschliche Zähne,
Schmuck und bearbeitete Menschenknochen.
(Ist die Zahl 12 evtl. schon sehr viel älter als Mysterium?)
Burghöhle und Feldhofhöhle sind nicht weit entfernt -
auch dort fand man Zähne und Schädelteile mit über 60 Spinnwirteln.
Vermutlich eine Wohnhöhle einer weisen Frau oder Priesterin.
Die Bilsteinhöhle ist auch noch erwähnenswert- eine Schauhöhle, durch der ein Unterweltfluß rauscht..
Durch das Wasser kam man in den Schoß der Mutter der Erde.
Ebenfalls bei Warstein ist die Höhle Hohler Stein, wo wieder Verbindungsgänge
und ähnliche Dinge zu finden waren-
bis auf ein Skelett, das einem offensichtlich eingemauerten Menschen gehört haben muß.
Mit der Frau Holle oder der Priesterin Veleda ist die Veledahöhle bei Meschede geweiht.

Bei den Galliern galten Bäume, Haine und Quellen als heilig, wie anderen Stämmen auch -
aus dem Raum Trier ist eine Sendpredigt aus dem 9.Jhd erhalten, in der von Menschen erzählt wird,
"die Hilfe woanders suchen, als beim allmächtigen Gott, etwa bei den Quellen.."
Der Wallenborn, heute eine brodelnde, stinkende Schwefelquelle- unseren Ahnen eine Kultstätte -
überall gluckert und blubbert und brodelt es unheimlich und tief aus der Erde.
Für die Pilger zu den drei Tempeln gab es ein 50qm großes beheiztes Becken, im Bad
wurden Terrakotta-Fragmente von Muttergöttinnen gefunden.
275/276 n.Chr. wurde die Kultstätte wegen der Germaneneinfälle aufgegeben.
Bis ins 19.Jhd wird bezeugt, daß der Wallenborn noch immer bei Kinderkrankheiten half.
In rituellen Trinkkuren bei allerlei Räucherwerk, das nur wenig den Raum erhellte,
faßte man den Heim-Vorrat, unter Opferung von Weihegaben.

"Im Dunkel der von flackernden Öllämpchen und der Glut des Opferfeuers mystisch erhellten Höhle
feierten die Gläubigen nach strengen Riten und nach einer von den Regeln ORIENTALISCHER MAGIE
bestimmten Liturgie mit Schlachtungen, Verkleidungen, Musik
und unter vokalreichen Deklamationen ihr Opfermahl"
(Die Geschichte der Kelten beginnt wohl auf im Vorderindischen bis in den Kaukasischen Bereich -
wer weiß ob die Menschenopferkulte aus dieser Ecke stammen?)
Wie durch ein Wunder ist in der Rückwand der ehemaligen Felsengrotte von Schwarzerden
das eingemeißelte Relief des stiertötenden Lichtgottes erhalten geblieben.

Frau Billen Creutz - ein Menhir, den Willibrord höchstpersönlich
in ein Kreuz umgeformt haben soll - in diesem sagenumwobenen Stein
hält sich die Fee Sybille verborgen, eine Nachts unheilbringenden Jägerin..
Wer sein Ohr an den Stein legt, soll eine Frau spinnen hören..
(Es rauscht und knistern dort drin geheimnisvoll)
Wir glauben lieber den Ausgräbern als den braunen Ideologen,
(Wir haben längst schon andere Demagogen, die -was dieses Thema anbelangt- ähnlich intolerant sind-
was religiöse oder kulturelle Dinge anbelangt..)
die "germanische Heiligtümer" nur allzugerne forcierten.
Die rätselhaften Sonnenräder oder Sonnenrosse oder Sonnenbahnrunen
sind sehr wahrscheinlich nur Zeichen der Steinbrucharbeiter gewesen.

Die keltischen Treverer errichteten starke Höhensiedlungen
in der Zeit der Freiheitskriege gegen die Römer.
Die Römer eroberten, die Anlagen zerfielen, aber die Quellen der Diana
sprudelten weiter - und so zogen gallorömische Waldgötter dort ein,
der altgallische Waldgott Sucellus oder Silvanus.

Vor 2000 Jahren war das Moor bei Süderbrarup "Thorsmoor" der bedeutendste Opferplatz
und Stammesheiligtum der Angeln.
Dem Gott Thor geweiht- wurden hier über 500 Jahre wertvolle Opfergaben deponiert.
Die ältesten Runendenkmäler der germanischen Welt fanden sich hier,
versteckt auf Schild und Schwert angebracht.
Tongefäße, Wagenteile, Hof - und Hausrat, Waffen, Teile des Rüstzeugs, Münzen,
goldene Ringe und Zierscheiben mit dem Bild des germanischen Gottes Tyr,
ein einmaliger silberner Gesichtshelm, mit Bügelkrone,
edelste Teile von wertvoller Tracht, Schmuck und Waffen.
In der Mitte waren die meisten, am Rande des Moors die wenigsten Gaben zu finden.
Die Dinge waren absichtlich "entwertet", um sie dem profanen Gebrauch zu entziehen.
Die Opfergaben gehen bis in die Zeit, wo die Abwanderungen der Angeln nach England kamen..

***

Helgoland heißt Heiliglant - vorchristliche Kultstätten sind noch heute an den Namen erkennbar,
Thorsberg, Helligbek, Karr, (Kultstätte, Tempel) Wonsdamm (heiliger See des Gottes Odin),
Wieh (geweihter Platz) Tieslund, Thiesholz (heiliger Hain des Gottes Tyr) Insel Fositesland-
das friesische Heiligtum des Gottes Fosite, für Erntesegen und Frieden..

Als die DDR-Grenze fiel, wanderten die Menschen in 8km langer Schlange auf den Brocken,
den alten Hexentanzplatz,
der während der sozialistischen Herrschaft ein verbotenes Grenzgebiet (Horchposten) war.
Dort oben wurde ein richtiges Fest gefeiert, was viele Sektflaschen hinterlassen haben muß.
Ein bronzezeitliches Sonnenheiligtum, das "ruhendes Kamel" genannt wird,
sind zwei 1,6mtr durchmessende Scheiben in den Fels geschlagen.
Die Forscherin fragte zwei etwa elfjährige Mädchen nach diesen Scheiben-
jene wußten gleich Bescheid: Wenn diese vormittags dort spielten,
stecken sie einen Stock in das kleine Loch in der Mitte,
"und so wissen wir, wie spät es ist"
(Vermutlich sprachen sie öfter mit dem Großvater, die "Kids" heute wissen nichts mehr, trotz guter Noten - sie daddeln permanent auf dem Handy mit "Freunden")
6000 Jahre alt ist das Ringheiligtum von Quenstedt.
Das "erste neolithische Woodhenge in Mitteleuropa.."
Es bestand aus 5 ovalen Ringen, Pfosten, die parallel zueinander im Abstand von 5-6 mtr waren.
Der größte Durchmesser lag bei 100mtr, etwa 5000 Baumstämme sind dazu verwendet worden.
In der Ausrichtung der drei Eingänge- einer führt zum Steilhang-
werden astronomische Überlegungen der Erbauer erkannt.
Im Raumflugplanetarium Halle nahm man astronomische Vermessungen vor -
sie verschoben bei diesen Berechnungen den beweglichen Himmelsnordpol um 6000 Jahre zurück
und kamen zu dem erstaunlichen Ergebnis, das die "Eingänge" als Visurlinien
zur Himmelsbeobachtung genutzt worden sein könnten- die Tore als Zeitmarken im Jahreslauf waren.

Die Sage um den Menhir aus Braunkohlenquarzit mit seinen 5,8 Metern hat
an der Seite mittelalterliche Eisennägel eingeschlagen bekommen, vermutlich ein Gegenzauber.
Die kultischen Bräuche, wie der Antipathiezauber hält sich hartnäckig,
sie sind auch bei anderen Menhiren gefunden worden.

***

Die sagenumwobenen Kyffhäuser hatten richtige Kannibalenhöhlen. (Bad Frankenhausen)
20 Höhlen und Spalten in denen Opfergaben lagen.
Vor 3000 Jahren wurden hier Menschen geopfert, als höchste Gabe an die Gottheit.
Rituell gebraten, gekocht, verzehrt - über hundert junge Menschen ließen hier ihr Leben,
getötet mit Keulen und Beilen, mit Bronzemessern zerlegt.
ERST MIT DEM VORSTOSS DER GERMANEN ENDETE DIESER SCHLACHTE-KULT- dh. es waren wohl Kelten,
die hier ihre schrägen Ausschweifungen taten, Priesterinnen müssen diese geleitet haben.
Demeter
Zusammen mit allerlei Dingen, wie Fackeln, Schmuck, Nadeln, Salz, schnurartig gedrehte Menschenhaare,
Spinnwirteln, geschnittenem Stroh wurden die Knochen der Opfermenschen dort verbracht.
Tief im Innern des Berges erleuchteten Fackeln das Szenario.

Im 10. und 11. Jhd haben die Leute in der Gegend von Oberdorla
den heiligen Stätten noch immer gehuldigt, obwohl bereits alles christianisiert war.
Die Antwort der Kirche war die Errichtung des Archidiakonats in Oberdorla.

Der Opferplatz Ölknitz - auf dem Sandberg, wurde vor 10-12.000 Jahren der Gott der Tiere verehrt.
Stilisierte Frauenfigürchen aus Elfenbein, als Phallus markierte Steine,
Einschnitzungen auf Steinen, die Pferde, Fische und Zwitterwesen zeigten.
Auf Pferdefellen zusammengenähte Zelte um den Opferplatz mit Stele und Opfergruben-
Säulenförmige Sandblöcke, in den einen eine Vulva, in den anderen ein ein Wildpferd eingeritzt.

Derartige uralte Stellen gibt es in Mengen im Land.

Heute um-eiern sich Freaks div. Religionen, machen verrückte Verrenkungen,
die wie der Tanz der Kraniche ausschauen.
Der Kampf um die Lufthoheit von Luftnummern "Glauben" ist noch immer nicht ausgewußt..

Nun folgt etwas aus der alten Villmarer Chronik von 1936 Abwechslung tut not..
erstellt "mit Erlaubnis der kirchlichen Oberen".
Die Abteil St. Matthias in Trier war der Wohnsitz des Schreibers, Johannes Hau, O.S.B.
(lateinisch Ordo Sancti Benedicti, OSB)

Trier war dem "Apostelheiligtum" Villmar vorgesetzt.
Der heilige Ort an der Mosel und jener an der Lahn waren geschichtlich lange verbunden.
Der Abt von Trier war zuvor Pfarrer in Villmar - so kam der Marmorfußboden in die Trierer Abtei.
Damals gehörten alle Orte rund um Villmar ebenfalls zur Abtei- die sehr große Zahl an Akten
aus dieser Zeit wurde vom Autor gefiltert, so daß wirklich nur geschichtsrelevante Dinge
in seiner Chronik aufgingen und nicht die unglaublich vielen Gerichts-Zankereien
die meistens aus dem Grunde kamen, dass man nicht erst den kleinen Finger reichen wollte,
um hinterher die ganze Hand zu verlieren - also wurde fleißig geklagt.
(Was alles haarklein aktenkundig wurde)
Es kam so, daß der Kaiser Heinrich III im Jahr 1350 seinen Hof zu Villmar der Abtei Trier vermachte,
Im Gegenzug kam der Leichnam Erzbischofs Valerius und viele andere Heiligtümer
nach Villmar in die neue Kirche, die er wohl für seine Frau gründete-
das Gebietrecht erlaubte dem Grundherren solches.
"Unseres Bettes und Reiches allerliebsten Gesellin"

"Im Lahngau (Villimar in pago Logenahi) und in der Grafschaft Godebolds gelegen mit allen seinen Zugehörungen,
das ist; mit den leibeigenen Leuten beiderlei Geschlechts, Zinsleuten, Kirchen, Grund und Boden,
Gebäuden, mit den angebauten und ungebauten Ländereien, mit Äckern, Weingärten, Wiesen, Weiden,
Feldern, Wäldern, Jagden, Wassern, Wasserläufen, Mühlen,
Mühlenteichen, Fischereien, Ausgangszöllen und Einkünften, Wegen und weglosem Gelände,
erforschtem und noch zu erforschendem; mit allem Recht und jeder Nutzbarkeit,
wie wir ihn zuvor besaßen, mit allem was irgendwie daraus gewonnen werden kann,
übergeben wir es zu eigen und übereignen es solchermaßen,
daß der Abt mit dem Rate der Brüder des vorgenannten Gotteshauses freie Macht habe,
den Hof (curtis) zu halten, ihn zu verkaufen oder zu verleihen oder, wie es ihnen sonst gefällt,
zum Wohl ihrer Kirche zu verwenden.
Gegeben an den Nonen des August im Jahre unseres Herren Menschheit tausend dreiundfünfzig, der 6. Induktion.
Vollzogen zu Goßlar, Im Namen Gottes, Amen."

Heinrich III. erbat sich, wie es andere Kaiser in ähnlicher Weise taten, vom Trierer Erzbischof Reliquien,
für die von ihm errichtete Kirche von Goslar.
Erzbischof Eberhard kam dem Wunsche des Kaisers nach und schenkte ihm einen Teil
der Reliquien des heiligen Valerius,
darunter auch das Haupt.
"Alle Reliquien konnte der Erzbischof nicht vergeben, da die Pilger und Gläubigen den Heiligen
als einen Glaubensboten des Trierer Landes mit dem Heiligen Eucharius zusammen verehrten.
Von alters her waren beide Heilige im gleichen Grabe beigesetzt, wie auch heute noch
zwei nebeneinander stehende Sarkophage die Überreste der beiden heiligen Bischöfe bergen.."

Außerdem bestätigt der Papst dem Kloster das Asylrecht und die freie Abtswahl.
Ein Wortlaut dazu, der deutungsfähig sein kann:
"Wir bestimmen, daß weder einem Erzbischhof oder einem Bischof,
noch einem Vogt oder irgend jemanden es erlaubt sei,
das Kloster weiter zu beunruhigen, den Besitz zu rauben, das Geraubte zurückzuhalten"

***

Viele der damals urkundlich erwähnten Orte sind eher Gehöfte gewesen,
wovon ein Teil "wüstgefallen" war, von den Bewohnern verlassen.

Hunnenberg, Dodenhausen, Rulshausen und Sulzbach waren wohl schon 1936 leer,
Fürfurt, Aumenau, Seelbach, Münster, Weyer, Oberbrechen, Villmar
und Arfurt und Schadeck sind heute noch lebendig.
Ober- und Niederaumenau wurden zusammengelegt oder wuchsen zusammen, Gladbach ist eine Staatsdomaine geworden.
Hofen gehörte dem einzigen Freien der Gegend und unterstand somit dem Kaiser direkt,
gebietlich aber zu Villmar gehörig.

Gaugrafen trachtetn nach der Gerichtsbarkeit, die nur reichsfreie Städte hatten, vom Kaiser selbst verliehen.
Vielerorts ist es ihnen gelungen, Orte mit einer Befestigung zu versehen und die Stadtrechte zu erlangen-
was den Fürstentitel einbrachte- das war begehrt und mehrte die Einnahmen.
Durch Aufkäufe, Verdingungen, Zuwanderung und Unterwanderung trachteten sie auch in Villmar danach,
an begehrte Position der Entscheidung zu kommen - wo auch Verwandtschaftsgrade hilfreich waren,
um durch Protektion und Schiebung und Seilschaften- wie heute auch- immer mehr Macht zu erhalten.
Dabei haben sie aber die Rechnung ohne die Abtei gemacht, hinter der das mächtige Trier stand -
die erfolgreich die Erhebung Villmars zu Stadt verhindert haben.
(Wenn ein Ort zur Stadt erhoben wird, waren die Einwohner Freie, keine Leibeigenen mehr)
Die Trickser und Täuscher haben sich dennoch gut in der Gemarkung eingekauft -
die Runkeler Herren haben da wohl kräftig mitgemischt- und auch schon ein paarmal die Mauern berannt..

Immer wieder mußte das Kloster seine Legitimation und die Rechtsgrundlage seiner Gebietsansprüche
gegen andere verteidigen und neu begründen oder bestätigen lassen.
Die Kirche bezahlte Vögte, so auch in Villmar- die so bestellten Schirmherren des Ortes
schwangen sich schnell zu Zwingherren auf, die ihre ganze buckelige Verwandtschaft einschleusten,
um mehr Land, Häuser und Einfluß zu erhalten - außerdem trachteten sie zuweilen darauf,
den Ort mit Befestigungen zu versehen um dann die Stadtrechte beantragen zu können,
was im Anschluß nochmal kräftig mehr Gewinn gebracht hätte. (Markt- und Gerichtsrecht)
Vögte durften das Kriminalrecht, in freien Städten sogar das "peinliche Halsgericht" halten,
während den eigentlichen Grundherren, dem Abt und dem Kloster nur das mit Schöffen
besetzte Gericht für Eigentums- und Nachbarschaftsrecht zukam.
Wollte das Kloster mit dem Ort Villmar also mehr obiges ahnden, blieb nur die Einsetzung eines Vogtes übrig.

Im Mirakelbuch von 12-14.Jhd steht:
Der der Pfalzgraf Heinrich blickte
in neidischer Absicht auf den Mattheiser Hof Villmar.
ZWEI KLERIKER unterstützten seine Begierde auf
diese Besitzung mit dem Hinweis auf die großen Privilegien,
die auf der Burg ruhten.
Mit List und Schlauheit machten sie das Verlangen noch mehr und größer.
Heinrich hatte als Adeliger viel Macht, der das Gotteshaus -rechtlich- nicht viel entgegenzusetzen hatte.
Bald behauptete er, Villmar gehöre ihm allein.
Als die Kunde nach St. Matthias drang, erschrak man wie bei einem heftigen Donnerschlag-
wie sollte eine Klostergemeinschaft leben, wenn nicht die Besitzungen dafür sorgten?
(Lehen, Lebensmittellieferungen, Abgaben aller Art)
Der Abt tröstete die Mönche, daß Gott den Pfalzgrafen schon wissen lasse,
daß er dem Kloster das Gut nicht stehlen dürfe..
Daraufhin reiste der Abt zu Heinrich und traf ihn auf der Landstraße hoch zu Roß-
inmitten eines großen Trosses.
Als er sich ihm genähert hatte, hielt er ihm vor, des Gotteshauses Sache dulde keine Verzögerung.
Er bat und beschwor ihn im Hinblick auf Gott, die hl. Matthias und Eucharius,
das Kirchengut nicht länger in Besitz zu halten, da er Gottes und der Heiligen Zorn
und Ungnade nicht entfliehen könne;
denn "sie wachen eifersüchtig" über den ihnen anverrauten Besitz.
Der Hochmut über die Glorie des irdischen Besitzes ließ Heinrich die Bitten des Abtes verachten,
Als dieser sah, daß sein Bitten nichts nütze, nahm er seine Zuflucht zum Gebet;
denn Gott verachtet die Hochmütigen und erteilt den Demütigen seinen Ruhm.
Die Hand Gottes legte sich schwer auf den Pfalzgrafen.
Als er seinem Pferde einen leichten Schlag versetzte, stürzte es auf die Knie
und jagte seinem Reiter großen Schrecken ein.
Der Grafen Begleiter, von Angst erfüllt, baten ihn inständig, von dem beganngenen Unrecht abzulassen,
da er dem Zorne Gottes und der Heiligen nicht widerstehen könne.
Verstockten Herzens verschmähte der Graf alle wohlgemeinten Ratschläge.
Ein drittes Mal versuchte der Abt auf den Pfalzgrafen einzureden.
Auch dieses zeigte keinen Erfolg.
Plötzlich offenbarte sich Gottes und der Heiligen Zorn, allen sichtbar:
Er stürzte mit dem Pferde zu Boden .
Schwer verletzt lag er besinnungslos auf der Erde.
Seine Mannen nahmen sich seiner an und betteten ihn.
Als er das Bewußtsein wieder erhielt und die Folgen seiner Verletzungen erkannte,
ging er in sich aus Furcht vor noch schwereren Heimsuchungen.
Vor dem Abte und seinen Begleitern bekannte er deshalb,
ohne jedes Recht die Kirchengüter sich angeeignet zu haben.
Inständig bat er um Verzeihung seines Verschuldens.
Frei solle das Gotteshaus den Hof besitzen mit allem Zubehör;
die Brüder, bat er, mögen inständig für ihn beten.
Die Urheber dieses Betruges, die BEIDEN KLERIKER, starben aber eines plötzlichen Todes..
Der Abt kehrte freudig nach Hause zurück und dankte Gott
und seinen heiligen Patronen für die Erhörung in schwerer Not..
Soweit die Überlieferung des Klosters, die doch recht einmalig sein dürfte
und unbedingt hier her gehört, damit die Geschichte greifbarer wird.

Die Vögte der Abtei bedrängten oft das Gotteshaus St. Matthias und suchten sich am Klostergut zu bereichern.
Wieweit ihre Rechtsanmaßung ging, wird wohl nie genau nachgewiesen.
Die St. Matthias gehörigen Höfe von Treisfurt und Gladbach sind bereits im dreizehnten Jahrhundert
im Besitz der Vögte.
Sie treten in der späteren Zeit stets als Isenburgische bzw als Vogteihöfe auf.
Noch im 17. und 18. Jhd. wird von der Abtei förmlicher Protest, wenn auch erfolglos, dagegen erhoben.
Die Urkunde vom 28. April 1303 bildet nur den Abschluß einer langen, vorausgehenden Bedrückung.
Ihr Inhalt ist folgender:
"Wir Ritter Wilhelm, Sohn des Herrn Ludwig von Isenburg, machen allen bekannt,
daß wir die Villmarer Güter der frommen Mönche, des Abtes und Convents von St. Matthias zu Trier,
mit allem ihrem Zubehör, in unserer Schwäche gegenüber Gott und dem Recht, besetzten, sie an uns rissen,
und die Einkünfte daraus gewaltsam behielten und zum Schaden
für unsere Seele und zum nicht geringen Nachteil der Mönche.
Dessen war sich mein Vater, als er noch lebte, bewußt, dessen sind wir uns ebenfalls bewußt,
und gehen darum zur Wiedergutmachung diesen auf gütlichem Wege geschlossenen Vergleich ein:
Den genannten Mönchen erstatten wir innerhalb sieben Jahre dreihundertfünfzig Malter Weizen
und zwar jährlich fünfzig Malter von unseren Höfen in Treisfurt und Gladbach (Dreyswerth et Glappach).
Dies bezahlten wir den Mönchen auf unsere Gefahr und Kosten in Limburg.
Außerdem versprechen wir unverbrüchlich und fest, in Zukunft die erwähnten Güter
weder durch uns noch durch andere an uns zu reißen.
Wir wollen die Mönche fernerhin in ihrer Nutznießung nicht weiter stören,
und sie nach besten Kräften gegen jeden Eindringling und Störenfried in Schutz nehmen.."

