Kartuschen - Thema: Claus Lichtfelde 6,
Eine Fortsetzungsgeschichte, rein fiktiv.
Die ersten Ergebnisse des Sprechtests wurden diskutiert und auch die Voten der Mitschüler, die per Knopfdruck gegeben worden waren.
Schnell war ein kleines Ranking geschaffen, das nach den Kriterien des Lehrers, die zuvor nicht bekannt gegeben worden waren, an die Wand projeziert.
Von den 50 Probanten waren 5 Leute sehr gut, 6 weitere gut und der Rest mittelmäßig.
Mit "schlecht" war niemand aus der Bewertung heraus gegangen.
Eine ganze Woche wurde Fehleranalyse gemacht und individuelle Verbesserungen eingeläutet.
Bei den Männern sollte die Stimme tiefer antrainiert werden, was ganz gezielte Sprachübungen nötig machte-
nicht brummig, sondern leicht sonor, vielleicht in Richtung "pastoral" gehend.
Die jungen Damen werden darauf trainiert, niemals schrill oder piepsig zu sprechen, sondern ruhig und gleichförmig.
Sie werden lernen, nicht auf die Fragen direkt zu antworten, die man ihnen stellt, weil zu leicht Fallen übersehen werden können.
Sie sind nicht gezwungen auf jede Frage zu antworten und sollten deshalb ein paar allgemeine Phrasen kennen,
die in diesen Fällen angewandt werden - zum Beispiel gute Zitate, aber niemals Witze!
Sie werden lernen sich korrekt zu kleiden, Benimmregeln bei Tische zu kennen und auch das Tanzen der gängigen Tänze,
sowie ein wenig Klavier zu spielen und auch zu singen,
wenn gesellschaftliche Anlässe in dieser Art gegeben sein werden.
Erfolg kommt nicht von ungefähr, Erfolg setzt harte Arbeit voraus, so der Lehrer.
Diese Methodik ist auch in der Freizeit dringend anzuraten, sonst ist kein Trainingserfolg denkbar-
das wiederholen wir selbstverständlich auch nach dem Genuß von zwei Gläsern Sekt,
damit sich keine Schwachheiten einschleichen können.
Gesellschaftlich ist das zwingend nötig und mehr als zwei Glas Sekt darf man niemals zu sich nehmen,
wenn die Kontrolle über diese komplexen Benimm- und Repräsentationsübungen behalten werden sollen.
"Andere machen Fehler und leisten sich Schwachheiten, wir dürfen das niemals zulassen."
Als weitere Regeln werden sie lernen, daß sexuelle Freizügigkeiten und geldliche Abhängigkeiten keinesfalls geduldet werden.
Sparsamkeit und Vorbildfunktion ist unsere Tugend.
Man muß sich in ihrer Gesellschaft aufgehoben und wohl fühlen,
man sollte sie als Gesprächspartner schätzen und auf ihre Verschwiegenheit bauen können!
Versuchen sie nie, ich wiederhole NIEMALS in den Vordergrund zu kommen und geben sie auch keine Visitenkarten
oder Einladungen heraus- man wird sie kontaktieren, nicht umgekehrt!
Die Unterrichte waren sehr anstrengend und immer wurde das Beste abverlangt,-
mit Halbheiten gab sich kein Lehrer zufrieden.
Der einzige Druck war der eigene Anspruch, darauf wurde das Hauptaugenmerk gelegt.
Der Rhetorik- und Politiklehrer setzte für die nächste Woche ein kurzes, aber klar formuliertes Referat an,
das -fiktiv gesehen- vor den Vertretern der Europäischen Zentralbank gehalten werden soll.
Das Thema "Steuerwahrheit und Steuerklarheit" wurde vorgegeben.
Jeder sollte sich einen Partner aussuchen und die Sache zusammen zu Papier bringen.
Claus suchte sich Ben aus und setzte einen Termin in der Kantine fest, bei Schnittchen und Saft.
Nach drei Sitzungen von 1,5 Stunden sind die Beiden mit ihrem Manuskript fertig und
hatten nun nur noch die Reinschrift zu Papier zu bringen.
Jeder bekam ca 10 Minuten Redezeit, die selbstverständlich anhand der Menge des Textes
zuvor verifiziert und separiert werden mußte.
Sprecher 1 und Sprecher 2.