Nun wird ein wenig klarer, welch unglaublicher Hickhack durch die umliegenden Grafen und Grundherren
mit allen erdenklichen Erpressungen und Tricks versucht wurde, ihr Vermögen zu mehren.
Dann kam das nächste Übel, die Reformation,
die ebenfalls von allen Seiten zur Machtausuebung mißbraucht wurde..

Interessant zu erfahren ist, was Villmar zu der Zeit um 1560 besaß,
daran kann man die Lebensumstände ganz gut erfahren,
so wird das Bild eines bäuerlichen Wirtschaftsbetriebes der damaligen Zeit vor den Augen entstehen.
Wir lernen einen Hof kennen mit seinem ganzen Ackergerät,
das damals noch verhältnismäßig gering und primitiv war.
Der Viehbestand ist auch recht gering, denn die Fläche betrug nur 350 Morgen.
Die Bodenbearbeitung war noch nicht so ausgereift, die Schweinehaltung war wichtiger als das Rindvieh.
Hier eine Inventarliste, die von der Abtei St. Matthias
bei der Übergabe an den Kurfürsten zu Trier erstellt wurde:

Es waren vorhanden 10 Pferde, an Wagen und Pfluggeschirr 2 Wagen,
jeder für 4 Pferde, ein neubeschlagenes Wagenrad, 4 große Bindebetten,
6 Spann- und Sperrketten, 8 Zughammen, 8 Pflughassen (Geschirr), 4 Pflüge,
8 Paar eiserne Pflugstrenge, 7 Eggen.
An altem und neuem Eisenwerk: 6 Legeisen, 10 Räder und Radschuhe, 9 Pflugschaaren,
7 Pflugkolter, 1 eisernen Brunnenbohrer, 1 eiserner Ofen,
4 Heugabeln, 1 große eiserne Steinklamp, 2 neue Hebeeisen, 1 Ofen (5Ztr),
5 Holzäxte, 2 Beile, 1 mit einer alten Brandroden auf dem Saale,
1 Säge, uff ein Pann gespannt.
An Rindvieh: 13 Milchkühe, 8 dreijährige Rinder, 4 Jährlingskälber, 4 paar Stiere, 4 Saugkälber.
An Schafen: 97 Zuchtschafe und Hämmel, 26 Lämmer.
An Schweinen: 5 Schweine, 2 Eber, 26 Fasselschweine.
4 Fuder Wein, 1 Fuder Bier.
Auf dem Speicher: 101 Malter Weizen, 388 Mlt. Korn, 20/2 Mlt. Erbsen, 64 Mlt. Hafer,
10 Mlt Gerste, 70 Stück geräuchertes Schweinefleisch,
64 Vorderschinken, 68 Speckseiten, 22 Schiltpraden, 22 Halsstücke, 19 Rippenstücke,
24 halbe Schweineköpfe, 136 Stück Rindfleisch, klein und groß.
2 Fässer und 4 Töpfe Schmalz, zusammen 50 Maß. 3 Hüte Salz, 20 Pfund Unflicht, 21 Pfd. Kerzen.
An Zinnwerk: 24 zinnerne Schüsseln, klein und groß, 10 Mus-Schüsseln,
4 Schüsselchen mit Ohren, 6 Schüsseln, 14 Teller, 6 Salzkannen,
11 kleine Löffel, wiegen zusammen 136 Pfd, 9 Zinnflaschen, klein und groß, 18 Kannen,
4 Bierbecher, 13 kleine Becher, 3 Handfässer, 1 Lampe -
zusammen 171 Pfd. alles Zinn 307 Pfd.
An Messing: 1 Gießfass mit kleinem Becken, 1 Scherkanne mit 3 Becken, 1 Feuerpfanne,
1 Trichter, 5 Leuchter, groß und klein, 2 Tafelringe,
2 Krautsteine, 1 Kühlkessel, 2 Prözbahren.
(Prözbahren sind mir unbekannt, G oogle auch - vielleicht von Bahre, Trage?)
An Kupfer: 1 großer Topf in der Küche hinter dem Feuer, 5 Töpfe, groß und klein,
6 Kessel zum Tragen, 1 eingemauerter Braukessel im Brauhaus, 1 Seihe mit Stiel.
An eisernem Küchengeschirr: 1 großer Feuerrost, 11 Töpfe, klein und groß, 2 Bratpfannen,
7 Pfannen, 2 Tafelringe, die man Bück nennt,
2 Küchenschränke (Schäff) der eine mit 4 Gefächern,
der andere mit 2, 2 Feuerklopfer, 2 Feuergabeln, 2 Mörser, 1 Fangeisen, 1 Deckel,
5 Bratspieße, klein und groß, 4 Löffel.
An Blei: 1 Eisenwaage mit Bleigewichten, a 1 Zentner aales Kanalblei, 2 Hüte mit Pfannen,
darin man Wasser brennet (Schnaps) 1 Tellerplettel.
An Betten: In der Gästkammer 2 Bethladen mit halben Himblen druff, 2 Kultgherbeth (Kolterbett)
eines von 16, das andere von 13 streiffen,
2 Ruller mit 2 Tretten uff einem Külsch (Kölnischem) beth von 13 Streiffen.
uffm andern ein flocken beth mit einer leinen Züghen.
In der Kammer mit A gezeichnet 2 bethladen mitt ihren Tretter,
die eine mit einem halben und die ander mit einem ganzen Himmel,
uff einer ein Külsch beth von 15 Streifen, uff der anderen ein gemein feder beth mit einer leynen züggen.
Daselbst ein ruller mit einem flockenbeth.
In der Kammer mit B verzeichnet ein Bethlade mit einem Himmel,
hat ein beschlosseen Tritt druff ein Kölnisch beth mit 15 Streiffen.
Darselbst ein Rüller mit einem Kölnischen beth von 12 Streiffen,
darin seint die Züchen (Zeichen) von uns gutt.
In der Kammer mit C verzeichnet eine Bethlade mit einem ganzen Himmel ist gestirnt,
mit einem verschlossenen Trede und um mit Kartheiner umbzogen druff ein Kölnisch beth mit 13 Streiffen.
In der Kammer mit D zwo dünne bethladen mit einem Dredt druff, zwey Kölnische beth
jedes von 15 Streiffen darauf die züggen zieblich gutt seintt.
In der Kammer mit E bezeichnet 2 Bethladen, denen eine mit einem ganzen Himmel,
mit einem Tredt ein Kölnisch beth mit 12 Streiffen.
In derselbigen Kammer ein schrank und ein schreff stühell.
In der Mägttkammer 2 bethladen mit einem federen und flocken bethgen.
An Pulnesin und Küssen: 8 Könisch pulün, 1 federen pulün mit einer leinen Zügge,
1 federen Kutschbetgen mit einem Küssen und bethladen in der understen Stuben.
20 Küssen mit barchent und Kölnischen Züggen, 5 Küssen und leynen Züggen.
An Leinwand: 13 Tischtücher, 12 hausvesen, 17 paar Leyndücher flagsen,
29 Paar Leyducher grob für die Familie, 12 Küssenbezüge,
59 rhlr neues unverarbeitetes grobes Wirktuch, 13 Decktücher geblumt und gestreift,
2 Rechentücher gestreift, für den Tisch, 7 lederne Stuhlkissen.
An Tischen, Stühlen, Bänken und sonstigem: Auf dem Saal einen großen Bücherschrank mit Büchern
(eigenes Register).
Die Bücher sollen zum Gebrauch des jeweiligen Pastors in Villmar bleiben.
Einen Tressor, darauf Gläser und Töpfe stehen. Vier beschlossene Tische mit Doppelplatten,
desgleichen einer unbeschlossen. In der Gesindestube zwei Tische,
einer davon mit doppelten Platten. In der untersten Stube ein Handfaßtressor.
10 Kisten, groß und klein, beschlagen und unbeschlagen.
5 Bänke mit und ohne Lehnen, 9 Stühle.
Auf dem Dormitorio (Schlafsaal) 2 Hellebarden und 1 Schabelein,
1 Wecker in einem hölzernen kasten gefaßt und aufgehängt.
(Um das Jahr 1560 ?!)
Ein alter Breder mit einem bleyen gewigt.
Auf dem Speicher ein Körner reuder außer messingen draht gemacht,
Eine Drehbank und drei Schlichthobel. Im Backhaus 6 Siebe, 1 Beutel 1 Kuchenform, 1 Axt, 2 Büchen moslen.
An Seilen: Auf den zwei Korn- und Haferspeichern zwei große Seile, um die Frucht aufzuziehen.
2 Seile fuer garben zum Korn und Weizenkasten zu ziehen, 7 Hasengarn,
7 Feldhöner leitern, 5 lederne Simmern. An Keltern, Fässer und Butten:
Eine Gangkelter mit Eimer, 19 große und kleine Bütten, 4 grüne Fässer,
2 Traubenfässer auf Wagen, für den Herbst Trauben zu fahren, 2 hölzerne Trichter.
In der Kapelle auf dem Saal: 2 silberne vergoldete Kelche mit zwei Patenen,
davon die eine vergoldet. 3 Korporale mit Bursen, 2 Meßgewänder mit einer Albe,
Stola und Manipel, 2 Paar Meßkännchen, 1 Kirchenschelle, 2 Messingleuchter auf dem Altar,
1 an der Wand, 1 Missale, 1 Altartuch mit Decke,
1 zinnernes Handfaß neben dem Altar.

Die Abtei versuchte freilich Villmar wieder zurück zu erhalten,
das ihr vor 563 Jahren von König Heinrich III. gegeben wurde-
man unterschied zwischen Grundherren und Landesherren,
so mancher faule Kompromiß und so manche Trickserei lief- genau wie heute.
Grenzsteine wurden verschoben und wieder heraus gehackt, Zwiste kamen und gingen,
zuweilen schoß man aufeinander.
Die Runkel-Wiedschen Gebiete sind dreiseitig um Villmar herum angesiedelt-
kein Wunder, daß es dabei Probleme gab und immer wieder heftige Auseinandersetzungen, 150 Jahre lang,
ein echter Friede habe man damals nicht halten können, so die Chronik.

Nach altem germanischem Recht gab es Freie und Unfreie.
Solange Gaugrafen die Gerichtsbarkeit im Namen des Königs ausübten, unterstanden die Freien dem Grafen.
Jene mußte an Gerichtstagen erscheinen- wie viele Freie in Villmar ansässig waren,
läßt sich nicht nachweisen.
Einer oder zwei werden gelegentlich erwähnt.
Die Großzahl der Einwohner zählte zum Stande der Unfreien.
Sie wurden als integrierende Teile des Gutes verschenkt oder verkauft.
Kein liegendes Vermögen nannten sie ihr eigen.
Nur Hausrat, ein oder das andere Tier, konnten sie besitzen, mehr nicht.
Wenn im Römischen Reich die Sklaverei ganz beseitigt wurde, so war im deutschen Reichsgebiet
sie umgewandelt worden in Leibeigenschaft.
Der Grund war die Eigentumslosigkeit.
Bei Freilassung, so sagt man, hätte sich ihr Los schlimmer gestaltet, als zuvor.
Deshalb geschah ihre Freilassung in der Regel so, daß sie fortan als beständige Bauersleute
die Landgüter ihrer Herren bestellten;
sie wurden ihnen als Hörige verbunden und blieben unzertrennlich bei dem Besitz.
Ein Herren- oder Fronhof wurde in Huben (Höfe) von mindestens 30 Morgen aufgeteilt,
und jedem der Leibeigenen eine davon zur Bebauung überlassen-
Anfangs hatten sie einen großen Teil der Ernte abzuliefern, als die spätere, bessere Ackerwirtschaft kam,
blieb das Lehen gleich, der eigene Ertrag wurde lohnender.
Die Hubenleute lebten nicht schlecht, so wird berichtet.
Das Besthaupt an den Lehnsherrn wurde fällig, wenn der Hübner verstarb.
Dem Leibeigenen war es nicht gestattet, auszuwandern, er war an die Scholle zeitlebens gebunden.
Daneben gab es noch die Zinsleute, das waren Leibeigene, die sich durch eine Geldsumme von der Dienst-
und Fronleistung befreien konnten.
Der niedrige Zins auf den Hof war eine Anerkennungsgebühr, die entrichtet werden mußte.
Der dritte Stand war der "Hörige"- sie gehörten nicht zur Scholle, dem Grund und Boden-
sie dienten als Dienstleute den Grundherren.
Bäcker, Schneider, Schmiede, Zimmerleute, Maurer, Steinhauer,
Fischer und andere Handwerker gingen aus ihnen hervor.
So manchem Abhängigen wurde das Studium seiner Kinder ermöglicht,
sie wurden Geistliche oder Mönche und somit Freie.
So mancher Schöffe ging daraus hervor, die dann zusammen ihr "Weistum" schufen.

Die schreckliche Brandkatastrophe von 1536 sorgte für eine neue Feuerwehrordnung.
Das hat auch die Bauordnung berührt, wo nun kein Kamin aus Holz, kein Strohdach mehr sein durfte.
Bis in Detail wurde geregelt, wie die Scheunen zu sein hatten,
wo diese stehen durften und wie diese zu befüllen waren.
Die Herde, Öfen oder Feuerstellen hatten aus bestimmten Materialen gefertigt zu werden-
Der Vorläufer zu unseren Brandverordnungen ist also schon recht alt (und sinnvoll).

***

Im Jahr 1600 entdeckte man in Villmar den bekannten Marmor,
den schönsten, den man auf der Welt finden konnte.
Von weit entfernten Ländern erworben, wurde das der kommende Exportschlager.

***

Eine schräge Meldung aus den Pfarrbüchern Villmars:
"1605 wurde zu Walsdorf bei Camberg ein Kind geboren, das an Händen und Füßen Klauen trug;
es war schwarz wie eine Mohrin, besaß Augen wie ein Hund,
wollte sich nicht baden und waschen lassen;
es rollte sich zusammen wie ein Igel.
In ihrer Angst riefen die Leute den Pfarrer.
Der taufte das Kind in der Kirche und tröstete die Angehörigen.
Der Vater soll das Kind erschlagen haben.
Der Pfarrer ermahnte auf der Kanzel die Leute, darüber zu schweigen;
sie sollten auch nicht viel Redens um diese Mißgeburt machen,
damit es nicht anderen Frauen bekannt wurde.
Als einige aus Neugierde am Sonntag darauf das Grab öffneten,
fanden sie in der Lade nur ein Tuch vor.."

Die Chronik berichtet von zwei Frauen, die verurteilt, erstickt und verbrannt werden sollten,
aber dann links und rechts am Stadttor aufgestellt wurden.
Der Vogt von Isenburg Büdigen wollte sie nicht bestatten, weil er zu wenig Besoldung bekam.
In einem anderen Fall hingen "drey Weiber umgebracht und versengt" am Galgen,
bis die Klagen über den Gestank zu laut wurden..

***

Wallfahrten waren aber früher lustiger als heute:
Nach dem Amt hielten die Pastöre von Villmar, Ober- und Niederbrechen mit ihren Chorsängern
ein Frühstück mit Eiern, Weißbrot, Wein und Bier.
Das soll uns genügen -
nun gehts mit alten, z.T. längst ausgestorbenen Berufen weiter,
deren Bedeutung heute kaum mehr einer kennt:

Altbüßer waren Flickschuster.
Ameisler sammelten Futter für Zimmervögel und Zierfische- Ameisenpuppen!
Bandschneider machten Holzreifen, die von Böttchern für den Faßbau verwenden wurden.
Angießer waren Aufsichtsbeamte für den öffentlichen Ausschank.
Barchentweber: Leinene Ketter und baumwollener Schuß brachte dichtes, leichtes Gewebe.
Bartenhauer machten Hieb- und Stoßwaffen, Streitäxte
Beindrechsler verarbeiteten Horn und Bein zu allerlei Dingen des täglichen Gebrauchs.
Beutler stellten Beutel her.
Bildgießer gossen aus Bronze Statuen und Figuren.
Bogner stellten Bogen für die Jagd her.
Drahtbinder und Pfannenflicker zogen von Haus zu Haus, Gebrauchsgegenstände und Reparaturen verkaufend.
Einschlagmacher - schwefelten Fässer aus.
Farbenmacher lieferten nicht nur Anstrichfarben, sie arbeiteten auch mit Ledermachern/Färbern zusammen.
Faßzieher zogen die Fässer aus den Schiffen ins Lager.
Federschneider - Scheibkielmacher.
Feilenhauer- stellten Feile für viele Anwendungen her.
Feldscherer- Chirurgenhelfer im Heer.
Fertiger - Schiffunternehmer zum Transport von Salz
Flecksieder - wuschen Eingeweide, Kutteln, Kaldaunen (Pansen) etc.
Fragner - Kleinhändler von Lebensmitteln.
Fratschlerinnen - Marktfrauen.
Goldschlager - Blattgoldhersteller
Grautucher - grobe Wollgewebe herstellend.
Hohlhipper - gingen röhrenförmiges Gebäck aus Obladenteig verkaufen.
Holzschuhmacher - stellten einfache Volksschuhe her.
Joppner - machen Jacken, Überkleider mit Ärmeln.
Kalamalmacher - Schreibzeughersteller
Kalfaterer - dichten Schiffe ab.
Kardätschenmacher- stellen Weberstriegel her.
Kauderer - riffeln rohen Flachs, damit dieser gesponnen werden kann.
Kleiber - Flechtwerk beim Fachwerkbau ausschmieren
Büttenbäcker - mischten Wasser und Braunkohle, formten frühe Briketts daraus.
Kompastmacher - verarbeiteten Kraut und Rüben.
Korkschneider stellten Stopfen für Flaschen her
Kotzenmacher haben grobe zottigen Wolldecken gewoben.
Lederer - Gerber.
Lersener - Überziehermacher.
Leinhösler - Hosenmacher
LÖher - Lohgerber, aus Rinde Gerbstoffe herstellen
Melber - Mehlhändler
Metsieder - Honigweinhersteller (Ein Teil Honig, zwei Teile Wasser)
Peler - Hilfsgewerbe der Metzger, zur Verwertung von Schlachtresten.
Pfeidler - Hemdenmacher
Fluß-Sieder - Pottaschehersteller
Saitenmacher - aus Därmen von Ziegen und Schafen Musiksaiten machen..
Salinisten - Salzgewinner
Saliterer - Salpetersieder

***

Ein seltsames Ding ist die häufig vorkommende Verbindung zwischen Scharfrichter und Heilkundigen.
Bei Abgeurteilten und Tieren konnte man die Anatomie studieren..
Beim Foltern mußte der Mediziner aufpassen, daß der "nur zum Verlust von Gliedmaßen" verurteilte
nicht vorzeitig verstarb.
Verstümmelungsstrafen mußten heilen, wenn Amputationen von Armen, Fingern, Ohren und Zungen angeordnet wurden.
Diese Gliedmaßen gingen als Talismann ganz gut weg,
sogar das Blut von Geköpften wurde begehrt als Heilmittel.

Griebenmacher oder Schmälzler handelten mit Fettwaren und Hundefutter.
Sliemer sorgten in Italien und in Wien bis ins 18.Jhd. für ölgetränkte Papier-Fenster-Scheiben.
Tonpfeifenmacher - machten Tabakspfeifen
Wachsbossierer -Wachsbildhauer
Wagenschmiermänner - zogen mit einem von Hunden gezogenen Wägelchen durch das Land
und verkauften die aus Pechhütten stammende Wagenschmiere,
die aus einem Faß gezapft wurde.
Weinzierle - Kleinbauern, die Wingerte von Wohlhabenden mitbetreuten und bewachten.
Zockelmacher - stellten eine Kombination aus Socke und Schuh her.

Wildschützen - Wilderer, Raubschütz, Schwarzgeher genannt - der Jäger nennt ihn "Lump".
Der Germane konnte noch Wild nehmen, wo er wollte - erst mit dem Privateigentum kam die Wende -
die Grundrechte der Herren, die alles für sich alleine reklamierten.
Durch die schlechten Lebensbedingungen- durch obige Herren verursacht,
die ständig Zwiste und Kriege führten,
wurden einige in die "Illegalität" getrieben und zum Wildern gezwungen, um zu überleben.
Wie heute auch wieder, wird danach getrachtet, den Wildbestand hoch zu halten - durch Fütterungen,
die von den Jagdbetreibern immer wieder beharrlich abgestritten werden.
(Wir haben das als Wanderer aber des öfteren unterwegs sehen können:
Es wird an Fütterungsstellen ordentlich zugetan, selbst im Sommer!)
Damals war der Bestand so hoch, daß - 17.Jhd. die Felder litten, so sannen die Bauern
abzuschießen, was die Ernte kaputt machte.
So entstand eine 2. Wilderergarnitur.
(Später nahm man die "Großgrundbesitzer" verpflichtet, also jeder Bauer- automatisch in die Jagdgenossenschaft.)
Was die "fürstliche Lust" beeinträchtigte, war automatisch ein "Kapitalverbrechen",
das entsprechend geahndet wurde.
Wilddieben wurden die Augen ausgestochen, die Hände und Finger abgehauen, die Ohren abgeschnitten,
manchmal wurden sie auf das Hirschgeweih gebunden
und mit dem -noch lebenden- Hirschen von Hunden durch den Wald gehetzt,
damit dieser Mensch durch Äste und Gebüsch zerfetzt wurde.
1557 wurde ein Bauer in ein Hirschfell genäht und auf dem Markt von Hunden zerfleischen lassen..
Der Herzog von Mailand zwang einen Wilderer einen Hasen mit Haut und Haaren zu essen, woran dieser starb.

Jäger sind noch heute das nutzloseste Überbleibsel der Feudalzeit, sie töten vielmehr aus Lust, als um das Fleisch selbst zu verwerten - es sind vollkommen überflüssige Leute mit eigenem Gesetz (!): besser läßt man der Natur ihren Lauf)

***

14.2.2014

Nachtrag:
In einem Buch über Astronomie las ich, daß die "Kirche darauf bestand,
daß Himmelsobjekte auf kreisförmigen Umlaufbahnen unterwegs sein mußten,
da Gott in seiner Schöpfung gewiß niemals gestattet hätte, anders als auf makellosen Pfaden zu wandeln"
Tja, so sind sie gestrickt, die Religionen.
In jenem Buch stand, dass 1640 - 1710 keine Sonnenflecken-Aktivitäten beobachtet werden konnten-
Durch das Ausbleiben kam eine Zeit der extremen Kälte und Entbehrungen.
Heute als "Maunder-Minimum" bezeichnet.
Der Ärmelkanal soll ständig zugefroren gewesen sein, die Gletscher rückten nach Süden,
und es herrschte großes Leid.
Die Lichter des Nordens in ihrer grandiosen Art waren weg.
Das zeigt, daß die Sonnenstürme nötig sind, auch wenn 1989 die Fluktuationen des irdischen Magnetfeldes
Spannungsüberschläge in Hochspannungsmasten brachte, wo in den USA die Transformatoren durchbrannten,
die unpraktischer Weise oben mittig der Masten angebracht sind.
Das brachte in weiten Teilen der Staaten lange Stromausfälle -
andernorts gingen spontan die elektrischen Garagentore auf und zu..
Für Satelliten gab das einen erhöhten Luftwiderstand, der durch Nachsteuerung ausgeglichen werden mußte.
Polar- oder Nordlichter sind nicht ohne.
Seit fast 370 Jahren werden diese Daten aufgezeichnet.