Am Tage der Rede vor der Klasse gab Ben den Anfang:
Er sprach davon, daß die "Einkommenssteuererklärung" nicht nur ein langes Wort, sondern auch eine Möglichkeit sei,
viele Dinge als abzugsfähig und abschreibungsfähig eintragen zu können,
was Bezieher niedriger Einkommen freilich nicht können, weil sie unter der Freigrenze der Steuerlast liegen.
Man mag zu dieser Sache Gerechtigkeit oder das Gegenteil davon sagen, das liegt in der jeweiligen Situation und Betrachtung.
Wer zum Beispiel das Geld für einen großen oder mehrere Wagen aufbringen kann, wird auch Erleichterungen haben
oder finden lassen, durch gute Steueranwälte.
Wer also Steuern zahlt, die über die Freibeträge hinaus gehen, kann sogar Strafmandate absetzen,
Hausrenovierungen z.T. durch die teilweise geschäftliche Nutzung zurück erhalten,
genau wie Eigenbehalte bei energetischen Sanierungen,
Kuraufenthalte, Bildungsmittel, bestimmte Reisen und alle Fahrten.
"Dabei haben wir nicht einmal die fragwürdigen Auswirkungen dieser Dinge auf die Umwelt beleuchtet,
sondern sehen hier zuerst einmal nur den finanziellen Aspekt."
Bens Rede traf des Pudels Kern von Abschreibungspraktiken aller Art versus Steuergerechtigkeit gegen andere Einkommensbezieher.
Der Ablaus war gut und die Beiden freuten sich.
Claus junior sprach davon, daß man Steuerehrlichkeit nur durch ein Fundament von Steuergleichheit erreichen könne-
die er in der Gleichbehandlung der Einkommen an der Quelle sah und nicht über umständliche Anträge,
die mehr oder wenig gewieft ausgefüllt werden.
Wer heute, meine Herren (der Vortrag wurde im Männer-Hörsaal gehalten) -
Ehrlichkeit fordert und diese Ehrlichkeit auch bei sich selbst einhält,
ist gewissermaßen ein weißes Einhorn, wenn wir die Sache bei Lichte betrachten.
Nehmen wir einmal die Schwarzarbeit - wie groß ist die Versuchung, auf das Angebot des Unternehmers einzugehen,
daß man "ohne Rechnung" arbeiten lässt?
Dem Staat ist die MWSt entgangen - in unzähligen Fällen - und dieses Steuerloch muß an anderer Stelle geflickt werden.
Der raffinierte Auftraggeber wird durch den Gewinn von - ich nenne das Beispiel der Dach - Neueindeckung von 30.000 Euro
mit 3.900 Euro MWSt gewürzt - das nenne ich einen Batzen Geld.
Der noch raffiniertere Unternehmer weiß diesen Vorteil zu seinen Gunsten zu wenden, daß in Wirklichkeit und durch
entsprechende Vorkalkulation gut 2/3 der "Beute" bei ihm bleibt!
Claus führte weiter aus:
Wir brauchen also eine schiere Quellenbesteuerung, die keinen Cent auslässt und das Geld automatisch abführt.
Heute sind die Stellen so gut vernetzt, daß nicht einmal eine Kontrolle nötig wäre,
hätten wir - und das setze ich voraus - kein Bargeld mehr,
mit dem unter der Hand gemauschelt und "panaschiert" und "kumuliert" und "koaliert" werden kann.
Vom Geld unter dem Kopfkissen bis zum Konto auf den Bahamas ist bislang vieles möglich,
das man durch den Wegfall des Bargeldes verhindern oder aufdecken könnte.
Gewiss ein deutliches Umdenken, aber eine Sicherheit für alle Bürger, die nun in gleicher und gerechter Weise
an der Steuerlast beteiligt werden würden.
Das Thema "strikte lineare Besteuerung von 1-Euro bis 1-Million" gehört auf den Tisch!
"Vielen Dank für ihr wohlwollendes Interesse"
Beide bekamen den gleichen Beifall und der Lehrer trug die Note ein.
Die nächsten Kandidaten zum gleichen Thema hatten es freilich schwerer und verloren sich in den Details,
die wie Brotkrümel vom Tische der Vorredner fielen..
Die Scripts wurden eingesammelt und zu den Akten geheftet.
Anschließend sollten 4 Redner und 4 Rednerinnen einen Teil ihres eigenen Textes vor der Klasse verlesen - unter Einfluß von 2 Gläsern Sekt.
Das Ergebnis wurde filmisch festgehalten und ausgewertet..
Fortsetzung auf Seite Claus Lichtfelde 7.
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