***

Der nachfolgende 2. Teil der Seite "Geschichtliches" wird wieder interessante Dinge aus Orts-Chroniken erwähnen,
viel vom Leben der einfachen Leute auf dem Land erzählen,
wie sie arbeiteten und von dem, was man heute als Kultur bezeichnet.

Die Sache ließ mich nicht los - trotz vieler interessanter Bücher mit dem Thema Technik -
welche eigentlich mein Interesse an der "Alten Zeit" ablösen sollten..
Die Faszination der Geschichte mit dem Fokus auf die "gemeinen Leut" ist wohl ansteckend,
weil sich inzwischen genug Leser eingefunden haben,
denen wohl ebenso wie mir an einer neuen Sicht der Überlieferungen und Kultur gelegen ist !

Die neuen Bücher sind aus der Bücherei abgeholt- "Vergessene Zeiten",
vom Marktflecken Weilmünster, die Chronik unserer Großgemeinde Weinbach,
ein älteres Buch "Runkel" von 1952 und ein zweibändiges Werk von 1967 "Ellar", eine Westerwaldgemeinde.
Es sind noch unzählige Werke in der Weilburger Stadtbücherei, die geradezu auf mich warten.
Die alten Schwarten sind oft liebevoller und verbindlicher geschrieben, als neue Schriften.
Man fühlt sich so richtig angesprochen und in das Geschehen hinein gezogen, für das es keinen Fortbestand mehr gibt.
Ich werde sehen, was aus diesen Leihgaben extrahiert werden kann.
In der Bücherei geben wir unsere gekauften Stücke ab,
die gerne angenommen werden; teils kommen diese in den Verleih,
teils werden diese zu Gunsten der Bücherei in das Verkaufsregal gestellt,
wo Interessierte billig zuschlagen können - so ist jedem gedient.
Nicht jeder hat das Geld für neue Bücher, wie man uns erklärte.
Noch ein Wort zum Thema "Rechtschreibung":
Unsere Form des Ausdrucks, unsere Form der Rechtschreibung ist noch nicht lange bekannt,
was das gesamte Hochdeutsch einschließt.
Das muß freilich beim Lesen uralter Texte bedacht werden.
Bei Übersetzungen aus dem Lateinischen habe ich persönlich die Erfahrung gemacht,
dass der feine Mutterwitz dieser Sprache
durch vorgegebene schulische Übersetzung (nur diese werden
in den Arbeiten der Schüler als "richtig" gewertet) manchmal arg leidet.
Die Vielfachbedeutungen der Worte machen ein Übriges- so sind zuweilen 8-10 und mehr Bedeutungen angedacht,-
je nach Fortgang des Satzes entsprechend angewandt, kann sich einiges verzerren- je nachdem,
wie geschickt der Autor zuvor war oder ob er ggf. aus Gründen des Vers - Taktes gebogen und verdreht hat.
Man "sprach" durchaus zwischen den Zeilen, läßt man sich die Texte nochmal auf der Zunge zergehen!
Die Gründe dafür waren manigfaltig.
Noch vor 150 Jahren war die Zahl derjenigen, die manchmal nur lesen,
aber nicht schreiben oder beides nicht beherrschten, recht hoch.
So schrieben ausschließlich die Honoratioren des Ortes Chroniken, gebildete Autoren und Dichter,
ggf. Pfarrer oder eher Klosterleute - von den kleinen Leuten wird man kaum eine schriftliche Überlieferung finden.
Ab und an hat ein Kaufmann oder wohlhabender Reisender
etwas festgehalten (Beispiel Goethe, der sehr fleißig schrieb).
Das Militär hatte eigene Schreiber, der Klerus und der Adel ebenso.
Etwas über die kleinen Leute zu erfahren, ist nicht so einfach wie man denken sollte.

Das Alter von Siedlungen kann man am Namen erkennen:
Neben -dorf, -felden, -hofen als Suffix sind die -hausen Orte
(Beispiel Elkerhausen)
von fränkischen Personennamen -hier Alaker- abzuleiten.
Die Orte mit -bach am Ende sollen ebenfalls dieser Zeit angehören.
(Beispiel Laimbach)
Die Konzentration solcher Namen
in einem Gebiet spricht also für eine Be-Siedlung aus jener Zeit.
Durch die verschiedenen Herrschaften kamen die Gaue ab und an in einen anderen Besitz und Verwaltung.

Die Chronik berichtet, daß die Ritter von Elkerhausen
ihre geringeren Lehen-Einkünfte durch Zuarbeit bei höherrangigen Adeligen aufbesserten.
Sie brachten Kirchenleute aller Arten hervor, bis zum Abt - aber auch Raubritter,
die bis in den wohlhabenden Frankfurter Raum Plündertouren unternahmen
und so den Anstoß zur Verbündung div. Gebietsherren gaben,
die schließlich die Burg Elkerhausen belagerten und zur Aufgabe zwangen,
indem deutlich sichtbar vor der Burg ein Galgen aufgebaut wurde.
Anschließend wurde die Burg geschleift.

Wie sehr sich die damalige Schreibweise von der heutigen unterscheidet,
zeigt dieser Text aus dem Jahr 1396 aus der Limburger Chronik über diese Niederlage obiger Ritter:

Item in dem selben Jare vurgeschreben da zogen die zwene greben Philips von Nassauwe
grebe zu Sarbrucken unde grebe Dithardt von Catzenelnbogen vur Elkerhusen, eine notfeste burg uf der Lane gelegen,
ujnde slugen da ein vur zwelf Jaren der selbes ufgeslagen,
unde slugen da ein ander burg ober Lange uf, die ist genant Grebenecke.
Unde warat ein huis auch vur zwelf jaren da selbes ufgeslagen,
daz was geheißen Sturburg, als vur ist geschreben, daz wart vurbrant.
Dan dise vurgeschreben burg Grebenecke ist wol behert.
Unde hatten ir moge unde gewalt alda vur Elkerhusen ligende und behelligten si mit den großen boßen,
mit bliden undern sachen, also daz nit wohl speise daruf mochte komen,
bit sazu die buge unde den dal gewonnenen mit rechter gewalt in dem jare danach
uff den ersten dag julii des mandes, das was unser frawen abent visitationis.
Unde fingen daruf sezsen man, unde di worden vursichert ires libes,
unde brochen daz huis,
want darauß geschindet und beraubet worden alle dise lant.
der vurtsorunge irfreuwete sich alte und jung,
unde lobeten Got, daz es gebrochen ist.
Daz huis was drür gebrudere, der was einer genant Eckehardt, ein ritter,
der ander Hiß Heinrich, der drette hiß Conrat.
(Das war die erste urkundliche Erwähnung unseres Wohnortes Gräveneck)

"Die Witt sah sich gezwungen, ihren Anteil an der Gerichtsbarkeit mit Rechten und Diensten
und armen Leuten dem Grafen Philipp zu verkaufen"
Mit Mann und Maus sozusagen. Jeder Zipfel Erde, Wasser, Wald, Ackerland war "in festen Händen" des Adels,
der Kirche oder Leuten, die eine Mischung aus beidem waren.
Die Leute, die dort lebten, gehörten -wie die Fische im Wasser- denen, die dieses Gebiet kauften,
erbten, eroberten oder geschenkt bekamen.
Fortan zahlten sie ihre Pacht den neuen Herren.
Wie im ersten Teil dieser Seite bereits ausgeführt,
änderten sich im Laufe der Jahre und Jahrhunderte die Besitzverhältnisse ständig.
Früher ging ein Edelmann nicht "bankrott", sondern verpfändete seinen Besitz an den Landesherren,
der dann eine Summe zur Deckung zahlte und danach ein Lehen vom ehemaligen Besitzer nahm-
so blieb der Schuldner frei, mußte aber auf alle Ernten Abgaben entrichten.
Die Leibeigenen waren zwar keine Sklaven, aber nicht viel mehr:
Für alles mußte der Lehnsherr gefragt werden, z.B. auch bei Heiraten..

Wo nun die Unfreien ihren Prinzen fragen mußten, ob sie heiraten oder wegziehen dürfen,
haben jene "das Haus in Freienfels 1620 mit Stallungen, Scheunen, Wiesen, Gärten,
Holzung, Viehzucht, Mastung, Schäferei, Jagd, Fischfang, und Diensten und der Pacht der Hofleute zu Freienfels,
sowie dem zum Haus Freienfels gehörenden Weingarten als Witwengut verschrieben"..
Es wurde freilich innerhalb der Adelslinien geheiratet- immer mit dem Ziel, in den Reichsfreiherrenstand
(Die Reichsritterschaft wurde durch den Deutschherrenorden vertreten) zu gelangen,
der dann direkt dem König und nicht den regionalen Herren unterstellt war,
die "Reichsunmittelbarkeit" anstelle der "Landsässigkeit" kleinerer Adelsleute.
Das soll erst einmal zu diesem Thema reichen - das Thema meiner Seite sind die kleinen Leute,
die hin und her befohlen wurden, "Treueeide" schwören mußten,
aber ohne diese weitergehende Beleuchtung der Hintergründe kann man das Leben der "Gemeinen" nicht beschreiben.

***

Das Thema Geschiche ist richtig "saftig" und ergiebig, das muß ich sagen:
Die "Geringen" hatten unter allerlei Willkür der "Keller" (Zehntscheunen-Chefs),
der Vögte und Bürgermeister oder Schultheißen,
unter Landsässigen und Rittern zu leiden, die alles andere als "ritterlich" waren.
Mal diesen, mal jenem Herrn mußte geschworen werden, wenn das angesagt war.
Zusätzlich sorgten Zwistigkeiten der Herren und Oberherren untereinander für ein Durcheinander,
das die Bevölkerung auszubaden hatte und welche nur den Kopf einziehen konnten,
in der Hoffnung heil davon zu kommen.

Herrinnen waren - wie heute die weiblichen Vorgesetzten und Chefs -
nicht zimperlich und standen den hochnäsigen Wüterichen in nichts nach.
Die "Unterthanen" wider Willen ertrugen "cuius regio, eius religio"
wie eine Bürde ihres Lebens, wie Krebs und Hunger.
Erst seit 1780 spricht man von der "statistischen Zeit", aus welcher gesicherte Unterlagen überliefert sind.
Zuvor las man "Hausgesesse", Mannschaften und Vermögensinhaber gesondert aus.
Heppenleute waren Frondienstleister, die kein Pferd hatten,
"Gespannfähige" waren Leute mit Pferd,
so sie damit dem Herrn gefällig sein konnten, wenn es diesem paßte..
1593 z.B. hatte Weinbach 51 Hausgesesse, darunter 43 Eheleute, vier Witwen, vier Witwer,
16 Pferdeleute mit 18 Pferden und 36 der Einwohner als Heppenleute.
Unser Wohnort Gräveneck hatte nur 14 Hausgesesse.

Aus dieser Zeit wird berichtet, daß ein Adam Bender "Taschenträger" war,
der sich mit Eier- und Buttertragen
nach Frankfurt ernährte. (Von uns aus ist Frankfurt gut und gerne 50 km Luftlinie entfernt -70km auf Wegen!)
Von Leinewebern, von Schafhütern mit und ohne Huth, von Pferdehaltern,
dessen "pferdt nicht eines Thalers werth"
von einem "Crafft Kremer, ein armer gebrechlicher man,
hat allezeit des Viehs gehütet, kan aber wegen der Schwachheit des Krebs,
so ihm das gantz Angesicht eingenommen, nichts mehr thun,
kan kümmerlich vor ein Hauss gehen, das er das liebe Brodt betteln und ufheben thut.
Viele Witwen lebten in bitterster Armut:
"eine arme Wittibe, so kein gut Gesicht hat, hat gantz und gar kein Viehe,
Ihre Güter haben müßig gelegen"

In manchen Orten wird immer wieder Weinbau erwähnt, bereits in frühen Jahren.

Wie überall in den Gemeinden, deren Chroniken ich durchforstet habe,
wird immer wieder von der Halbierung der Bevölkerungen durch den dreißigjährigen
Krieg, durch Pest und der weißen Ruhr und anderen Seuchen berichtet.
So mancher Ort hatte nur noch ein paar Familien,
andere sind in dieser Zeit "wüst gefallen",
waren verlassen, menschenleer.

Die Wahl des Schultheißen wurde vom Fürsten getroffen,
dessen Vertreter jener war, dessen Interessen er vertreten mußte.
Das Deckmäntelchen war der Schutz und das Hüten von Sitte und Moral,
gemeint war die -möglichst hohe und kontinuierliche- Abgabentreue.
Der Schultheiß wurde aus dem jeweiligen Ort genommen,
er mußte relativ wohlhabend und gottesfürchtig sein, kurz ein "geeignetes Subjekt" sein.
"Beisassen" waren Einwohner mit keinem oder geringem Grundbesitz, also Tagelöhner und Handwerker.
(Im Gegensatz zu den Lehen - Nutzern)

1615-17 begehrten die Unterthanen gegen den Landesherrn Graf Christian von Wied-Runkel auf,
der Kriegssteuern noch lange nach dem Friedensschluß erhob und nicht davon abrücken wollte,
sowie Wachdienste aus dem 30j. Krieg, die immer noch getan werden mußten.
Der Lebensstil der damaligen Herren war noch prunksüchtiger,
als das heute fast schon wieder bei den neuen Obrigen zu sehen ist-
das brachte Schulden, deren Begleichung immer schwieriger wurde -
so ersann jener die "Verehrungsgelder",
damit er die Zinsen seiner Schulden begleichen konnte..
Des öfteren mußte das Volk anrücken, nachdem der von den Bewohnern
beauftragte Notar mit der Bitte um Aufhebung
dieser Steuern vorgeschickt und als Rebell
und Aufrührer wohl gerade noch zurückweichen konnte..
Der Graf gab sich danach ein wenig kompromissbereit,
in dem er den Fronleistenden wenigstens Essen und Trinken reichen wollte!
Zwei Landsleute wurden damals gefangen genommen und blieben lange in Haft.

Weinbach weigerte sich für den Erhalt der Kirche lohnfreie Fuhren an Bauholz und für Steine zu leisten,
die damals von den Herrn angeordnet wurden, - der ganze Glauben war von oben bestimmt.
Im Streit mit dem Amt Weilburg (Nassauer Grafen) wurden die Ortsvorsteher vorgeladen-
was aber zu keiner Einigung führte.
Die Weinbacher wollten vom Kirchenzehnten für ihre Arbeit bezahlt werden,
der schließlich aus ihrem eigenen Säckel kam- während Weilburg diesen einstecken wollte.
In dieser Sache schickte Weilburg einen Trupp Soldaten, die den Ort zusammenriefen und warnten-
so kam es letztlich zur Pfändung von 25 Kühen und Kälbern,
die auf dem Weilburger Marktplatz versteigert wurden.
Das Reichskammergericht zu Wetzlar wurde angerufen und so wurde entschieden,
dass nochmal verhandelt werden solle- was aber wohl nie geschah.

Die manigfaltigen Kriegskosten der Jahre 1792-1815,
haben die Orte verarmt und mit hohen Schulden zurückgelassen.
Wie im ersten Teil dieser Seite berichtet, mußten Truppen versorgt werden,
die sich einfach einquartiert haben.
Typhus war der traurige Schußakkord dieser Epoche, wie in vielen Orten und Städten.

Die Verwaltungsreform von 1816 traf die Gemeinden mit neuen Kosten,
Jede kleine Ortschaft mußte nun für die Besoldung des Schultheißen, dem Gemeinderechner,
dem Gemeindediener, Lehrer, Förster, Feldschützen, Tag,- und Nachtwächter, Wegeaufseher, Hebammen
und Leichenbeschauer, sowie die Pensionen mit den Witwenversorgungen aus der Gemeindekasse aufkommen.
Weiterhin für die Schulgebäude und die Armenunterstützung..
Das ließ freilich die Orte ein wenig zusammenwachsen, was bereits in den "Kirchspielen" zusammengelegt war.
Später folgten Wasserleitungen, was nicht unerhebliche Kosten brachte.

Die Armen erhielten Hilfen nach 4 graduellen Einstufungen der Bedürftigkeit.
Diese Reform bedeutete auch das Aus für "Beisassen und Heppen".

Die erste Hälfte des 19.Jhds brachte Mißernten, die auch die Armenfonds dramatisch in Gefahr brachten.
Es wird von Tagelöhnern berichtet, die weniger verdienten, als die Familie als notwendigste Nahrung brauchte.
Immerhin waren in Weinbach 21 Familien von der Armenunterstützung abhängig.
In Edelsberg mußte der Pfarrer 6 von 12 bettelarmen, überschuldeten Familien auswählen,
weil die Mittel des Fonds nicht ausreichten.
Die herrschaftliche Nadelfabrik zahlte die alten Löhne weiter, die vor den Reformen galten-
so gerieten viele in den Strudel der Überschuldung.
Noch schlimmer ging es den bereits schon zuvor armen Westerwaldgemeinden,
die Spendenaufrufe im ganzen Gebiet streuten -
unsere kleinen Taunusgemeinden sahen sich außer Stande zu spenden.
Die Schultheißen von Gräveneck und Freienfels berichteten,
daß "niemand mehr für den Westerwald steuern wolle,
weil das Herumgehen der armen Leute so häufig ist und ihnen auch selbst an Naturalien fehlt"
Eine ganze Reihe an Mißernten peitschte die Lebensmittelpreise nach oben-
gekrönt von der Kartoffelfäule, die vielerorts die wichtigste Quelle der Ernährung wegbrechen ließ.
In der Not mußten die "Domanialspeicher" zur Verabreichung an "Brotfrüchten" (Getreide) herangezogen werden.
1847 wurden überall "Suppenanstalten" eingerichtet um dem Hunger zu entgegnen.
1848/49 folgte die Revolution zum Verfassungsstaat.
Die Widernisse dieser Zeit zeigen, wie brandgefährlich Politik ist, wie irrwitzig Demokratie sein kann,
wenn diese erst einmal geübt werden muß- heute zeigen sich längst Auswüchse der Gewogenheiten,
damals fing das Mißtrauen gegeneinander mit Ausgrenzungen und Fanatismus an.
(Wir wollen nicht vergessen, daß H itler durch demokratische Wahlen an die Macht kam!)
Während 1850 die Zehntablösung - die Hauptforderung der Landbevölkerung - kam,
wurden alle Kosten auf die Gemeinden übertragen.
So gelangten die Bürgermeister in stärkere Verantwortung als Staatsbeamte,
der dann nicht mehr auf Lebenszeit berufen wurde, wie in früheren Zeiten.
Die Gemeinderäte wurden nach dem Dreiklassenwahlrecht,
bei dem die steuerpflichtige Bürgerschaft in drei Abteilungen eingeteilt wurde, gewählt.
(Ein durchaus logisches Modell, wenn man die Kommentare der Leute im Internet betrachtet,
die zu heutigen Zeitfragen kommen oder gemacht werden.)
Der "größte Sohn der Gemeinde Weinbach" (Schapper) wurde vom glühenden Verfechter der Demokratie
über den Retter der Arbeiter zum Kommunisten,
der wohl wegen seiner Aufdringlichkeit überall verfolgt wurde.
Die Leidenschaft für die Politik war ihm wichtiger als seine eigene Familie-
seine Frau verstarb, während er wieder einmal in Haft war..
Ohne das Geld seines Vaters, der in Familientradition Pfarrer war,
hätte Karl Schapper diese politischen Reisen kaum machen können.
Seine größte "Kopfgeburt war wohl die Sozialdemokratie,
die er mit einigen Genossen der damaligen Zeit ausheckte.
Der an sich volksnahe Gedanke setzte allerdings Wissen und Interesse der Bevölkerung voraus,
dann Politiker, die sich an die Regeln hielten- was beides auch heute noch eine Utopie ist,
die von der Globalisierung und Europäisierung torpetiert wird:
Wir sind keine Insel, Menschen werden heute von der Wirtschaft als "Humankapital"
angesehen oder schlimmer noch,
als notwendiges Übel, das man reduzieren muß- wogegen die Manager und Geldgeber
immer mehr vom Kuchen bekommen..

***

In den Jahren von 1820-1914 wanderten 5 Millionen Deutsche nach Amerika aus -
aus unseren Gemeinden jedoch wenige.
Eine reichhaltige Korrespondenz verband den 1848 nach den USA ausgewanderten Johann Christian Lenz,
Sohn eines Kuhhirten, der nach dem Tod seiner Eltern
bei fremden Leuten in Kost war und in der Fremde in Kost gehen mußte, seinem Bruder in Gräveneck geschrieben.
So wurden die Lebensumstände der Auswanderer publik, deren Stimmungen und Entwicklungen.

Durch den Niedergang des vielfältigen heimischen Bergbaus kam
danach eine große Wanderung innerhalb unseres Landes in die Industriezentren.

Zu Beginn des 20.Jhds wurden in den meisten Dörfern Rinnsteine und Abwasser-Abführungen gebaut,
sowie die regelmäßige postalische Versorgung aufgebaut - und seltsame Vereine in Mengen gegründet..

Die Furten unter und oberhalb des Dorfes Gräveneck verband die Hessenstraße mit der Runkeler Straße
und sie waren Zugang zu den jenseits der Lahn gelegenen Wiesen.
Der Bau der Eisenbahn und die Schiffbarmachung (Wehre und Schleusen) erhöhten den Wasserstand,
so daß ein Durchfahren kaum mehr möglich war- man trug das Heu auf dem Kopf an das andere Ufer..
Dann wurde die Fahrrinne ausgebaggert, damit die Erz-Schiffe fahren konnten-
das machte eine Brücke nötig.

Die Entstehung und Auswirkungen der beiden Weltkriege erspare ich uns auf dieser Seite,
diese Fakten und Geschehnisse und Wiederaufbauzeiten sind im Geschichtsunterricht genügend behandelt worden..

In diesen Zeiten buhlten Lutheraner, Baptisten, Reformierte, Katholische, Evangelische und Mennoiten -
sowie zig Klosterbruder- und Schwesternschaften um die Gunst der Mächtigen,
mit deren Hilfe sie ihr Heil unter die Leute verteilen oder besserauferzwingen lassen konnten:
Die jeweilige "Lufthoheit" war das Ziel und die damit verbundenen Einnahmen.

Besonders saftig, bodenständig und volksnah erscheinen die Beiträge zur Kirchen- und Schul-Geschichte!

So manche Gemeinde zeigte an, dass sie zu arm sei und zum Unterhalt der Kirche nichts beitragen könne,
da sie größtenteils aus armen Bauern bestehen würde..
.. "die durch den herrschaftlichen Hof fast das ganze Jahr hindurch zum Herrendienst verpflichtet seien,
daß auch über einer nit in in unser Gemeindt ist,
welcher von eiens Jahr zu dem anderen, biß ahn die Erndte,
sein notwendigeß Brodt habe, dann das Dorf sonsten über die Massen
mit Pächten und Gülten beschweret ist"

Das religiöse Leben war in den Jahren des 30j. Krieges arg zurück gegangen.
1634 klagte man anläßlich der Kirchenvisitation allenthalben über die Nachlässigkeit der Bewohner.
So spüre man die Verachtung Göttliches Worts, da etliche die Sonntagspredigt versäumten
und nur wenige auch die im Winter alltäglich gehaltenen Betstunden besuchten.
Bei den fast alltäglich stattfindenden Gemeindezusammenkünften pflegten insbesondere in Weinbach
die Nachbarn zu zanken, wobei sehr viel geflucht würde..
Außerdem gäben die Branntweinbrenner, deren gab es zu dieser Zeit in der Gemeinde zwei,
große Ursache zur Entheiligung der Sonn- und Feiertage, da sie an diesen Tagen schon vor der Predigt
Branntwein verkauften, so daß einige erst gar nicht in die Kirche gingen und bey dem trungk sitz pleiben,
andere obgleich sie darauf in die Kirche gingen, dem Gottesdienst schläffrig beiwohnen.
(In dem 30j. Krieg ist die Abkehr von der Kirche nicht verwunderlich- wo war "Gott"?)

Der Pfarrer Imgarten achtete offensichtlich sehr streng auf die Einhaltung der evangelischen Lehre,
wie seine ständigen Beschwerden und Anzeigen über auch nur minimalste katholische Regungen
in seinen Gemeinden zeigt.
So war in den meisten umliegenden Gemeinden Brauch, das aus katholischen Zeiten stammende Sternetragen
weiter zu betreiben, allerdings ohne das mit irgendeiner religiösen Bedeutung zu tun.
Die älteren und jüngeren Weinbacher Schulknaben traten um die Zeit des Dreikönigstages
zu sogenannten Sterngesellschaften zusammen.
Drei als Weise aus dem Morgenland kostümierte Jungen, einer trug eine lange Stange,
an deren Ende meist ein Stern angebracht war, so zogen sie, gefolgt von anderen Burschen
unter Absingen von geistlichen und eigens für diesen Zweck verfassten Lieder
von Haus zu Haus und baten um Gaben.
Damit ausgerüstet, veranstalteten sie dann eine gemeinsame Feier, die wohl meistens in Gelage ausartete.
Der Pfarrer, der schon in den Jahren zuvor erfolglos dagegen sprach,
warnte die Gemeinde von der Kanzel herab vor solchen Umtrieben.
(Daher auch das Wort "abkanzeln")
Er erlangte eine Eingabe beim Konsistorium am 7.1.1711 und forderte die Aufhebung dieses ärgerlichen Spaßes,
der wegen der anstößigen Schmausereien bei den erlangten Eiern, Würsten, Fleisch
und Kuchenstücken mit dem viehischen Vollsaufen nicht mehr als Ergötzlichkeit zu betrachten sei.
Die Jugend sei durch verschiedene Dörfer gezogen und hätten randaliert,
seien von den Bewohnern mit Schlägen empfangen worden,
hätten sich auf dem Fürfurter Hof derart begossen,
daß einige den Sonntagsgottesdienst nicht hätten besuchen können.
Obwohl der Pfarrer mit einer Klage drohte,
brachten sie in der folgenden Nacht einen Stern vor dem Pfarrhaus an..

Heute würden etliche seltsame Gruppen ausrasten, wenn sich jemand als "Mohr" verkleiden würde!

Der spätere Pfarrer Heß führte aus:
".. die Gemeinde Sinnes worden mit Zusetzung
einer freywilligen Gabe eine Orgel
nebst einer Bühne aufzurichten, dadurch sodann besagter Gemeinde Platz gemacht,
und zugleich auch ihren bißherigen landkündig miserablen Gesang könte abgeholfen werden."
Irgendwie wurde der Riss im Kirchturm immer breiter, 2 biß 3 Schuh breit gantz herauß begeben,
was auch geschah - am 14. April gab es einen "starcken Krach" und das Ding fiel um..

Die Schulgeschichte ging mit der Reformation einher.
Auch hier gab es böse Stories, die lesenswert sind!

***

In Elkerhausen bemerkte Pfarrer Wüstenfeld im Jahr 1771:
"Müßte künftig den Sommer durch ebenfalß 1. od. 2. Stunden Schul gehalten werden,
damit die Kinder immer in der Übung bleiben, und also nichts verlerneten,
im Gegentheil beständig zunehmen könten.
Welches weiter den Nutzen hätte, daß die Kinder in der beständigen Zucht wären,
und nicht wie bißher geschiehet, ohne Aufsicht des Schulmeisters roh und wild aufwachsen.

Gegenstände des Schulunterrichts waren Lesen, Schreiben, die ersten Anfänge des Christentums und Rechnen,
dieses so weit wie möglich, wenigstens bis zum Numeriren."
Die Lehrer an den Dorfschulen des 18.Jhds waren in der Regel keine ausgebildeten Pädagogen.
Sie hatten selbst nur eine bedürftige Bildung und gingen neben ihrer
Lehrtätigkeit noch einem anderen Broterwerb nach.
Die Besoldung setzte sich aus Schulgeld (von den Eltern der Schüler),
den Akzidentien und aus Naturalien, wo auch Holzlieferungen angehörten,
an der Schüler - bzw. Einwohnerzahl angepasst.
Diese "Akzidentien" umfassten Geld- und Naturalzahlungen für
die von den Lehrern bei Hochzeiten, Taufen und Beerdigungen zu verrichtenden Tätigkeiten.
Das Glöckneramt und das Vorsingen gehörten oft auch noch zu den Dingen, die ein Lehrer tun durfte -
so verwundert nicht, daß diese der Einführung der Sommerschulen ebenso Widerstände entgegenbrachten,
wie die Eltern, die auf die Arbeit ihrer Kinder auf dem Feld z.T. angewiesen waren.
(jeder mußte mit anpacken, "Kinderarbeit" war unbekannt)

Von der Visitation des Unterrichtes 1799:
"Die Schulkinder zu Blessenbach - diejenigen ausgenommen,
welche durch vieles Bettelgehen die Schule versäumt haben,
-buchstabieren und lesen ziemlich gut.
Rechenkunst ist zu Blessenbach fremd.
Schulmeister Prätorius bemerkte jedoch,
dass etliche der Kinder bereits angefangen hätten, Zinsen zu lernen."

1882 wurde der selben Schule ein weniger günstiges Zeugnis ausgestellt:
"Was den Stand der Schule betrifft, so ist dieser ein durchaus geringer.
Die größte Hälfte der Schüler ist in fast allen Unterrichtsgegenständen wenig zu Hause.
Der Hauptgrund dieses Übels ist wohl in der starken Schule
und dem sehr geringen Interesse der Eltern für dieselbe zu suchen"

Nach dem Einsparen einer 2. Lehrstelle 1897 :
"Was das geringe Interesse der hiesigen Bürgerschaft an Schule
und Schularbeit und den Charakter einer Bergwerksbevölkerung kennt,
wird begreifen, daß dieses Unterrichtssystem für Blessenbach ein geradezu unglückliches zu nennen ist."

1780 schrieb der Edelsberger Pfarrer Schramm an den Superindendenten zu Weilburg:
"In der dasig kleinen Schulstube befinden sich 60 Kinder,
Bett und Werkstätte des Schuldieners, der selbsten eine Familie von zehn Personen hat.
Es ist also ein solches Gedränge und Dunst in dieser Stube,
daß ich unmöglich länger als eine halbe Stunde darin aushalten kann"

1834 beschrieb Regierungsrat Pagenstecher das Gebäude folgendermaßen:
"Das bisherige Schulhaus zu Edelsberg besteht aus einem ganz kleinen Gebäude
von zwey kleinen Stübchen und einem kleinen Ställchen.
Beide Gebäude sind sehr baufällig vorzüglich das Letztere.
Die Schulstube ist in einem besonderen Zimmer oberhab dem Backhaus, beschränkt und niedrig."

1746 in Elkerhausen:
Die Schule befand sich mit dem Backhaus in einem Gebäude unmittelbar in der Nähe der Kirche.
In dem einzigen engen Raum über dem Backofen befand sich die Schulstube.
Sie war zugleich auch Wohn- und Schlafraum für den Lehrer und seine Familie,
wie Pfarrer Wüstenfeld 1766 ausführte:
"Dann wann des Schulmeisters Bett, Wiege, Tisch und Bänk abziehe,
so bleibet nicht über etliche Schuh breit Platz in der Stube,
nicht zu gedencken des Gestanckes,
der in einer so engen Stube bey so vielen Kindern entstehen muß.
Muß sich außerdem die Schulmeisterin mit ihren 3 Kindern,
davon das jüngste noch in der Wiege lieget,
in den Schul-Stunden in der nehmliche Stube aufhalten, so ist leicht zu gedencken,
wie durch das Schreyen ihrer kleinen Kinder oder Zuspruch anderer Weiber,
die Schulkinder beym Lernen die größte Störung bekommen"

Das Schulhaus zu Elkerhausen, dessen Schwellen im Koth liegen, die Stuben zu klein sind
und das überhaupt eine starcke Baureparatur bis zum Dachwerk sehr bedarf,
möchte die Gemeinde dermalen in tauglichen, bewohnbaren Stand stellen..

1843 ergab sich für Elkerhausen eine Hofreite von der Witwe
des Nadelfabrikanten zu kaufen und diese zur Schule umzubauen.
In einer Eingabe beim Amt begründet man folgendermaßen:
"Allein Armuth unserer kleinen schwachen und nahmentlich nur mit geringem Zugvieh versehenen Gemeinde,
Mangel an den nöthigen Baumaterialien, allzugroße Entlegenheit derselben vom Orte,
sehr große Schwierigkeiten der Gewinnung eines entsprechenden Bauplatzes
sind und bleiben die Hindernisse
einer Bauausführung worauf wir wenigstens 3-4 Jahre verwenden müßten.
Besonders erdrückend für unsere arme Gemeinde sind die Bauausführung
unter den jetzigen in Folge kaum überstandenen Theuerung
aus des vorjährigen Mißwachses noch leider zu fühlbaren Entkräftigung, in dem wir zu arm sind,
alles was der Bau verlangt, namentlich die Beifuhr zu bezahlen,
und anderseits mit unserem kraftlosen Vieh solche noch weniger leisten können.
womit wir unser Feld zu bebauen kaum im Stande sind."

Im Januar 1670 beschwerten sich die Gemeinden Hirschhausen und Freienfels, daß der Pfarrer zu Kubach
"uffs schärffste treybet, daß die nagtborn zu Hirschhausen und Freyenfels
ihre Kündter der mancher 4,5 und 6 hat,
ohne einigeß einwenden, sie seyen auch so jung alß sie wolten.
Es sey kalt, schnee oder wetter wie es wolle
zur Schull schücken, und von Jedem ein fl. Schullgelt ihme geben wollen,
welcheß aber sehr beschwerlich,
darbey Eine groß gefahr und Sorge, und all zu kostbahr were,
welcheß die Leuth nigt ufbringen und auch deß Sommerß
der großen Kindter in der arbeith nigt Entbehhren und deß wündterß bey
der gleichen Wetter die kleinen nicht über felt
durch schnee und andteß ohne Leibßgefahr schücken könne.
Die Gemeinden forderten daher, daß hierinnen muß zu halten sey
und der Pfarrer der armen Leuth noth ansehe
und ein erträgliches zu Lohn nehmen möge."
Pfarrer Johann David Heyll sah das freilich anders.
Seine Strenge begründete er mit den Spinnstuben in Kubach
"darinnen Weiber, Mägde und Kinder, Männer und junge Gesellen sich zusammen gerottet,
unnütze schändliche Lieder gesungen, der Karten gespielet,
und zweifels ohne anderen muthwillen mehr verübet,
schließlich sich die Mägde nicht gescheut hätten, die Lieder auch auf der Straße zu singen,
wodurch es die Kinder gelernt und selbst in der Schule mit großem ärgernüß abgesungen hätten"

(Freilich war nur jenes Liedgut gesund für die Leute, das von der Kirche kam,
die Versammlung darin ist keine Zusammenrottung,
und nützlich das Treiben der Pfarrer.. ganz normal und sittlich - aber ebenso sinnlos, wie obige Volkslieder! )

Ein in Kubach geborener Maurermeister besuchte ein viertel Jahr die Rechen-
und Schreibstunde des Weilburger Kantors, dann wurde er als Lehrer eingesetzt.
Der Superindendent stellte ihm und seiner neun Knaben und zehn Mädchen
umfassenden Schule nach einer Visitation im Jahre 1803 ein durchaus
positives Zeugnis aus: "Schulmeister Schmidt, ein wegen seiner Diensttreue schon bekannter Mann,
der, ob er gleich nur das Maurerhandwerk erlernt hatte,
doch durch Geduld und Fleiß selbst noch ziemlich gute Kenntnisse gesammelt
und zugleich Geschicklichkeit im Unterrichte
erlangt hatte.
Er schreibt schlecht, daher fehlt es hierin auch bey den Schülern, sowie er auch nur bey dem Anfangsgrunde
des Rechnens stehen bleiben muß.
Den Schultheiß sah ich bey dem Examen vor Freude weinen!"

Bis in das Jahr 1876 besuchten die schulpflichtigen Kinder der Fürfurter Höfe die Schule in Elkerhausen.
Da der Weg nach Elkerhausen, für den die Kinder eine gute Stunde benötigten, vor allem bei Regen und Schnee
nur schwer zu bewältigen war und die Kinder in diesen Zeiten häufig völlig durchnäßt
und verfroren ankamen, erreichten die Bewohner der Höfe, daß die Kinder in Fürfurt
von dem Lehrer aus Falkenbach
gegen eine jährliche Vergütung von 200 Mark unterrichtet wurden.
(Es wird wohl ein Boot eingesetzt worden sein, eine kleine Fähre, weil dort über die Lahn keine Brücke ist)
So entstand im März 1876 mit Zustimmung der Regierung in Wiesbaden die "Privat-Elementarschule"
in Fürfurt, die in den folgenden Jahrzehnten eine überaus wechselhafte Entwicklung durchlief..

"Sterbefälle, welche durch solchen Schulbesuch schon entstanden sind, können von hier aus angeführt werden"
Als die Kinder zwischenzeitlich wieder nach Elkerhausen zur Schule sollten, schrieb man 1913:
"..daß eine so weite Einschulung der Kinder für diese außer körperlichen
und geistigen aus sittliche Gefahren in sich birgt"

Diesmal war der Superindendet in Gräveneck, nachdem er sich über die Weinbacher Verhältnisse beklagt hatte.
"Noch weitaus trauriger siehts hier in der 19 Knaben und 12 Mädchen starken Schule aus.
Ihr Lehrer und Schulmeister Fritz, ebenso geistlich als leibl. arm und dabey kräncklich.
Schreiben und Rechnen werden sehr vernachlässiget. Alles Denken ist aus der Schule verbannt"

Früher war alles besser? Keinesfalls, wie ein Superindendent von der Visitation 1582 aus Weinbach berichtet:
"Hat es alhir keinen Schulmeister allein daß ich etwa Winters Zeit Knaben zu mir gehen laßen,
sie underweisen so viel, das sie mir und dem Glöckner ein weinig können helffen singen,
und den anderen Kindern den Cathechismus Sonntags in der Kinderlehr können vorbeten, und die..
christliche Lehre sabt dem Buß-Spruch, den andern vorsprechen,
und dem das ich von einem Jeden wenig Holtz bekomme"

Eine andere Visitation 1616 ergab das:
"..das die Nachtbarn, welche die Kinder umb geringes geldts willen, nicht zur Schule anhalten,
sondern vber schullmeister das er nicht vleissig bey den Kindern bleibe sich beklagen thun."

1631 geriet der Pfarrer mit dem Schulmeister in Konflikt:
"Der Schulmeister ist ohn dass verwerfflich lengst geweßen,
hab aber mit gedult zugeseh, mit glimpff verfahrn,
und auff besserung gehofft. Er hat ein Virrdthalb Jahr nicht wohl 1 Viertel Jahr Schul gehalen.
Niemands wil ihm Kind verwarten, weil er ist ein Zaucker, der die leut mit sauisch worth anfahret,
in die Kirch schlecht gesing helt, bisweilen einen gesang zum zweithemal anhebt."

Über Jahre klagte die Gemeinde Weinbach über den schlechten Kirchengesang,
so dass 1699 schließlich der Schulmeister aus Elkerhausen die Sache übernahm.
"Es gelang diesem jedoch nicht, die im Singen allerdings verderbte Jugend und Gemeinde durch das bloße
zusätzliche Vorsingen alleine zu regieren, so daß man dies wieder aufgab"

1806 ergab die Visitation kein besseres Bild:
"Der junge Mann versäumt offenbar seine Schule, wie fast jede Lection beweist.
Er ist ohne Methode und kann auch von seinem Pfarrer wenig Beystand erwarten.
Schnattern beym Recitieren. Überspringen mehrerer Sylben beym Lesen und Unwißenheit
der größten Schüler im 1 mal 1 zogen dem Schulmeister strengen Tadel zu."
In den 1820er Jahren zog der Lebenswandel des Lehrers immer mehr den Unwillen der Bevölkerung auf sich.
Allzuhäufig erschien er alkoholisiert im Unterricht oder mußte
den Unterricht wegen Trunkenheits ausfallen lassen.
Schließlich schnitt er im berauschten Zustand einem Mädchen die Haare ab.
1827 schrieb der Pfarrer: "Mein Gebet ist: Gott erbarme sich unserer Schule!"
Der Lehrer wurde irgendwann doch aus der Schule entfernt- eine Chronik hat er wohl nie geschrieben..
Der Nachfolger kommentierte das so: "Wie nicht anders zu erwarten,
war die Schule in einem sehr erbärmlichen Zustand.
In dieser zahlreichen Schule waren wenige Kinder, welche ordentlich lesen,
gar keine die nur irgend einen ordentlichen Begriff vom Rechtschreiben hatten,
im Kopf zu rechnen, daran war nicht gedacht worden und das Wenige, was auf der Tafel gerechnet,
war ganz grund- und bodenlos."

So ganz "ohne" waren die Lehrer -schon damals- auch in Gräveneck nicht, wie man lesen kann:
Ab 1701 wurden nacheinander ein paar Lehrer entfernt, einer davon wegen "unschicklichem Lebenswandel".

Das leidige Thema Religion wird immer wieder augenfällig,
wird es doch als Mittel zur Abschottung, Abgrenzung
und Durchsetzung einer gewissen Andersartigkeit mißbraucht,
was ein friedliches Miteinander erheblich erschwert..
"Die Judenordnungen und andere gesetzliche Normen der Neuzeit
vereinheitlichen die früheren individuellen Schutzbriefe und besserten so die Rechtsstellung
der Juden, ohne aber grundsätzlich den Status der Juden zu verändern."
Wie allseits bekannt ist, dürfen die Angehörige dieser Religion
nur bestimmte Berufe ausüben- Nothandel, Klein- und Hausierung,
Leih- und Trödelhandel, aber auch das Metzgerhandwerk.
(Vermutlich alles Berufe, die keiner gerne machen wollte)
Erst die Schaffung der "Simultanschulen" 1817 ermöglichte es den jüd. Schülern
die kommunalen Volksschulen zu besuchen.
Dennoch war der Antisemitismus weder abzuschaffen noch zu mildern-
er blieb von Anfang der Geschichte dieser Religionsanhänger, die sich als eigenes Volk verstehen,
obwohl sie den unterschiedlichsten Nationen angehörten -
anhaften bis zu den Greueltaten des 2. WK.
Woran lag das? Hier kann nur vermutet werden, daß deren Separatismus nicht ganz unschuldig ist.
Die Wertung der Geschichte ist noch lange nicht abgeschlossen -
dafür sind die Geschehnisse noch nicht lange genug in der Vergangenheit
verschwunden, ist die ausbalancierte Neuzeit noch nicht lange genug dabei.
Als Faktum gilt, dass sich die Pfarrer der "christlichen" Gemeinden heftig am Aufstacheln hervortaten.

Spannend, daß 1841 die Juden auf obrigkeitliche Anordnung Familiennamen,
die sie zuvor selten besessen haben, annehmen mußten-
so nannte sich in Blessenbach Mencke Jessel nun Halberstadt,
Abraham Zadock nun Oppenheimer und Abraham Hirsch legte sich den Namen Zerf zu.
1933 kam die Machtergreifung der Nationalsozialisten und eine bis dato
nur kleinräumig bekannte Vernichtung alles Jüdischen.
Auch hier wollen wir nicht vergessen, daß die christlichen Kirchen
sich dem nicht entgegengestellt haben und wenigstens durch
Untätigkeit mitschuldig geworden sind.

Schnell wieder zurück in die älteren Epochen..
Die Böden hatten alle unterschiedliche Ertragsfähigkeiten,
deshalb wurden die Äcker parzelliert, was eine Kleinräumigkeit mit sich brachte.
(Spätere Erbteilungen nochmals zusätzlich)
Erschwerend war, daß keine Feldwege angelegt wurden,
sondern die Überfahrt jeweils kurzfristig zu den nötigsten Arbeiten gestattet werden mußte.
(Es wurde alles beweidet)
Der dreijährige Turnus der Feldarbeiten lief schematisch ausgedrückt wie folgt ab:
Das Brachfeld wurde im Juni zum ersten Mal umgebrochen, um den durch das Vieh festgetretenen Boden zu lockern
und für die Aufnahme von Mist vorzubereiten.
Im August oder September pflügte man zum zweiten Mal und säte anschließend das Wintergetreide.
Im folgenden Jahr diente der gemähte Acker bis in den Winter hinein
als Stoppelweide (es wuchs viel Unkraut) und wurde im folgenden Frühjahr
(Märzen) wieder gepflügt. Nun konnte die Saat des Sommergetreides erfolgen.
Nach jeder Ernte blieb das Feld bis zum Juni des nächsten Jahres liegen und nutzte es als Viehweide.
Roggen und Hafer waren bis zum 16. Jhd vorherrschend,
dann folgte vermehrt die Aussaat von Weizen, seit Mitte des 18.Jhds. Kartoffeln und Gerste.

In unseren Orten wurde schon früh Weinbau betrieben- 1540 sollen in Weinbach
12 Familien dergestalt beschäftigt gewesen sein.
Sie lieferten 39 Ohm 11 Viertel in die Weilburger Kellerei als Pacht.
(nur aus der Gemeinde Weinbach selbst, ohne die heutigen Nebenorte)
Der liebe Graf zu Weilburg ersann in seiner unendlichen Güte einen Weinzoll (zusätzlich),
der aber von den betroffenen Gemeinden strikt abgelehnt wurde
- die Folge war, daß aus 9 Gemeinden gesamt 28 Kühe gepfändet wurden
und weitere Viehpfändungen angedroht wurden.
Die Gemeinden zogen vor das Reichskammergericht und haben wohl gewonnen-
zumindest liest man nichts weiter darüber.
(Der Pfarrer aus Weinbach hatte zwei Weingärten im Distrikt "Auf der Heybach" -
ein frommer Mann: "Vergiß den Wein nicht, wo der doch zur Freude gemacht wurde" Bibel. )
Der Weinbau ging während des 30j. Krieges überall zurück,
mit Ausnahme von Elkerhausen wurde in unseren Ortschaften im 18.Jhd kein
nennenswerter Weinbau mehr betrieben.
Diese Sonderkultur neigte sich Mitte des 18.Jhds ihrem Ende entgegen.
(Vielleicht durch Mehltau oder weil das Klima rauher wurde?)

Die Lage der Landwirtschaft und somit die der ganzen Bevölkerung war in der Mitte des 18.Jhds sehr ernst.
Häufig wurden die herrschaftlichen Speicherreserven beliehen, damit die Aussaat stattfinden konnte.
Der Futtermangel erlaubte nur eine geringe Vieh-Zahl, das verstärkte die Notlage.
In dieser Zeit bemühte sich die Nassau-Weilburgische Herrschaft
den Kleeanbau und die Stallfütterung einzuführen,
um den Dünger- und Futtermangel auszugleichen.
Die Bauern leisteten lange Zeit Widerstand gegen diese Neuerungen,
weil dadurch die Schafhaltung begrenzt wurde.
Um 1777 wurde nunmehr Flachs und Hanf zusätzlich angebaut,
damit die Standbeine mehr waren und Mißernten nicht mehr so schlimm trafen -
das Garnspinnen wurde gefördert.

Das Thema "Zehnt" bedeutete, daß man den zehnten Teil des ROHERTRAGES
und nicht den des Reinertrages abführen mußte- das wirkte sich zuweilen besonders nachteilig aus, weil die Schätzer die guten Stücke aussuchten.
(Schlechte Böden erfordern mehr Aufwand, Düngung, Kalkung etc.)

Gespannfähige Bauern im 16.Jhd, die Pferdeleute, leisteten eine bestimmte Anzahl an Tagen
Frondienste- genau wie unbespannte Bauern, die Heppenleute.
(Siehe Ortsname Heppenheim im Rhein Main Gebiet)
In Elkerhausen waren das 18 Tage im Jahr, 9 Tage für den Edelmann und 9 Tage
für den Pächter der Staatsdomaine.
Als zusätzlich zum Handfronen, wie Kornschneiden aufgerufen wurde und man sich weigerte,
pfändete der Schultheiß im Namen der Freifrau von Klüppel eine Kuh
und von einem anderen Bauern ein Rind.
(Kein Wunder- daß, wenn man heute die alten Adelsbezeichnungen liest und hört, Vorbehalte kommen - es waren alles nur Diebe und Halunken, die sich ihre Gesetze selber..)

1851 kam das "Stockbuchgesetz", ganz dicke Wälzer, in welchen alles Land,
Gemarkungsnamen, Besitzer, Pächter und Güten notiert waren.
Ebenso wie die Ablösesummen von der Pacht oder Fron, die in bar zu entrichten waren
und zu hohen Schulden bei den Betroffenen geführt haben.
(14-18facher durchschnittlicher Jahresertrag)
In dieser Zeit warb der Graf im Elsaß Mennoniten an, die nun die Staatdomainen
mit neuen Ideen bereicherten und den heimischen Landwirten ein
wenig Vorbildfunktion sein sollten.
(Je mehr Ertrag erwirtschaftet wurde, um so besser ging es dem Grafen)

1747 mußte von den Bauern der Orte Gräveneck, Weinbach, Freienfels und Kirschofen 1200 Tage !
Fron auf dem Hofgut der Brendel zu Gräveneck geleistet werden,
die diesen Hof in Pacht von den Weilburger Grafen hatten.
Die kleinen eigenen Parzellen wurden freilich in dieser Dienstleistungszeit vernachlässigt.
Von 209 Morgen wuchs dieser Domainenhof unter den Mennoniten,
die der Fürst aus dem Elsaß angeworben hatte,
um die Neuerungen dieser Volksgruppe, die der Landwirtschaft sehr versiert waren.
So wuchs der Hof von 209 auf 405 Morgen an.
Der zwingend nötige Neuaufbau des baufälligen Domainenhofes wurde
mit den Steinen der nicht mehr benötigten Burg getan.
Interessant war, daß auf dem Hof schon früh Branntwein gemacht und Bier gebraut wurde.
1786 bestand das Dorf Gräveneck aus gerade mal 12 Familien!
Erst 1811 bekam die Gemeinde den Hof in die Hände, so hatte die Anbau-Flächen-Not ein Ende,
die vielen Frontage fielen weg- dafür kam eine hohe Pacht an das Grafenhaus, wie in vielen Orten jener Zeit.

Eine Episode aus dieser Zeit von Hörderhof bei Blessenbach:
Das Scheibenschießen kam auf - der Oberförster Andree untersagte dies,
da es zu allerlei Unfug führen könne..
Der Schultheiß erreichte beim herzöglichen Amt Runkel eine Erlaubnis.
Der Oberförster wandte sich ebenfalls dorthin, führte in seiner Einrede von 1833 an,
daß der Hörderhofmann wegen gefährlichen Jagdverbrechens bestraft worden
und einige aus dem Ort wegen Wilddiebereien in Untersuchung gewesen seien.
Vor allem Schieferkäutner (Arbeiter in den Schiefertagebauen) aus der Langhecke übten
das Scheibenschießen auf dem Hörderhof aus,
"den nicht wohl das Schießen zu erlauben steht, und dieses bei solcher Classe
zu Wilddieberei und häuslicher Arbeitsversäumnis anlaß gibt"
(Ein Satz, den man sich auf der Zunge zergehen lassen sollte)
Die Brennerei auf diesem Hörderhof war für guten Kornschnaps bekannt -
so zogen allsonntäglich die Männer aus Blessenbach dort hin-
so daß der Pfarrer in Wort und Schrift gegen die Schnapssauferei zu Felde zog.

Selbstredend waren sämtliche Teiche und Weier mit Fischen für den Fürsten bestückt-
nicht etwa zum Wohle der Einwohner ;)

Bei Fronfahrten mußten schon mal Mühlsteine aus Frankfurt oder Limburg geholt werden-
das hat der Fürst nicht etwa selbst bezahlt,
obwohl es "seine" Mühle war, die repariert werden mußte, die zudem noch einen "Mühlenbann" besaß,
dh. alle rundum mußten dort mahlen lassen, egal welchen Preis der Müller
nahm um die Pacht an den Edelmann bezahlen zu können..
..heute ist das "Lobbyismus" und wird nicht einmal angeprangert..
..der Adel war allerorten Raubgeier, Schinder und Verbrecher mit Geld-

Verbreitet war als bäuerliches Nebengewerbe die Leinweberei,
Flachs gedieh am besten auf Lehm- und Sandböden, er benötigte wenig Wärme,
aber viel Feuchtigkeit, so daß sich der hiesige Raum durchaus für den Flachsanbau eignete.
Leineweber hatten kein hohes Ansehen, sie waren aber bereits früh
(wie die Schmiede) in Zünften organisiert.
Erst durch den Konkurrenzdruck der Baumwollindustrie erlosch dieses Handwerk.
(Wer aber noch das echte, handgewebte Linnen kannte, weiß es zu schätzen.)
Wirte nahmen einen guten Platz im ländlichen Raum ein,
ein geselliger Ort zu den Zeiten, als es noch kein Fernsehen und keinen Rundfunk gab.
Ausgeschenkt wurde bis in die frühe Neuzeit überwiegend Wein, -
zuvor mußte jedoch Branntwein verkauft werden,
weil der Fürst an diesem Monopol mehr verdiente..
.. dann bekam die Bevölkerung Vorwürfe gemacht, daß zuviel Branntwein getrunken werde.
(Das ist bis heute so, wo keiner wirklich versteht, weshalb es Sekt- oder Branntweinsteuer gibt: Schiere Willkür?)
Vor 1762 wurde dann bereits Bier gebraut- überall entstanden kleine Brauhäuser,
Brennereien sind seit 1613 nachgewiesen.

Zu den Mühlen darf geschrieben sein, daß doch viele zu wenig Wasser hatten,
um wirklich rentabel arbeiten zu können.
Die herzögliche Rezeptur hatte einen erfahrenen Beamten, der wissen wollte,
dass 9/10 aller Müller über Wassermangel klagen,
sobald es sich um Festsetzung der zu entrichtenden öffentlichen Abgaben handelt,
während Überfluß an Wasser vorhanden ist,
wenn eine Mühle zum Verkauf angeboten wird. (Es gab auch genug private)

In dem Ort Kleinweinbach gab es nicht nur sehr guten Dachschiefer im Tagebau,
sondern auch eine Silberschmelze.
Ein weiterer guter Arbeitgeber war die Nadelfabrik in Elkerhausen
(alle Arten an Nadeln für private und industrielle Ansprüche),
die von der Nassauisch Weilburgerischen Regierung an Land gezogen worden war,
um der schlimmen Arbeitslosigkeit der Beisassen nachzukommen-
diese wurde in das ehemalige Knüppelsche Burganwesen einquartiert, das die Fabrik später erwarb.
Nach dem Tod des Betreibers geriet diese Einkommensquelle unter die Räder.

Zu den damaligen Einkommensquellen zählte auch die Kalkbrennerei-
im ganzen Lahngbiet, am meisten unterhalb von Diez
und oberhalb von Wetzlar, tratem in großen Mengen mitteldevonische Kalksteine zu Tage.
So manche Flurbezeichnung läßt die Kalkbrenneröfen noch erahnen.
(Der Lahn-Ort Kalkofen ist ein Beispiel)
Zur Düngung der Felder, aber auch für Bauzwecke wurde Kalk gebrannt.
Zuweilen brannten diese Kalköfen auch Ziegelsteine und Dachziegel.

Der Bergbau bezog sich auf den Abbau von Manganerz, Schiefer, Eisen, Blei und Silber, Kupfer und Phosphorit.
Vom einfachsten Schürf-Tagebau bis 220mtr tiefe Stollen, war alles vertreten.
Stark vereinfacht stellen wir uns Silberschmelzen so vor:
Aus silberhaltigen Kupfererzen gewann man nach mehreren Röst- und Schmelzprozessen Schwarzkupfer,
das anschließend mit Blei gefrischt "Reichblei" ergab,
das wiederum durch Abtreiben in einem Treibofen Blicksilber ergab.
(Blicksilber enthält noch Gold und Platin und Blei Anteile)
Besondere Bedeutung hatte z.B. die Kleinweinbacher Silberschmelze 1749-1750
mit der Ausbeute für die Weilburger Münze,
die dadurch einen Aufschwung erlebte. Ausbeutegulden mit entsprechender Prägung wurden damit hergestellt.
Der schon erwähnte hochwertige Dachschiefer konnte an der Oberfläche abgebaut werden,
in Gruben jedoch in wertigerer Qualität.
Für Dächer und ganze Fassaden verwendet, wurde er bis nach Süddeutschland,
in den Elsaß, nach Westfalen und Berlin geliefert.
Der Phosphoritbergbau "Staffelit", nach dem Ort Staffel bei Limburg an der Lahn bezeichnet,
wurde von Ton und Lehm oder Kies überdeckt im
im mitteldevonischen Kalk in oberflächennahen Vertiefungen, Schlotten und Orgeln gefunden.
In geringeren Mengen an vielen anderen Orten an der weiteren Lahnstrecke.
In Fürfurt gründete man deshalb eine Chemische Fabrik, wo Dünger hergestellt wurde.
Man sagt, die Vorkommen seien damals fast restlos abgebaut worden,
was bei den Eisenerzvorkommen eher nicht der Fall
gewesen sein soll. (In Georg Josef bei Gräveneck vermutet man noch 500.000 Tonnen Eisenstein)
Wie überall, war die billige ausländische Konkurrenz maßgeblich
für die Einstellung der Grubentätigkeiten.
Dieses Phosporit ging über Seilbahnen nach Fürfurt zur Mühle am Wehr,
wo im Laufe der Jahre eine Fabrik aufgebaut wurde,
die bis zu 400 Menschen beschäftigte.
Nicht nur für den heimischen Raum wurde hier produziert- der Dünger ging auch in ferne Länder.
Als das Thomasverfahren in der Stahlherstellung eingeführt wurde,
fielen phosphathaltige Schlacke in Mengen an,
die dann gemahlen als Thomasmehl einen vorzüglichen Dünger abgaben und die Tagebaue überflüssig machte,
die sowieso schon fast ausgebeutet waren.
In ebendieser Fabrik des Heinrich Albert entstand
eine Großversuchsanlage zu elektrolytischen Gewinnung von Zink,
das weltweit einzigartig war.
Anschließend wurden hier Zinkweiß-Farben hergestellt,
das Werk bestand von 1869 bis ca 1930 .
In Weinbach stand ein großer Kalkbrenn-Ofen, der aus den nahen Steinbrüchen gespeist wurde.

Das Städtchen Runkel an der Lahn war einem Heimatforscher ein Buch wert-
bei den Recherchen im Staatsarchiv bekam er die Bemerkung zu hören:
"Ja, wissen sie denn auch, daß das eine Lebensaufgabe ist?"
(Er entgegnete "dennoch!" Fast vierzig Jahre sind seitdem dahingegangen, so resümiert er weiter..)
Die Forscherarbeit führte gleich in 4 große Archive: Wiesbaden, Koblenz,
das Fürstlich Wiedsche Archiv zu Neuwied und die Restbestände in Runkel selbst.

Wie das so mit den alten Chroniken ist, handeln die meisten Ruhmestaten von den Fürsten und Mächtigen,
ganz selten von den kleinen Leuten oder den normalen Bürgern.
Die Spreu vom Weizen zu trennen und zwar diesmal anders herum, ist mir eine Aufgabe wert gewesen, die gerade zum 7. Mal korrektur gelesen wird. (Nov/Dez.2023)

***

Heimat, von Felix Dahn.

Den Raum, wo du gewachsen bist, den halte hoch und wert:
O Heil dem Mann, der wohnen kann, wo seine Wiege stand;
da sieht ihn alles freundlich an, was ihn als Kind gekannt.
Das Brünnlein und der Gartenzaun, der Nußbaum auf dem Plan
mit treuen Augen auf ihn schaun, als alten Spielkumpan.
Hausgeister hüpfen rings um ihn, sein Schutzgeleit zu sein,
und jede Straße grüßet ihn, ihm redet jeder Stein.
Und wem die Welt ins Herz gezielt - Heil, wer nach Haus entrann;
die Scholle, drauf das Kind gespielt, sie heilt den wunden Mann.

***

Ein alter Türspruch aus Runkel:
NISI DOMINUS CUSTODIERIT DOMUM - FRUSTRA VIGILAT QVI CUSTODIT EAM
PS 127 V II
Johann Georg Dambach vnd Anna Margareta Ehelevt AO 1707

biblese rver.com/text/LUT/Psalm127,2
So hat es der Verfasser des Buches als Übersetzung angenommen.
Der Sinn erschließt sich mir aus der Majuskelzeile eher nicht;
Nicht wacht über dieses Haus außer dem Herrn, vergeblich tut, wer es dennoch bewacht.
(Wörtlich: Nichts außer Herr wachen wird Haus - vergeblich wacht wer bewacht dies)
So hätte ich das gelesen.
Da aber der Psalmtext dabei stand, wird wohl der Auftraggeber der Inschrift geirrt haben.

"Sie vernahmen 1598 das Jammern und Klagen des Clesen Peter hand von Hasselbach,
der unglücklichen Opfer ehemaliger kleinstaatlicher Vergeltungsweise.
Sie waren Zeugen der Leiden von fast einem Dutzend bedauernswerter Frauen aus dem Runkelischen,
die in den Jahren als 1649-52 dem Hexenwahn ihrer Zeit zum Opfer fielen.
Hier saß 1670 ein Müller von Limburg als Untersuchungsgefangener,
der einen Müllergesellen von Runkel erstochen hatte, aber mit Hilfe eines Seils entkam.
Mit diesen düsteren Mauern mußte im Februar 1703 auch der Pfarrer Johann Nikolaus Duill
von Wolfenhausen, ein eifriger Pietist, für einige Zeit Bekanntschaft machen.
Klägliche Hilferufe drangen durch die Maueröffnung dieses Raumes in die Stille der Nacht
zum 23. Oktober 1765.
Die Rufe kamen von einem Gefangenen aus Blessenbach, der -
wer weiß aus welchen Gründen - das Stroh seines Lagers angezündet hatte
und in dem sich entwickelnden Rauch elendiglich erstickte"

Robert Reinick läßt ahnen, wie damals empfunden worden sein muß:

Seh ich Trümmer ragen,
Hoch am Felsenrand,
Träum ich von den Tagen,
Wo die Burg hier stand.
Wo die Türme stiegen,
In die Luft so schlank,
Wo auf hohen Stiegen
Klirrt der Waffen Klang.
Wo die Hörner schallten
Zu der lust'gen Jagd,
Wo die Fahnen wallten
Zu der wilden Schlacht.
Männer sah man streiten
Hier mit Heldenmut,
Wilde rauhe Zeiten
Tobten hier in Wut.
Mag der Wind verwehen,
Was die Zeit entrafft!
Eines soll bestehen:
Deutsche Heldenkraft!

So gruselig sich das auch anliest, die Zeiten waren wohl so.

Der Name des Ortes Balduinstein mit der gleichnamigen Burg kommt
durch den mächtigen Erzbischof Balduin von Trier.

Auch gruselig- was?

Was früher die Ritter waren, so sind das heute die Manager; rücksichtslos,
selbstsüchtig und gierig ohne jemals satt zu werden,
mißgünstig (sie gönnen ihren Bediensten nicht das Schwarze unter dem Fingernagel,
prangern Lohnerhöhungen an, feiern aber selbst wilde Orgien)
Die Ritter suchten die Religion zur Gebietsvergrößerung oder für einen Pakt zu nutzen,
die Nachkommen heirateten so geschickt,
dass immer etwas Land dazu kam, die Rauflust der Ritter und Edelleute ließ unablässig nach Gründen suchen,
um das Gebiet zu überfallen, das sich nicht der Ritterschaft oder einer Religion etc.
angeschlossen und somit unangreifbar ..
(Wir kennen das- wenn ein Toxiker Streit mag, bekommt er ihn - so oder so, denn er wird niemals nachlassen in seiner Lust am Zoff. In einem Web-Forum las ich: "Na ja, ein bisschen Zicken macht doch Spaß- oder?!")
Zurück:
So wurde auch schon mal ein 16,5 Jahre alter Bräutigam ausgesucht- auch wenn dieser "der Fette" genannt wurde.
Zimperlich waren die "Edelleute" nicht-
mit einem Auge verstohlen - sehnsüchtig nach dem jungen Gärtner schauen,
aber niemals "unter Stand" heiraten.
Die genaue Abschrift dieser Begebenheiten erspare ich uns.
Es ist nicht leicht, aus den Geschichtsbüchern die Schicksale der Gemeinen heraus zu filtern,
weil die Überlieferungen meistens Kriegsberichte und Schilderungen von Klerikern,
Adeligen und Gebietsbesitzern sind.
Ab und an tauchen Urteile von Gerichten und Einträge in Kirchenbüchern
kleiner Pfarrer oder Grundbucheintragungen etc. auf,
die einen Spalt breit Licht in das von mir gesuchte Dunkel scheinen läßt.

***

Vasallen der Willkürherrschaft waren zu allen Zeiten der Glauben, die Schultheiße,
die Lehrerschaft und die Gerichtsbarkeit-
eine Fegmühle, gegen die niemand etwas ausrichten konnte:
Gerecht war, was aus deren Mündern kam.
Ich könnte mir vorstellen, daß ein Fremder aus einem entfernten Gebiet,
mit dem durch Kriege lange kein Kontakt bestand,
sich locker als Graf oder Edelmann ausgeben gekonnt hätte,
wäre nur genug Geld dabei gewesen.
Mit diesem Einfallstor und dem entsprechenden Benehmen und Ausstattung
hätte jener geschwind eine Braut mit Besitz an Land gezogen und eine Dynastie gegründet,
die sich mit schwungvollem Namen schmücken und nach Belieben paktieren und agieren könnte..
(Es gab zwar Nachrichtenverbindungen - aber nicht überall hin,
so waren eben mal ein paar Jahrzehnte "Funkstille",
wenn ein Gebiet von feindlichen Truppen besetzt galt.)
Diese Erkenntnis habe ich aus zig und zig Büchern der alten Tage gewonnen:
Das Herrscherhaus hat sich mal eben so umbenannt und Nassau-Oranien daraus gemacht
(Orange in Frankreich war diesen "zugefallen" - durch Heirat.)-
Bischöfe bauten Burgen und waren keinen Deut besser in der Gier und Vernebelungstaktik-
Hauptsache der Besitz wurde vergrößert.
Selbstredend gehörten den "Herren" automatisch das ganze Land um das Herrscherhaus herum - wenn nicht,
dann wurde getauscht oder zugeheiratet oder abgekauft oder erobert,
wenn sich die Gelegenheit dazu ergab.
Die Ausreden waren manigfaltig, unter dem Schutz des Kaisers war besonders gut verhandeln -
die "Reichsunmittelbarkeit" war sehr begehrt.
Dabei braucht niemand zu denken, daß der Kaiser vom "Volk"
oder gar aus der einfachen oder "besseren" Bevölkerung gewählt worden wäre - bewahre!

Allerlei "Reformatoren" sannen nach Gemeinsamkeiten mit den Mächtigen dieser Zeit,
sie sprachen von "politisch-kirchlicher Umgestaltung".
So etwas haben die "Grünen" in unserer Epoche ähnlich vor gehabt:
"Austausch des Wahlvolkes" oder "politisch korrekt" war da zu lesen !
Die Betreiber kleiner Parteien scheuten sich noch nie, mit den großen Gegenspielern ins Bett zu steigen
und damit zwar Verrat am Wähler begangen zu haben - aber:
Man will Ministerposten und Macht.
Das heiligt wohl alle Mittel.
Im Grunde sind wir Wähler und Wählerinnen nur Nutzvieh in den Augen der Politiker und Manager.
Ob "Reformatoren" oder Politiker, sie wollten alle immer nur bestimmen und halfen damit am ehesten sich selbst.
Wie auch immer, es geht hier - auf dieser Seite - um die alten Tage unseres Landes:
1538 fanden sich zu Villmar als einem neutralen Ort Graf Kuno
selbst und für den Kurfürsten zwei Wiedsche Amtsmänner ein.
Die Streitpunkte waren Abgrenzung des Runkeler, Schadecker und Wenigenvillmarer Gebietes,
gemeinsame Gerechtigkeit, (Gerichtsbarkeit)
Kirche, Born, Gericht und Viehtrieb, ferner Fischerei, Wasserzoll,
Tränken und Waschen der Schafe in der Lahn,
Wehr und Brücke, Staudhecke, Feld- und Waldschützen, Landwehr (Gebück),
Marktschlag, Grenzgang, nachbarliches Verhalten
der Westerburgischen und Runkelischen Untersassen, Pfändungen,
schädliche Wege, Ortsgerichtsentscheidungen.
(Für jeden Scheiß mußte Geld an die Obrigkeit abgedrückt werden)
Alles auf geduldigem Papier geschrieben und ins Reine gebracht.
Die neue Zeit hatte begonnen, das Zeitalter der Religionskämpfe, ausgelöst durch die Reformation.
Kaiser Karl V. suchte mit aller Macht den Religionsneuerungen Einhalt zu tun.
Wider ihn verbanden sich eine Anzahl protestantischer Fürsten.
Doch der 1546 ausgebrochene Schmalkaldische Krieg ging für sie unglücklich aus.
(2019 versucht man den 30j. Krieg als nicht religiös begründet zu verkaufen, was nicht stimmt)
Die schlummernde Zwietracht in Schadeck und Runkel ging jedoch eigene Wege..
Ein Opfer einer Fehde sollte der bejahrte Runkeler Schloßpförtner Krehn werden.
Im Januar 1597 wurde er unterhalb des Wehrer Bergs auf einer Wiese von Schadeckern unter Führung
des Schadecker Pfarrers (!) Engelhart Hammelius ergriffen
und gefangen ins Schadecker Schloß geführt.
Am 10. Februar verurteilte ein "zusammengestoppeltes und gekuppeltes" Gericht in der Viehhofscheuer
den Schloßpförtner wegen fünferlei angeblicher Verbrechen zum Tode.
Gleich darauf wurde Krehn "stracks vor Augen beider Häuser Runkel und Schadeck" enthauptet.
Seinen Leib begrub man unter einem eilig hergerichteten Galgen und setzte den Kopf oben auf diesen.
Graf Wilhelm und des Hingerichteten Witwe machten eine Klage gegen
die gräfichen Brüder Albrecht Philip und Johann Ludwig
von Leiningen-Westerburg, die gemeinsam regierten, beim Reichskammergericht angängig.
Doch die Klage kam nicht zur Durchführung, da beide Grafen im August
innerhalb zweier Tage von der Pest hinweggerafft wurden..
..vielleicht gibt es doch noch eine himmlische Gerechtigkeit..

Noch von einem anderen Opfer des typisch-kleinstaatlichen Nachbarschaftsgezänks
haben wir zu berichten, schreibt der Chronist.
Dabei kam es wohl nicht zu einem Blutvergießen -
im Spätherbst 1598 ließ der Graf Wilhelm als Vergeltungsmaßnahme
einen weilburgischen Untertan, den Hans von Hasselbach, gefangen nehmen und nach Runkel bringen,
als dieser zufällig zu Gaudernbach auf runkelischem Boden "betroffen" wurde.
Nachdem Hans zunächst sechs Wochen im Turmgefängnis der Burg zugebracht hatte, führte man ihn
"in ein ander böß hoch Gemach von dickern Mauern, die Schneiderey genannt".
Diesen Raum, auch 1612 erwähnt, haben wir in einem der Schloßgebäude zu suchen.
Da es Winterszeit war, hatte Hans mancherlei durch die Kälte auszustehen.
Von Mitte Januar an blieb das bisher spärlich gereichte Holz aus.
Was der unschuldig Gefangene zu trinken erhielt, fror ein!
Als Lager gab man ihm einen "Ziechen" mit Stroh. Bettzeug und Speisen, welche Hansens Frau brachte,
mußte diese wieder mit nach Hause nehmen.
Da Hans schließlich keinerlei Getränk mehr erhielt,
sammelte er "den Dachdriff von den Eyßzapfen durchs Gerembs"
(Fenstervorbau).
Um Weihnachten stellte sich Fieber ein, das den Armen "des tags über zweymal geschutt".
Am 8. Maerz kam schließlich der gräßfliche Keller (Verwalter) mit dem Runkeler Pfarrer
zu Hans und brachten ihm eine Brühe,
einen Becher Wein und ein "Hofbrätgen".
Beide versprachen ihm, da er schwach sei,
wollten sie sich bei dem Grafen dafür verwenden,
daß er entlassen werde.
Das geschah noch am gleichen Tage,
allerdings nicht auf die Fürsprache des Kellers und Pfarrers hin,
sondern auf kaiserlichen Befehl, den Nassau-Weilburg erwirkt,
und den ein Bote des Reichskammergerichts zu Speyer noch im Laufe des Nachmittags überbracht hatte.

***

"der Menschen Wahnwitz und Irrglaube beherrschte die Land mit vielen grausamsten Hexenprozessen"

Wie in anderen Ländern, so mehrte sich auch im Runkelischen die Not
der Zeit mit ihren unerträglichen Lasten die Unzufriedenheit der Untertanen
und führte zu folgendem Vorgang- Am 5.Juli 1652 frühmorgens versammelten
sich sämtliche Untertanen der Dorfschaften am Eingang zum Runkeler Wald,
dem sogenannten Markschlag.
Der Flecken Runkel war wohl nicht vertreten.
Nach reiflicher Beratschlagung marschierten die Unzufriedenen - rund dreihundert
werden es wohl gewesen sein, gegen zehn Uhr nach Runkel ins Schloß,
um dem Grafen Moritz Christian durch den Notar Gerlach Molitor von Merenberg
schriftlich eine Reihe von Beschwerden übermitteln zu lassen:
Noch andauernde Kriegssteuerleistungen, hundert Reichtaler sog. Verehrungsgelder,
Frondienste, ausländische Botengänge, Wachdienst, angebliche Übergriffe
des Runkelischen Landknechts (Polizeigewalt).
Nach erregten Verhandlungen mit dem Amtsverweser Hofmann, dem Vertreter
des abwesenden Amtsmanns Walrabenstein, lehnte der Graf
die Überreichung der Beschwerdeschrift durch den Notar ab.
Er ließ diesen durch den Amtsverweser in Gegenwart von drei Zeugen in scharfen Worten abweisen
und wollte die Schrift nur aus der Hand der beiden Schultheißen
von Weyer entgegennehmen.
(Schultheiße vertraten des Fürsten Macht im Ort)

***

Seit dem fünfzehnten Jahrhundert wurde die Türkensteuer,
auch Türkenschatzung, als Reichssteuer
(nicht von den kleinstaatl. Fürsten erhoben, sondern von den Einwohnern zu begleichen)
zur Abwehr der Türken erhoben - heute hofiert man sie, die Türken - der Sinn darin
entzieht sich dem Verständnis - und nicht nur meinem!

***

Das Dienstgeld, das nach der Anzahl des Zugviehes bemessen wurde, war 1690 ermäßigt worden.
Man hoffte, daß die Untertanen mit anderen Diensten, sonderlich den Holzfuhren
für die Herrschaften sich desto williger erweisen würden.
Solange der Krieg andauere, sollen die Pfarrgebühren gesenkt sein,
man fügte hinzu - es wurde mit höchsten Mißfallen wahrgenommen,
daß einer oder anderer der Herren Geistlichen, so einem Leichen -,
Hochzeits - oder Kindtaufmahl beigewohnt,
"sich mit dem Trunk überladen habe", wobei ärgerliche Sachen vorgegangen seien.
Die Teilnahme an solchen Mahlzeiten wurde den Pfarrherrn danach untersagt,
es stehe aber jedem frei, etwas zu jenem zu schicken.

***

Um 1700 machte sich im Runkelischen und Westerburgischen, vornehmlich am Hofe zu Schadeck,
eine "schwärmerische" religiöse Bewegung breit,
der "entartete Pietismus".
Fromm war die Zeit nicht so wirklich:

Der junge Graf Maximilian Heinrich von Runkel reiste mit dem Landgrafen von Hessen nach Stuttgart.
Dort geriet er mit seinem Vetter, dem Grafen Hermann von Leiningen-Westerburg in Streit.
In einem Dorf kam es im Dezember des Jahres zum Zweikampf.
Von zwei Kugeln getroffen, stürzte Maximilian vom Pferde.
Einige Stunden später starb er in dem Orte, erst 25 Jahre alt.
Seine Leiche wurde nach Runkel in die Gruft überführt.
Hier war die Jahrhundertealte Zwietracht zwischen den beiden Verwandten
noch mal zum Durchbruch gekommen und ihr Opfer gefordert.
Sein Sohn Johann Ludwig Adolf war beim frühen Tode seines Vaters noch nicht zwei Jahre alt.
Die Vormundschaft über ihn wurde seiner dreiundzwanzigjährigen Mutter
und dem Landgrafen Ernst Ludwig von Hessen-Darmstadt übertragen.
Der Onkel Graf Karl, der zu Eschbach wohnte,
"ein gelehrter und einsichtsreicher Herr",
suchte sonderbarerweise seinem Neffen die Grafschaft
zu entziehen und strengte 1712 einen Rechtsstreit gegen die Vormünder beim Reichskammergericht an.
Erst 1755 wurde der Streit zu Ungunsten des Grafen Karl entschieden,
der mittlerweile Präsident des genannten Gerichts geworden war...

Eine ungewöhnliche, wieder mal Unruhe stiftende Verordnung des Grafen kam 1761 -
sie richtete sich gegen die JUNGGESELLEN !
Deren Gesamtvermögen sollte, sobald sie das dreißigste Lebensjahr überschritten hätten
und als Hagestolze dahinleben, der Landesherrschaft anheim fallen.
Das gab Stimmung im Land.
Ein Urteil des Reichskammergerichts zwang den Grafen,
diese seltsame "Verordnung" aufzuheben.
Eine andere, zum Teil recht drastische Verordnung war von dem Grafen schon 1748 erlassen worden:
Sie wandte sich nicht nur gegen das frühzeitige Heiraten,
sondern brachte auch sehr scharfe Maßnahmen gegen die unehelichen Mütter.
"Diejenigen Dirnen", so hieß es in der Verordnung,
"welche sich zum zweiten Mal oder gar zum dritten Mal schwächen lassen,
sollen neben jedesmaliger Geldbußerlegung von sechs Reichsthaler
in eine besonders dazu gemachte Karre angeschlossen und mit einer Schellenkappe
bekleidet drei Tage nacheinander vor- und nachmittags zwei Stunden
lang im Flecken Runkel vom Unterschultheiß herumgeführt,
sodann noch des Landes verwiesen und zur Zahlung einer Herumführungsgebühr
von einem Reichsthaler angehalten werden"
Im Frühjahr 1762 wurde der 57jährige Graf sich bewußt, daß sein Leben zu Ende ging
und übergab am letzten Tage des März die Regierung,
bevor ihn wiederholte Schlaganfälle bis ans Ende seiner Tage heimsuchten.

Schon im Jahr 1761 war auf Anordnung des Grafen Christian Ludwig im Runkeler Wald
13 vorgeschichtliche Gräber geöffnet worden, in denen man römische Bestattungen vermutete.
Sechs verschieden große Urnen mit Asche und Knochen fand man,
drei kupferne Gürtelbeschläge, ein fingerlanger Feuerstein und in einem großen Hügel
von hundert Schritt Umfang ein gut erhaltenes Skelett, das man wieder in der Erde begrub.
Im Mai 1774 entnahm man einem Grabhügel eine kleine Urne ohne Knochen oder Asche.
Alle Urnen wurden ins Runkeler Archiv gebracht.
In diesem Zusammenhang sei hier noch einer Aufdeckung solcher Gräber bei Ennerich gedacht.
Dort stieß man 1762 beim Ackern im Schlössergraben
auf mehrere Bestattungsstellen, sogenannte Steinkistengräber.
Der Chronist weiter:
"Sie bestunden aus langen Schalsteinen, in einem länglichen Viereck zusammengesetzt.
Etliche lagen allemal untereinander und mit besonderen steinernen Deckeln
jede Lage versehen, wo dann in jeder Lage allemal zwei Leichen mit den Füßen
gegeneinander, sonst aber kein Anzeichen hatten, woraus man hätte
schließen können, was diese Gräber bedeuten.
Die Totengebeine schienen ungleich stärker und größer zu sein als sie sich heutigestages befinden.
Ihre Vermoderung, worin sie lagen, war eine feine und fette Erde."

***

Gegen Ende des 18Jhds. war unter dem Einfluß der Französischen Revolution
mancherorts die Zunahme der bäuerlichen Klageschriften über
allzuhohe Fronlasten und Abgaben zu beobachten.
Auch der Runkeler Graf wurde davon "nicht verschont" - wen wunderts?
1791 übergab man dem Reichskammergericht eine Beschwerdeschrift wieder die
"gegen das Recht und das alte Herkommen aufgebrachten Neuerungen"
Die Beschwerden betrafen erhöhte Geldabgaben, Auswanderungen der Untertanen,
Brückenbaukosten, Bürgschaften für den Landesherrn, Dienstgeld und Fronden,
Einzugsgeld, Forst- und Waldsachen, Handwerk und Zünfte, Heiraten,
Hundehalten, Jäger- und Schultheißenbrot, Malzgeld, Marktwache, Musik,
Rasselgeld, Polizei, Pfarrei- und Kirchensachen, Reisekostensteuer,
Schäferzwang, Soldatenzwang, Spatzenköpfelieferung, Sporteln, und Gerichtstaxe,
Vermählungssteuer, Visitation der Landstraßen und der Feuergeräte,
Taubensteuer, Weidhammelgeld, Wollwaagegeld, Zehnten, Fruchtzoll.
Die Verhandlung zog sich so lange hin, bis der Graf verstorben war..

***

Auch einen sehr berüchtigten Runkeler, den jüdischen Räuber und Landstreicher
wird berichtet, der "Herz Michel",
ein "Kollege" des unweit agierenden Räuber Schinderhannes.

Aus meiner Sicht waren die Edelleute auch nicht anders als Wegelagerer,
auch wenn sie "Verordnungen, Anordnungen, Gesetze und Paragraphen" statt Pistolen benutzten.. bis zum heutigen Tage - siehe GE Z Gebühr, die zwangsweise für Mist und Propaganda zu zahlen ist..

***

Der Ortsname Runkel wird aus dem Keltischen kommen: Run-Kall (Bergfels)

Es war die Zeit der endlosen Fehden- die üble Zeit des Raubrittertums,
die das entschuldigende Wort geprägt hatte:
"Reiten und Rauben ist keine Schande, das tun die Besten im Lande".
(Da haben wir den Bezug zur Neuzeit wieder deutlich vor Augen)
Die Bevölkerung war diesem Treiben so schutzlos ausgeliefert,
wie wir heute durch die Europäisierung mit ihren unverständlichen Regelungsfluten.
Ein Gerücht sei der Umstand, daß EU Bedienstete nur maximal 13% Abzüge zu befürchten hätten..

***

Die Beschreibung eines Stadttores:
"Ein von Stein erbautes Thorgewölbe, welches an starken eisernen Banden
ein starkes Thor von Eichenholz, welches in zwei Flügeln geöffnet wird
und mit gutem Schloß versehen ist, eingeschlossen steht.
Auf dies Thorgemäuer ist eine Wohnung von Holz erbaut und einen Stall daran,
einstöckig, mit Schiefer gedeckt.
Die Wohnung bewohnt der Kuhhirte als Besoldungsteil frei."
Die gleiche Beschreibung wird von einem anderen Tor gegeben,
nur hatte hier der Schweinehirt seine Wohnung.
Beiden Hirten lag die Öffnung und Schließung der Tore
und die Reinhaltung der durchführenden Straße inne.

***

Im Jahr 1617, also ein Jahr vor Beginn des 30j. Krieges zählte Runkel 76 Hausgesesse oder Feuerstätten.
Damals rechnete man mit durchschnittlich 5 Köpfen pro Haushalt.
1636 sah man die Auswirkungen des Krieges- nur noch 16 Familien waren einwohnend!
1740 hören wir bereits von einhundertfünfzig Familien.
1777 werden neben 86 Bürgern 27 "Witweiber oder Halbbürger und acht Beisassen" erwähnt.

Zwischen 1649-1652 fanden an der Straße nach Eschofen nachweislich
zehn Frauen als Hexen den grausamen Feuertod.
An vielen Gerichtsbarkeiten standen Galgen, wie z.B. der Galgenberg
oberhalb Villmars, wo die Gemarkung noch heute davon berichtet.
"1704 fand die feierliche Neuaufrichtung des schadhaft gewordenen Galgens statt.
An einem Maimorgen bewegte sich ein eigenartiger Zug zum Schloßplatz nach Ennerich.
An der Spitze marschierte ein Trommler.
Da man in Runkel keinen hatte, kam dieser extra aus Limburg.
Am Zug eröffenten Amtmann Strobel und Sekretär Archenholz-
beide hoch zu Roß.
Es folgten die zu dem Werk aufgebotenen Zimmerleute
mit geschulterten Äxten und die dem Herkommen gemäß zu der Arbeit
verpflichteten Leineweber der Herrschaft Runkel.
Ihnen schlossen sich fünfzig Soldaten der Landmiliz, mit Gewehren bewaffnet, an - dazu etliche Reiter.
Nach einem mehrmaligen Ummarsch um die Gerichtsstätte bildeten die Soldaten einen Kreis.
Namens ihrer Kameraden bekundeten der Zimmermann Johannes Baumann von Heckholzhausen
und der Leineweber Fritz Weyl von Runkel
in wenigen Worten ihre Bereitwilligkeit, dem an sie ergangenen Befehl nachzukommen.
Nun hielt der Amtmann eine längere Ansprache, in der er auf die Bedeutung des Vorganges hinwies.
Nachdem er noch drei Hiebe mit der Axt in einen der Balken getan,
übergab er, entsprechend dem Brauch, den beiden Sprechern der Werkleute
je ein Paar Handschuhe.
Als die Balken zum Aufrichten fertig waren,
schlug Amtmann Strobel den ersten Nagel ein.
Nach beendigter Arbeit ermahnte er die Umstehenden, sich nicht gelüsten zu lassen,
die Handwerker wegen der, wie wir hinzufügen,
nach der Anschauung der damaligen Zeit unehrenhaften Arbeit zu schmähen,
andernfalls den Schmäher die in der Peinlichen Halsgerichtsordnung
für diesen Fall vorgesehenen Strafen treffen würden.
Unter Trommelschlag und in derselben Ordnung wie beim Hinmarsch kehre man nach Runkel zurück.
Fast ein Vierteljahrhundert leistet der neuerrichtete Galgen seinen traurigen Dienst.
1770 "mußte" er, da baufällig geworden, durch einen anderen ersetzt werden."
(Mich wundert, daß damals die Amtmänner in der Lage waren,
einen Nagel gerade in die Wand zu schlagen, wie man volkstümlich zu sagen pflegt)

Zu bemerken wäre noch die "niedere Gerichtsbarkeit", die "Geschworenen Montage" -
auch "Rügentage" genannt,
die jährlich an drei Orten der Herrschaft gehalten wurde.
Dem Rügengericht stand ein Kirchspielschultheiß oder ein Zehntschultheiß vor.
Von einigen Schöffen oder Geschworenen unterstützt,
wohnte dem Gericht meist der Amtmann oder dessen Stellvertreter bei.
Diese Gerichtsbarkeiten waren für niedrigere Polizeistrafen vorgesehen,
Beleidigungen oder Jagen, "Krebsen" oder Fischen, Schlagen von Kindern und
Erwachsenen, wenn dem Nachbarn ein Stück Land weggeackert wurde - etc.
Aber auch solche Sachen:
Wenn jemand mit einer Strohfackel oder einem Feuerbrand
(Schaufel mit Glut, damit der andere Ofen leichter anging -
das hatte noch meine Mutter in frühen Jahren so gehalten..)
über die Straße oder in ein Gebäude geht, zahlt zwei Reichstaler sechzig Kreuzer -
das Fällen eines Obstbaumes auf seinem eigenen Grundstück zahlt ebenso 2 Taler.

Neben dem Amtmann gab es noch einige herrschaftlicher Beamte.
Es war der Keller oder Kellner, der Landkommissar, der Landkapitän, der Landrentmeister,
der Landschreiber, der Landbereiter und der Landknecht.
Der Landbereiter - er war für Zoll- und Forstaufsicht zuständig.
Landknechte übernahmen die Polizeiarbeit für den Schultheißen.

***

Nach einer Verordnung von 1600 hatte jeder Inländische zur Erwerbung des Bürgerrechts
in Runkel ein Bürgergeld von 2 Gulden zu entrichten.
Jeder Fremde hatte aber fünf Gulden zum Nutzen der Gemeinde zu zahlen.
Ein "Ausländer" (aus einem der benachbarten Kleinstaaten) zahlte 6,
ein Inländer 3 Gulden, wenn er in den Ort einzuheiraten beabsichtigte.
(Frauen zahlten jeweils die Hälfte, beim Wegzug konnte für 50 Kreuzer die Bürgerschaft beibehalten werden)

Die Bürgerrechte beinhalteten das Losholz, dh. das unentgeltlich abgegebenen Holz,
das Recht Vieh auf die Weide, die Schweine in den Wald zu treiben.
An den Pflichttagen an der Bürgermeisterwahl teilzuhaben (spätere Zeit),
die Vorsteher, den Kuh- und Schweinehirten, den Gemeindebäcker (spätere Zeit),
den Tag- und Nachtwächter und den Feld- und Waldschützen zu wählen ebenso.
Bürger waren von den Einquartierungen und Still-Lägern aller durchmarschierenden Truppen
und deren Kosten befreit.
Im Zwang der Notjahre konnte diese Verordnung wohl eher nicht durchgesetzt werden.

Die Bürgerpflichten waren recht manigfaltig.
Steuern zahlen, an Bürgerversammlungen teilnehmen,
desgleichen an Pflichttagen, den Kuh- und Schweinehirten zu stellen,
Frondienste leisten, bei Durchmärschen die Soldaten ins Quartier nehmen,
(obwohl oben anders beschrieben) und das Backhaus nutzen.
(Das Backhaus hatte wohl einige Mitarbeiten nötig)
Um Glocken einzusparen, wurde einer mit Hand-Glocke
durch die Orte geschickt, um die Leute zusammenzurufen.
Das Burgrecht des Pfarrers war so, daß dieser noch im 18.Jhd als "Burgmann"
das Burgrecht hatte - das kam aus den Zeiten, als noch alle hinter den
Stadtmauern Schutz fanden, die Städte noch nicht jenseits dieser Wallanlagen ausgedehnt waren.
Dieser Pfarrer erhielt freilich die doppelte Menge an Holz aus dem Runkeler Wald,
zusätzlich hatte er 2 ! Stimmen bei der Wahl der Vorsteher, Bürgermeister etc.
Er bekam von allem Holz, was aus diesem Wald verkauft wurde,
eine Abgabe und von jedem vereinnahmten Reichstaler einen guten Albus,
der von den Schultheißen überreicht wurde.
Der Pfarrer konnte noch einmal so viel Schweine in die Eckernmast (Wald) treiben,
wie ein Gemeindsmann oder Bürger, er war von allen oben genannten Bürgerpflichten befreit!
Die Beschwerde des Pfarrers beim Grafen bewirkte, daß alle künftigen Pastoren
in ihrer Freiheit bei Strafe unbelästigt gelassen werden sollen..

Über die Frondienste der Runkeler Bürger heißt es in einer undatierten Anordnung,
vermutlich 1680 erlassen, daß sie unter Bestätigung der oben
angeführten Vorrechte zu folgenden Frondienstleistungen verpflichtet sein sollen:
1. Zum Küchenbrand hat jeder Ackermann dem Herkommen gemäß eine Fuhre
Holz ins Schloß auszuführen.
2. die Wehrer Wiese zu mähen,
4. die Schafe helfen zu waschen und die Wolle abzunehmen,
5. den Flachs zu raffen,
zu binden und heimzuführen, zu reffen, ins Wasser zu legen und heimzubringen;
6. dem alten Herkommen gemäß Briefe auf die nächsten Ortschaften zu tragen ( ! ),
7. eine Fahrt Zehnten-Winterfrucht und eine Fahrt Zehnten-Sommerfrucht einzubringen.
Den Dienstleistern soll Essen und Trinken gereicht werden..

Damals wurden viele "Pflichttage" (Nachtwachen, Hirten etc.) nachlässig betrieben.
So wurden den letzten 1679 auf Klagen der Bürgerschaft hin wegen seines "vielfältigen Fluchens"
von der Herrschaft sieben Gulden Strafe zudiktiert,
zugleich wurde ihm ein Aufenthalt im Turmgefängnis in der Burg in Aussicht gestellt -
auch der Zerfall der Stadtmauer und Tore ist 1671 belegt-
Bei Strafandrohung wird der Bürgerschaft befohlen, die Löcher in der Mauer
wenigstens mit Palisaden zu schließen.

***

Im 18.Jhd unterschied man zwischen Bürger, Beisassen und Juden.
Die Beisassen waren meist Tagelöhner, zahlten keine Steuern, sondern nur Abgaben,
übernahmen keine Bürgerpflichten, hatten jedoch auch keine Bürgerrechte.
Doch genossen auch sie den Schutz des Stadtvorstandes.
Die Juden nahmen wie überall eine Sonderstellung ein, so auch in Runkel.
Die Bürgerliste wies auf: 1. Laufende Bürger, 2. Laufende Witweiber,
die als halbe Bürger galten, 3. Laufende Beisassen.
Die ersten Juden ließen sich bereits 1315 nieder.
Das von ihnen zu zahlende Schutzgeld
bildete eine bequeme Einnahmequelle für den Landesherren.
Wiederkehrende Klagen liegen seit Mitte des 17.Jhds bezüglich der Sonntagsentheiligung durch die Juden vor.
Die Kirchenordnung der Gräfin Sophia Florentina von 1708 verbietet die Dienstbarkeit
gegenüber Juden, 1764 suchte Graf Christian Ludwig
"durch eine Verordnung die von Juden belieben Wucherzinsen sowie betrügerische Schuldverschreibungen,
Schuldverhandeln und Betrug zu bekämpfen."
(Damals sprach offenbar noch niemand von "A ntisemitismus " - wenn
es sich um diese Volksgruppe drehte - keine Angst,
den anderen Religionsfreaks wird es nicht besser ergehen,
es bekommt jeder sein Fett ab, je nachdem, wie sich der Wind drehte
-niemand ahnte, welche Verfolgungen diese Leute Mitte des 20.Jhds erleiden würden!
Man sollte, wollte man Frieden wollen, Religionen in den Privatbereich verbannen, jegliche Sonderrechte negieren.)
Als Sonderabgaben zahlten die Juden ein Spritzen-, Brunnen- und ein Pflastergeld
und ein besonderes Judengeld an die Gemeinde.
So entrichtete 1783, wo in Runkel 18 jüdische Haushaltungen vorhanden waren,
ein männnlicher Jude als "ganzer Jud" einen Reichstaler 20 Kreuzer,
eine Witwe, deren es drei gab, als "halber Jud" sechzig Kreuzer an Judengeld
einschließlich Brunnengeld.
Das Pflastergeld betrug für einen Juden, der ein Haus besaß vier Kopfstück (80Kreuzer)
und für einen Juden, der nicht Hausbesitzer war, zwei Kopfstück.
Auch oblag den Juden die Beschaffung des Öls für die Wacht-Stube,
wofür sie von den Wachten befreit waren.
1688 hören wir, so der Chronist weiter,
daß jeder Jude für diese Befreiung jährlich einen Königstaler zu zahlen hatte.
1744 wurden die Juden auf eine Eingabe an den Landesherrn,
in der sie sich als "furchtsame Kreaturen" bezeichen, die nicht zum Wachtdienst geeignet seien,
von der Verpflichtung, das Wachtöl zu stellen
und einigen anderen Auflagen, wie den Wachtmeistergebühren, entbunden.
(Schachern, wuchern, jammern, gewinnen)
Doch war das nur vorübergehend.
Dem Stadtvorstand wurde eingeschärft:
Bevor er künftig die Juden mit Pflastergeld belegt, muß er die Verteilung dem Grafen
oder dessen Beauftragten vorlegen.
Grund für das landesherrliche Entgegenkommen war,
daß einer der Söhne Isreals Mardochai Mayer bei dem Grafen
als Hoffaktor ein und aus ging- als Vermitter von Geldgeschäften !
Hier finden wir einen frühen "Lobbyismus" vor.

Habe ich schon erwähnt, daß Runkel zur Erzdiözese Trier gehörte?

Melanchthon stattete dem Grafen zu Runkel einen Besuch im Schloß ab -
von hier schrieb er einige Briefe -
in lat. Sprache: "Ich würde dir mehr über die Bonner Zusammenkunft schreiben,
wenn hier im Runkeler Schloß mehr Papier zu haben wäre"

(Soviel zu der damaligen Möglichkeit Schriftwerke der Nachwelt zu hinterlassen)

Die Anwesenheit Melanchthons in Runkel läutete wohl die Reformation ein,
zumindest als erste Schwalbe, die noch keinen Frühling macht.
Ab 1553 liegen diesbezügliche Meldungen vor, wo der Archidiakon zu Dillenburg -
ein Anhänger der evangelisch-lutherischen Lehre nach Runkel "berufen" wurde.
Man nimmt an, dass 1560 allgemein der Übertritt in die neue Religion durchgeführt war.
Ein weiteres, merkwürdiges Kapitel war die Reformierte Kirche.
Mit deren Durchsetzung war Blyttershagen beauftragt worden,
er wurde von Graf Johann 1568 als Pfarrer eingesetzt oder ebenfalls berufen, wie man sagt,
wenn etwas verdächtig schräg läuft..
Dieser "fromme Mann" veröffentliche 1596 eine theologische Streitschrift
(welcher Wortwitz Angesichts christlicher Nächstenliebe)-
"Der Pseudo-Christus" in der er das reformierte Bekenntnis verteidigte.
Der Lutheraner Nicolai zu Unna trug ihm das durch Schmähungen böse nach:
Grober frecher Baccant (Säufer, von Bacchus), ungeschickter Cuius (Kujon, Jedermann)
aus der calvinischen Synagog (dabei hatten diese keine Synagogen, sondern Kirchen),
giftig Schandbuch, heilloser verzweifelter Lästerbube, stinkender Rotz,
Geifer und Unflat seiner Hohlhipperischen Schmähkunst, (von dem Gebäck abgeleitet)
mit vollem Maul ausköcken und ausspeien, calvinischer Lästerteufel,
verruchter Lästerbube und Filz (Grobian) zu Runkel
- tölpisch christschänderisch und ehrsüchtiges Eselsgeschrei.
Und das alles aus der Feder eines Mannes, so der Chronist tapfer weiter,
der uns so herrliche Lieder wie "Wachet auf! ruft uns die Stimme"
und "Wie schön leucht' uns der Morgenstern" geschenkt hat.
Ein netter Beweis von Toleranz der Religionsströmungen untereinander,
was nichts mit Muslimen und Juden zu tun hatte, sondern bereits in den christlichen
Abspaltungen und Sektierer üblich gewesen zu sein schien.
(Diese Typen taugten alle nichts)

Das Sitzen in der Kirche war ehedem durch eine 1736 ergangene und später zigmal
erneuerte Kirchenstuhlordnung geregelt.
Die Bühne zwischen Kanzel und Orgelbühne verdankt ihre Entstehung einem Raufhandel
zweier wied-runkelischer Soldaten in der Kirche Ende Dez. 1764!
Hochseltsam ist die Sache mit den "Erbbegräbnissen" gewesen,
wo der Bestattungsort gewählt werden konnte- 1762 kam eine Begräbnisordnung,
die jene vorzeitigen Familiengräber ablöste.
Nun mußte jeder, "ohne Absicht, ob der Verstorbene in seinem Leben ein mehreres Ansehen
vor den anderen gehabt,
oder ob der Verstorbene bei einem seiner Freunde zu liegen komme" -
kurz, es ging von da ab der Reihe nach.

Die Totenkirche zu Wenigenvillmar (so genannt, weil dort wenige Leute wohnten,
der Ort irgendwie zu Villmar gehörte) wurde 1818 für 243 Gulden
18 Kreuzer veräußert und niedergelegt.
(Abgerissen) Der bauliche Zustand war zu schlecht
um diese Kapelle zu erhalten,
zumal bereits die Bänke und Kanzel fehlten.
Ein heimatgeschichtliches Denkmal, reich an Jahren und reicher noch an Erinnerungen,
verknüpft mit vielen dahingegangenen Geschlechtern..

"Der Pietismus ist eine religiöse Bewegung gegen die Verweltlichung der Kirche,
das Gewohnheitschristentum und die versteinerte "Lehr"-Meinung der rechtgläubigen Theologie.
Als krankhafte Entartung der Frömmigkeit gibt der Pietismus sich bald in überspannten Gefühlen,
bald in einem sonderbündlerischen Treiben ohne Maß und Ziel kund."
Mein Gott, die haben sich wirklich nicht geschont, das muß ich sagen!

***

Ständig klagten die Runkeler Schulmeister wegen Nichtlieferung ihrer Schuleinkünfte -
so schreibt verbittert 1640 der Schuldiener Bergunthal,
viele dieser Lohnbestandteile seien seit drei Jahren rückständig.
So mußte ein 91 jähriger ehemaliger Pfarrer 12 Jahre
-vergeblich- um das ihm zukommende Teil kämpfen.
Diese elenden Besoldungsverhältnisse dauerten das ganze siebzehnte Jahrhundert hindurch -
es war die Kriegsnot und ihre Folgen.

***

Im Zusammenhang mit der Folterung eines polnischen Juden (1678 ! ),
der am 2. Pfingsfeiertag zu Weyer bei einem Einbruch gefaßt worden war,
wurde ein Hofmedikus Dr. Breethauer erwähnt, mit ihm der Chirurgus Ersfeldt,
der Hansjakob, wie er genannt wurde.
Viel später, 1813/14 ergriff die Seuche Typhus den Ort.
Bis auf 10 waren alle Häuser davon betroffen.
In dieser Zeit kam der Todesengel zu jeder 2. Familie.
Bei manchen gleich mehrmals und hinterließ viel Tränen und Wehklagen.
114 von 850 Einwohner erkrankten, wovon 70 starben, darunter sieben Ehepaare.
10 Jahre später kam die Seuche wieder und holte 38 männliche und 54 weibliche Opfer.

***

In den grauen Vorzeiten gab es sehr wohl ein ausgeprägtes "Kastenwesen",
was in der strengen Sitzordnung in der Kirche nur eine kleine Blüte fand.
Die Unterschiede wurden täglich plastisch spürbar.
"Kinder gemeiner Leute und solchen von Beamten und sonstiger honetter Leuthe"
(Ich habe das noch in den 50.-60.Jahren des 20.Jhds am eigenen Leib spüren können,
als sich mein Urgroßvater,
der damals selbständiger Maurermeister war, an den Wirtshaus - Tisch setzen wollte,
der den wohlhabenderen Bauern und Lehrern und Bankleuten vorbehalten war..
rüde abgewiesen vom Wirt, setzte sich der Alte mit mir an ein anderes Eck- die Kirmes war
uns danach irgendwie ranzig geworden.)

***

Die Kirchenordnungen glichen eigentlich bereits oder vielfach den Polizeiverordnungen,
wie man immer wieder lesen kann.
So wird geeifert (oder gehetzt?) gegen die heidnischen Kirchweihen und die damit verbundenen
"Fressereien und Saufereien".
(Der Fürst tat das jeden lieben Tag, den der Herr werden ließ-
die Gemeinen sollten jedoch sparen, damit der Herrscher mehr Steuern abräumen konnte)
Es wurde ebenso gegen das auf den Jahrmärkten übliche "ärgerliche Gedenz" agiert.
(Bei den hohen Leuten dagegen war das Schauspiel und die Oper,
sowie andere "schöngeistigen" Dinge bis zum privaten Großfeuerwerk- immer schon Bildung, kein Amusement.. wie heute auch - wo kleine Bedienstete "müßig schwätzen" und höhere Gestalten "philosophieren"..)
In der 1676 vom Grafen Ludwig Friedrich veranlaßten Kirchenordnung
(die nicht der Pfarrer oder Bischof, sondern der Fürst gemacht hat) wird unter anderem
verboten, die "Fastnachts-, Mayen-, Sonntags-, Kirmes- und Pfingsttänze",
ferner das Kartenspiel, die Spinnstuben,
ebenso das Kegelspiel am Sonntag vor der Nachmittagspredigt
oder der vorgeschriebenen Kinderlehre zu besuchen.
Die Gräfin Sophia Florentina war 1708 gegen das "Neujahrsgefräß",
die Fastnachtsreigen, Maispiele und Johannis- und Pfingstänze-
sie sprach nicht nur dagegen, sie - die Verordnung - erließ gottgleich Anordnungen..
So war sie freilich auch gegen das "teufliche zu üppiger Leichtfertigkeit führende Lehenausrufen",
wobei für ein Jahr bestimmten Burschen als Tänzerinnen zugeteilt wurden.
Bei Hofe war das Gegenteil dieser Anordnungen jedoch selbstverständlich!
Weiter wurde verdammt die "Eier- Braten- und Käsheischereien", wie die "Brunnenfresserei,
so bei Aussäuberungen der Brunnen in aller Üppigkeit vorzugehen pflegten"
Im Schloß lustwandelte man und machte neckische Spielchen mit verbundenen Augen .. betrieb mit aufgeplusterten Hosen gleichgeschlechtliche Neckereien.
"Gottlose und verfluchte Karten- und Würfelspiele", das Weckhauen und -schlagen,
das Kegelspiel zu jeder Stunde am Sonntag,
das Scheibenschießen und vor allem die Spinnstuben waren Dorne in den Augen der Mächtigen.
Dem Volk sollte es nicht zu gut gehen.
(Hier sieht man wieder deutlich, daß das weibliche Attribut oder Artikel "die" Verordnung grammatikalisch falsch sein muß; "Das" Verordnung, also sächlich, wäre richtig - zumindest nach meinem Gefühl)
"Pfänderspiele" in den Burggemächern waren dagegen nichts "gottloses",
desgleichen Wucher und Raffgier dort eher zu den Tugenden zählte.
Ein schräges Bild ist vor Augen, was die fragliche Kirchenordnung von den damalig üblichen
Hochzeitsschmaus (en) in unserer Heimat anführt..
Vielfach müsse die Hochzeitstafel Tag und Nacht mit Speise und Trank besetzt bleiben,
so der Chronist, nichts dürfe abgetragen werden,
andernfalls man gegenwärtig sein müsse, daß Schüsseln und Kannen,
Teller und Trinkgeschirr kurz und klein geschlagen werden.
Vorgekommen sei, so wird weiter berichtet, daß sich die Gäste
"ganz unvernünftig und fast zu Tode besoffen" hätten.
Der edle Wein, mit dem so mancher Kranke und Arme hätte gelabt werden können,
sei so ergiebig verschüttet worden, daß man "lappentief"
darin gewatet habe, und er sei "endlich durch die Gebühner (Deckenstruktur) gebrochen und durchgelaufen,
daß der Weinschenk oder Zapfer dafür nicht hat können im Keller bleiben"
Wer das ganze Jahr nichts rechtes bekommt, macht sich halt den Bauch voll, wenns gilt..

***

Die Runkeler Straße muß wohl schon 500 n.Chr. bestanden haben,
als ein fränkischer Militärposten die Furt bewachte.

40-50mal mögen Hochwasser und Eisgänge die Stabilität
der späteren 500 Jahre alten Brücke bedroht haben- der Bruchsteinbau hielt.

In den späteren Jahren, 1838 fuhren Lastkähne mit schweren Marmorblöcken die Lahn hinab,
die aus der Weibshohl gegenüber dem Bodenstein
von Insassen des Diezer Zuchthauses gewonnen wurden, von weitem schon kenntlich
an der zweifarbenen Kleidung und den klirrenden Ketten.

Als Runkel der Sitz der Landesre-gier-ung war, gab es einen guten Aufschwung-
bei Gaststätten, Bäckereien, Metzgereien und Ladengeschäften,
auch bei handwerklichen Betrieben.
Der Zustrom der Landbevölkerung brachten Frondienstleistungen mit sich.
Vom Frühjahr bis Herbst fanden sich Trupps von Frauen und Mädchen
aus den Landorten im Viehhof zu Runkel ein.
Diesen oblag es, die herrschaftlichen Gärten zu bestellen.
Die Männer der Dorfschaften arbeiteten in terminlich abgestimmten Zeitabschnitten
auf den Feldern und brachten die Ernte ein.
Der lebhafte Viehhof und die eingefahrenen Früchte
hallten mit den zweirädrigen Ochsenkarren,
eine geschäftige Kulisse, die den Zehnt bediente; die Mühlen und Pächter
der herrschaftlichen Höfe erstatteten die Pacht in Naturalien aller Art.

***

Erst die Aufhebung der Fronen 1810 und die Zehntablösung 1848 veränderten diese Verhältnisse.
Dann kam die Lahntalbahn, für die viele Häuser am Fluß weichen mußten-
aber auch die Belebung durch den Fuhrverkehr mit Eisenerzen zur Eisenbahn.
60-80 Mark im Monat war der Monatsverdienst der Arbeiter,
so wurde in dieser Zeit ein Aufschwung erreicht und doppelt so viel Land verkauft, wie zuvor.

Der Runkeler Rote, von dem 1270 die Rede ist, hatte einen ziemlich großen Umfang
um den Ort herum. Jeder Runkeler Bürger hatte einen selbsterzeugten Haustrunk!
Der Landesherr ließ zur sachgemäßen Pflege seiner Weinberge
und seines Weins Winzer und Küfer aus Rheinhessen kommen -
die Nachkommen leben noch heute in Runkel und Schadeck.
Der "Runkeler Rote, aller Lahnweine König" behauptete sich bis 1929,
da entschloß sich die Fürstlich Wiedische Verwaltung aus wirtschaftlichen Gründen,
ihr Weinbergsgelände in Obstanlagen umzuwandeln.

Aber auch Bier wurde hier -wie fast überall- gebraut.
Der benötigte Hopfen war in Runkel heimisch.

Steinbrüche gaben den Leuten Arbeit- so wurde 1600 ein Schalsteinvorkommen in zwei Orten erwähnt,
"der vielfaltige Stein, der am Dom verwandt wurde"
Der Stein werde zu Säulen und Quadern gebraucht, so der Chronist- "allein jegen die Luft
und im Regen haben sie keinen Bestand, wo auch die Hund hin bunzen wider die Säuln,
da gibs Spalten; sein sunst geballert, als wenn es von Marmor were."

***

Von verschiedensten Mühlen ist immer wieder die Rede, Walkmühlen, Hammer- und Schlagmühlen,
Ölmühlen, Kornmühlen, von Zankereien um die Gewichte und Maße.

Interessant fand ich die "Pfennigsparkasse", die 1881 der Pfarrer August Cäsar gegründet hatte:
Unbemittelten und Kindern sollte es ermöglicht werden, nach und nach kleine Beträge zurück zu legen.
Der Sparsinn solle geweckt und gefördert werden.
Das hat er wohl geschafft.
So entstanden Zweigsparkassen in einigen Orten.
Allwöchentliche Sammlungen wurden durch die Lehrer gemacht.
Einlagen ab 5 Pfennig- die wöchentlichen Sparleistungen lagen bei dreißig bis einhundertzwanzig Mark.
Bei hundert Mark Einlage erfolgte die Rückzahlung bei der Sparkasse
oder dem Vorschußverein oder bei der Nassauischen Landesbank, die es heute noch gibt.
In 16 Jahren kamen aus fünf Orten 89923,50 Mark, mit Zinsen 93717,06 Mark zusammen-
bis zur Auflösung der Pfennigsparkasse 1906.

***

Im 18.Jhd. unterhielten die Grafen von Runkel eine kleine Militärmacht in Stärke
von zwei Kompanien, aus Musketieren und Grenadieren.
Einige Husaren kamen dazu. Die Soldaten genossen Vorzug und Vorsitz der Stühle in der Kirche,
denn sie wurden auch gegen die Räuberbanden ehrenhaft.

***

Zu den Bürgerpflichten, ich erwähnte es schon, gehörten die Tag- und Nachtwachen -
die aber nicht immer zur Zufriedenheit getan wurden.
"Die tagwacht sol von jedem in- und ausländischen Bettler, den sie herumgehen läßt,
ohne ihn zu des Orts Vorgesetzen zu gebührender Strafe oder Verweisung geführt zu haben,
10 Kreuzer Strafe in den Armenkasten legen"
Wer die Nachtwache versäumte, hatte einen Gulden Strafe zu zahlen.
Fleißig sei auf Feuer und andere Schäden zu achten.
Stundenblasen und -rufen soll geschehen:
1. beim Schultheißen Haus, 2. beim Meister Moriz,
3. bei des Doktors Haus, 4. bei Kuhns Haus, 5. bei Krafts selig Haus,
6. auf der neuen Brücke. 7. Bei des Jungen Haus, 8. beim Backhaus,
9. Im Tal gegen des Pfarrers Haus.
Unter Androhung der Turmstrafe mußten die Wächter von Abends neun bis morgens vier Uhr jede Stunde anblasen.

***

Im Jahre 1756 wurde dem Bürgermeister von Schupbach mit der "eisernen Tür" gedroht,
weil der die Bevölkerung gegen die Steinlieferungen zur Widerspenstigkeit aufgerüttet haben soll.

1765, nach dem großen Brand von Schadeck gab es eine neue Feuerordnung,
wo alles haarklein geregelt wurde, wer was und wo an Leistungen zu erbringen hatte.
Stroh- oder Holz-Schindeldächer werden nicht mehr geduldet, bei fünf Reichstalern Strafe
sind binnen Jahresfrist die hölzernen Schornsteine abzuschaffen
und statt ihrer solche von Ziegel- oder Sandstein zu errichten.
Lederne Feuereimer mit Namensbuchstaben mußten von jedem Einwohner angeschafft werden.

"Beim ersten Feuergeschrei wird Lärm getrommelt und auf dem Glockenturm gestürmt.
Die Miliz versammelt sich im Schloßhof, die Schloßfeuereimer werden vor der Wachtstube bereitgestellt
und alle Schloßbütten vor der Wachtstube gefüllt.
Der erste Offizier oder ein Unteroffizier
führt die Soldaten mit aufgepflanztem Bajonett zum Feuer,
es sei in oder außerhalb der Stadt,
wo diese dann unter dem Befehl des zuerst bei dem Feuer sich einfindenden gräflichen Beamten stehen
und nach dessen Anordnung, gegebenenfalls mit Gewalt, Ordnung und Sicherheit aufrecht erhalten
oder auch mitarbeiten.
Drei Feuerläufer haben die Pflicht, bei einem entstehenden Brande
ungeheißen sogleich zu Pferde zu sitzen und in den Nachbarorten Hilfe zu holen.
Bei einem Brand in der Stadt werden die Tore sofort mit doppelten Schildwachen besetzt,
die außer den Feuerläufern niemand und nichts, besonders
unbekannte Personen und Gepäck, heraus,- alles aber hineinlassen"

***

Die Sitte, die erst nach dem 30j. Krieg bei uns ankam, machte den
"hochlöblichen Obrigkeiten" und Stadtvätern viele Sorgen.
Das Tabakrauchen, das bei älteren Untertanen aus Rücksicht auf ihre Gesundheit erlaubt
worden sei, solle diesen nur an ungefährlichen Orten, durchaus nicht in Ställen,
Scheunen, auf dem Mist und auf den Straßen erfolgen.
Bei ihren Kindern aber sollen die Untertanen diese üble Angewohnheit nicht zulassen,
und von jedem jungen über 10 Jahre ! alten Tabakraucher bzw.
dessen Eltern soll jährlich ein Gulden erhoben werden.
Die Feuerordnung sah 1765 für jeden vor, der mit angezündeter Tabakspfeife in Scheuer,
Stall oder "zum Gefutter" ging, oder sich auf der Straße mit einer Pfeife
ohne Deckel blicken ließ, eine Strafe von fünf Reichstalern vor-
die gleiche Strafe bekam der, welcher eine solche "Verwahrlosung"
sah und diese nicht zur Anzeige brachte.

***

1635 wurde den "calvinischen Bauern" zu Runkel von einer Schar kaiserlicher Dragoner,
die zu Oberreifenberg lag, das gesamte Vieh geraubt
und zum größten Teil nach Oberursel verkauft.
Den Oberurselern war nicht recht wohl zumute und so trieben sie das Vieh nach Runkel
zurück und verzichteten sogar auf die Erstattung der Kaufsumme!

Der 30j. Krieg und seine Schrecken der Durchwanderungen und Nöte und Brandschatzungen traf auch Runkel:
"Weil auch dieses Unglück noch darzu kommen, daß dies mein Hauß
und Flecken Runckel selbsten, der Dörfer auf dem Land nit zu gedencken,
unverschuldeter Weise angesteckt und sambt allem, Hauß und Vorrhat gantz
und zumal eingeäschert worden, dergestalt,
daß ich jetzo mit den Meinigen in den verbrannten Mauern
in etlich wenig überbliebenen Gewölben, darinnen auch vor Regen und anderm Ungewitter
nicht sicher sein kan -
der gefahr wegen besörglicher Einfallung der Gewölber, weil sie noch unbedeckt
zu schweigen- fast beschwerlich haußhalten muß."

***

Ein solcher Viehraub durch Soldaten oder Truppen kam öfter vor,
mal durch diese mal durch jene, weil sich die Soldaten "im Feld selbst ernähren" sollten,
was regelrechte Plünderungen mit sich brachte.
Wein, Branntwein, Bier, Vieh, Geld,
Kleidungsstücke, Leder, Kaufmannswaren, Lebensmittel und Getreide, bis zur
aufgebrochenen Kirchenkiste, aus der ein Abendmahlkelch und das silberne Glöckchen,
auch der Klingelbeutel gestohlen wurde..
Das dem Ort Runkel gegenüberliegende Schadeck wurde von den Franzosen schwer heimgesucht,
besonders das Schloß wurde arg mitgenommen.
In ihrer Bosheit, so der Chronist, wälzen die Eindringlinge sogar Fässer
aus dem Kelterhaus über den hohen Schloßfelsen in die Lahn.
1866-1923 Das Land Nassau hatte sich -wie schon erwähnt- in der Auseinandersetzung
zwischen Preußen und Österreich auf Seiten der letzteren geschlagen
und deren Niederlage geteilt.
1923 kamen nochmal französische Soldaten- Marokkaner- weil Runkeler Einwohner vier
jüdische Viehhändler "kräftig verprügelten, ihnen auch
einige Stück Vieh abgenommen hätten".

***

Von schlimmen Hochwassern ist 1643 die Rede, die mit Erdbeben und Stürmen
und heftigen Regengüssen begannen.
In der Pfarrchronik stand:
"Donnerstag, den 5. Januar 1643 wuchs nach einer Notiz
im hiesigen Kirchbuch die Lahn nach Mitternach gegen Tag plötzlich so hoch,
daß sie über die Brücke hinweg ging und bei eineinhalb Schuh nahe an dem Dach
der Mühle stand, vier Schuh obig dem Pfarrhaus ging, die Mühlengebäude
in- und auswendig zerriß, Meister Thomasen Gebäude samt Keller und Stall umwarf,
an beiden Seiten der Brücke das Gemäuer wegführte samt den Grund von der Brücke und Mühle,
zwei Mann tief, auch des Kunklers Scheuer, auch sonst noch Gebäuden und Bäumen
und den Weingärten großen Schaden zufügte"
So etwas gab es 1841 nochmal, diesmal zweieinhalb Meter höher im Wasserstand.
Die Lahnbrücke war durch die Schweden teilweise zerstört
und nur notdürftig wieder hergerichtet, deshalb stürzte sie ein.
Der Chronist führt weiter aus:
Von dem Hochwasser im Jan. 1648 wissen wir bezüglich Runkels nur, daß Mühle
und Brücke schwer beschädigt wurden.
Zu Villmar stand das Wasser ellenhoch über dem Mühlendach.
Die Ölmühle, die Mahlmühle und ein Bierhaus wurden hinweggetrieben,
ebenso zu Arfurt des Fährmanns Haus. In Aumenau würden fünf Häuser umgerissen.
Vielerorts stürzten Brücken ein.
Zu Diez kam der Brückenwächter auf dem Turm elendig um,
weil ihm niemand helfen konnte.
Man fuhr auf Nachen die Wagen nach Diez,
um der dortigen Bevölkerung beizustehen.

(Das war lange vor der halben Kanalisierung der Lahn, wie wegen der Schiffe und Schleusen und später der Eisenbahn nötig wurde - also ist das Argument der "Überflutungsflächen" nicht unbedingt stimmig.)
Weiter:
Pfarrer und Inspektor Emmelius verzeichnete 1742 im Kirchenbuch:
"am 13. dec. Samstagmorgends drei Uhr sind auf einmal alle Mahlgänge
in der hiesigen herrschaftlichen Mühl stehen blieben und die Lahn,
ohnerachtet selbige vorigen Tagß stark war, dermaßen abgenommen,
daß das Wehr ganz trocken worden.
Ich selbst bin zum Andencken mit meinen drei mittleren Söhnen Aemilius Jacob,
Wilhelm Henrich, Forus Anthon und dem Wachtmeister Wagner um acht Uhr trockenen Fußes durch die Lahn
gegen der Lahn-Pfort biß in den Seder Pfad und auch so wieder herübergegangen.
Unß sindt die außm Wald kommenden Holßträger im Rückweg nachgefolgt.
Um zehn Uhr vormittags ist das Waßer auf einmahl wieder in seinen ordentlichen Fluß
und Lauf kommen.
Ich habe viele kleine tode Fische im Sand liegen sehen.
Remarquable ist, daß man diese Wasserausbleibung an der Lahn nirgends bey Runckel gespüret hat."
Am zweiten Weihnachtstag 1766 -einem Freitag- wiederholte sich die sonderbare Erscheinung.
Um neun Uhr vormittags blieben die Mühlen stehen.
Oberhalb der Brücke, vom Wehrkamm ab gerechnet, war das Wasser zwei Schuh tief gefallen.
Vom Fuß des Wehres bis gegen den neuen herrschaftl. Weinberg hatte
sich gleichsam ein Weiher gebildet, an den sich ein schmaler Strich Landes anschloß.
Von da ab Weier an Weier, statt des Flußes.
Mittags halb zwei Uhr stieg das Wasser
über dem Wehr wieder und die Mühlen liefen.
Zuvor war noch nie ein solches Geschehen beobachtet worden;
ein Mühlmann, dem wir diesen Bericht verdanken, vermutet Erdrisse im Flußbett zwischen Runkel und Villmar.

Im Jahr 1685 berichtet der Pfarrer:
"Der 28. May war der Tag der Himmelfahrt Christi,
ist es dieser Orten herumb sehr kalt gewesen, und hat man auch auf dem Reifenberg (Taunus)
zwey Tage lang aufeinander von hier auß gesehen, daß es daselbsten
voller Schnee gelegen.
Den 19. Junij zwischen den beiden Johannistagen,
als man im vollen Heumachen begriffen war, haben sich die Grasmeder bey ihrem Mehen
für Kälte nicht wissen zu behalten.
Ja es sind ihnen des Morgenß die Sensen
und Graßwürfe eineß guten Messerrücks Dücke mit Eyß befroren gewesen.
Gott behüte die liebe Früchte auf dem Felde, welchen sehr (auß Brotmangel) verlanget wird,
dan anitzo daß Korn mit sieben Reichsthaler und daruff bezahlt wirdt."
1709 trug der nachfolgende Pfarrer in das Kirchenbuch ein:
"Gleich nach dem Neujahr
ist eine solche Kälte entstanden, daß die ältesten Leuthe alhier eine solche strenge Kälte
nicht mehr gedencket, fast alle Mühlen haben stillgestanden und es war Brotmangel überauß
groß, viel Vieh und Menschen sind erfroren,
ja auch die Vögel und das Wildt in den Wäldern.
Es ist die Lahn dreymal nacheinander zugefroren, durch welche Kälte die lieben Frücht viel gelitten,
daß das Malter Korn im April schon gekostet hat sechs Reichsthaler,
das Malter Gerst vier Rl und der Weiz sieben und mehr RL, wodurch viele Menschen
zur großen Dürftigkeit gerathen.
Der liebe Gott wende diese betrübte Zeit in Gnaden ab!
und gebe den Armen zum Trost eine segenvolle Sommer-Erndte!
Der Weinstock ist so erfroren, daß auch kaum eine Traube in den Wingerten zu finden gewesen.
Die Krankheiten haben auch grassiret, ist aber doch sonderlich niemand gestorben."

Beträchtlicher noch als 1709 muß 1755 die Kälte gewütet haben, weil der Kirchenrat eintrug:
"Am 14. Februar war die Nachtkälte gegen Morgen drei Uhr vierzehn Grad größer als 1709"
Der Hauptlehrer schreibt:
"Der Winter 1879/80 gehört wegen seiner Dauer und anhaltenden Kälte zu den härtesten
in diesem Jahrhundert, denn die Kälte stieg bis zu dreiundzwanzig R, und es wurde befürchtet,
daß die Obstbaeume noth leiden würden.
Leider hat sich die Befürchtung in hohem Grade bestätigt;
denn es sind erfroren: a. sämtliche Weinstöcke (sie schlagen aus der Wurzel wieder aus)
b. siebenhundertsieben Apfelbäume, c neuzehn Birnbäume, d. eintausendsiebenunddreißig Zwetschenbäume,
e. siebenundsechzig Nußbäume, f acht Aprikosenbäume, g zwölf Mirabellenbäume,
h. vierzig Kirschbäume - zusammen eintausendachthundertneunzig Stück, lauter Bäume,
welche schon getragen haben. Kleinere Stämmchen sind nicht mitgezählt,
und von denen, welche jetzt noch Laub haben, kränkeln schon viele und werden
im nächsten Frühjahr nicht wieder grünen.
Der Schaden ist sehr hoch, und der Ersatz wird lange Zeit beanspruchen"

***

So manches aus den alten Schriftstücken verrät über große und relativ häufige Brände,
die "in einer halben Stund der Wind um sich griff und fünfundzwanzig Wohnhäuser
und sechzehn Scheuern nach der Reihe auß dem Grund gebrandt"

Im Ahnensaal zu Runkel.
(Verfasser unbekannt)

Ein Künstler zog ins Land hinaus,
Zu malen Burgen, Schloß und Haus
Und Tal und Berg und Strom und Land
Am Rhein-, am Lahn- und Moselstrand:
Da kam er auch nach Runkel.

"Potz Blitz, für meinen Pinsel was!
Ein schönes altes Schloß ist das,
Ruinenhaft, romantisch, wild-
Ich glaub', das gibt ein gutes Bild:
Die alte Burg zu Runkel."

Flugs wirft er sie auf sein Papier,
Der Sonne Glut versengt ihn schier.
Doch als die dann zur Ruhe geht,
In Farben schon vollendet steht
Das Bild vom Schlosse Runkel.

Nun wandert er im Mondenschein
In die verfallnen Mauern ein.
"Hallo! Ist hier kein Schlafgemach,
Wo man bis morgen ruhen mag,
Herr Kastellan von Runkel?"

"Hier schlaft im Schein des Mondenlichts.
Die Herrn und Frauen tun Euch nichts.
Wo das vergilbte Lager steht,
Macht's Euch bequem, so gut es geht.
Gute Nacht im Schlosse Runkel."

Der Alte geht, der Maler gähnt,
Hat's Bild dort an die Wand gelehnt,
Sich auf die Kissen hingestreckt,
Mit seinem Mantel zugedeckt.
Still ist's im Schlosse Runkel.

Nur leise schwirt's im fahlen Schein,
Das wird ein Fledermäuschen sein.
Im Holze pickt und sägt der Wurm,
Der zwölfte Schlag verhallt vom Turm
Der Burgkapelle von Runkel.

Da wispert es und klirrt und rauscht -
Der Maler schaut sich um und lauscht.
Lebendig wird die Bilderwand,
Sie recken und strecken Fuß und Hand,
Die Herren und Frauen von Runkel.

Sie steigen herab, sie wandeln umher -
Rings starren die Rahmen kahl und leer.
Sie grüßen sich, sie flüstern leis.
Dem Maler perlt von der Stirn der Schweiß:
"O wär' ich erst fort von Runkel!"

Und Frauen in wunderlicher Zier
Mit Perlen und Spitzen, mit Kreuz und Brevier.
Die eine hält ihr Hündchen empor,
Der andern folgt ein grinsender Mohr.
Welch edle Damen von Runkel!

Sie lachen und plaudern; es wackelt der Kopf,
Der Puder staubt von Perücke und Zopf.
An die Marmorkamine setzen sie sich,
An Schach und Würfel ergötzen sie sich,
Die Ahnen des Hauses Runkel.

Und einer im Frack und krausen Jabot
Mit Schnallenschuhen und Seidentrikot,
Dereinst ein Kenner und großer Mäzen,
Hat des Malers fertiges Bild gesehn:
"Parbleu, das ist ja Runkel!"

Schnell sammelt sich ein bunter Kreis.
Man bewundert die Kunst, das Talent und den Fleiß.
Der Maler sitzt auf dem Kanapee,
Ihm sträubt das Haar sich in die Höh':
"Der Teufel hole dies Runkel"

Jetzt sehen sie ihn, potz sapperment!
Es regnet gar manches Kompliment.
Von Zeichnung und Farbe, von Stimmung und Ton
Sind alle zusammen begeistert schon,
Da naht sich der Ahnherr von Runkel.

Held Roceval reicht dem Künstler die Hand:
"Du scheinst die Zierde von Deinem Stand.
Nimm diesen Becher von Golde schwer,
Hier goldene Ketten, dort liegt noch mehr:
Dein sei der Schatz von Runkel.

Du hast die Burg so schön gemalt,
Drum sei mit Gold und Schmuck bezahlt;
Hier noch die Truhe voll edlem Gestein,
Auch dieses Wehrgehänge sei Dein
Als Dank von dem Ahnen von Runkel.

Und hier noch ein Fäßchen uralten Weins."
Der Maler schmunzelt - da schlägt es eins.
Auf wacht er vom Schlummer; es war nur ein Traum.
Still hängen die Bilder im einsamen Raum
Des Ahnensaales von Runkel.

Am Morgen, als nun die Sonn' erwacht,
Hat er flugs mit dem Bild sich aufgemacht.
Im Wirtshaus drunten beim Weine gut,
Da ward ihm erst wieder wohl zu Mut.
Nie sah man ihn wieder in Runkel.

***

Nach der Geschichtsseite bedauere ich, daß man den Adel und die Amtskirchen nicht verboten hat.
Als Nachhall der alten Germanen und Kelten und wie die Altvorderen alle waren,
darf noch ein wenig der alten Götter gedacht sein, die uns heute noch in den uralten Bäumen
auf den Wanderungen begegnen, deren Odem der alten Zeit uns immer wieder in den Bann schlägt
und daran erinnert, wie vergänglich wir Menschen eigentlich sind.
Die seltsamen Baumgruppen auf den Höhen im Wald, aber auch so mancher alte Linden- oder Gerichtsbaum,
der noch heute an wichtigen Wegekreuzungen Wacht hält, kündet von einer Zeit,
in der noch keine Zentralheizungen, kein fließend Wasser, kein elektrischer Strom war.
Wo noch überall Geister und Fabeln waren, man mit den Hühnern schlafen ging-
und vom Hahn geweckt wurde, um die noch nicht automatisierte Arbeit zu tun,
ohne die schier der Hunger kam, der sowieso oft genug zu Gast war.
Die Ernten waren noch nicht so beständig, viele Fruchtarten noch nicht bekannt,
die Haltbarkeitsmachung und die Vorratswirtschaft steckten in den Kinderschuhen-
nicht aber die Kriegslüsternheit und die Machtgeilheit, die allerorten spürbar wurde.
Viele gingen zu den Soldaten, damit wenigstens etwas Geld in den Beutel kam.
Doch da war noch etwas, was heute - trotz der relativen Wohlhabenheit der Massen -
zunehmend abhanden gekommen zu sein scheint:
Die Zufriedenheit und das Wohlfühlen im Kreise der Familie.
Immer mehr gehetzt von der Werbung und vom Zickenalarm der Arbeitsstatt,
dessen Unart schwerer zu ertragen ist, als das Gewerk selbst.
2023 ist jeder 4. Schüler psychisch auffällig, bei den Erwachsenen schaut es nicht besser aus..
Jeder will alles haben und das versklavt, entfremdet von der Ruhe, die eigentlich "heilig" sein sollte.
Nach aller Jagd zu Geld und Ansehen zu gelangen, vergißt so mancher das Wichtigste:
Gemeinschaft, Einigkeit, Zufriedenheit und Gesundheit, im Einklang mit der Natur zu leben.
Statt nach immer neuen Events, Gimmicks und Reisen zu trachten,
wäre die Besinnung, ein guter Tee, ein Kerzchen und ein interessantes Buch besser für
das Seelenheil und für den Bund mit der Ewigkeit, die aus den alten Bäumen zu uns spricht,
wenn wir innehalten und ihnen zuhören.
Glauben braucht keinen Kult, keine Mauern, keine Amtsstellen und Bimmeln,
keinen Bischofssitz und keine "Kollekten",
sondern innere Bereitschaft den Odem der Natur zu inhalieren,
bis wir -irgendwann sowieso- eins mit ihr werden müssen..
Uns beiden Wanderern sind die Rastplätze an diesen alten mystischen Orten am liebsten,
eine einfache Bank und ein einfaches Brot, ein Gürkchen, einen Apfel und ein Ei ist besser,
als das feudalste Lokal inmitten hysterischer Hektik,
ja, es reicht sogar Wasser und ein Apfel um gesund zu bleiben.
Klares Wasser statt gepanschtem Wein hält den Kopf klar für das,
was wirklich wichtig ist im Leben:
Wie schnell ist es zu spät, das Versäumte nachzuholen, das für "irgendwann mal"
aufgehoben wurde - zu Gunsten eines schnellen Konsums, dem "Weiterkommen",
was sich nur allzuoft als "Fortkommen" entpuppte und wenig Zufriedenheit brachte.
Wie schnell ist es zu spät, der Zweisamkeit so richtig zu huldigen,
dem Ehepartner die gebührende Achtung und Aufmerksamkeit zu geben,
den Kindern oder Enkeln zuzuhören, an deren Entwicklung teilzuhaben.
Schaut euch mal die verhärmten Gesichter in den großen und teueren Wagen an, die unterwegs zu sehen sind,
-wie oft sieht man dagegen fröhliche, lachende Mienen zufriedener Menschen, wie oft hört jemand zu?

In dem Zeitalter, wo auf Schritt und Tritt telefoniert oder Chat-Nachrichten kommen,
reicht die Aufmerksamkeit kaum mehr,
um als Fahrer die Fahrtrichtung des Autos anzuzeigen -
geschweige denn zur Ruhe oder gar zur inneren Einkehr !

Arme reiche Zeit mit langen Leben, reiche alte Zeit mit kurzem Leben?
Ein Mittelweg wäre schon gut..

Die Bücher wiederholen sich, die Überlieferungen auch, so komme ich zum Schlußwort.
(Zumindest für die 1. der 14 Seiten "Geschichtliches")
Diese Seite könnte ich noch ewig fortführen, dennoch sollte lieber auf Goethe gehört sein, der da meinte:
So ein Werk wird niemals fertig, man muß es als fertig erklären!

Die Autoren der Bücher sind schon lange tot, wenn aber nachfolgende Rechte
tangiert worden sein sollten, bitte ich um Abklärung per E-Mail, damit die entsprechende
Zeile aus meinen Seiten heraus genommen werden kann.
Ansonsten gelten die Angaben in meinem Impressum.
Manche Bücher kann man im Antiquariat oder beim beliebten Versand A..azon für wenig Geld bekommen.

Ende des ersten Teiles.
Hier geht es zum zweiten Teil: "Geschichtliches 2"

Auf der Seite meiner Buchrezensionen sind z.T. passende Werke zum Thema "Geschichtliches" zu finden.
Hier darf gerne gestöbert werden - z.B. "Der Laden"
von Erwin Strit tmatter, eine Story mit viel dialektischen Einblendungen.
Nicht leicht zu lesen aber gut gemacht - Hauptsächlich geht es um den Separatismus und um Sorben.

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Wer sich für weitere Themen interessiert, ist hier gut aufgehoben.

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